Sicherheitsbaustein (EUR-Staatsanleihen) im Welt-Aktien-ETF Portfolio

  • Anleihen sind immer noch eine schwierige Anlageklasse für Privatanleger.

    Sorry, aber das ist eine Aussage von jemandem, der sich damit nicht beschäftigt hat und insbesondere nicht will.

    Ich kenne Leute, die nie Aktien kaufen würden, weil sie das alles für Teufelszeug halten.

    Scheinbar gehörst Du zu denen, die Anleihen so sehen.

    Für mich sind Anleihen eine ganz normale Assetklasse, wie auch Aktien. Wer diversifizieren will, nutzt beide Klassen.

    Und selbst mit kurzlaufenden Anleihen wie IE00B3FH7618 (0-1y) oder IE00B6YX5F63 (1-3y) bist du die letzten Jahre nicht wirklich besser gefahren als mit Tagesgeld

    Das ist ja gerade der Punkt, auf den auch FinanztipUser hinweisen will:

    In den letzten 10 Jahren waren wir in einer extremen Niedrigzins- bis Negativzinsperioden, die es so vorher noch nicht gab. Da mussten zwangsläufig auch kurzlaufende Anleihen und entsprechende Fonds negativ verzinsen. Für Tages- und Festgeld gab es meistens einen Floor bei 0%. Das war marktwidersprüchlich und eine Sonderlocke für Privatanleger. Natürlich machte es für Privatanleger da wenig Sinn, in kurzlaufende Anleihen zu investieren.

    Diese Ausnahmesituation ist beendet. Es gibt wieder Zinsen. Wenn man auf eine historische Entwicklung schauen will, sollte man diese Ausnahmesituation besser ausklammern und schauen, was zu "normalen" Zeiten war.

    Das hat übrigens auch Finanztip erkannt, daher neuerdings der Hinweis auf Geldmarktfonds. Die waren in den letzten 10 Jahren auch nicht brauchbar.

    Selbst wenn eine Anleihe keine Profi-Stückelung von 100 000€ hat, sondern nur 1000€...jeden Monat will man über den Sparplan eher 100€ oder 200€ investieren. Dann zahlen die Anleihen einen Koupon von 123,45€ aus, der reinvestiert werden soll. Nach x Jahren bekommt man den Nennwert zurück und muss das reinvestieren.

    Für mich ist eine Investition von 100€ keine Investition. Ich habe keine Sparpläne und auch Käufe bei anderen Assetklassen sind bei mir oberhalb von 1000€. Daher habe ich mit dieser Stückelung keine Probleme.

    Falls Du es anders möchtest: Z.B. bei TR kannst Du nicht nur Bruchstücke von Aktien kaufen, sondern auch von Anleihen. Bundesanleihen gibt es sowieso mit einer Stücklung von 0,01€.


    Dividendenzahlungen sind idR geringer, als Zinszahlungen. Das Wiederanlageproblem hast Du also bei beiden Assetklassen. Für mich ist das jedoch kein Problem. Kleinbeträge bleiben halt auf dem Konto bis zur nächsten Anlage.


    Auch in der Wiederanlage "nach x Jahren" sehe ich kein Problem (eher Chance), kommt ja nicht so häufig vor. Kannst Du natürlich auch durch einen ETF vermeiden.

  • Aber das ist doch genau der Punkt. Aktien verpackt in einen Aktienfonds haben das gleiche Verhalten, mit der zusätzlichen Erleichterung durch Thesaurierung, Diversifikation und Bruchteile. Anleihen verpackt in einen Anleihen-ETF haben ein vollkommen anderes Verhalten, jetzt werden die Kursverluste realisiert.


    100€ oder 200€ kommen bei Sparplänen schnell zusammen. Man investiert ja nur einen Teil davon in Anleihen. Und ja, aktuell tut sich einiges. Trotzdem ist man bei Anleihen immer noch stark in der Auswahl eingeschränkt und weit entfernt vom passiven Rundum-Sorglos-Paket wie bei Aktien.


    Dividendenzahlungen sind idR geringer, als Zinszahlungen. Das Wiederanlageproblem hast Du also bei beiden Assetklassen. Für mich ist das jedoch kein Problem. Kleinbeträge bleiben halt auf dem Konto bis zur nächsten Anlage.

    Dividenden und Zinsen kannst du nicht 1:1 vergleichen, denn bei einer Anleihe kommt zum Ende der Laufzeit immer nur der Nennwert heraus. Egal zu welchem Preis sie zwischendrin gehandelt wird. Und - siehe oben - das Wiederanlageproblem löst mir bei Aktien ein thesaurierende ETF ohne zusätzliche Nachteile. Bei Anleihen ist das nicht der Fall.


    Das ist ja gerade der Punkt, auf den auch FinanztipUser hinweisen will:

    In den letzten 10 Jahren waren wir in einer extremen Niedrigzins- bis Negativzinsperioden, die es so vorher noch nicht gab. Da mussten zwangsläufig auch kurzlaufende Anleihen und entsprechende Fonds negativ verzinsen.

    Ihr geht hier davon aus, dass die Zinswende schon abgeschlossen ist. Diese Annahme kann man machen, sie ist aber gefährlich. Wer weiß, was in der Welt noch passiert. Die 70er Jahre hatten auch zwei Ölkrisen. Und gerade wenn man zur Renditeerhöhung dann auf Langläufer schielt wie unser TE, muss man sich eben bewusst sein, dass man ein deutlich höheres Risiko eingeht und das nur noch wenig mit Sicherheitsbaustein zu tun hat.

  • Trotzdem ist man bei Anleihen immer noch stark in der Auswahl eingeschränkt

    Die Anzahl der gehandelten Anleihen ist natürlich ein Vielfaches von der Anzahl der gehandelten Aktien.

    Bzgl. Anleihefonds bin ich bei Dir, dass man die die nicht unbedingt braucht. Ich habe keine und kaufe Anleihen lieber direkt. Trotzdem hat das Produkt seine Berechtigung, insbesondere für Leute, die eine Wiederanlage als Problem sehen.

    Ihr geht hier davon aus, dass die Zinswende schon abgeschlossen ist.

    Ich gehe davon aus, dass die extremen Niedrigzins- bis Negativzinsperiode abgeschlossen ist. Das bedeutet sicherlich nicht, dass eine Zinswende abgeschlossen ist. Zinsen haben auch vor dieser Periode stark geschwankt und werden das sicherlich auch zukünftig in beide Richtungen machen.

    Gerade Kurzläufer schwanken wenig und können auch bei steigenden Zinsen Sinn machen. Daher zählen diese zum Sicherheitsbaustein.

    Langläufer zähle ich nicht zum Sicherheitsbaustein. Sie verhalten sich aber deutlich anders, als z.B. Aktien. Daher können unter Diversifikationsgesichtspunkten auch diese Anleihen Sinn machen. Hängt halt immer von der persönlichen Gesamtsituation ab.


    Auf jeden Fall sind Anleihen eine wichtige Assetklasse, die man nicht verteufeln sollte. Überlege Dir auch, warum professionelle Anleger dort stark investiert sind.

  • Überlege Dir auch, warum professionelle Anleger dort stark investiert sind.

    Das ist relativ einfach zu beantworten. Die Situation ist eine vollkommen andere.

    Die Einlagensicherung ist für institutionelle Anleger praktisch irrelevant, dagegen wird ein Privatanleger nur selten an die Grenze der Einlagensicherung stoßen. Und die von mir angeführten Probleme bei Anleihen sind kein Problem, wenn man nicht vom Verbraucherschutz bevormundet wird und in Millionenhöhe investiert. Dazu gibt es für viele institutionelle Anleger den Vorteil, dass Anleihen zum Nennwert geführt werden dürfen, Aktien dagegen zum aktuellen Kurs geführt werden müssen.

    Dazu kommt - wenn man die Literatur betrachtet - dass es viel einfacher ist, ein Portfolio aus x% Aktien und y% Anleihen rückzurechnen als eines, das die Anleihen durch Festgeld ersetzt (welchen Anbieter nimmt man?)


    Ich sage auch nicht, dass Anleihen grundsätzlich Quatsch oder Teufelszeug sind, auch wenn die letzten Jahre Geld unter dem Kopfkissen die bessere Alternative zu Anleihen war. Ich sage nur, dass für Privatanleger Anleihen nicht unbedingt den besten Trade-Off haben. Eine 2-jährige Bundesanleihe hat aktuell eine Rendite von ca. 3%. Bei der Renault-Bank bekommt ein Bestandskunde 2,9%. Festgeld mit deutscher Einlagensicherung gibt es zu etwas mehr als 3%, nicht nur von eher fragwürdigen Emittenten wie Grenke, sondern auch von der HypoVereinsbank u.ä.


    Langläufer zähle ich nicht zum Sicherheitsbaustein. Sie verhalten sich aber deutlich anders, als z.B. Aktien. Daher können unter Diversifikationsgesichtspunkten auch diese Anleihen Sinn machen. Hängt halt immer von der persönlichen Gesamtsituation ab.

    Wobei ich unter dem Gesichtspunkt nicht nur an langlaufende europäische Staatsanleihen denken würde, sondern auch alle möglichen anderen Klassen. Rohstoffe, Gold, internationale high grade Bonds, EM Bonds, Corp Bonds, etc.