Berufsunfähigkeitsrente beantragt – doch lieber weiter Krankengeld? Fragen zu Rente & Nebenjob

  • Hallo zusammen,

    meine Freundin ist 32 Jahre alt und seit 01.01.2025 Zeit krankgeschrieben. Hintergrund ist ein schwerer Unfall in Thailand Ende 2024, bei dem wir beide verletzt wurden. Durch einen Wirbelbruch in der Wirbelsäule ist sie nur knapp einer Querschnittslähmung entkommen. Beruflich war sie bisher als Operationstechnische Assistentin (OTA) tätig – ein körperlich sehr anspruchsvoller Job, der langes Stehen und körperliches Tragen erfordert.

    Da sich ihre Genesung bisher sehr hinzieht, haben wir bei ihrer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) vorsorglich einen Antrag auf BU-Rente gestellt.

    Die Ärzte gehen aktuell zwar davon aus, dass eine vollständige Heilung eventuell im Laufe des nächsten Jahres möglich ist. Momentan ist ihr Bein aber weiterhin gelähmt, der Fuß ebenfalls, und es bestehen anhaltende Schmerzen sowie nervliche Belastungsstörungen. An Arbeiten ist derzeit nicht zu denken.

    Nun haben wir erfahren, dass bei Bewilligung der BU-Rente kein Krankengeld mehr von der gesetzlichen Krankenkasse gezahlt wird – und das Krankengeld liegt deutlich über der Höhe der BU-Rente (aktuell 918 € BU-Rente).

    Deshalb überlege ich, ob es nicht sinnvoller wäre, den BU-Antrag vorerst zurückzuziehen und weiterhin Krankengeld zu beziehen. Die Differenz sind ca 1.100,00 EUR per Monat.

    Die Leistungs-Bestätigung der Allianz-Versicherung liegt uns bereits vor, hier möchte man ab dem 01.07.2025 die 918,00 EUR im Monat überweisen.

    Was uns beschäftigt:

    • War es ein Fehler, die BU so früh zu beantragen?

    • Sollen wir die Krankenkassen schon darüber informieren?

    • Kann man einen BU-Antrag einfach zurückziehen, wenn noch keine Leistungen ausgezahlt wurden? (Vielleicht klappt eine Heilung ja sogar noch im Rahmen der Krankengeld-Periode? Niemand weiß das aktuell so genau)

    • Hat jemand Erfahrungen damit? Gab es Probleme mit der Krankenkasse oder später mit der Versicherung?

    • Wie wirkt sich das auf die gesetzliche Rente aus? Ich habe gelesen, dass man während des Bezugs einer privaten BU-Rente keine Rentenpunkte sammelt – das macht mir Sorgen.

    • Darf man während der BU-Rente (teilweise) arbeiten, z. B. einen Minijob ausüben oder in Teilzeit in den alten Job zurückkehren? Wie findet man heraus, was erlaubt ist?

    • Was ist von dem Thema Erwerbsminderungs-Rente in diesem Fall zu halten?

    Ich würde mich sehr über eure Meinungen und Erfahrungen freuen! Es gibt leider zu jedem Themen-Gebiet unzählige Meinungen und Fachseiten die für uns teilweise nur sehr schwer zu begreifen sind.

    Herzlichen Dank vorab

  • Hallo.

    Die Höhe der BUV scheint mir unglücklich niedrig zu sein. (Die Feststellung hilft jetzt natürlich wenig.)

    Die Erwerbsminderungsrente bezieht sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Drastisch ausgedrückt: Wenn man noch in der Führerscheinstelle arbeiten könnte, dann sollte man eher keine Rente erwarten.

    Den Antrag sollte man aber dennoch stellen sofern die anderen Leiszungen niedriger sind oder drohen auszulaufen.

    Zur BUV kann Dr. Schlemann sicher deutlich mehr beitragen. Ggf. liefert sein Webauftritt noch zusätzliche Informationen.

  • Nun haben wir erfahren, dass bei Bewilligung der BU-Rente kein Krankengeld mehr von der gesetzlichen Krankenkasse gezahlt wird

    Von wem habt ihr das erfahren?

    Ich bin gleich über diese Behauptung gestolpert, weil ich selbst Leute kenne, die eine private BU-Rente bezogen haben.

    Schau mal hier:

    Kürzung von gesetzlichem Krankengeld bei BU-Leistungen?
    Bei der Absicherung der Arbeitskraft kommen häufig verschiedene finanzielle Leistungen zum Tragen. Doch wie beeinflussen sich diese Leistungen gegenseitig?…
    www.asscompact.de
  • Danke für eure bisherigen Hinweise.

    Das Thema BU/Krankengeld gleichzeitig haben wir so von unserem Versicherungsvertreter erklärt bekommen, aber anhand des genannten Artikels scheint sich dies ja nicht auszuschließen. Das wäre schon einmal eine große Hilfe. Mein Eindruck war leider schon vorab dass der besagte Herr selbst wenig Ahnung von der Materie hat.

    Und ja in der Tat die 918,00 EUR BU Rente sind leider nicht sehr viel.

  • Das Thema BU/Krankengeld gleichzeitig haben wir so von unserem Versicherungsvertreter erklärt bekommen,

    Dann hat sich die Frage hier in diesem Forum ja wohl gelohnt.

    Sollte diese Aussage wirklich von diesem „Versicherungsverkäufer“ gemacht worden sein, wäre das schon bemerkenswert.

    Wenn er keine Ahnung hat, sollte er lieber sagen: „ Informieten Sie sich bitte bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse“.

    Ich vermute jedoch, dass es im Zweifelsfall ein so genanntes „Missverständnis“ war.

    Ist diese BU-Versicherung noch an eine andere Versicherung gekoppelt?

    Bis zu welchem Lebensjahr wird denn überhaupt gezahlt?

    Davon hängt auch die Höhe der Steuerbelastung dieser Zahlung ab. (Abrechnung über Einkommensteuererklärung, die dann zwingend zu machen ist).

  • Ist diese BU-Versicherung noch an eine andere Versicherung gekoppelt?
    Nein, keine Kopplung an andere Versicherungen. Es handelt sich um eine Allianz-Berufsunfähigkeitspolice.

    Versicherungsbeginn war der 01.03.2014, Versicherungsablauf ist der 29.02.2056, "Bis Endalter 63 Jahre.

    Berufsunfähigkeitsrente Plus bei Berufsunfähigkeit vor dem 01.03.2056:
    Rentenzahlung für die Dauer der Berufsunfähigkeit, Garantierente, längstens bis 29.02.2056 von monatlich 700,00 EUR

    Beitragsbefreiung Plus bei Berufsunfähigkeit vor dem 01.03.2056: für die Dauer
    der Berufsunfähigkeit Befreiung von der Beitragszahlungspflicht, längstens bis
    29.02.2056


    • Zuwachs
    Durch den dynamischen Zuwachs von Leistung und Beitrag erhöht sich der monatliche Beitrag für diese Versicherung
    jährlich um 3 %. Jede Beitragssteigerung führt zu einer Erhöhung der versicherten Leistungen. Die Leistungen aus Zuwachs werden mit dem Rechnungszins und den Annahmen zur Lebenserwartung berechnet, die zum jeweiligen Zeitpunkt
    der Beitragserhöhung maßgebend sind.

  • Das ist dann ab Juli 2025 eine so genannte abgekürzte Leibrente.

    Bei den von dir genannten Daten dürfte der Ertragsanteil bei ungefähr 18 % liegen.

    Dieser Anteil der Rente ist demnach steuerpflichtig. Es gibt dann auch einen kleinen Freibetrag.

    Die Daten werden automatisch an das Finanzamt gemeldet.

    Deine Freundin muss also für das Jahr 2024 auf jeden Fall eine Steuererklärung abgeben.

    Noch ein Hinweis zu deiner Frage mit Minijob oder sowas.

    Die Allianz Versicherung wird sowieso in den nächsten Jahren den Gesundheitszustand regelmäßig prüfen lassen wollen.

    Wegen Fragen zu einem Minijob sollte sich deine Freundin immer direkt an die verwaltende Hauptverwaltung wenden.

    Die Pflichten, die sie hat, werden ihr wahrscheinlich auch von der Allianz schriftlich mitgeteilt.

  • Hallo timMuc2023 , zunächst gute Besserung für Ihre Freundin!

    Ich sehe hier drei gravierende Fehler - und bitte um Nachsicht wenn ich diese sehr deutlich benenne, damit andere Mitleser es besser machen können:

    1. BU viel zu niedrig abgeschlossen (nicht das Nettoeinkommen, sondern weniger als die Hälfte davon, Endalter 63 statt 67). Ich vermute sehr stark, dass daran nicht der böse "Versicherungsverkäufer" schuld war (der will nach gängigem Stereotyp ja viel verkaufen), sondern falsch verstandene Sparsamkeit Ihrer Freundin.
    2. Auf eigene Faust BU Antrag gestellt, statt sich von einem Experten beraten zu lassen, inkl. Abgrenzung zu anderen Leistungen. Die am schwierigsten zu behebenden Fehler werden bei Antragstellung gemacht!
    3. Und jetzt wieder der Versuch, ein komplexes Thema auf Basis einer unvollständigen Sachverhaltsschilderung mit Hilfe zufälliger Usermeinungen zu lösen.

    Ich würde mir an Ihrer Stelle bzw. an Stelle Ihrer Freundin Rat bei einem spezialisierten Versicherungsberater oder Anwalt suchen. Die Kosten für 30-60 Minuten Beratung sind überschaubar und gut investiert. Wer seine BU bei uns abschließt erhält eine solche Ersteinschätzung übrigens kostenlos.

    Einen positiven Aspekt möchte ich auch noch mal mehr in den Fokus stellen: Ihre Freundin hat eine BU Rente und die Allianz leistet wie es scheint recht zügig ohne zu zucken oder zu murren. Das geht angesichts der Klage, dass sich das Krankengeld mehr lohnen würde, etwas unter.

    Fachlich ist dem Artikel des Kollegen Jöhnke zum Verhältnis KTG / BU nichts hinzuzufügen. Eine private BU Rente fällt nicht unter § 50 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Allerdings endet das KTG nach § 44 SGB V wenn aus einer Arbeitsunfähigkeit medizinisch eine Berufsunfähigkeit wird. Das wird durch Bewilligung / Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente indiziert. Sobald die Krankenkasse davon erfährt, wird sie die Prüfung und ggf. Einstellung der KTG Zahlung nach § 48 SGB X veranlassen.

    Dr. Schlemann unabhängige Finanzberatung GmbH & Co. KG
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