Beurteilung meines Riestervertrags

  • Guten Morgen zusammen,


    mein erster Beitrag in diesem Forum, in dem ich mir passiv schon Einiges an Wissen aneignen konnte:)


    Nachdem sich die letzten Jahre eher wild gestalteten (kleine Kinder), bin ich in den letzten Wochen dazu gekommen, unsere Finanzen neu zu ordnen. Hier herrschte zwar auch vorher eine ordentliche Struktur, aber es lag in den letzten Jahren nicht unbedingt der Fokus auf dem Thema.


    Nur beim Thema Riester steige ich noch nicht voll durch...


    Konkret geht es mir um eure Einschätzung zu meinem vorhandenen Riestervertrag und ob es sich in meiner Situation "lohnt" , auf Dauer an diesem festzuhalten und wenn ja, in welchem Ausmaß (weiter besparen oder ruhend stellen).


    Vertragsdaten:

    - Abschlussjahr 2007, DEBEKA

    - Garantiezins 2,25%

    - 17 Jahre Garantiezeit- d.h. sterbe ich früh, bekommt meine Frau die restlichen Jahre ausgezahlt

    - Abrufbar ab dem 60. Lebensjahr

    - Vertragsvolumen Stand 01.01.22 rund 23k, d.h. bis 60 werden dort sicher 55- 60k zusammen kommen.

    - Überschussbeteiligungen eher vernachlässigbar

    - voraussichtliche Rentenzahlung laut derzeitigem Stand 350 Euro/mtl.


    Eingezahlt werden jährlich 2100 Euro, davon 1025 Euro durch mich (rund 85mtl.) und 1075 Euro durch den Staat (Zulage drei Kinder). Verhältnis zwischen Eigenleistung und Zulage daher eigentlich ganz gut.


    Eckdaten zu unserer finanziellen Situation:

    - Er, Anfang 40, voll berufstätig als Beamter

    - Sie, Anfang 40, in Teilzeit als Angestellte

    - Einkommen zusammen ist gut auskömmlich

    - drei (Klein)kinder


    Was tun wir für die Altersvorsorge:

    - Selbstbewohnte Immobilie, die voraussichtlich mit Mitte 40 abbezahlt sein wird, Sondertilgungen werden in voller Höhe jedes Jahr wahrgenommen. Immobilie ist barrierefrei und damit auch im Ruhestand nutzbar, zumindest in den ersten 10 Jahren, so die Gesundheit mitspielt. Daher Stand jetzt im Alter mietfrei (bis es dann ins Heim geht;))

    - ETF Sparpläne (ganze Welt) derzeit in mittlerer Höhe, sobald die Immofinanzierung wegfällt, werden dort noch mal deutlich Mittel frei.

    - Klassisches Sparen in RK1

    - gesetzliche Rente meiner Frau

    - privates, berufsständisches Versorgungswerk meiner Frau


    So, und jetzt die Frage- Lohnt es sich, an dem Riester Vertrag festzuhalten und diesen weiter zu besparen?


    (+) Pro:

    - monatlicher Betrag tut nicht weh

    - hohe Zulagen

    - Vertragsbedingungen meines Erachtens recht gut, insbesondere die Garantiezeit

    - Diversifizierung: Neben dem volatilen Baustein ETF ein weiteres "sicheres Pferd"


    (-) Contra:

    - trotz des Sicherheitsbausteins (17 Jahre, so ich das denn richtig verstehe) ist es neben meiner Pension und der Rente meiner Frau auch hier eine Wette auf Zeit- werde ich richtig alt (was in meiner Familie eher nicht der Fall ist) top, sterbe ich früh - eher doof.

    - starre Struktur- eigentlich möchte ich gerne bestimmen, was mit meinem Geld passiert und möchte es später auch frei verwenden dürfen. Zumal parallel zu unserem Ruhestand auch die Ausbildung der Kinder ansteht und hier ein durchaus beträchtlicher Finanzbedarf notwendig sein könnte.


    Stand jetzt würde ich sagen: Weiter besparen, mit 60 Jahren aufhören und 30% entnehmen.


    Ich habe irgendwie Zweifel, ob ich das Konstrukt meines Riestervertrags komplett durchblicke bzw. den Verdacht, irgendetwas zu übersehen. Ich würde mich daher sehr freuen, wenn ich die ein oder andere Anregung bekommen könnte. Ich hoffe, es ist nicht zu lang geworden. Wenn weitere Infos benötigt werden, lasst es mich wissen!


    Danke für eure Hilfe!

  • Von der Fördersituation her seid ihr praktisch das Musterbeispiel für eine sich lohnende Riesterrente aufgrund der drei Kinderzulagen. Daher halte ich den Plan, diese voll mitzunehmen (also weiter einzuzahlen, genau wie ihr es macht auf die 2100 Euro), und dann aber frühstmöglich das Geld herauszunehmen (mit den 30%, und dem frühren Rentenbeginn) für sehr klug.


    Zu Euren Optionen: Wechseln geht ohnehin nicht, auflösen wird aufgrund der vielen Zulagen, die zurückgezahlt werden müssten, nicht sinnvoll sein, bleiben nur weitersparen oder beitragsfreistellen. So lange die Kinderzulagen in großen Höhe fließen, würde ich weitersparen. Ggfs stellt ihr ihn dann die letzten paar Jahre vor dem Rentenbezug beitragsfrei, aber das könnt ihr dann entscheiden.


    Auch wenn es in der Situation nicht zu relevant ist, aber weil Du nichts übersehen wolltest, noch ein paar Fragen:


    - Du schreibst das Guthaben sei 23k. Was waren denn die Einzahlungen (also Summe über eigene Einzahlungen + alle Zulagen)? Der Zinssatz ist ja nur nach Gebühren garantiert. Mit der Zahl könntest Du die "Rendite" nach Kosten abschätzen, aber mach Dir keine großen Hoffnungen. Diese Verträge lohnen sich meist nur wegen der hohen staatlichen Zulagen trotz horrender Kosten, und nicht, weil die Versicherung mit dem Geld etwas für den Anlagehorizont Sinnvolles anstellt. Die Kröte, hier nicht selbst bestimmen zu können, musst Du schlucken.


    - Die Rente von 350 Euro/Monat erscheint mit spektakulär hoch. Ist das die beim aktuellen Vertragsstand garantierte Rente oder bei weiterer Einzahlung in voller Höhe bis Jahr X? Ist das die Rente bei Bezug ab 60 oder ab später? Das das wirklich die garantierte Rente oder irgendeine Hochrechnung? Was ist der Rentenfaktor im Vertrag, ist der garantiert?


    Der Rest sieht sehr solide aus, herzlichen Glückwunsch zur runden Gesamtsituation!

  • Hallo.


    Galileo hat schon einiges beigetragen, da muss ich nichts ergänzen.


    Hinsichtlich des Störgefühls:

    Riester war nie zur freien Verwendung vorgesehen (abgesehen von den 30% vielleicht). Wenn es Kapitalbedarf wegen der Kinder bzw. deren Ausbildung gibt, dann wäre das der Paradefall für die Flexibilität einer ungeförderten Anlage (ETF).

  • Sollte "Sie" immer unmittelbar zulageberechticht gewesen sein und die Kinderzulagen auf ihrem Vertrag "gelaufen" sein, könnnte man m.M.n über eine Auflösung "seines" Vertrags nachdenken.

    Dann müsste nur "Er" seine Grundzulagen + Steuervorteile zurückzahlen.


    Hab meinen Riestervertrag selbst noch, aber bin schon lange kein großer Riesterfan mehr..


    Das kommt einfach dabei raus, wenn der Staat und die Versicherungslobby usw. ein Produkt auf den Markt bringen.

  • Ich werfe mal folgendes in den Raum:

    Man könnte doch das gesamte Kapital entnehmen (sogar förderunschädlich) und zur Sondertilgung einsetzen.

    Die frei werdenden Beträge dann anders investieren.

    Nur eine Idee.....

  • Das "Störgefühl" ist tatsächlich nur eine subjektive Wahrnehmung, aber nichts, was mich nicht gut schlafen lässt oder mir Kopfzerbrechen bereitet.


    Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war ich Anfang/Mitte 20. Da hatte ich andere "Sorgen" als meine finanziellen Verhältnisse im Alter. Abgeschlossen eben, weil es eine Empfehlung war und nicht länger drüber schlau gemacht. Der Klassiker also.

    Es ist jetzt natürlich eine glückliche und damals nicht absehbare Fügung, dass die familiären Verhältnisse für eine Situation Zulage > Eigenleistung sorgen.


    Ich sehe den Vertrag momentan als eine von mehreren finanziellen Komponenten, die es zu überprüfen gilt.


    Freies Kapital zur Finanzierung der Ausbildung der Kinder bzw. für anderweitigen Bedarf sollte mit Rentenbeginn zur Verfügung stehen. Nach Wegfall der Immofinanzierung haben wir hier noch 10-15 Jahre zur Verfügung, um den Kapitalstock auszubilden. Wir möchten hier eine für uns gesunde bzw. ausgewogene Mischung zwischen RK1 (liquide Mittel) und RK3 (ETF) fahren. Es garantiert mir ja keiner, dass zum Zeitpunkt des Finanzbedarfs der Markt auch eine sinnvolle Entnahme aus den ETFs ermöglicht. Daher möchte ich RK1 nicht vernachlässigen. Daneben müssen auch weiterhin Rücklagen für die Immo gebildet werden.


    Die Überlegung, das Riester-Guthaben für die Sondertilgung zu verwenden ist grds. naheliegend. Dagegen sprechen aber der günstige Immo-Zins, als auch die Tatsache, dass wir die Sondertilgung anderweitig bedienen können. Ich verstehe aber den Gedanken, die dann frei werdenden Mittel am Markt renditestark einsetzen zu können. Da ich tendenziell als dreifacher Vater aber nach dem Motto "Sicherheit>Risiko" ticke, möchte ich diese Option aber derzeit nicht ziehen.

  • A)

    Du schreibst das Guthaben sei 23k. Was waren denn die Einzahlungen (also Summe über eigene Einzahlungen + alle Zulagen)? Der Zinssatz ist ja nur nach Gebühren garantiert. Mit der Zahl könntest Du die "Rendite" nach Kosten abschätzen, aber mach Dir keine großen Hoffnungen. Diese Verträge lohnen sich meist nur wegen der hohen staatlichen Zulagen trotz horrender Kosten, und nicht, weil die Versicherung mit dem Geld etwas für den Anlagehorizont Sinnvolles anstellt. Die Kröte, hier nicht selbst bestimmen zu können, musst Du schlucken.


    B)

    Die Rente von 350 Euro/Monat erscheint mit spektakulär hoch. Ist das die beim aktuellen Vertragsstand garantierte Rente oder bei weiterer Einzahlung in voller Höhe bis Jahr X? Ist das die Rente bei Bezug ab 60 oder ab später? Das das wirklich die garantierte Rente oder irgendeine Hochrechnung? Was ist der Rentenfaktor im Vertrag, ist der garantiert?

    Zu A)


    Zwischen 2007 und 2021 wurden eingezahlt:


    - Einzahlungen 16.858 Euro

    - Zulagen 3978 Euro


    Stand insgesamt: 23.180 Euro



    Zu B)


    Das scheint die garantierte Rente mit 65 zu sein, also bei weiterer Zahlung + Zulagen. Der Anbieter schreibt:


    monatlich garantierte Rente aus Eigenbeträgen: ca 230 Euro

    monatlich Rente aus den staatlichen Zulagen: ca 150 Euro


    Monatliche Gesamtrente: 380 Euro


    Nicht berücksichtigt sind mögliche Überschussbeteiligungen.


    Bei einer Inanspruchnahme mit 60, die vertraglich möglich ist, würden sich diese Leistungen natürlich reduzieren.


    Bezüglich des Rentenfaktors müsstet ihr mir bitte noch mal helfen- sagt mir aktuell nichts und wo finde bzw. berechne ich den? Parallel ergoogle ich mir das mal.


    Danke an alle für die rege Beteiligung :thumbup::!:

  • OK, zu A) der Vertrag ist moderat im Plus nach Kosten, und zu B) so machen die Beträge Sinn.
    Der Rentenfaktor besagt wie viel Rente aus dem Kapitalstock wird, und bei Dir wird das je nach Rechnung und genauem Alter etwas zwischen 38-42 sein (noch ca. 25 Jahre Einzahlung von 2100 Euro pro Jahr, + 23000 Euro aktuell, + ein paar Kapitalerträge = ca. 80-85k Endbetrag, davon 350 Euro Rente pro Monat), und damit für heutige Verhältnisse außerordentlich gut. Gibt nichts was ich ändern würde hier während die Kinderzulagen noch fließen.

  • Lynchburg

    Dein Riester-Zahlenwerk bzw. -Vertrag klingt auf den ersten Blick wirklich solide - damit dürftest du eher zu den Ausnahmen gehören.


    Womit ich allerdings skeptisch wäre, sind die „garantierten“ monatlichen Renten - offensichtlich hat es in jüngster Vergangenheit schon für etliche Riester-Bezieher böse Überraschungen gegeben, da es deutliche Diskrepanzen gab zwischen der angekündigten und der tatsächlich ausbezahlten monatlichen Summe. Die „Süddeutsche“ hat dazu kürzlich einen Artikel veröffentlicht und hier im Forum wurde dazu auch diskutiert


    Riester-Rente: Was kommt wirklich raus am Ende?

  • Guten Morgen,


    vielen Dank noch einmal für die Beteiligung und die Bewertung/Tipps, insbesondere an Galileo . Hat mir sehr effizient geholfen. Ich mache dann noch mal knapp 20 Jahre weiter und beurteile dann, was die sinnvollste Entnahmestrategie ist. :thumbup:

  • Im Link von Horst Talski wird bei der Teilauszahlung folgendes beschrieben:


    "Bis zu 30 Prozent des Gesamtkapitals können Sie bei Verträgen erhalten, die Sie von 2005 an unterschrieben haben.

    Bis zu 20 Prozent des Gesamtkapitals können Sie auf einen Schlag kassieren, falls Sie den Vertrag vor 2005 abgeschlossen haben."


    Diese Unterscheidung sehe ich zum ersten Mal - bisher ging ich immer von generell 30% aus, egal wann der Vertrag geschlossen wurde.

    Kann jemand "Licht ins Dunkle" bringen?

  • Der Rentenfaktor besagt wie viel Rente aus dem Kapitalstock wird, und bei Dir wird das je nach Rechnung und genauem Alter etwas zwischen 38-42 sein (noch ca. 25 Jahre Einzahlung von 2100 Euro pro Jahr, + 23000 Euro aktuell, + ein paar Kapitalerträge = ca. 80-85k Endbetrag, davon 350 Euro Rente pro Monat), und damit für heutige Verhältnisse außerordentlich gut. Gibt nichts was ich ändern würde hier während die Kinderzulagen noch fließen.

    Wie genau lautet die Formel um auf seinen Kapitalstock zu kommen?

    Ich habe kapiert, dass wir einen Wert A von 85k sowie einen Wert B von 350€ mtl. haben.

    Wie kommt man auf 38-42 ?

  • 85.000/10.000 = 8,5

    350 / 8,5 = 41,18 Rentenfaktor


    Pro 10.000 € gibt es 41,18 € monatliche Rente (zumindest in dieser Rechnung)

    In diesem Falle also 8,5 × 41,18= 350 €


    Jemand mit einem Rentenfaktor von 20 würde, bei gleichem Kapitalstock, also nur 170 € ( 8,5 x 20) monatliche Rente bekommen.

    Deshalb ist der Faktor, und vor allem ein hoher, ja so wichtig.

  • Da lese ich nur die 30% raus. (Abs. 4 Buchst a):


    https://www.gesetze-im-internet.de/altzertg/__1.html

  • Ich habe jetzt schon öfter gelesen, dass viele der Meinung sind "Riester nach mehreren Jahren zu kündigen, da die laufenden Kosten die Zulagen auffressen". Aber ist es nicht bei allen Riester Verträgen der Fall, das man die Abschlusskosten innerhalb der ersten 5 Jahre bezahlt und danach nur noch ein paar wenige Euro Verwaltungsgebühr?

    Also ist es doch so, dass selbst ohne Kids die Zulage von 175€ doch noch deutlich höher als die laufenden Kosten sind oder nicht?

  • Nescool

    Nein, nicht zwingend.


    Meine Schwester hat gerade einen Riester stillgelegt, den sie mit 5 € monatlich bespart hat für die Kinderzulage.

    Dort haben die jährlichen 60 € + 1 x 175 € Kinderzulage, auch nach 12 Jahren die jährlichen kosten nicht gedeckt. Eigentlich ist das schon irre.


    Kind ist aus dem Haus und Vertrag wurde stillgelegt.

    Die Versicherungen kann sich jetzt bereichern, muss am Ende aber alle Beiträge und Zulagen auszahlen. Wenn nicht als Rente dann in einer Summe wegen der Kleinstrenten-Regelung.