• […]

    Dass es in Essen gerade nicht so wie in Estland funktioniert, hat man in Deutschland schon mitbekommen. Wir arbeiten daran... Allerdings ist Datenschutz an sich auch eine echt feine Sache, die jeder unbedingt wertschätzen sollte.

    …wobei man erwähnen sollte, dass Estland ein Land mit einer Zentralregierung und etwa 1 Mio. Einwohner ist, das nach dem Ende der SU quasi bei null neu angefangen hat. Deutschland ist ein Land mit mittlerweile 83 Mio. Einwohnern und 16 Landesfürsten (sprich: Bundesländern), weshalb der Vergleich in meinen Augen ein wenig hinkt. ?

  • Die DSVGO ist unterm Strich eine super Sache.

    Sie wird von drei Seiten zerredet/benutzt:

    - Firmen, die damit ihr eigenes Versagen verdecken wollen ("können wir leider nicht wegen DSVGO...")

    - Firmen, deren Geschäftsmodell es ist, die Kunden an die Dritte zu verkaufen (einmal komplett Big-Tech/Big-Data)

    - Leute die gerne "Armes Deutschland", "Deutschland schafft sich ab" und sowas sagen, weil Sie damit in ihrer Peer-Group aufmerksamkeit bekommen.

  • Ich versuche es mit einer Gegenfrage: Funktioniert die Datenkrake DSGVO nur in eine Richtung? Offenbar schon.
    Ich habe meine Infos vom Bundesamt fuer Steuern.

    Du sagst es schon selbst, in Wochen (!) kommt sowas mit der Post, wenn eben ueberhaupt. Denn man kann ja sich nur an eine dt. Adresse so etwas schicken lassen.
    In diesem Land ist es einfach nicht moeglich, einfach digital etwas zu erledigen. Die komplette Infrastruktur fehlt.

    Laut https://service.berlin.de/dienstleistung/329216/ kann man sich die ID auch eine ausländische Anschrift schicken lassen.

    Willst du mit der Aussage "Funktioniert die Datenkrake DSGVO nur in eine Richtung?" sagen, dass du dich daran störst, dass du deinen deutschen Wohnsitz überhaupt anmelden musst? Wenn du länger in Deutschland wohnst, ist das natürlich der Fall. Es gibt andere Länder, wo es das nicht gibt. In den USA weist man seinen Wohnsitz z.B. durch das Vorlegen von Wasserrechnungen usw. nach, weil es eben kein zentrales Verzeichnis gibt.

    Ich teile aber übrigens deinen Unmut darüber, dass Deutschland so langsam bei der Digitalisierung ist und auch sonst die Bürokratie. Z.B. muss man beim Finanzamt und jeder Behörde, wo man Sozialleistungen beantragt jedes Mal fast identische Unterlagen einreichen, darunter die Bescheide der jeweils anderen Behörde (manchmal der anderen Abteilung im gleichen Haus). Warum geht das alles nicht zentral und automatisch. Wie schon gesagt wurde, dass hängt u.a. damit zusammen, dass der Bund, jedes Bundesland und manchmal jede Kommune ihr eigenes Süppchen kocht. Auch wenn die DSGVO EU-weit gilt, ist der gefühlte Datenschutz-Bedarf (um es einmal freundlich auszudrücken) in Deutschland wahrscheinlich am meisten ausgeprägt. Dazu kommt, dass Deutschland insgesamt sehr träge ist, was Innovation angeht. Ich glaube wir ruhen uns zu oft auf den Errungenschaften der Vergangenheit aus.

    Auf der anderen Seite: Auch in Skandinavien oder Estland muss man am Anfang erstmal in das System reinkommen und sich identifizieren. Keine Ahnung, wie das funktioniert. Sicherlich gibt es da aber auch in solchen Systemen Herausforderungen, an denen sich Leute, die von außen dazukommen, stören.

    Ich rate daher zu etwas Gelassenheit und Humor ;)

  • Auch wenn die DSGVO EU-weit gilt, ist der gefühlte Datenschutz-Bedarf (um es einmal freundlich auszudrücken) in Deutschland wahrscheinlich am meisten ausgeprägt. Dazu kommt, dass Deutschland insgesamt sehr träge ist, was Innovation angeht. Ich glaube wir ruhen uns zu oft auf den Errungenschaften der Vergangenheit aus.

    Da stimme ich zu. Bürokratie funktionierte in D schon immer sehr gut und tut das noch immer (und das ist positiv gemeint. Viele, die das Leben im Ausland kennen, wissen die Verlässlichkeit der deutschen Bürokratie zu schätzen). Da ist der Druck zur Digitalisierung schon mal nicht so groß.

    Aber ich sehe auch einen großen Unterschied in der Mentalität. Die Deutschen sind wirklich sehr Datenschutz-affin!

    Das ist aber nicht unbedingt innovationshemmend: Bei Linux, lokalem Smart-Home (FHEM, Openhab), IT-Sicherheit (Chaos Computer Club) gibt es ein gigantisches Know-How in Deutschland.

    Der Unterschied ist, dass dies gerade nicht kommerziell ausgenutzt werden soll und daher bei vielen nicht auf der Agenda ist.

    Ich sehe kein Amazon oder Google in Deutschland entstehen. Und SAP ist eine Akten-Firma. Aber ich mag den Unabhängigkeitsgedanken bei den deutschen Innovatoren.

  • Auch in Skandinavien oder Estland muss man am Anfang erstmal in das System reinkommen und sich identifizieren. Keine Ahnung, wie das funktioniert.

    Ich habe mir von einem Deutschen in Norwegen sagen lassen, dass alles über die Steuer-ID verknüpft ist. Allerdings kann man wohl sogar die Steuererklärungen/-bescheide Anderer einsehen. Stichwort Transparenz. Den Aufschrei in D will ich sehen, wenn so ein Konzept hier umgesetzt werden sollte.

  • Re Krake:

    Ich habe das Beispiel verwendet, weil es unmöglich ist, einfach in D Informationen zu bekommen. Das liebste Auskunftsmittel ist ein Fax (in 2023!) oder ein Brief via Snailmail (Post)

    Das sind fuer mich Steinzeitmethoden.

    Diese Krake behindert den Informationsfluss in beide Richtungen.

    Mit der Krake moechte ich sagen, dass ich nicht einmal easy an Informationen digital komme.


    Aktuell arbeitet man in D nicht an Digitalisierung. Artikel in der FAZ, Digitalisierung wird nicht finanziert.

    https://www.faz.net/aktuell/wirtsc…g-19074179.html

    Re Steuer-ID: Ich habe eine Anfrage via dem Webinterface gesteht. Die Anfrage nach der Steuer-ID wurde abgelehnt mit dem Hinweis, man wuerde sie nicht an ausländische Anschriften verschicken.

    Ich habe nun in verschiedenen Ländern gewohnt. Wo bekommt man am meisten Post in Papierform? In Deutschland.

    Mir ist es auch eigentlich egal, dass sich 16 Bundesländer nicht einigen koennen, das ist ihr Ding. Dann sollten sie wenigstens fuer Kompatibilität untereinander sorgen.

    Der Kunde sollte davon nichts sehen.

    Ika hat vollkommen Recht.

    In Skandinavien war das sehr einfach. Man geht einmal zum Amt, sagt Hallo und meldet sich an. Dann erhält man seine ID-Nummer. Ab dann geht das alles darueber. Damit meldet man sich überall an und erledigt alles. Vom Supermarket bis zur Steuererklärung etc. Selbst da, wo man sich selbst nie angemeldet hat, kann man sich mit der ID-Nummer identifizieren. Man erledigt alles online vom Rechner aus, man bekommt digitale Briefe von allen Behörden in ein gemeinsames Postfach.

    Bürokratie und fehlende Digitalisierung kosten Zeit. Zeit bindet Ressourcen und Geld. Steuergeldverschwendung.

  • Ich habe das Beispiel verwendet, weil es unmöglich ist, einfach in D Informationen zu bekommen.

    Das sehe ich anders.

    Das liebste Auskunftsmittel ist ein Fax (in 2023!) oder ein Brief via Snailmail (Post). Das sind fuer mich Steinzeitmethoden.

    Ich teile diese Einschätzung nicht. Faxe bekommt ein Privatmann eigentlich nicht, es erweist sich beim Senden aber nach wie vor als zweckmäßiger als eine E-Mail - und jeder, der eine Fritzbox an der DSL hängen kann, hat ja ein Faxgerät.

    Vorteil Fax, ganz klar.

    Briefe versende ich extrem selten, bekomme aber immer mal wieder welche von irgendwelchen Stellen. Ich könnte gelegentlich darauf verzichten, sie haben aber ihre Vorteile: In aller Regel schreibt der Absender eine vernünftige Adresse auf den Brief und wählt auch einen aussagefähigen Betreff. Bei der E-Mail ist das beides oftmals nicht der Fall, von HTLM-Exzessen mal ganz abgesehen.

    Vorteil Brief, ganz klar.

    Diese Krake behindert den Informationsfluss in beide Richtungen.

    Ein Krake (eigentlich männlich!) ist ein Tintenfisch, der mit seinen vielen und langen Armen alles umfaßt. Er gilt als ein Sinnbild für übertriebene Datensammlung, aber sicherlich nicht für Informationsfluß.

    Falsches Bild.

    Aktuell arbeitet man in D nicht an Digitalisierung. Artikel in der FAZ, Digitalisierung wird nicht finanziert.

    https://www.faz.net/aktuell/wirtsc…g-19074179.html

    Dieses Internet ist halt für uns alle Neuland.

    Sehr viele Deutsche (speziell auch Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft) haben die Bedeutung der Digitalisierung noch immer nicht erkannt. Wir verspielen dadurch unsere Position in der Wirtschaft.

    Re Steuer-ID: Ich habe eine Anfrage via Webinterface gesteht. Die Anfrage nach der Steuer-ID wurde abgelehnt mit dem Hinweis, man wuerde sie nicht an ausländische Anschriften verschicken.

    Diese Einschränkung hat mit (fehlender) Digitalisierung allerdings nichts zu tun.

    Ich habe nun in verschiedenen Ländern gewohnt. Wo bekommt man am meisten Post in Papierform? In Deutschland.

    Na und?

    In Skandinavien war das sehr einfach. Man geht einmal zum Amt, sagt Hallo und meldet sich an. Dann erhält man seine ID-Nummer. Ab dann geht das alles darueber. Damit meldet man sich überall an und erledigt alles. Vom Supermarket bis zur Steuererklärung etc. Selbst da, wo man sich selbst nie angemeldet hat, kann man sich mit der ID-Nummer identifizieren. Man erledigt alles online vom Rechner aus, man bekommt digitale Briefe von allen Behörden in ein gemeinsames Postfach.

    Man kann den deutschen Finanzbehörden mit Recht vorwerfen, daß es Unsinn ist, mehrere Organisationsverfahren parallel zu betreiben (nämlich Steuernummer und Steuer-ID). Ansonsten finde ich es ganz praktisch, daß es eben nicht ganz so trivial ist, Datensätze zusammenzuführen. Gerade hat mich ein Gasversorger nach meinem Geburtsdatum gefragt. Das geht den schlichtweg nichts an. Ich wäre eher nicht erbaut davon, wenn ich überall eineindeutig identifizierbar wäre. Man kann diesbezüglich informatisch zwar eine ganze Menge machen; die einzigen Firmen, denen ich zutraue, daß sie es tatsächlich tun, sind NSA, Google und Facebook. Und das halte ich auch für gut so.

  • Ich habe mir von einem Deutschen in Norwegen sagen lassen, dass alles über die Steuer-ID verknüpft ist. […]

    Ja, das ist korrekt, auch in Dänemark ist das so. In Deutschland planen Politiker schon länger, die Steuer-ID des Bundeszentralamtes für Steuern als zentrales Identifikationsmerkmal zu nutzen:

    https://www.heise.de/news/Personenk…AN-7451758.html

    Aktuell scheint die Politik zu merken, dass Digitalisierung nicht zum Nulltarif zu haben ist. Laut einer SPIEGEL-Meldung von heute wird das Budget des Innenministeriums für Digitalisierungsprojekte von 377 Mio. Euro in diesem Jahr auf 3,3 Mio. im kommenden Jahr zusammengestrichen. ?

    Quelle: https://www.spiegel.de/netzwelt/netzp…07-a1d7bba40534