Eigene Steuerberechnung richtig oder falsch

  • Guten Morgen an alle Finanzexperten


    Ich habe da mal folgenden Gedankengang, den ich gern mal mit euch diskutieren möchte:


    Ich möchte gern wissen, wie viel ETF-Fonds-Anteile ich in diesem Jahr verkaufen kann, ohne dass sie in einer Steuererklärung relevant werden, also dass ich bei meinem Einkommen/Rente steuerpflichtig werde.


    Ich habe eine gültige Nichtveranlagungsbescheinigung für dieses Jahr erhalten.


    Ich habe mir in einer EXCEL-Tabelle einen „Rentensteuerrechner“ gebastelt, der wie folgt funktioniert:

    • Meine Jahresbruttorente
    • Plus: anrechenbare Kapitalerträge
    • Minus: mein Rentenfreibetrag für das Jahr
    • Gleich: mein zu versteuerndes Einkommen
    • Minus: Summe meiner abzugsfähigen Ausgaben (wie Krankenversicherung, Pflegeversicherung, KV-Zusatzbeitrag, Zahnzusatzversicherung, Haftpflichtversicherung, Behindertenpauschbetrag, Werbungspauschale, Sonderausgaben-Pauschbetrag)
    • Differenz: "zu versteuerndes Einkommen" – "Summe aller abzugsfähigen Ausgaben" = Steuerpflichtiger Gesamtbetrag
    • Minus: dem Grundfreibetrag/Steuerfreibetrag
    • Ergebnis: größer Null è ich bin steuerpflichtig!

    Das zu meinem Renten-Steuerrechner.


    Nun zu Berechnung meiner Kapitalerträge:


    Beim ETF-Verkauf ergibt sich ein „Gesamtveräußerungsergebnis vor Anwendung einer TFQ“, davon 70% (weil TFQ = 30%) ergibt dann den „zu versteuernden Veräußerungsgewinn des Fonds“.


    Von den „Zu versteuernden Veräußerungsgewinn des Fonds“ dann 25% Abgeltungssteuer, und davon wiederum 5,5% Solidaritätszuschlag ermitteln und addieren ergibt dann den Betrag, der als Steuer abzuführen wäre.


    Davon wird aber wiederum der „Sparerpauschbetrag“ von derzeit 1000€ abgezogen.


    Dieses Ergebnis (anrechenbare Kapitalerträge) fließt dann als Punkt b) meines obigen „Rentensteuerrechners“ als Zusatzeinkommen ein und wird dort in die Berechnung meiner Steuerpflicht einbezogen, aus der sich dann ergeben soll, ob und inwieweit ich steuerpflichtig bin.


    Fragen:

    Sind meine Gedankengänge richtig?

    Stimmen die Formen der Berechnungen?


    Danke für eure Infos.

  • Wichtig bei all deinen Berechnungen ist, dass immer die zuerst gekauften Anteile wieder zuerst verkauft werden. In der Regel ist der Gewinn darauf auch der höchste. Weiterhin fallen bei über den Freistellungsauftrag gehende Erträge auch Solidaritätszuschlag und eventuell auch Kirchensteuer an. Ich weiß nicht wieviel du entnehmen willst, für mich wäre die sicherste Variante die 1000€ zum Freistellungsauftrag nicht zu überschreiten.

  • Hallo ichbins, danke für deine rasche Antwort. Bin ich ansonsten mit meinen Gedankengängen zur eigenen Steuerberechnung richtig? Bei meinem Einkommen liege ich bisher weit unter einer Steuerpflicht, deshalb auch die Nichtveranlagungsbescheinigung. Nach meinen eigenen Berechnungen könnte ich auch etwas über die 1000€ des Freistellunsgauftrages liegen, ohne gleich steuerpflichtig zu wären. Mir geht es mit meiner Berechnungstabelle auch darum, vorab ungefähr zu ermitteln, inwieweit ich den ETF-Verkauf soweit ausreizen kann, ohne steuerpflichtig zu werden. Dazu müssten aber meine Berechnungen, so wie ich sie mir vorstelle und hier aufgeführt habe, richtig sind.

  • Von dem zu versteuernden Gewinn wird erst der Sparerpauschbetrag abgezogen, dann wird von dem Rest die Steuer einbehalten.


    Alternativ solltest du noch die Günstigerprüfung einbauen. Also Rente und Kapitalerträge nach Abzug der Freibeträge zusammenzählen und schauen, ob du so weniger Einkommensteuer zahlst als ESt nur auf Rente + 26,75% auf Kapitalerträge.


    Bei kleiner Rente lohnt sich die Günstigerprüfung sehr oft. Dann bekommst du die abgeführte KESt samt Soli zurck.

  • Hallo Andrej, das habe ich auch so gemacht: vom zu versteuernden Gewinn den Sparerpausbetrag abgezogen. Da komme ich bei mir derzeit auf ein negatives Ergebnis, ich hätte also noch Luft nach oben. Da aber mein Einkommen derzeit so gering ist, ergibt sich nach allen Berücksichtigungen und dem Abzug durch den Grundfreibetrag ein Minus. Soweit so gut, oder?

  • Da aber mein Einkommen derzeit so gering ist, ergibt sich nach allen Berücksichtigungen und dem Abzug durch den Grundfreibetrag ein Minus. Soweit so gut, oder?

    Stimmt. Du könntest also noch mehr ETF-Anteile verkaufen, un die Steuerfreibeträge auszunutzen.

  • Sieht soweit gut aus, allerdings bin ich kein Experte für Nichtveranlagungsbescheinigungen. Heißt ich weiß nicht wie der Broker bei Verkäufen das handhabt, normalerweise werden über den Freistellungsauftrag liegende Gewinne vom Broker an das Finanzamt abgeführt. Danach kann man mit der Günstigerprüfung einiges zurück holen, sicherlich hat ein anderer Forist Erfahrungen wie es in deinem Fall genau läuft.

  • Prinzipiell stimmt das so, aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail.

    Es wäre vielleicht praktisch gewesen, wenn Du Dein Excel-Blatt beigelegt hättest.

    Ich habe mir für meine Zwecke auch so ein Blatt gebaut, in das ich zusätzlich die gültige Steuerformel eingebaut habe. Wenn Du Deinen Ansatz weiterverfolgen willst, mach das doch auch. Die Steuerformel ist als Excel-Formel im Netz überall zu finden.


    Das "zu versteuernde Einkommen" steht beim Finanzamt nicht als Zwischenergebnis, sondern ganz unten. Das ist aber schlichte Definitionssache.


    Unklar ist in Deinem Fall der Posten "beschränkt abziehbare Sonderausgaben", weil der einerseits in der Höhe beschränkt ist, andererseits von der Krankenversicherung überschritten werden darf. Es ist somit nicht klar, ob Deine Zusatzversicherungen steuerlich relevant sind oder nicht.


    Ein möglicher Ansatz wäre, daß Du Deine Daten in ein Online-Steuertool wie etwa Smartsteuer eingibst. Das rechnet zwar nach den Maßgaben für 2022 und Du willst prospektiv für 2023 rechnen, die Besteuerungsgrundlagen ändern sich von einem Jahr zum anderen nicht so stark, daß Du aus dem Ergebnis des Online-Steuertools immerhin peilen kannst, wo Du mit Deiner eigenen Berechnung stehst.


    Ich habe nicht verstanden, wozu Du die Berechnung anstellst. Klar ist, daß Du legal bleiben willst. Aber darüberhinaus: Willst Du Dir die Steuererklärung sparen oder geht es primär darum, keine Steuer zahlen zu müssen?


    Wenn Du mit Deinen Kapitaleinkünften nur wenig über den Grundfreibetrag hinauskommst, zahlst Du für den überschießenden Betrag ja nur sehr wenig Steuer, deutlich weniger als die Kapitalertragsteuer, so daß rein rechnerisch die Steuer nicht schlimm wäre (geht mit 14% los). Aber Du mußt dann halt eine Steuererklärung machen (was manche Leute scheuen wie der Teufel das Weihwasser, was ich aber auch für nicht so schlimm erachte).

    Beim ETF-Verkauf ergibt sich ein „Gesamtveräußerungsergebnis vor Anwendung einer [Teilfreistellungsquote]“, davon 70% (weil TFQ = 30%) ergibt dann den „zu versteuernden Veräußerungsgewinn des Fonds“.


    Von den „Zu versteuernden Veräußerungsgewinn des Fonds“ dann 25% Abgeltungssteuer, und davon wiederum 5,5% Solidaritätszuschlag ermitteln und addieren ergibt dann den Betrag, der als Steuer abzuführen wäre.


    Davon wird aber wiederum der „Sparerpauschbetrag“ von derzeit 1000€ abgezogen.

    Die Logik ist ggf. umgekehrt. Wenn Du einen Freistellungsauftrag erteilt hast (was sinnvoll ist, wenn man Kapitalerträge nur aus einem Depot bezieht), dann berücksichtigt die Bank diesen vordringlich. Das heißt: Bevor man Dir beim Verkauf Steuer berechnet, macht die Bank erstmal den Freibetrag voll. Aufgrund der Teilfreistellungsquote sind das etwa 1400 €, wenn Du die Erträge aus einem Aktien-ETF beziehst.


    So im Normalfall.


    Ich weiß nicht, was die Bank macht, wenn ihr eine Nichtveranlagungsbescheinigung vorliegen hat. Vermutlich hängt das vom Betrag der erzielten Kapitalerträge ab. Diesbezüglich will ich mich aber nicht aus dem Fenster lehnen.


    So oder so bekommst Du von der Bank irgendwann im Frühjahr des Folgejahres eine Steuerbescheinigung.


    Den Kapitalertrag (nach TFQ) berücksichtigst Du wie jedes andere Einkommen, eine eventuell abgeführte Kapitalertragsteuer berücksichtigst Du als Steuervorauszahlung.


    Es würde mich wundern, wenn in Deinem Fall eine Günstigerprüfung nicht vorteilhaft für Dich wäre, also fülle die Anlage KAP aus und erkläre Deine Kapitalerträge. Du wirst sie vermutlich als normales Einkommen geringer versteuern als über die Abgeltungssteuer.


    Soviel zum rechnerischen Verfahren. Für eine genauere Aussage braucht man konkrete Zahlen, aber die wirst Du hier nicht posten wollen. Ich glaube aber, daß Du mit obigem zurechtkommst, Du bist ja mit Deinen Überlegungen ja auch schon auf dem richtigen Dampfer.


    Neben der Steuer ist ggf. auch die Krankenversicherung relevant. Wenn Du in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert bist, will die Krankenversicherung von Deinen Kapitalerträgen Beitrag.

  • Hallo Achim, du hast mir hier sehr wertvollen Hinweise gegeben, danke dafür. Bestimmt gibt es bei der endgültigen Steuerberechnung einige Feinheiten zu beachten, was ich wohl bisher so noch nicht einbezogen habe. Aber mir geht es vorrangig nach einer Überschlagsberechnung. Da scheine ich wohl nicht ganz falsch zu liegen.

    Ich danke euch allen für eure wertvollen Hinweise und wünsche euch ein schönes Restwochenende - ulfied