Nach Todesfall Verkehrswertermittlung durch Gutachterausschuss ANZWEIFELN ?

  • Der Gutachterausschuss ist zwar formal bei der Stadt angesiedelt, aber in seiner Tätigkeit unabhängig. Anderenfalls wären die Gutachten ja auch nichts wert. Insofern stellt die Stadt zwar den Kontakt her, für Nachfragen zum Gutachten ist das aber die falsche Adresse. Dass der Vorsitzende des Gutachterausschusses nicht ständig über die Geschäftsstelle zu erreichen ist, ist normal. Die machen das schließlich ehrenamtlich. So ungefähr einmal in der Woche sollten die aber schon verfügbar sein und das genügt auch, denn hier geht es um nichts, was dringend wäre.


    An sich ist der Gutachterausschuss m. E. auch die beste Adresse für solche Fragen. Nicht nur, weil das Gutachten preiswert ist, sondern, auch, weil dort allein schon wegen der vorhandenen Kaufpreissammlung sehr realitätsnaher Sachverstand versammelt ist. Das ist bei manchen anderen Sachverständigen nicht der Fall, die auch mal für fünfstellige Honorare nur Mist liefern.


    Bei der Wertermittlung kommt es in diesem Fall nach dem Gesetz entscheidend auf den Verkehrswert zum Zeitpunkt des Erbfalls an. Verkehrswert ist der typischerweise bei einem Verkauf zu erwartende Verkaufspreis. Gerade das kann der Gutachterausschuss realitätsgetreu einschätzen (Stichwort "Kaufpreissammlung", siehe oben). Der Ertragswert ist eigentlich nicht der richtige Ansatz. Allerdings liegt in den guten Lagen, in denen die Preise in den letzten Jahren durch die Decke gegangen sind und für jeden Schrott Mondpreise bezahlt worden sind, der Ertragswert meist deutlich unter dem Verkehrswert. Insofern wäre zu prüfen, ob es in der gegebenen Situation sinnvoll ist, daran rütteln zu wollen. Ich kenne es allerdings auch nur so, dass der Gutachterausschuss beides liefert, sowohl Ertrags- als auch Verkehrswert.

  • 1) Ok, danke für die Klarstellung.


    2) Vom Finanzamt habe ich auf die Grundsteuererklärung hin noch kein Schreiben erhalten.

  • Bei der Wertermittlung kommt es in diesem Fall nach dem Gesetz entscheidend auf den Verkehrswert zum Zeitpunkt des Erbfalls an.

    Vielen Dank für deine Antwort.


    Gerade hier liegt m.E. der Knackpunkt im vorliegenden Fall. Der Tod geschah eben noch im letzten Jahr, seitdem sind die Leitzinsen bekannterweise durch die Decke geschossen, was es im Moment potentiell sehr schwierig bis unmöglich macht, den zum Todeszeitpunkt ermittelten Verkehrswert jetzt am Markt zu erzielen, da die Käufer erheblich mehr Zinsen auf das benötigte Kreditvolumen zahlen müssten, was mich wiederum dazu zwingt, den Verkaufspreis deutlich zu senken...


    Daher wäre es eben interessant, wie man die Rechengrundlage (Stichwort Verkehrswert) doch noch "gerecht" beeinflussen könnte.

  • Ich kenne es allerdings auch nur so, dass der Gutachterausschuss beides liefert, sowohl Ertrags- als auch Verkehrswert.

    Hmm... in meinem Fall haben sie dargelegt, wie sie mit dem Ertragswertverfahren gerechnet haben, was dann letzten Endes den Verkehrswert begründet.


    Allerdings fehlen bei den ganzen Rechengrößen (zum Beispiel, Bewirtschaftungskosten je m^2 Wohnfläche, etc) auch sämtliche Erläuterungen, woher die Zahlen denn kommen...

    zugegeben, ich weiss auch nicht, ob das normalerweise dargelegt werden muss in einem Gutachten

  • Dass der Verkehrswert heute niedriger ist als vor einem Jahr, interessiert in dem Fall nicht und da lässt sich auch nichts "drehen". Die Erb- und Pflichtteilsrechte sind mit dem Tod des Erblassers im Zeitpunkt des Todes entstanden und deshalb ist nur das der entscheidende Zeitpunkt. Die Bewirtschaftungskosten sind eigentlich auch egal. Die spielen höchsten mittelbar für den Verkehrswert eine Rolle, aber in den Boomzeiten, die gerade zu Ende gehen oder schon zu Ende sind, hat das eigentlich auch keinen Käufer interessiert. Aber, siehe oben, sei froh, wenn sich die Gutachter daran orientiert haben, das hat den Wert eher gering gehalten. Wo steht das Haus denn eigentlich?

  • Die Erb- und Pflichtteilsrechte sind mit dem Tode des Erblassers im Zeitpunkt des Todes entstanden und deshalb ist nur das der entscheidende Zeitpunkt. [...] Aber, siehe oben, sei froh, wenn sich die Gutachter daran orientiert haben, das hat den Wert eher gering gehalten.

    Ja, das ist mir bewusst, dass der Todestag der relevante Tag ist. Allerdings bestanden ja auch die anfallenden Reparatur- und Instandsetzungskosten an jenem Tag, oder nicht?


    Jein, bzw. mir ehrlich gesagt unmöglich zu beurteilen, da in dem Ertragswertverfahren pauschal Bewirtschaftungskosten je m^2 p.a. mit den zu erwartenden Mieteinnahmen verrechnet werden. Nun kann ich nicht sagen, ob diese angesetzten Kosten zu hoch / zu niedrig / richtig sind?

    Daher wäre es für mich einfacher bzw. auch realitätsnaher gewesen, nicht die 15K abzuziehen, sondern (um im Beispiel zu bleiben) die realistischen 150K.


    Im Umland von Karlsruhe

  • ... Umland von Karlsruhe ...

    Da würde ich an einer Bewertung, die auf Ertragskriterien beruht, nicht rühren. Das gehört ganz sicher zu den Gegenden, in denen in den letzten Jahren die Kaufpreise sehr viel stärker gestiegen sind als die aus Immobilien zu erzielenden Erträge.

  • Da würde ich an einer Bewertung, die auf Ertragskriterien beruht, nicht rühren. Das gehört ganz sicher zu den Gegenden, in denen in den letzten Jahren die Kaufpreise sehr viel stärker gestiegen sind als die aus Immobilien zu erzielenden Erträge.

    Danke für deine Einschätzung!

  • Daher wäre es für mich einfacher bzw. auch realitätsnaher gewesen, nicht die 15K abzuziehen, sondern (um im Beispiel zu bleiben) die realistischen 150K.


    Im Umland von Karlsruhe

    150K für die Sanierung 1 Wohnung?

    Warum verkaufst du nicht einfach das Haus und gibst deinem Bruder seine Prozente?

  • Auch dafür gilt, dass nicht der Verkaufserlös irgendwann in Zukunft zählt, sondern der Verkehrswert am Todestag.

  • 150K für die Sanierung 1 Wohnung?

    Warum verkaufst du nicht einfach das Haus und gibst deinem Bruder seine Prozente?

    Ich werde so oder so verkaufen müssen, um die Prozente auszahlen zu können :(


    Allerdings stehe ich eben vor dem Problem, dass sich der Verkehrswert im Moment niemals auf dem Markt aufbringen lässt durch die enormen Zinssprünge...

  • Ich werde so oder so verkaufen müssen, um die Prozente auszahlen zu können :(


    Allerdings stehe ich eben vor dem Problem, dass sich der Verkehrswert im Moment niemals auf dem Markt aufbringen lässt durch die enormen Zinssprünge...

    Das sollte aber nicht dein Problem sein:


    Durch den Todesfall bildest du mit deinem Bruder eine Erbengemeinschaft. Nach normalem Erbrecht jeder die Hälfte, nach Testament mit Pflichtanteil du 3/4 und dein Bruder 1/4. Entsprechend bekommt ihr vom Kaufpreis 75% bzw 25%.


    Nur die Erbschaftssteuer bezieht sich auf den Wert am Todestag.

  • Warum verkaufst du nicht einfach das Haus und gibst deinem Bruder seine Prozente?

    Ich werde so oder so verkaufen müssen, um die Prozente auszahlen zu können :(

    Wenn das so ist, brauchst Du Dich keine Gedanken zu machen um die Sanierung der Wohnung Deines Vaters. Das macht dann der Nachbesitzer.


    Du brauchst Dir auch keine Gedanken über den Wert des Hauses machen und den Teil, den Du Deinem Bruder abgeben mußt. Mit dem Verkauf steht der Wert des Hauses nämlich eindeutig fest, und auch alles, was am Wert/Preis des Hauses hängt.

  • Das sollte aber nicht dein Problem sein:


    Durch den Todesfall bildest du mit deinem Bruder eine Erbengemeinschaft. Nach normalem Erbrecht jeder die Hälfte, nach Testament mit Pflichtanteil du 3/4 und dein Bruder 1/4. Entsprechend bekommt ihr vom Kaufpreis 75% bzw 25%.


    Nur die Erbschaftssteuer bezieht sich auf den Wert am Todestag.

    Nein, Pflichtanteil auch. Und Pflichtanteil bezieht sich auch (nur) auf Geldwert. Also wenn er enterbt wurde hat der Bruder keinen Anspruch auf irgendwas konkretes (Gebäude, Schmuck...), wohl aber auf einen Gegenwert.


    Wenn jetzt also die Immobilienpreise stark runter gehen, kann dem Bruder das egal sein, der bekommt seinen Anteil vom Wert am Todestag.


    Wenn allerdings der Verkauf nahe am Todestag liegt (Zahlen hab ich da nicht), ist es unter normalen Umständen eine bessere Schätzung als ein Gutachten. Aber eben nur, weil der Wert 6 Monate später normalerweise nicht stark verändert ist. Wenn jetzt aber Immobilienkrise Preise halbiert, oder das Haus ohne Versicherung abbrennt hat der Erbe die A-Karte. Der Pflichtanteilsnehmer hat weiter Anspruch auf z.B. 1/4 des Wertes zum Todeszeitpunkt.

  • ...

    Durch den Todesfall bildest du mit deinem Bruder eine Erbengemeinschaft. Nach normalem Erbrecht jeder die Hälfte, nach Testament mit Pflichtanteil du 3/4 und dein Bruder 1/4. Entsprechend bekommt ihr vom Kaufpreis 75% bzw 25%.

    ...

    Nein, der Bruder hat den Pflichtteilanspruch. Das ist ein Anspruch auf Geldzahlung gegen den Erben, also gegen POW, zu berechnen nach dem Verkehrswert am Todestag. Grundstückseigentümer wird durch den Erbfall POW alleine, aber er muss seinen Bruder auf der Grundlage des Wertes am Todestag "auszahlen". Und zwar auch dann, wenn die Hütte morgen abbrennen und dafür keine Versicherung zahlen sollte.

  • Hallo POW,


    ich möchte noch zwei Aspekte in die Diskussion einführen bzw. verstärken:


    Das deutsche „Stammes“- Erbrecht sieht eben vor, dass die hier vorhandenen zwei Kinder mindestens je ein Viertel der Erbmasse bekommen, (fast) vollkommen unabhängig, wie sie zum Vater standen. Über den „Rest“ konnte Ihr Vater frei verfügen und hat diese Hälfte Ihnen vererbt, d.h. also geschenkt. Er hätte die Hälfte auch einer karitativen Organisation oder der Geliebten der letzten Tage vererben können. Sie erhalten also ein deutliches Mehr, auch wenn Ihr Bruder ggf. einige wenige Prozente zu viel bekommen sollte.


    In deutlicher Abgrenzung zu den Empfehlungen von Achim Weiss würde ich doch versuchen, mich mit meinem Bruder außergerichtlich zu einigen. Ich habe zu viele schlechte Anwälte erlebt, die nur Richtung Gebührenmaximierung handeln. Haben Sie Ihren auserkorenen Anwalt schon einmal gefragt, wie viel Sie der Prozess im Falle des Unterliegens kosten würde? Außerdem wird jedes Gericht bei der Sachlage sowieso versuchen, einen Vergleich vorzuschlagen. Dann tragen Sie die anteiligen Kosten. Falls eine Prozesspartei noch in Berufung geht, sind Sie mehrere Jahre damit beschäftigt. Lohnt das?


    Gruß Pumphut

  • In deutlicher Abgrenzung zu den Empfehlungen von Achim Weiss würde ich doch versuchen, mich mit meinem Bruder außergerichtlich zu einigen.

    Dieser Achim Weiss hat nicht vorgeschlagen zu klagen, er hat vorgeschlagen, sich einen guten Anwalt zu suchen, damit sich die beiden Anwälte der Brüder ohne deren Intervention einigen können. Denn die Brüder sprechen ja nicht miteinander (wie der Threadersteller schreibt). Zum Miteinandersprechen und zum Einigen gehören ja immer zwei.

  • Aber auch die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts ist nicht umsonst.

    Wenn alle Leute verträglich wären und sich nach den Gesetzen verhielten, bräuchten wir keine Justiz.


    Aber so ist die Welt nun einmal nicht.


    Wenn man keine Chance auf eine einvernehmliche Lösung sieht (für die es - habe ich es schon erwähnt? - zwei braucht), ist das Geld für einen guten Rechtsanwalt möglicherweise gut investiert.

  • Wenn alle Leute verträglich wären und sich nach den Gesetzen verhielten, bräuchten wir keine Justiz.


    Aber so ist die Welt nun einmal nicht.


    Wenn man keine Chance auf eine einvernehmliche Lösung sieht (für die es - habe ich es schon erwähnt? - zwei braucht), ist das Geld für einen guten Rechtsanwalt möglicherweise gut investiert.

    Ja, zumal der Bruder ja bereits anwaltlich vertreten wird. Hier Waffengleichheit herzustellen (und damit auch selbst weniger Stress mit der Recherche zu haben) wäre auch meine Priorität für die kommenden Schritte.