Verlustbescheinigung, Verrechnung im Rahmen der Steuererklärung

  • Guten Abend,

    ich habe eine Frage. Wenn ich eine Verlustbescheinigung für sagen wir 2023 beantrage. Die Verluste in 2023 aber kleiner sind, als die zu verrechnenden Gewinne in 2023, was passiert dann mit dem Rest-Betrag der Verlustbescheinigung?

    Vielen Dank für eine kurze Antwort.

    Thomas

  • Wenn ich eine Verlustbescheinigung für sagen wir 2023 beantrage, die Verluste in 2023 aber kleiner sind als die zu verrechnenden Gewinne in 2023, was passiert dann mit dem Restbetrag der Verlustbescheinigung?

    Vielen Dank für eine kurze Antwort.

    Kurze Antwort?

    Du kannst "für 2023" keine Verlustbescheinigung beauftragen.

    Längere Antwort:

    Deine Depotbank führt zwei Verlusttöpfe für Dich, den Verlusttopf Aktien und den Verlusttopf sonstige. Solltest Du irgendwelche Papiere mit Verlust verkaufen, bucht sie Dir den Verlust in einen der beiden Verlusttöpfe. Der Stand dieser Verlusttöpfe bleibt über Jahreswechsel erhalten. Wenn Du irgendwann später mal ein Papier mit Gewinn verkaufst (den Du prinzipiell versteuern müßtest), rechnet die Bank erstmal den entsprechenden Verlusttopf dagegen und versteuert nur den Rest.

    Wenn Du aber eine Verlustbescheinigung beauftragst, bescheinigt Dir die Depotbank den aktuellen Stand der beiden Verlusttöpfe zum betreffenden Jahresende und setzt die Verlusttöpfe dann auf 0. Die Verlustbescheinigung ist also bares Geld wert! Du reichst sie bei der nächsten Steuererklärung ein, woraufhin das Finanzamt Dir einen Bescheid über einen Verlustvortrag erteilen wird. Wenn Du dann in der Zukunft mal einen Kapitalertrag versteuern mußt, kannst Du diesen im Rahmen der Steuererklärung gegen die Verluste aufrechnen lassen.

    Dabei gilt folgende Regel: Verluste aus Aktienverkäufen kannst Du nur mit Gewinnen aus Aktiengeschäften ausgleichen. Verluste aus anderen Geschäften kannst Du mit allen Kapitalerträgen ausgleichen. Dieses Prinzip gilt übrigens bereits auf der Ebene der Depotbank.

    Lies mal das zum Thema: Finanzfluß -Verlusttöpfe einfach erklärt: Für Aktien und ETFs

  • Hallo Achim Weiss und DirkHSK,

    Vielen Dank für Eure Antworten. Ich bitte ferner um Entschuldigung, denn ich habe mich verschrieben. Ich meinte, wenn die bescheinigten Verluste größer sind, als diese verrechnet werden können. Was passiert dann (beim Finanzamt) damit? Wird der Rest auf der Steuererklärung bescheinigt? Ist das die Verlustvortragsbescheinigung?

    Viele Grüße

    Thomas

  • Es gibt vom Finanzamt keine "Verlustvortragsbescheinigung". Der verbleibende Verlust wird vorgetragen und in zukünftigen Jahren verrechnet. Darüber gibt es einen Bescheid. Das Finanzamt "merkt" sich den vorgetragenen Verlust und berücksichtigt ihn im Folgejahr von Amts wegen. Dafür ist weder ein Antrag noch eine Bescheinigung erforderlich.

    Wirtschaftlich ist das Verfahren allerdings nicht sinnvoll, denn dadurch wird der Freibetrag für Kapitalerträge auf jeden Fall für 2023 und evtl. auch noch für das nächste Jahr verschenkt. Besser wäre, den Verlust bei der Bank ins nächste Jahr vortragen zu lassen.

  • Hallo @epsilon2,

    Vielen Dank für Deine Ergänzung. Deine Worte referenzieren darauf, dass die Verluste erst mit den Gewinnen verrechnet werden und erst dann die Freibeträge greifen, falls relevant, korrekt?

    Ein Beispiel:

    Es gilt:

    Einzelperson, 1200 Euro Gewinn (Verschiedene Depots), 1400 Euro Verlust (Verschiedene Depots) ergibt keine Steuern und 200 Euro Verlust-Übertrag ins neue Jahr durch das Finanzamt. Der Freibetrag wird verschenkt.

    und nicht

    Einzelperson, 1200 Euro Gewinn (Verschiedene Depots), 1400 Euro Verlust (Verschiedene Depots) ergibt Ausschöpfung des Freibetrages i.H.v. 1000 Euro und Verrechnung der 200 Euro mit einem Teil der Verluste und einem Verlust-Übertrag ins neue Jahr i.H.v. 1200 Euro durch das Finanzamt.

    Korrekt?

  • Ich habe mich verschrieben. Ich meinte, wenn die bescheinigten Verluste größer sind, als diese verrechnet werden können. Was passiert dann (beim Finanzamt) damit? Wird der Rest auf der Steuererklärung bescheinigt? Ist das die Verlustvortragsbescheinigung?

    Die beiden Verlusttöpfe, die Deine Depotbank für Dich führt, kannst Du Dich als Konten vorstellen. Verkaufst Du ein Papier mit einem Verlust von 1000 €, so steht der entsprechende Verlusttopf hinterher auf -1000 € (und bleibt so stehen, bis der nächste Verkauf abgerechnet wird, auch über das Jahresende hinweg).

    Machst Du dann mit einem anderen Geschäft 3000 € gut, so wird erstmal der Verlustopf ausgeglichen (der stand auf -1000 € und steht nun wieder auf 0 €). Bleiben 2000 €, für die Du Steuer bezahlst.

    Dieser Ausgleich kann auf diese Weise aber nur innerhalb der gleichen Bank passieren.

    Machst Du die 3000 € Gewinn aber bei einer anderen Bank, wird diese zweite Bank Dir Steuer für 3000 € Gewinn abführen.

    In so einem Fall könnte das Finanzamt ins Spiel kommen.

    Du hast bei der 1. Bank einen Verlusttopf stehen und zahlst bei der 2. Bank Kapitalertragsteuer (obwohl Du ja etwas zum Verrechnen hättest). Also läßt Du Dir von der 1. Bank den Verlust bescheinigen. Du bekommst also einen Zettel und die Bank setzt den Verlusttopf - dieses interne Konto - auf 0. Von der 2. Bank bekommst Du für dieses Jahr eine Steuerbescheinigung.

    Bei der Steuererklärung füllst Du in diesem Fall die Anlage KAP aus (in vielen Fällen braucht der Anleger das heute ja nicht mehr), reichst die Steuerbescheinigungen ein und die Verlustbescheinigung. Dann verrechnet das Finanzamt die beiden uns gibt Dir die Kapitalertragsteuer für 1000 € zurück.

    Du kannst das auch vorsorglich machen. Du kannst Dir einen Verlust von Deiner Depotbank bescheinigen lassen (Das setzt den Verlusttopf bei der Bank auf 0) und reichst die Bescheinigung mit der Steuererklärung beim Finanzamt ein. Dann bekommst Du einen Bescheid über einen Verlustvortrag. Das ist quasi ein Verlusttopf beim Finanzamt. Wenn Du in der Zukunft irgendwann mal einen Gewinn zu versteuern hattest, reichst Du mit der Steuererklärung die Anlage KAP mit ein und läßt den Gewinn mit dem "Verlusttopf" beim Finanzamt verrechnen, bekommst also entsprechend Kapitalertragsteuer zurückerstattet.

    Der Ablauf ist eigentlich nicht so schwierig.

    [PS: Ich habe oben der Übersichtlichkeit wegen immer nur von 1 Verlusttopf geschrieben, in Wirklichkeit sind es 2, wie im Vorposting erwähnt.]

  • Wirtschaftlich ist das Verfahren allerdings nicht sinnvoll, denn dadurch wird der Freibetrag für Kapitalerträge auf jeden Fall für 2023 und evtl. auch noch für das nächste Jahr verschenkt. Besser wäre, den Verlust bei der Bank ins nächste Jahr vortragen zu lassen.

    Jein. Bei Verlust aus Aktienverkäufen kann der Freibetrag weiterhin für Fondsverkauf oder Kapitalerträge wie Zinsen, Dividenden oder Ausschüttungen aus Fonds genutzt werden.

    Was verloren gehen kann, ist der Topf anrechenbare Quellensteuer, wenn man ausländische Aktien besitzt und seinen Freibetrag bis Jahresende damit nicht ausnutzt.

  • Richtig, zuerst werden Verluste verrechnet und dann wird der Freibetrag angewendet. Von den beiden Beispielen gilt die erste Variante.

  • Wenn ich eine Verlustbescheinigung für... 2023 beantrage, die Verluste in 2023 aber kleiner sind, als die zu verrechnenden Gewinne in 2023, was passiert dann mit dem Rest-Betrag der Verlustbescheinigung?

    Die Depotbank saldiert Gewinne und Verluste. Sollte der Verlusttopf vorher leer gewesen sein und die unterjährigen Verluste in einem Jahr geringer gewesen sein als die Gewinne in diesem Jahr, so ist der Saldo positiv, der Verlusttopf am Ende des Jahres also immer noch leer.

    Fordert der Anleger in diesem Fall eine Verlustbescheinigung an, wird die Bank höflich ablehnend zurückschreiben, daß keine Verluste zu bescheinigen seien.

    Es gibt vom Finanzamt keine "Verlustvortragsbescheinigung". Der verbleibende Verlust wird vorgetragen und in zukünftigen Jahren verrechnet. Darüber gibt es einen Bescheid. Das Finanzamt "merkt" sich den vorgetragenen Verlust und berücksichtigt ihn im Folgejahr von Amts wegen. Dafür ist weder ein Antrag noch eine Bescheinigung erforderlich.

    Wirtschaftlich ist das Verfahren allerdings nicht sinnvoll, denn dadurch wird der Freibetrag für Kapitalerträge auf jeden Fall für 2023 und evtl. auch noch für das nächste Jahr verschenkt. Besser wäre, den Verlust bei der Bank ins nächste Jahr vortragen zu lassen.

    In der aktuellen ZEIT steht ein langer Artikel (leider hinter einer Bezahlschranke) über die Mathematikkenntnisse der Deutschen und dazu ein Mathetest, in dem es wesentlich um das kleine Einmaleins, die Grundrechenarten und die Prozentrechnung geht.

    An sich ist dieser Thread mal wieder ärgerlich, weil der Threadstarter im Rahmen einer Diskussion Tatsachen klären möchte, die er sich mit dem Lesen eines der guten Erklärtexte zum Thema selbst zu Gemüte führen könnte.

    Deine Anmerkung verstehe ich allerdings nicht: Wieso wird durch das Beauftragen einer Verlustbescheinigung für das laufende (bzw. das gerade zu Ende gehende) Jahre der Freibetrag für dieses und das nächste Jahr verschenkt?

  • Er hat es oben in Beitrag #7 doch selbst vorgerechnet. Man könnte auch sagen, er verliert die Möglichkeit der Verlustverrechnung in Höhe des Freibetrages. Aber das ist dann Rabulistik. Am Ende des Jahres sind jedenfalls für 1.000 € Kapitalerträge 1.000 € Freibetrag und 1.000 € Verlust verbraucht.

  • Ich habe nicht den Eindruck, daß der Threadstarter das Prinzip der Verlustverrechnung bereits verinnerlicht hat.

    Es gibt in der Tat eine Konstellation, in der für einen Gewinn der Freibetrag genutzt wird, der Verlust aber in den Verlusttopf wandert. Der Threadstarter beschreibt diese Konstellation in seinem Beitrag #7 aber nicht.

  • Es gibt in der Tat eine Konstellation, in der für einen Gewinn der Freibetrag genutzt wird, der Verlust aber in den Verlusttopf wandert.

    Bei Verlust aus Aktienverkäufen kann der Freibetrag weiterhin für Fondsverkauf oder Kapitalerträge wie Zinsen, Dividenden oder Ausschüttungen aus Fonds genutzt werden.

    Das ist sachlich richtig, und zwar deswegen, weil der Verlusttopf Aktien nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden kann. Steht allerdings in diesem Falle im Verlusttopf sonstige ein Verlust zu Buche, wird erst der verrechnet und danach erst der Freibetrag.

    Was verloren gehen kann, ist der Topf anrechenbare Quellensteuer, wenn man ausländische Aktien besitzt und seinen Freibetrag bis Jahresende damit nicht ausnutzt.

    Es geht in diesem Thread um eine Verlustbescheinigung. Auf einer solchen steht der Quellensteuertopf nicht mit drauf.

    Der Quellensteuertopf wird in jedem Fall am Jahresende auf 0 gesetzt, sein Wert erscheint aber auf der Steuerbescheinigung. Das heißt: Er zählt nur für die Steuer dieses Jahres. Er wird nicht in andere Jahre übertragen, kann aber mit Erträgen des gleichen Jahres bei anderen Instituten verrechnet werden. Und ja, wenn ein Anleger nicht genügend Erträge hat, kann es sein, daß die fremde Quellensteuer auch in dem Maße nicht angerechnet wird, in dem sie anrechenbar wäre.

  • Es gibt noch eine Konstellation zur Gewinn- und Verlustseparierung: 2 Depots bei verschiedenen Banken.

    Dann verschiebt man die mit Verlust zu verkaufenden Aktien oder Fonds vor dem Verkauf zunächst in die bad Bank, und kann den jährlichen Freibetrag bei der guten Bank nutzen.

  • Es gibt noch eine Konstellation zur Gewinn- und Verlustseparierung: 2 Depots bei verschiedenen Banken.

    Dann verschiebt man die mit Verlust zu verkaufenden Aktien oder Fonds vor dem Verkauf zunächst in die Bank [, in der man in diesem Jahr noch keine Kapitalerträge hatte], und kann den jährlichen Freibetrag bei der ... Bank nutzen[, bei der man in diesem Jahr schon Kapitalerträge hatte, die nun gegen den Freibetrag gerechnet werden].

    So war das oben gemeint. So kann man das machen. Wobei die beteiligten Banken nicht etwa good oder bad wären, sondern man hat bei der einen in diesem Jahr bisher keine Erträge, bei der anderen aber wohl. Das kann in einem anderen Jahr wieder anders sein.

    Und immer dran denken: Es gibt 2 Verlusttöpfe, den Verlusttopf Aktien und den Verlusttopf sonstiges. Den Verlusttopf Aktien kann man nur mit Aktiengewinnen ausgleichen, den Verlusttopf sonstiges aber mit allen Kapitaleinkünften, auch Aktiengewinnen.

  • Bitte nicht Freibetrag und Freistellungsauftrag verwechseln. Der Freistellungsauftrag ist nur ein Vehikel, um den Freibetrag unterjährig zu nutzen. Ob und wie der Freibetrag endgültig in Anspruch genommen werden kann, entscheidet sich erst bei der Steuererklärung.

  • Es gibt noch eine Konstellation zur Gewinn- und Verlustseparierung: 2 Depots bei verschiedenen Banken.

    Dann verschiebt man die mit Verlust zu verkaufenden Aktien oder Fonds vor dem Verkauf zunächst in die bad Bank, und kann den jährlichen Freibetrag bei der guten Bank nutzen.

    Das ist ja eine interessante Konstellation.