Freibetrag von ETF Altbeständen

  • Ich habe zwei Fragen zur konkreten Behandlung sog. Altbestände aus der Zeit vor der Investmentsteuerreform. Bzw. vor Einführung der Abgeltungssteuer. Also Fragen aus der Kategorie Luxusprobleme ;)


    In meinem Depot liegen mehrere thesaurierende ETFs die dieser Altbestandsregelung unterliegen. Und ich denke natürlich nicht im Traum daran diese ohne Not zu verkaufen, sondern will die im Idealfall irgendwann verschenken oder vererben.

    Die grundsätzliche Behandlung dieser Altbestände ist mir dabei klar. Auch, dass es einen Freibetrag von 100.000 EUR gibt. Auch, dass ich bzw. die/der Beschenkte diesen Freibetrag sogar über die Schenkung mehrfach nutzen kann. Auch, dass ich diese Steuer ggf. erst zahlen ("vorstrecken") muss und dann erst über die Steuererklärung wieder zurückbekomme.


    Nun habe ich folgende Verständnisfragen dazu. Und selbst Steuerberater und Bank stochern da nur im Nebel oder flüchten sich in Konjunktive...


    1. Die ETFs haben - nicht überraschend - Gewinn erzielt. Einige gut bis sehr gut, einzelne sogar unfassbar gut. Ich habe bspw. einen USA-ETF drin der gefühlt fast nur aus Gewinnen besteht. Ich habe aber auch zum Glück nur einen dazwischen der tatsächlich im Verlust steht (iShares Commodities). Diesen würde ich gerne loswerden. Wie wirkt sich denn nun eine Realisierung dieses Verlustes auf den Freibetrag aus? Hab ich da schlichtweg Pech gehabt oder kann ich diesen Verlust mit dem Gewinn anderer Altbestands-ETFs innerhalb des Freibetrags verrechnen? Und falls letzteres, müsste ich dazu dann zeitgleich (oder zumindest im gleichen Jahr) auch tatsächlich einen Gewinn realisieren?


    2. Mein eigener Freibetrag nutzt nach meinem bisherigen Verständnis nur etwas, wenn ich diesen durch Verkauf eines Teils der Anteile auch tatsächlich ausnutze. Ich müsste also vor der Schenkung einen Gewinn von im Idealfall 100.000 realisieren. Und anschliessend den Rest verschenken und dort weiterhin Gewinne akkumulieren. Die dann vom Beschenkten wiederum irgendwann realisiert werden und dort erneut unter die Freibetragsregelung fallen. Richtig? Oder hab ich da einen Denkfehler? Oder könnte ich - gierig wie ich bin - auch irgendwie beides haben? Also Freibetrag mehrfach nutzen ohne verkaufen zu müssen.

  • In meinem Depot liegen mehrere thesaurierende ETFs, die dieser Altbestandsregelung unterliegen.


    Ich habe aber ... einen dazwischen, der tatsächlich im Verlust steht (iShares Commodities). Diesen würde ich gerne loswerden. Wie wirkt sich denn nun eine Realisierung dieses Verlustes auf den Freibetrag aus?

    Meiner Kenntnis nach fällt der Verlust bei Altbestand unter den Tisch. Erkläre den Verlust doch einfach in der Steuererklärung und schau, was dabei herauskommt.

    2. Mein eigener Freibetrag nutzt nach meinem bisherigen Verständnis nur etwas, wenn ich ich diesen durch Verkauf eines Teils der Anteile auch tatsächlich ausnutze. Ich müsste also vor der Schenkung einen Gewinn von im Idealfall 100.000 realisieren. Und anschließend den Rest verschenken und dort weiterhin Gewinne akkumulieren. Die dann vom Beschenkten wiederum irgendwann realisiert werden und dort erneut unter die Freibetragsregelung fallen. Richtig?

    Soweit ich es verstanden habe, ist das so. Warte mit dem Verschenken nicht zu lang, nicht daß Dir am Ende noch Freund Hein dazwischenfunkt!

  • Meiner Kenntnis nach fällt der Verlust bei Altbestand unter den Tisch. Erkläre den Verlust doch einfach in der Steuererklärung und schau, was dabei herauskommt.

    mmmh, ja gute Idee. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass ich diesen Verlust mit anderen Einkunftsarten oder mit "Wertpapier-Neugewinnen" verrechnen kann. Ich müsste dann vermutlich im gleichen Veranlagungsjahr auch einen Gewinn innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen haben, mit dem dieser verrechnet werden kann. Und dieser Gewinn muss dann wahrscheinlich sogar ebenfalls oder Kategorie Altbestand kommen.

    Warte mit dem Verschenken nicht zu lang, nicht daß Dir am Ende noch Freund Hein dazwischenfunkt!

    Ja, da spielen nur noch ein paar weitere Aspekte eine Rolle die hier viel zu weit führen würden ^^ Eine Vereinte wäre dabei natürlich auch, einerseits zwar sofort, aber nur einen Teil zu verschenken. Und zwar etwa so aufgeteilt, dass der Gewinn sich bei mir und beim Beschenkten gleichermassen und tendenziell in Richtung des Freibetrages akkumuliert. Falls ich überhaupt so alt werden kann 8)


    Dabei drängt sich mir gerade eine weitere Frage auf: wie verhält sich das Ganze denn im Erbfall? Kann ich den Freibetrag nur selbst zu Lebzeiten ausnutzen? Oder die Erben auch noch über den Todestag hinaus auf meinen Namen? Sprich, in meinem Depot einen Teil der ETFs verkaufen bevor sie drüber hergefallen sind :/ DIE Frage müsste aber mein StB eigentlich beantworten können...

  • Die steuerliche Behandlung der Altfonds ist ein wenig kompliziert:


    Von Anteilen, die vor 2009 gekauft wurden, ist der Gewinn/Verlust bis 2017 steuerfrei, ab 2018 dann 70% teilfreigestellt.

    Anteile, die zwischen 2009 und 2017 gekauft wurden, ist der Gewinn/Verlust 2009 bis 2017 voll steuerpflichtig, danach zu 70%.

    Für jeden verkauften Anteil werden die steuerpflichtigen Teilbeträge aufaddiert. Verbleibt ein Verlust, wird er gegen andere Gewinne bzw den aktuellen Freibetrag von 1000€ aufgerechnet.

    Verbleibt ein Gewinn, wird die Steuer nach Ausschöpfung des Freibetrags von der Bank abgeführt. den Freibetrag von 100.000€ gibt es nur beim Finanzamt.


    Dein Ansinnen funktioniert also nur, wenn du deinen jährlichen Freibetrag samt Verlust ausgenutzt hast.

  • Und dieser Gewinn muss dann wahrscheinlich sogar ebenfalls oder Kategorie Altbestand kommen.

    Nein, Altbestand ist nicht notwendig. Ich habe 2022 mit dem Verkauf von Altbestand sämtliche gezahlte Kapitalertragsteuer aller Fonds von der Depotbank erstattet bekommen. Und im Endeffekt war es für mich auch kein Verlust, weil der Fonds bis 2009 steuerfreien Gewinn einbrachte, danach steuerlichen Verlust.

  • ein wenig kompliziert

    das trifft es ziemlich gut :D ich bin jedenfalls gerade schon im nächsten Satz ausgestiegen:

    Von Anteilen, die vor 2009 gekauft wurden, ist der Gewinn/Verlust bis 2017 steuerfrei, ab 2018 dann 70% teilfreigestellt.

    Ich dachte der Gewinn auf Altbestände ist steuerfrei bis zum Sankt Nimmerleinstag?

    Und den Rest verstehe ich dann gar nicht mehr :huh:

  • das trifft es ziemlich gut :D ich bin jedenfalls gerade schon im nächsten Satz ausgestiegen:

    Ich dachte der Gewinn auf Altbestände ist steuerfrei bis zum Sankt Nimmerleinstag?

    Und den Rest verstehe ich dann gar nicht mehr :huh:

    Bei Aktien ja, bei Investmentfonds wurde leider 2018 die Rolle rückwärts gemacht. Dafür wurden dann die 70% eingeführt, die es vorher nicht gab.

  • Bei Aktien ja, bei Investmentfonds wurde leider 2018 die Rolle rückwärts gemacht. Dafür wurden dann die 70% eingeführt, die es vorher nicht gab.

    ok, langsam bin ich wieder dabei... Das betrifft aber "nur" die Ermittlung der Gewinne, die dann wiederum auf den Freibetrag angerechnet werden, richtig?

  • ok, langsam bin ich wieder dabei... Das betrifft aber "nur" die Ermittlung der Gewinne, die dann wiederum auf den Freibetrag angerechnet werden, richtig?

    Gewinn oder Verlust, jeweils getrennt für 1900-2008 / 2009-2017 / 2018-2024 ermittelt und dann aufaddiert. 70% auf Gewinn/Verlust ab 2018. Die 800€ Freibeträge der letzten Jahre kannst du nicht mehr nutzen, nur den aktuellen für dieses Jahr.

  • Nein, Altbestand ist nicht notwendig. Ich habe 2022 mit dem Verkauf von Altbestand sämtliche gezahlte Kapitalertragsteuer aller Fonds von der Depotbank erstattet bekommen. Und im Endeffekt war es für mich auch kein Verlust, weil der Fonds bis 2009 steuerfreien Gewinn einbrachte, danach steuerlichen Verlust.

    Das klingt doch gut. Bin aber noch unsicher ob ich es richtig verstanden habe. Ich mache es daher konkret an meinem Beispiel fest:

    Ich habe also einen thesaurierenden ETF, gekauft vor 2008, dieser steht heute im Verlust (der Einfachheit halber tun wir mal so als ob es Aktien-ETF sei). Der heutige Kurswert ist niedriger als der Anschaffungswert in 2007, also Verlust. Auch ist der heutige Kurswert niedriger als am 1.1.2018. Ausschüttungen gab es keine. Wenn ich diesen nun verkaufe wird 70% des Verlustes seit dem fiktiven Verkauf am 01.01.2018 ermittelt. Und diesen Verlust kann ich mit Gewinnen aus anderen Beständen die ich bspw. in 2022 gekauft habe und die der heutigen Abgeltungssteuer unterliegen verrechnen? Und all das passiert bereits auf Ebene der Bank, und nicht erst in der EST Erklärung.

    Freibeträge seit 2018 habe ich - oder denke ich zumindest - jeweils zu 90% ausgeschöpft.


    Mir schwirrt der Kopf ^^

  • Mir schwirrt der Kopf

    Ist aber richtig so, und vom Gesetzgeber wohl so gewollt.

    Verluste werden verrechnet, verbleibende Gewinne besteuert. Die Bank schreibt in die Steuerbescheinigung, wenn es besteuerte Gewinne aus Altlasten gab, und die werden vom Finanzamt verrechnet, bis der Freibetrag von 100.000€ ausgeschöpft ist. Denn die Bank weiß ja nicht, ob du noch ein Dutzend andere Depots mit Altlasten hast.

  • Hallo Andrey


    Also ich habe einen Fonds im Januar aus einem Depot verkauft.

    AUS Altbestand

    Die Kapitalertragssteuer und......

    Wurde aber abgezogen. Und an das Finanzamt übermittelt.

    Kein Freibetrag vorhanden.

    LT. Steuerberater bekomme ich sie bei der nächsten Steuererklärung zurück.

    NICHT von der Depot Bank.

  • Könnten sogar lt Auskunft vererbt werden, mit dieser Regelung.

    Aber nicht, wenn man von zwei Verstorbenen Altlasten mit Gewinn von je 100.000 € erbt.

    Auch der Erbe hat nur einmal Anspruch auf den Freibetrag:


    Investmentsteuer: Was gilt im Erbfall?
    Wird ein Fondsdepot mit bestandsgeschützten Altanteilen vererbt, so bekommt der neue Inhaber auch den Freibetrag des Verstorbenen von 100.000 Euro. Das…
    www.fondsprofessionell.de

  • Verluste werden verrechnet, verbleibende Gewinne besteuert. Die Bank schreibt in die Steuerbescheinigung, wenn es besteuerte Gewinne aus Altlasten gab, und die werden vom Finanzamt verrechnet, bis der Freibetrag von 100.000€ ausgeschöpft ist.

    Das würde für meinen seltenen (muss man nach 17 Jahren ja erst mal hinbekommen ^^ ), aber tatsächlich vorliegenden Fall eines Verlustes aus Altbeständen aber bedeuten: Wenn ich diesen Verlust (aus anderen, nicht rein steuerlichen) Gründen realisiere, habe ich zumindest noch den Vorteil, dass dieser Verlust meinen 100.000 Euro Freibetrag indirekt quasi erhöht. Richtig?

  • Ich habe also einen thesaurierenden ETF, gekauft vor 2008, dieser steht heute im Verlust (der Einfachheit halber tun wir mal so als ob es Aktien-ETF sei). Der heutige Kurswert ist niedriger als der Anschaffungswert in 2007, also Verlust.

    Das kümmert nicht. Du hast den Fonds ja in der Silvesternacht 2017/2018 fiktiv umgesetzt. Der Kurs dieser Nacht zählt.

    Auch ist der heutige Kurswert niedriger als am 1.1.2018. Ausschüttungen gab es keine. Wenn ich diesen nun verkaufe wird 70% des Verlustes seit dem fiktiven Verkauf am 01.01.2018 ermittelt. Und diesen Verlust kann ich mit Gewinnen aus anderen Beständen die ich bspw. in 2022 gekauft habe und die der heutigen Abgeltungssteuer unterliegen verrechnen? Und all das passiert bereits auf Ebene der Bank, und nicht erst in der EST Erklärung.

    Der Verlust seit dem 1.1.2018 zählt (bei einem Aktien-ETF zu 70%). Dieser Verlust wandert beim Verkauf in den Verlusttopf "sonstige", das heißt, Du kannst ihn mit beliebigen Kapitalerträgen ausgleichen, auch mit Zinsen, auch mit Dividenden. Und das passiert erstmal bei Deiner Bank.

  • Das kümmert nicht. Du hast den Fonds ja in der Silvesternacht 2017/2018 fiktiv umgesetzt. Der Kurs dieser Nacht zählt.

    ok, verstehe.

    Jetzt wird's kompliziert, daher mal mit echten Beträgen (gerundet), dann wird's greifbarer:

    tatsächlicher Anschaffungspreis 2007: 28.000 EUR

    fiktiver Anschaffungspreis zum 1.1.2018: 17.000 EUR

    heutiger Kurswert: 24.000 EUR

    Teilfreistellung ignorieren wir um es nicht weiter zu verkomplizieren. In meinem Fall vermutlich ohnehin 0% da Rohstoff ETF.


    Das bedeutet, ich habe sowohl einen tatsächlichen Verlust zwischen Anschaffung 2007 und heute (-4.000 EUR), als auch einen fiktiven Verlust zwischen der tatsächlichen Anschaffung 2007 und der fiktiver Veräusserung 31.12.2017 (-11.000 EUR). Dieser "Altverlust" ist steuerlich quasi "verloren".


    Stattdessen habe ich nun steuerlich einen Gewinn von +7.000 EUR zwischen fiktiver Anschaffung 01.01.2018 und heute erzielt. Und darauf entfällt Abgeltungssteuer+Soli i.H.v. 26,375% und mindert nun den 100.000 EUR Freibetrag um -1.846 EUR


    Richtig?