Einmalige Geldanlage mit 50+

  • Hallo Finanztip Community,


    ich habe eine Frage zu der ich kein passendes Video finde.


    Letztes Jahr hatte mein Vater (56) seinen Job verloren und meine Eltern mussten ihr Haus verkaufen auf denen sie noch Schulden hatten.

    Durch den Verkauf und nach Abzug der Schulden ergab sich eine Summe von ca. 450.000€.

    Momentan leben sie in einer Mietwohnung und haben das Geld schon seit einem halben Jahr auf ihrem Girokonto liegen. Da sie nicht genau wissen wie sie das Geld am besten anlegen sollen. Vor allem da es auch im Raum steht eine Wohnung zu kaufen. Aber auch kein neuer Job gefunden wird.


    Würde in ETFs zu Investieren in dem Alter noch Sinn machen?

    Wäre es bei der Job Unsicherheit das beste sich eine günstige Wohnung mit wenig Betriebskosten zu kaufen?


    Was ist euer Rat dazu?

  • Hallo.


    Wie sieht es denn mit dem Bestreiten der Lebenshaltungskosten aus, wenn das Alg ausläuft? Eine Altersrente wird regelmäßig erst mit 63 beginnen können, somit wird eine Lücke bleiben, wenn keine neue Beschäftigung gefunden wird. Falls das Vermögen herhalten soll, um diesen Zeitraum zu überbrücken, sollte es besser liquide sein.

  • Letztes Jahr hat mein Vater (56) seinen Job verloren und meine Eltern mussten ihr Haus verkaufen, auf denen sie noch Schulden hatten.

    Durch den Verkauf und nach Abzug der Schulden ergab sich eine Summe von ca. 450.000€.

    Momentan leben sie in einer Mietwohnung und haben das Geld schon seit einem halben Jahr auf ihrem Girokonto liegen, da sie nicht genau wissen, wie sie das Geld am besten anlegen sollen.

    In dieser Zeit hätte es auf einem Tagesgeldkonto vielleicht 3,5% Zinsen gebracht, also an die 8.000 €.

    Vermögensplanung muß immer ganzheitlich sein. In diesem Fall braucht man dazu eine mittel- und langfristige Finanzplanung.


    Die größten Vermögenswerte werden regelmäßig nicht aufgeschrieben, das sind:


    1) Humankapital, also das Geld, was Dein Vater in den kommenden etwa 10 Jahren theoretisch noch verdienen kann - meine Glaskugel sagt: 70 T€ * 10 = 700 T€.


    2) Die Rentenansprüche, auf die man aktuell aber noch nicht zugreifen kann.


    Wohneigentum ist teuer im Vergleich zur Miete, wenn Geld knapp ist, bleibt man besser zur Miete wohnen, das ist letztlich auch flexibler. Ich würde mir Wohneigentum erstmal aus dem Kopf schlagen. Mit 450 T€ kann man die 7 Jahre bis zur Rente überbrücken. Mit einer Eigentumswohnung kann man es nicht, von der kann man kein Stückchen herunterbeißen.


    Das primäre Problem Deines Vaters ist nicht die Geldanlage, sondern daß und wie er wieder eine Beschäftigung findet (und wieviel Geld er damit verdient). Wie sieht es denn mit Deiner Mutter aus? Arbeitet und verdient sie denn?


    Ich hätte das verhältnismäßig viele Geld gleich nach dem Hausverkauf auf ein Tagesgeldkonto gepackt (oder auf mehrere, die Einlagensicherung in Deutschland beträgt 100 T€). Alternative dazu wäre ein Geldmarktfonds, der ist Sondervermögen und unterfällt somit nicht der Einlagensicherung. Generell kann es nicht schaden, in einer mißlichen Situation auf zwei Beinen zu stehen, das kann auch heißen: 2 Girokonten.


    Alles weitere überlegt man sich dann.


    Das Alter ist nicht das primäre Kriterium für eine Anlage in Aktien-ETFs. Die Lebenserwartung ist heute ziemlich lang; wenn man die Rentenzeit mit eigenem Geld abdecken will, würde ich damit rechnen, mindestens 90 Jahre zu werden, eventuell auch 100. Ich nehme an, Deine Eltern sind verheiratet, üblicherweise ist die Ehefrau jünger und lebt länger. Also ist zu beachten, wie alt sie wird. Ist sie jetzt 50, können ihr noch weiter 50 Jahre bleiben.


    Von daher stünde nichts dagegen, auch Aktien-ETFs zu kaufen. Ich würde das dennoch zurückstellen, und zwar der aktuellen finanziellen Unsicherheit wegen.


    Du könntest Dich mal in die Denkweise von Leuten hineinlesen, die (selbstgewählt) mit Mitte 50 Privatier geworden sind (z.B. der-privatier.com). Es gibt viele solcher Seiten, auch Bücher zum Thema. Es sind auch Leute darunter, die - wie Dein Vater - den Job verloren haben, also unfreiwillig in den Vorruhestand gegangen sind. Gern genannt ist hier auch die Seite von Georg, der sich sehr umfangreich zu genau diesem Thema ausläßt: Kann ich mit dem und dem Vermögen in den Vorruhestand gehen - und wieviel kann ich dann monatlich entnehmen. Kann allerdings sein, daß die Seite im Moment noch zu hoch für Dich ist.


    Die Gedanken zu deren Finanzen sind all sinngemäß immer ähnlich:

    a) Nutzen der Arbeitslosengeldes

    b) Bemühung um Wiederbeschäftigung mit dem Ziel, die Zeit zur Rente zu verringern

    c) Frühestmögliche Beantragung der Rente (mit Abschlägen, die längst nicht so fürchterlich sind wie überhaupt kein Geld).

    d) Geldanlage.


    Dein Vater hat diesbezüglich vermutlich schon eine ganze Menge Zeit ungenutzt verstreichen lassen. Eine Kündigung kündigt sich meistens an, es gibt eine Kündigungsfrist, dann die Erkenntnis, daß man das Haus nicht halten kann, Suche nach einem Käufer, Verkauf des Hauses, und seither ist schon wieder ein halbes Jahr ins Land gegangen.


    Mir fallen ein paar Anlageschemata ein, die ich hier allerdings nicht ausführe. Es ist jetzt erstmal Eure Aufgabe, Euch schlauzulesen. Wenn dann noch Fragen sind, magst Du gern wiederkommen


    (Und wenn Du wiederkommst, wäre es praktisch, wenn Du ein bißchen mehr von der Lage erzählst. Ja, sind alles persönliche Daten, aber die Antworten werden besser, je genauer man die Umstände kennt.)

  • Ich möchte mich erstmal sehr für diese schnelle und ausführliche Antwort bedanken.

    Es war mir erstmal wichtig eine Meinung von Erfahrenen zu dieser Thematik zu bekommen.

    Und diese war sehr hilfreich.