Lohnersatzleistungen wie ALG1 und Krankengeld Progression

  • Hallo zusammen,

    ich versuche gerade das Thema des Einflusses von Lohnersatzleistungen wie ALG1 und Krankengeld auf das Ergebnis der Steuererklärung nachzuvollziehen.

    Berichtigt mich, wenn ich es falsch verstehe, aber müsste nicht unter der Bedingung, dass bspw. ALG1/ Krankengeld geringer ausfällt als die Entgeltzahlung trotz der Berücksichtigung der Lohnersatzleistungen eine Steuererstattung rauskommen und ist diese nicht sogar höher, als wenn man in einem Jahr keine Lohnersatzleistungen erhalten hätte?

    In welchen Fällen führten Leistungen zu einer Nachzahlung?

    Meine Begründung: Für die Festsetzung der Höhe der Lohnsteuer eines jeden monatlichen Gehaltes wird stets angenommen, dass das Einkommen in den anderen 11 Monaten gleich hoch ist.

    De facto fällt es mit den Ersatzleistungen geringer aus und im Rahmen der Steuererklärung wird für die gearbeiteten Monate die Lohnsteuer nach unten korrigiert. Korrekt?

    Somit muss man vom Krankengeld nichts für eine potenzielle Steuernachzahlung zurücklegen.

    Einfach gesagt: Würden Lohnersatzleistungen nicht der Steuerprogression unterliegen, würde man in den Monaten, in denen man Arbeit sogar ein erheblich höheres effektives Nettogehalt nach der Steuererklärung kriegen.

    Fiktives Beispiel:

    1 Monat Entgelt 11 Monate Krankengeld

    Entgelt brutto 4000€ netto 2500€ Lohnsteuer 500€

    Krankengeld brutto 3200€

    Ohne Progression der Lohnersatzleistungen:

    Der Arbeitnehmer kriegt aufgrund des Freibetrags die volle Lohnsteuer in Höhe von 500€ erstattet und hätte netto effektiv 3000€

    Mit Progression:

    Die zu entrichtende Lohnsteuer verringert sich bspw. auf 400€ und somit 100€ Erstattung, weil durchschnittliches Einkommen monatlich geringer ausfällt als 4000€ brutto.

  • Elena H. 6. Februar 2025 um 11:00

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Der Arbeitgeber macht den Steuerfall zum 31.12. des Jahres aus „Lohnsteuersicht“ eben und die Lohnsteuer ist fertig.

    Denk mal bei verschiedenen Konstellationen darüber nach, wie sich das dann in det Einkommensteuerberechnung auswirkt..

  • Ich habe mir deine Berechnung jetzt nicht ganz genau angeguckt, aber grundsätzlich ist deine Annahme korrekt.

    Im Endeffekt wird (vereinfacht gesagt) für die Berechnung der Lohnsteuer das jeweilige Monatsbrutto mit 12 multipliziert und dann geguckt, was die Steuerlast ist. Diese wird dann wieder durch 12 geteilt und ergibt so die monatliche Lohnsteuer. Der Arbeitgeber unterstellt also ein gleichbleibendes Gehalt. wenn jetzt Monate rausfallen, dann ist die gezahlte Lohnsteuer natürlich viel zu hoch und es gibt eine entsprechende Erstattung.

    Mal als einfaches Beispiel, ein Angestellter mit 10k brutto im Monat, also 120k im Jahr (keine Sonderzahlungen etc.). Dann liegt das zu versteuernde Einkommen bei knapp 104k (ledig, keine Kinderfreibeträge, gesetzlich versichert, kein Zuschlag PV, kein Zusatzbeitrag KV). Die monatliche Lohnsteuer liegt bei knapp 2.728 Euro (ohne Soli), also 32.738 Euro im Jahr. Dies entspricht der kompletten Einkommenssteuer, wenn nur die Pauschalen angesetzt werden können.

    Bei nur 10 Monaten bezahlter Arbeit lagen die Vorauszahlungen dagegen bei 27.280 Euro, die tatsächliche Steuerlast sind aber nur 24.338 Euro. Das Delta von 2.942 Euro gibt es also zurück. Alle Daten sind übrigens weiterhin ohne Soli, damit es nicht zu kompliziert wird.

    Jetzt kommen aber die Lohnersatzleistungen und der Progressionsvorbehalt ins Spiel. Nehmen wir mal an, die Lohnersatzleistung wäre identisch mit dem Bruttolohn. Dann läge das zu versteuernde Einkommen zwar immer noch bei nur knapp 84k Euro, allerdings wird zunächst die Steuerlast für ein zvE von 104k berechnet und die Durchschnittsbelastung ermittelt (hier 31,5%). Dieser Durchschnittssatz wird nun auf die 84k angewendet und somit liegt die Steuerlast bei 26.438 Euro. Das Delta der Erstattung reduziert sich also deutlich.

    In welchen Fällen führten Leistungen zu einer Nachzahlung?

    Bei einem Ledigen dürfte das nur selten der Fall sein. Betroffen sind vor allem Verheiratete, wo der eine Partner grundsätzlich nicht arbeitet. Wenn in dieser Konstellation (Mann ist Alleinverdiener, Frau bleibt zu Hause) jetzt noch ein Kind dazu kommt, kann die Mutter auch ohne vorherige Erwerbstätigkeit Elterngeld beantragen und bekommt den Mindestsatz (300 Euro pro Monat).

    Der Mann verdient weiter das gleiche und hat Steuerklasse III. Somit sollte es (vor dem Nachwuchs) keine Nachzahlung oder Erstattung geben (gleiches Prozedere wie oben). Nun kommt aber bei der Steuererklärung das Elterngeld von 3.600 Euro hinzu. Diese werden für die Ermittlung hinzugerechnet und erhöhen somit die Steuerlast.

    Bei den Annahmen von oben läge die Steuerlast vor dem Kind bei 22.788 Euro. Mit Elterngeld (Kinderfreibetrag außen vor gelassen) liegt die Steuerlast nun bei 23.290 Euro, es müssen also 502 Euro Steuern nachgezahlt werden.

  • Nein, habe ich noch nicht. Ein schneller Blick in LStH 2022 §42b lässt mich aber vermuten, dass der AG hier nichts machen muss (bzw. genauer nichts machen darf).

    Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 regelt das Verbot der Abrechnung bei Kurzarbeitergeld oder Mutterschutz etc.

    Nr. 4a regelt das Elterngeld (Elternzeit führt immer zu einem Eintrag bei Großbuchstabe U)

    Es gibt also ziemlich viele Ausnahmen von der Pflicht zum Jahresausgleich.

    Aber wie gesagt, mit dem Thema kenne ich mich nicht wirklich aus.

  • Meins23
    Herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort mit einem deutlich besser gerechneten Beispiel. Es gibt also trotz des Progressionsvorbehalts in fast allen Fällen durch die Einkommenssteuererklärung weiterhin eine Erstattung, diese fällt jedoch deutlich geringer aus.
    Somit wirkt die Regelung für mich sehr fair, weil ansonsten Arbeitnehmer mit Lohnersatzleistungen deutlich weniger Einkommenssteuer auf die Monate mit Entgelt zahlen würden als diejenigen, die das gesamte Jahr arbeiten.
    Mir fällt noch ein Fall ein, indem eine Nachzahlung stattfinden kann: Wenn man bspw. ALG 1 bezogen hat und die Berechnung dafür aus dem alten besser bezahlten Job erfolgt ist und man danach einen deutlich schlechter bezahlten Job anfängt. Dann könnte eine Nachzahlung stattfinden.

  • ich versuche gerade das Thema des Einflusses von Lohnersatzleistungen wie ALG1 und Krankengeld auf das Ergebnis der Steuererklärung nachzuvollziehen. [...]

    Müsste nicht unter der Bedingung, dass bspw. ALG1/ Krankengeld geringer ausfällt als die Entgeltzahlung trotz der Berücksichtigung der Lohnersatzleistungen eine Steuererstattung rauskommen und ist diese nicht sogar höher, als wenn man in einem Jahr keine Lohnersatzleistungen erhalten hätte?

    Juristensprache wird dadurch unverständlich, daß man zuviel in einen Satz packt. Das gilt für Deinen obigen Satz auch. :)

    Wenn Du normal beschäftigt bist, zieht der Arbeitgeber von Deinem Lohn die Lohnsteuer ab. Die Lohnsteuer ist eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer, die so bemessen ist, daß sie im Idealfall am Jahresende die geschuldete Einkommensteuer abdeckt. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Das haut (bei einem Ledigen) hin, wenn das Einkommen über Jahr gleich bleibt.

    Bist Du die letzten 3 Monate arbeitslos und bekommst auch kein Geld dafür, dann verteilen sich die 9 Einkommen des Jahres aufs ganze Jahr, die Einkommensteuer ist niedriger als die bereits gezahlte Lohnsteuer, mit der Steuererklärung bekommst Du also eine Steuererstattung.

    Bekommst Du in diesen 3 Monaten aber Kranken- oder Arbeitslosengeld, so sind diese Leistungen zwar steuerfrei, unterliegen aber dem sog. Progressionsvorbehalt, werden also zur Berechnung des Steuersatzes hergenommen. Weil diese Leistungen aber geringer sind als der vorherige Lohn, kommt bei dieser Berechnung ein geringerer Steuersatz heraus, als er für die Lohnsteuerzahlung der ersten 9 Monate verwendet worden ist, somit wirst Du auch in diesem Fall Geld mit der Steuererklärung zurückbekommen (wie Du das oben richtig beschrieben hast), diese ist allerdings geringer, als wenn Du keine Lohnersatzleistungen bekommen hättest.

    Du weißt ja, wie man den Progressionsvorbehalt errechnet: Der Steuersatz steigt mit der Höhe der steuerfreien Lohnersatzleistungen. Logischerweise ist der Steuersatz mit einer nennenswerten Höhe dieser Leistung höher als bei Lohnersatzleistung = 0.

    Für die Festsetzung der Höhe der Lohnsteuer eines jeden monatlichen Gehaltes wird stets angenommen, dass das Einkommen in den anderen 11 Monaten gleich hoch ist.

    De facto fällt es mit den Ersatzleistungen geringer aus und im Rahmen der Steuererklärung wird für die gearbeiteten Monate die Lohnsteuer nach unten korrigiert. Korrekt?

    Du wirfst da etwas zu viel durcheinander. Die Lohnsteuertabelle geht in der Tat davon aus, daß das Gehalt übers Jahr gleich bleibt. Die Lohnsteuer wird aber cum grano salis nicht nachträglich korrigiert. In der Steuererklärung geht es um die Einkommensteuer, auf die die Lohnsteuer eine Vorauszahlung ist.

    Somit muss man vom Krankengeld nichts für eine potenzielle Steuernachzahlung zurücklegen.

    Das ja.

    Einfach gesagt: Würden Lohnersatzleistungen nicht der Steuerprogression unterliegen, würde man in den Monaten, in denen man [arbeitet], sogar ein erheblich höheres effektives Nettogehalt nach der Steuererklärung kriegen.

    Ich gehe mit dieser Haarspalterei nicht mit.

    Solange Du arbeitet, bekommst Du Monat für Monat Dein Gehalt. Bist Du die letzten drei Monate des Jahres arbeitslos, bekommst Du Arbeitslosengelt, das ist geringer als Dein Lohn, somit wirst Du im Rahmen der Steuererklärung Steuer zurückbekommen, allerdings weniger, als wenn Du keine Lohnersatzleistungen bekommen hättest.

    Rechnen kann man viel: Du kannst sicherlich die Steuererstattung nach anderthalb oder zwei Jahren rechnerisch auf die Monate verteilen, in denen Du Lohn erhalten hast. Das ist aber ein reines Zahlenspiel, davon hattest Du 18 Monate vorher kein höheres Gehalt.

    Fiktives Beispiel:

    Fiktive Beispiele lassen wir lieber. Echte (oder zumindest: plausible) Zahlen sind besser.