Postbank Jahressteuerbescheinigung

  • Wenn man unterm Strich weniger als 10.000 Euro zu versteuerndes Einkommen hat, bekommt man den Steuerabzug erstattet. Liegt man weit drüber, kann man sich die Anlage KAP sparen.

    Die Grenze liegt höher. 10.000 ist ja nur der Grundfreibetrag. Den Einkommensteuersatz muss man erstmal über 25 % bringen...

  • Die Grenze liegt höher. 10.000 ist ja nur der Grundfreibetrag. Den Einkommensteuersatz muss man erstmal über 25 % bringen...

    Nee, den Grenzsteuersatz:


    (Rente+Kapitalertrag) * 25% vs. Rente * Steuersatz + Kapitalertrag * 25%



    Und von der Rente kann man noch die Krankenkassenbeiträge als Vorsorgekosten absetzen.

  • Nee, den Grenzsteuersatz:

    (Rente+Kapitalertrag) * 25% vs. Rente * Steuersatz + Kapitalertrag * 25%

    Und von der Rente kann man noch die Krankenkassenbeiträge als Vorsorgekosten absetzen.

    Nicht schon wieder!


    1. Der Steuersatz auf Kapitalerträge beträgt nicht 25%, sondern 26,375%, weil der ewige SolZ bei Abgeltungsversteuerung zwingend dazukommt, bei normalen Einkommen aber mittlerweile wegfällt. Die Haarspalterei "aber die Abgeltungssteuer beträgt nur 25%!" halte ich für neben der Sache. Mich interessiert nicht, wie das heißt, was man mir abzieht, sondern wieviel man mir abzieht.


    2. Wenn man "normales Einkommen" hat, etwa Erwerbseinkommen oder Rente, belegt dieses erstmal den Grundfreibetrag und danach die niedrigen Prozentsätze der Progression. Ja, davon kann man noch einiges absetzen, etwa Krankenkassen- und Rentenversicherungsbeiträge. Unten raus kommt das "zu versteuernde Einkommen".


    Wenn man nur 1000 € Kapitaleinkünfte über dem Freibetrag hat, stellt man sich bis zu einem zu versteuernden Normaleinkommen von 21 T€ (zusammen also 22 T€ zu versteuernden Einkünften) als Lediger nach der Steuertabelle von 2023 mit der Regelversteuerung günstiger als mit der Abgeltungssteuer (wenngleich nur um 2,75 €). Bei so geringen Kapitaleinkünften kann man noch einigermaßen mit


    3. Je weniger "Normaleinkommen" und je mehr Kapitaleinkommen man hat, desto höher kann der Gesamtbetrag der Einkünfte sein, bis zu dem sich die Regelversteuerung lohnt. Dabei steigt der mögliche Kapitalertrag überproportional. 1000 € "normales Einkommen" weniger -> mindestens 2000 € Kapitalertrag mehr.


    Hat man etwa nur 15 T€ "normales Einkommen", lohnt sich die Günstigerprüfung bis etwa 14.700 € zu versteuernder Kapitaleinkünfte (zusammen also 29.700 € zu versteuerndem Einkommen).


    Zu 10 T€ "normalem Einkommen" dürfen es dann schon 31.190 € Kapitaleinkünfte sein (zusammen also 41.190 € zu versteuerndes Einkommen).


    Hat man im Extremfall überhaupt kein "normales Einkommen", sondern ausschließlich Kapitaleinkünfte zu versteuern, dann lohnt sich die Günstigerprüfung mindestens bis 63.800 € zu versteuerndes Einkommen. Das heißt: In Wirklichkeit lassen sich noch deutlich höhere Kapitaleinkünfte günstiger regel- als abgeltungsbesteuern, weil man bei der Regelversteuerung die KV- und RV-Beiträge absetzen kann (meist zusammen einige tausend €), bei der Abgeltungssteuer aber nicht.



    Ja, ich habe das gerade eben nochmal nachgerechnet und fordere jeden Zweifler auf, das zunächst ebenfalls zu tun, bevor er hier widerspricht.


    Ja, ich weiß, daß die Niedersächsische Finanzverwaltung auf ihrer Seite den Sachverhalt unkorrekt darstellt.


    Ja, ich weiß, daß in diesem Zusammenhang immer mit "Grenzsteuersatz 25%" argumentiert wird. Das ist allerdings in der Sache falsch. Diese Betrachtungsweise approximiert die Steuer allenfalls bei geringen Kapitaleinkünften.


    Bitte erst nachrechnen, und dann staunen. Danach dürfte sich die Mehrzahl der Widerreden bereits erledigt haben.

  • Ausschließlich Kapitaleinkünfte, aber Beiträge zur KV und RV zahlen. Gibt es mehr als 1.000 Leute in Deutschland, auf die das zutrifft?

    Also um die KV kommst du in DE legal nicht rum. Ohne Arbeitgeber zahlst du den vollen Satz, und bei weniger als 1000 Euro Kapitalerträge im Monat zahlst du mindestens 200 Euro KV+PV.

  • Ausschließlich Kapitaleinkünfte, aber Beiträge zur KV und RV zahlen. Gibt es mehr als 1.000 Leute in Deutschland, auf die das zutrifft?

    Auch in Deutschland ist die FIRE-Szene nicht ganz unerheblich (financially independent, retire early "Rente mit 40). Das sind Leute, die einige oder viele Jahre vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter in ein selbstfinanziertes Privatiersdasein wechseln und die Zeit bis zur Rentenzahlung aus eigenen Mitteln überbrücken.


    Krankenversicherung müssen sie aber dennoch zahlen (und können zumindest den Beitrag für die Basisabsicherung von der Steuer absetzen), dazu mag es eine sinnvolle Investitionsentscheidung sein, freiwillig Geld in die gesetzliche Rentenversicherung zu stecken. Auch diesbezüglich ist die Absetzbarkeit der Beiträge ein Aspekt, den man bei der Investition berücksichtigen sollte.


    Und wenn es nur eine einzige Person wäre, die das betrifft, hat mich doch der mathematische Aspekt der Günstigerprüfung interessiert. Praktisch überall ist der nämlich sachlich unzutreffend dargestellt, auch von offiziellen Quellen.


    Die naheliegende Überlegung mit dem Grenzsteuersatz beispielsweise ist sachlich falsch. Sie ist allenfalls eine Approximation für den Fall, daß der Steuerpflichtige relativ viel Erwerbseinkommen versteuert und daneben nur wenig Kapitaleinkünfte. Hat einer aber relativ viele Kapitaleinkünfte, stellt man fest, daß der Grenzsteuersatz nicht mehr das maßgebliche Kriterium ist. Es zählt nämlich nicht nur der Steuersatz "des letzten Euros" (was mathematisch ohnehin Unsinn ist), sondern auch der Steuersatz des ersten Euros der Kapitaleinkünfte. Und wenn der hinreichend unterhalb der üblichen 26,375% liegt, hat man nach oben hinaus Reserven für einen höheren Steuersatz.


    Versteuert jemand beispielsweise 12.000 € "normales" Einkommen, kosten die ersten 1000 € Kapitaleinkünfte drauf bei Regelversteuerung 171 € Steuer (Grundtabelle 2023), bei Abgeltungssteuer aber 263,75 €. Die fast 100 € Differenz kann man "oben" drauflegen, kann am oberen Ende für 1000 € Kapitaleinkünfte also über 300 € Steuer zahlen (also Grenzsteuersatz über 30%!) und stellt sich damit immer noch günstiger.


    Weil diese Überlegung aber nicht nur für die ersten und die letzten 1000 € gilt, sondern auch für die Kapitaleinkünfte dazwischen, dürfen die letzten 1000 € im Beispiel nicht 360 € Steuer kosten, sondern nur etwa 310 €. Die Günstigerprüfung bei 12 T€ "normalem" Einkommen ergibt bis etwa 23 T€ Kapitaleinkünfte, also bis etwa 35 T€ zu versteuernde Gesamteinkünfte, für den Steuerzahler die geringere Steuerzahlung.



    Für den Leser sind diese Details unbedeutend. Wenn der aus meinem Posting den Schluß zieht: "Auch über 17.000 Euro kann sich die Günstigerprüfung lohnen" und daraufhin seine Anlage KAP einreicht und das Kreuzchen macht, dann hat er zumindest die Chance, daß ihm das etwas bringt. Verschlechtern kann er sich dadurch ja nicht. Wohl aber dadurch, daß er fälschlich denkt: "Bringt ja ohnehin nichts!" und deswegen darauf verzichtet, die Anlage einzureichen.