Anfänger mit 'Finanz-Strategie' hat Fragen

  • Inzwischen haben wir uns ein neues Leben aufgebaut und eine 2021 neu gebaute Wohnung gefunden, die eine tolle Lage am Wald und einen fantastischen Ausblick hat.

    Sowohl meine Frau als auch ich haben nicht mal 5 Minuten Fahrweg zu unseren Arbeitsstellen.

    Dann macht ihr alles richtig. Ob / wann / wie / wo ihr irgendwann in einigen Jahrzehnten doch nochmal Wohneigentum kaufen wollt, könnt ihr euch dann ja immer noch überlegen, wenn es soweit ist.

    Wir haben uns direkt für den Kauf einer Wohnung in der Stadt entschieden (zentral, gut angebunden, mit Fahrstuhl, ebenerdiger Dusche etc.) in der Hoffnung, dort ggf. bis ins Alter möglichst lange wohnen zu können. Wir waren uns aber auch recht sicher, dass wir hier bleiben wollen (deshalb auch erst mit Ende 30 gekauft - vorher waren wir beim Ort auch noch nicht festgelegt). Und wir hatten keine so praktische Mietwohnung wie ihr, wegen Kind mussten wir ohnehin umziehen, dann bot sich das an.

  • Ich habe das nicht getrennt und es stört mich überhaupt nicht, bzw. ich finde es sogar gut. Ich schaue auch nicht seltener rein als am Anfang, eigentlich täglich (sind aber auch erst gute zweieinhalb Jahre jetzt).


    Ist aber wahrscheinlich Typ-/Geschmackssache. Mir macht es einfach Spaß, mir das anzusehen und mich damit zu beschäftigen. Wenn die Kurse steigen freue ich mich über steigende Gewinne. Wenn die Kurse fallen freue ich mich über eine günstigere nächste Sparplan-Ausführung. :D Wer hingegen dazu neigt, bei -10% schlaflose Nächte zu bekommen oder z.B. bei zwei ETFs parallel ständig zu überlegen, ob man nicht doch nochmal umschichten und irgendwas optimieren kann, der ist mit strikter Trennung (aus den Augen, aus dem Sinn) wahrscheinlich besser bedient.

    Ehrlich gesagt weiß ich nicht ob es mich nervös machen wird. Ich war 2007/2008 zwar auch investiert, aber da hat es mich grundsätzlich noch so wenig interessiert und es war substanziell auch noch nicht wirklich relevant, dass ich mich gern als kompletter Neuanleger sehe. Einfach weil ich es nicht besser weiß wie ich heute reagieren würde. Ich hab eine starke Vermutung, dass ich ruhig bleiben würde, aber ich weiß es eben nicht. Und ich hab festgestellt, dass es mir (offensichtlich) Spaß macht mich mit Finanzen zu beschäftigen, ich aber nicht jeden Tag in mein Depot dafür schauen muss. Das ist aber wie du sagst sehr individuell. Und es kann sich im Lauf des Lebens wohl auch ändern. Ich würde Anfängern aus oben genanntem Grund grundsätzlich dazu raten die Hürde, dass man dauernd rein schaut etwas höher zu legen - schon allein als leicht merkbarer „Spruch“, der hoffentlich Ruhe ausstrahlt und dem ein oder anderen dann im Kopf ist, wenn er/sie doch mal nervös wird.

    Ich persönlich sehe es so: solange ich nichts vermisse lebe ich zumindest nicht schlechter wenn ich nicht ständig reinschaue. Aber jeder muss es selbst wissen.

  • Eine Immobilie kann auch Teil der Altersvorsorge sein!

    Meistens ist die allerdings Teil des Konsums, was sich viele Immobilienbesitzer aber nicht eingestehen.

    Warum wollt ihr erst in 20-25 Jahren ein Eigenheim? Wäre es nicht "günstiger/besser" jetzt den Mietanteil schon in die Immobilie zu stecken? Klar, dann reduziert sich der Sparanteil im ETF.

    Vermutlich schreibt der Threadstarter das, weil er glaubt, daß andere Leute von ihm erwarten, daß er das schreibt.

    Das Thema "selbstbewohnte Immobilie" bietet Stoff für viele Threads, das läßt sich nicht in wenigen Sätzen erschöpfen. Generell werden Immobilien zu groß gebaut oder gekauft ("Man baut ja nur einmal!") und per Hebel finanziert. Das ist nicht automatisch

    eine sinnvolle Methode zum Vermögensaufbau.

    Vielleicht ist aber auch die derzeitige (Miet-)Wohnung perfekt von Lage, Größe, ... dass derzeit danach kein Wunsch besteht... Oder gibt es Bedenken, dass ihr Euch räumlich noch verändern müsst auf Grund beruflicher Veränderungen?

    Das Thema ist in jedem Fall vielschichtig.

    Ein paar Jahre vor Corona hatten wir mit dem Kauf eines Eigenheims begonnen und auch ein Auto angeschafft. Beides haben wir jedoch verkauft.

    Inzwischen haben wir uns ein neues Leben aufgebaut und eine 2021 neu gebaute Wohnung gefunden, die eine tolle Lage am Wald und einen fantastischen Ausblick hat.

    Sowohl meine Frau als auch ich haben nicht mal 5 Minuten Fahrweg zu unseren Arbeitsstellen.

    Der einzige Nachteil der Wohnung ist, dass sie im dritten Stock liegt. Solange wir jung sind, ist dies kein Problem, aber was passiert, wenn wir mal 60 oder 70 sind?

    Da freut ihr Euch, daß Ihr drei Treppen steigen müßt. Das zwingt Euch automatisch zu einem Minimum an Bewegung, also bleibt Ihr länger frisch. Das ist noch ein Weilchen hin, Ihr habt also hinreichend Zeit, darauf zu warten, daß die Erdgeschoßwohnung im gleichen Haus frei wird. Und wenn nicht, ist der Wohnungswechsel in späteren Jahren für einen Mieter erheblich billiger und unaufwendiger als für einen Eigentümer.

    Es gibt für alles gute Gründe, und das Menschenleben ist farbig.

  • Meistens ist die allerdings Teil des Konsums, was sich viele Immobilienbesitzer aber nicht eingestehen.

    Meistens ist sie beides, teils Konsum und teils Altersvorsorge. Das schließt sich ja nicht gegenseitig aus.

    Ich persönlich sehe es so: solange ich nichts vermisse lebe ich zumindest nicht schlechter wenn ich nicht ständig reinschaue. Aber jeder muss es selbst wissen.

    Das stimmt.

    Ehrlich gesagt weiß ich nicht ob es mich nervös machen wird. Ich war 2007/2008 zwar auch investiert, aber da hat es mich grundsätzlich noch so wenig interessiert und es war substanziell auch noch nicht wirklich relevant, dass ich mich gern als kompletter Neuanleger sehe. Einfach weil ich es nicht besser weiß wie ich heute reagieren würde. Ich hab eine starke Vermutung, dass ich ruhig bleiben würde, aber ich weiß es eben nicht.

    Das geht mir auch so. Ich bin Ende 2021 eingestiegen, habe also bisher nur die ca. minus 20% zu Beginn des Ukrainekrieges erlebt, also kein richtiger Crash. Dafür kam das ziemlich kurz nach dem mittleren fünfstelligen Anfangsinvest und hat fast zwei Jahre gedauert, bis das Depot insgesamt wieder im Plus war. Das ist schon kein schönes Gefühl, wenn überall was von "langfristig durchschnittlich +7% im Jahr" steht und man direkt mal mit MINUS 20% anfängt. Aber gleichzeitig war ich da irgendwie auch sehr entspannt, ans Verkaufen habe ich nicht gedacht, eher ans Nachkaufen.

    Wie ich aber reagiere, wenn ein richtiger Absturz von minus 50% wenige Jahre vor der Rente kommt und sich auch nach mehreren Jahren bis Renteneintritt keine Erholung abzeichnet, es also wirklich "um was geht", weiß ich auch nicht.

  • Meistens ist die allerdings Teil des Konsums, was sich viele Immobilienbesitzer aber nicht eingestehen.

    Das ist wahrscheinlich so. Das ist aber eher auf Fehler hinsichtlich des „wie“ der eignen Immobilie zurückzuführen, als dass selbstgenutzte Immobilien generell kein werthaltiger Teil des Vermögens wären.

    Meine Frau und ich wohnen z.B. in einer abbezahlten Eigentumswohnung, für die wir auf dem Mietmarket ca. 2500 EUR Kaltmiete zahlen müssten. Das bedeutet, wir sparen jedes Jahr 30.000 EUR Miete. Platt gesagt sind das 60.000 EUR brutto die wir, wenn es hart auf hart käme, nicht verdienen müssen, um durchzukommen.

    Jetzt sagen manche: „Jaaaa, aber die Instandhaltungskosten!“ Richtig. Aber ich habe ja nicht alle 10 Jahre Instandhaltungen für 300.000 EUR. Wir wohnen hier seit 10 Jahren (damals Erstbezug), und bisher sind genau gar keine Insandhaltungen angefallen. Lass mal nach 30 Jahren das Dach und die Heizung kaputt sein. Was kostet das? Jeweils 500k? Geteilt durch 10 Parteien im Haus sind das „gerade mal“ 100.000. Demgegenüber stehen 600.000 Mietersparnis.

    Und wenn es ganz hart kommt, können wir die Wohunung auch noch verkaufen, und allein mit dem Erlös könnte man auch locker noch mal 10 - 15 Jahre ganz gut leben.

    Also zähle ich die Wohnung natürlich in unsere Vermögensbilanz. Aber das kann in anderen Konstellationen natürlich ganz anders aussehen.

  • Geld ist Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck. Konsum ist unverzichtbarer Teil des Lebens. Es ist wesentlicher Teil der Finanzgestaltung (um die wir uns hier kümmern), daß jetzt und in Zukunft genügend Geld da ist für den gewünschten Konsum. Da die meisten von uns nicht über Geld im Überfluß verfügen, kommt es dabei halt unvermeidlich zu Zielkonflikten.

    Meistens ist [die selbstbewohnte Immobilie] Teil des Konsums, was sich viele Immobilienbesitzer aber nicht eingestehen.

    Das Thema "selbstbewohnte Immobilie" bietet Stoff für viele Threads, das läßt sich nicht in wenigen Sätzen erschöpfen.

    Das ist wahrscheinlich so. Das ist aber eher auf Fehler hinsichtlich des „wie“ der eignen Immobilie zurückzuführen, als dass selbstgenutzte Immobilien generell kein werthaltiger Teil des Vermögens wären.

    Klar. Ich sehe die selbstgenutzte Immobilie als Teil des Vermögens. Gerade ist von Capgemini der "World Wealth Report 2024" herausgekommen. Die zählen die selbstgenutzte Immobilie nicht zum Vermögen hinzu.

    Meine Frau und ich wohnen z.B. in einer abbezahlten Eigentumswohnung, für die wir auf dem Mietmarket ca. 2500 EUR Kaltmiete zahlen müssten. Das bedeutet, wir sparen jedes Jahr 30.000 EUR Miete. Platt gesagt sind das 60.000 EUR brutto die wir, wenn es hart auf hart käme, nicht verdienen müssen, um durchzukommen.

    Ihr spart durch diese Wohnung das, was ihr für eine angemessene Wohnung an Miete zahlen müßtest (idealerweise mit einem Altvertrag). Das dürfte weniger sein als der genannte Betrag. Wenn es hart auf hart käme, würdet Ihr zu zweit (bei aktuellen Preisen) nicht in einer Wohnung zu 2500 € Kaltmiete wohnen, sondern vielleicht in einer Wohnung zu 600 € Kaltmiete (60 m² zu 10 €/m²), in der auch die Nebenkosten geringer wären. Und natürlich der Wohnkomfort. Aber Euer Überleben wäre in so einem Quartier nicht gefährdet.

    Und wenn es ganz hart kommt, können wir die Wohnung auch noch verkaufen, und allein mit dem Erlös könnte man auch locker noch mal 10 - 15 Jahre ganz gut leben.

    Wenige Leute tun das. Der Durchschnittseigentümer zieht aus seiner Immobilie mit den Füßen voraus aus.

    Wenn man sich das leisten kann, ist das aber auch ok.

  • Klar, sparsamer geht es auf jeden Fall. Wir wohnen nun mal auch aus beruflichen Gründen da wo wir wohnen, und da sind 20 EUR pro qm und noch mal 150 für den Tiefgaragenstellplatz nicht ungewöhnlich und auch kein Ausweis von besonders luxuriösen oder gar feudalen Wohnverhältnissen. Dafür sind die Gehälter auch gut und das Umfeld angenehm, das ist der Trade-Off.

    Mein eigentlicher Punkt war aber, dass ich die oft verbreitete Darstellung „Wohneigentum ist kein Vermögen“ sondern „Konsum“, „Lifestyle“ oder gar eine „Liability“ zu verkürzt finde. Wohneigentum ist vielleicht nicht die profitabelste Investition, die man machen kann, aber es ist zumindest unter bestimmten Voraussetzungen ein klarer Vermögenswert, der sowohl eine Rendite erwirtschaftet (Mietersparnis minus Instandhaltungen), einen Verkehrswert hat der sich verflüssigen lässt, als auch ein sinnvoller Baustein der Alters-Finanzplanung sein kann (Abkopplung von der Entwicklung des Mietmarkts, kein Risiko der Eigenbedarfskündigung - die oft mit hohen emotionalen und finanziellen Belastungen verbunden ist).

    Voraussetzungen sind aus meiner Sicht:

    - Man sollte kein Wohneigentum für sich selbst kaufen, das man nicht grundsätzlich auch als Kapitalanlageobjekt attraktiv finden würde (attraktive Lage, attraktives Objekt, liquider Markt)

    - Man sollte nur kaufen, wenn man es sich leisten kann. Damit meine ich: in spätestens 15 Jahren ist es abbezahlt, oder zumindest parallel dazu weiteres liquides Vermögen aufgebaut. Ewig langes Abstottern macht außer in historischen Niedrigzinsphasen nur die Bank reich. Dann lieber mieten und anderweitig investieren.

    - Nicht mit dem „Traum vom Eigenheim“ gefühlsduselig werden, sondern die Sache immer mit einer ausreichenden Nüchternheit betrachten.

    Es steht natürlich jedem frei, es ganz anders zu machen, und sich den Traum von der riesigen Villa mit Pool und Capri-Grotte in der hintersten Wallachei zu erfüllen. Wen einen das glücklich macht, ist das völlig legitim und sogar sinnvoll. Dann ist es aber tatsächlich eher Konsum als Investition.