Steuerklasse in Elternzeit und bei Wiedereinstieg in Beruf

  • Liebe Community, ich habe einige Beiträge gelesen und gemerkt, dass es hier einige Steuerprofis gibt. Nun probiere ich mal mein Glück bevor ich einen Steuerberater aufsuche…


    Mein Mann und ich erwarten bald Nachwuchs weshalb sich die Einkommenssituation künftig ändern wird. Bislang waren wir beide voll berufstätig und haben die Steuerklasse IV / IV gewählt da wir ähnlich verdient hatten (Mann 95.000€ / Ich 87.000€). Nun hat mein Mann den Job gewechselt weshalb er künftig auf ein Jahreseinkommen von 110.000€ kommt. Ich plane für 2 Jahre Elternzeit zu nehmen und im 1. Jahr Basiselterngeld zu beziehen und im 2. Jahr keine Einkünfte zu erzielen (bzw. das Basiselterngeld privat zu splitten auf 24 Monate). Laut Rechner des Bundesfamilienministerium habe ich einen Anspruch auf den Höchstbetrag von 1.800€ Elterngeld weshalb es keinen Sinn gemacht hatte für das Elterngeld die Steuerklasse zu wechseln in III/V um das Nettoeinkommen bei mir zu beeinflussen.


    Neben dem Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit kommen Kapitalerträge von ca. 3.000€ im Jahr hinzu. Außerdem werde ich im Laufe des 1. Elternzeitjahres noch zwei Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld und Bonus) erhalten. Weitere Einnahmen gibt es nicht.


    Auf der Ausgabenseite konnten wir in den letzten Jahren einiges an Werbungskosten und Sonderausgaben durch Fahrtkosten, Arbeitsmittel, Kosten für Handwerker und Dienstleister für die Eigentumswohnung und Abschreibungen vom Arbeitszimmer steuerlich geltend machen sodass wir jährlich ca. 4.000€ vom Finanzamt an Steuerrückerstattung zurück erhalten haben.


    Nun stellen sich uns folgende Fragen:

    - Ich habe gelesen, dass das Elterngeld zwar steuerfrei aber der Steuerprogression unterliegt und damit in unserem Fall das Jahreseinkommen um 18.000€ erhöht (1.800€ Elterngeld x 10 Monate weil die ersten 2 Monate noch Mutterschaftsgeld = Nettolohn gezahlt wird aufgrund Mutterschutz). Aber was bedeutet das konkret für die Steuerlast bzw. welcher Steuersatz wird darauf berechnet? Blöd gefragt: Anstatt 110.000€ Jahreseinkommen wird ein Jahreseinkommen von 128.000€ für die Steuerlast zugrundegelegt und demnach zT der Spitzensteuersatz berechnet? Kleine Anmerkung: Wir haben uns bewusst gegen Elterngeld Plus (Verteilung auf 24 Monate) entschieden auch wenn es für die Steuerprogression besser wäre. Falls ich doch früher als gedacht in den Job zurückkehren sollte (Teilzeit in Elternzeit) besteht die Gefahr der Kürzungen beim Elterngeld Plus durch zu hohem Zuverdienst.


    - Macht es Sinn, dass mein Mann als künftiger Alleinverdiener die Steuerklasse III und ich die Steuerklasse V wählen um damit meinen wegfallenden Verdienst zu kompensieren? Das macht bei dem Verdienst meines Mannes laut Brutto-Netto-Rechner ca. 700€ Differenz aus wenn er von IV in die III wechselt und ich die Steuerklasse V nehme für die zu erwarteten Sonderzahlungen. Ich schätze jetzt einfach mal grob, dass wir bei der IV / IV durch meine wegfallenden Werbungskosten künftig in etwa 50% der bisherigen Steuerrückerstattungen bei Steuerklasse IV/IV zurück erhalten würden = 2.000€ wobei wir ja künftig eigentlich auch Kinderfreibeträge berücksichtigen dürfen oder? Auch hier blöd gefragt: Kann man das auf den Monat ummünzen dass das eig nur rund 200€ mehr Nettolohn wären und keine 700€ und wir damit Gefahr laufen, dass wir monatlich 500€ zu wenig an Steuern gezahlt haben was eine jährliche Steuernachzahlung von 6.000€ bedeutet?


    - Angenommen ich starte nach 18-24 Monaten wieder im Job und ich arbeite dann 50% in Teilzeit, dann würde mein Verdienst in etwa 30% des Jahreseinkommen ausmachen. Lohnt sich dann die Steuerklasse III / V? Ich habe im Internet mehrmals den Faktor von mind. 60% des Besserverdienenden am Jahreseinkommen gelesen dass sich ab da die Steuerklasse III / V lohnen würde. Stimmt das?


    Ich hoffe halbwegs verständlich unsere Situation und Fragen beschrieben zu haben und freue mich über hilfreiche Tipps (und entschuldige mich für blöde und laienhafte Fragen 😃).

  • Elena H.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Mein Mann und ich erwarten bald Nachwuchs, weshalb sich die Einkommenssituation künftig ändern wird. Bislang waren wir beide voll berufstätig und haben die Steuerklasse IV / IV gewählt da wir ähnlich verdient hatten (Mann 95.000€ / Ich 87.000€).

    Nun hat mein Mann den Job gewechselt weshalb er künftig auf ein Jahreseinkommen von 110.000€ kommt. Ich plane für 2 Jahre Elternzeit zu nehmen und im 1. Jahr Basiselterngeld zu beziehen und im 2. Jahr keine Einkünfte zu erzielen

    Laut Rechner des Bundesfamilienministerium habe ich einen Anspruch auf den Höchstbetrag von 1.800€ Elterngeld, weshalb es keinen Sinn gemacht hatte für das Elterngeld die Steuerklasse zu wechseln in III/V um das Nettoeinkommen bei mir zu beeinflussen.

    Stimmt.

    Neben dem Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit kommen Kapitalerträge von ca. 3.000€ im Jahr hinzu. Außerdem werde ich im Laufe des 1. Elternzeitjahres noch zwei Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld und Bonus) erhalten. Weitere Einnahmen gibt es nicht.

    Die Kapitalerträge sollten abgeltungbesteuert sein, sind in der Steuerrechnung außen vor.

    - Ich habe gelesen, dass das Elterngeld zwar steuerfrei aber der Steuerprogression unterliegt und damit in unserem Fall das Jahreseinkommen um 18.000€ erhöht (1.800€ Elterngeld x 10 Monate weil die ersten 2 Monate noch Mutterschaftsgeld = Nettolohn gezahlt wird aufgrund Mutterschutz). Aber was bedeutet das konkret für die Steuerlast bzw. welcher Steuersatz wird darauf berechnet?

    Blöd gefragt: Anstatt 110.000€ Jahreseinkommen wird ein Jahreseinkommen von 128.000€ für die Steuerlast zugrundegelegt und demnach zT der Spitzensteuersatz berechnet?

    Das ist nicht an sich nicht schwer auszurechnen, wenn man weiß, wie das geht :)


    Die meisten Brutto-Netto-Rechner beziehen sich auf Ledige, und Ihr seid ein Ehepaar. Man bekommt das mit gängigen Rechnern hin, muß aber die Sozialabgaben richtig berücksichtigen.


    Rechne erstmal die Sozialversicherungen aus. Dein Mann zahlt in der Elternzeit welche, Du vermutlich nicht (Krankenkasse?). So bekommst Du das zu versteuernde Einkommen (1).


    Zum zu versteuerden Einkommen Deines Mannes rechnest Du das Elterngeld dazu und errechnest eine fiktive Steuer aus der Summe (2) nach dem Splittingtarif. Du berechnest das Verhältnis der Steuer von der Summe (2) in Prozenten und multiplizierst diesen Prozentsatz mit (1).

    - Macht es Sinn, dass mein Mann als künftiger Alleinverdiener die Steuerklasse III und ich die Steuerklasse V wählen, um damit meinen wegfallenden Verdienst zu kompensieren?

    Ja.


    Die Steuerklassen beziehen sich ausschließlich auf die Lohnsteuer. Die Einkommensteuer beeinflussen sie nicht. Wenn Dein Mann in III geht, zahlt er laufend weniger Steuer, ihr habt monatlich mehr Geld. Ausgeglichen wird das dann mit der Steuererklärung (wenn ein Ausgleich nötig ist).

    - Angenommen ich starte nach 18-24 Monaten wieder im Job und ich arbeite dann 50% in Teilzeit, dann würde mein Verdienst in etwa 30% des Jahreseinkommen ausmachen. Lohnt sich dann die Steuerklasse III / V?

    Man muß das immer mit konkreten Zahlen durchrechnen, außerdem hängt noch anderes dran. Für die moderne Frau von heute ist Klasse IV mit Faktor die bessere Lösung. Nach dem Wunsch der Ampelregierung sollen die Steuerklassen III und V ohnehin abgeschafft werden (was allerdings noch bis 2030 dauern sollte). Warten wir es ab.


    Konzentriere Dich erstmal auf Schwangerschaft und dann Säuglingspflege. Die Steuerklassen könnt ihr immer noch anpassen, wenn das Kind auf der Welt ist.

  • Aber was bedeutet das konkret für die Steuerlast bzw. welcher Steuersatz wird darauf berechnet? Blöd gefragt: Anstatt 110.000€ Jahreseinkommen wird ein Jahreseinkommen von 128.000€ für die Steuerlast zugrundegelegt und demnach zT der Spitzensteuersatz berechnet?

    Jein. Die 128k werden zur Ermittlung des Durchschnittssteuersatz herangezogen. Dieser wird dann auf das zu versteuernde Einkommen von 110k angewendet. Achim hat das ja schon ein wenig ausgeführt.

    Allerdings werden beide Werte definitiv niedriger sein, da ja diverse Kosten abgesetzt werden können. Ich habe aber einfach mal deine Werte weiter verwendet, damit es verständlicher ist.


    Ich habe gelesen, dass das Elterngeld zwar steuerfrei aber der Steuerprogression unterliegt und damit in unserem Fall das Jahreseinkommen um 18.000€ erhöht (1.800€ Elterngeld x 10 Monate weil die ersten 2 Monate noch Mutterschaftsgeld = Nettolohn gezahlt wird aufgrund Mutterschutz).

    Nicht nur das Elterngeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt, auch das Mutterschaftsgeld, da es sich auch da um eine Lohnersatzleistung handelt. Daher werden nicht nur 18k zugeschlagen, sondern deutlich mehr.


    Macht es Sinn, dass mein Mann als künftiger Alleinverdiener die Steuerklasse III und ich die Steuerklasse V wählen um damit meinen wegfallenden Verdienst zu kompensieren?

    Während du komplett zu Hause bleibt, macht das durchaus Sinn. Damit reduziert ihr die Vorauszahlungen an das Finanzamt. Wenn ihr aber immer eine große Steuererstattung einplant, um die z.B. dann für den Urlaub oder die Sondertilgung des Eigenheims zu verwenden, solltet ihr die Steuerklassen lassen. Oder ihr schiebt monatlich entsprechend etwas zusätzlich auf Seite.


    Angenommen ich starte nach 18-24 Monaten wieder im Job und ich arbeite dann 50% in Teilzeit, dann würde mein Verdienst in etwa 30% des Jahreseinkommen ausmachen. Lohnt sich dann die Steuerklasse III / V?

    Steuerklasse IV mit Faktor, wenn du wieder zu arbeiten beginnst.

    Das ist die logische Lösung, weil dann jeder genau das korrekt netto bekommt, was ihm zusteht.

    Der Hinweis von Tomarcy ist durchaus richtig, aber nur bedingt.


    Wie sieht eure weitere Familienplanung aus? Wollt ihr noch weiteren Nachwuchs?

    Falls ja, macht die Kombi III/V deutlich mehr Sinn, wobei du dann als Geringverdiener die Steuerklasse III nimmst. Damit zahlt ihr zwar deutlich zu viel Lohnsteuer (was dann im Rahmen der Steuererklärung zu einer entsprechend hohen Rückerstattung führt), jedoch kannst du damit dein Elterngeld erhöhen. Das Thema wurde hier im Forum aber schon oft genug ausgeführt, auch von mir, weshalb ich da auf die Suchfunktion des Forums verweise.

    Solltet ihr keinen weiteren Nachwuchs mehr planen, dann könnt ihr besser auf IV/IV mit (trifft eher die tatsächliche Steuerlast) oder ohne (dadurch ist die Erstattung höher) Faktor wechseln.