Bausparen (mit Zulagen) vs ETF

  • Liebes Forum,


    ich muss zunächst etwas ausholen. Ich durchwälze aktuell die Blätter zum Bausparvertrag meiner Frau. Folgende Daten:

    - 2016 über 10.000€ abgeschlossen

    - 2017 auf 50.000€ erhöht (meine Frau kann sich an keine Beratung erinnern)

    - 2018 auf 80.000€ erhöht (meine Frau kann sich wieder nicht an eine Beratung erinnern)

    - irgendwann nochmal auf 90.000€ erhöht (Unterlagen nicht zu finden.)


    Meine erste Frage: Kann gegen diese Erhöhungen nachträglich vorgegangen werden?


    Meine zweite Frage: Wir haben 2 Kinder. Das macht 775€ Zulage pro Jahr für den Bausparvertrag, bei 600€ Einzahlung (50€ pro Monat).


    Meine Überlegung ist nun folgende: 20 Jahre ETF World (50 Euro pro Monat) ergäbe 11.000€ Rendite. Bausparvertrag beibehalten (50€ pro Monat); dank der Zulagen (20x 775€) ergäbe dies 15.500€ „Rendite“. Kosten für ETF und Bausparvertrag heben sich auf. Der Bausparvertrag würde dann nach 20 Jahren unsererseits gekündigt (Auszahlungssumme würde ohnehin nicht erreicht) und anschließend in ETF geparkt.


    Denkfehler meinerseits?


    Vielen Dank vorab!

  • svenja147

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Hallo und herzlich Willkommen!


    Folgende Daten:

    - 2016 über 10.000€ abgeschlossen

    - 2017 auf 50.000€ erhöht (meine Frau kann sich an keine Beratung erinnern)

    - 2018 auf 80.000€ erhöht (meine Frau kann sich wieder nicht an eine Beratung erinnern)

    - irgendwann nochmal auf 90.000€ erhöht (Unterlagen nicht zu finden.)

    Huch? Eine Erhöhung komplett ohne irgendein Verkaufsgespräch (= „Beratung“) und Unterschrift? Kann ich mir eigentlich kaum vorstellen.


    War deine Frau bestimmt nirgendwo bei der Bausparkasse?


    Um welche geht es und was für ein Finanzprodukteverkäufer war es? Ein Vertreter/Vertriebler/Verkäufer/„Berater“ der Bausparkasse? (Anmerkung: “Beratung“ gibt es nicht wenn die Person oder Institution nicht unabhängig ist, was sie bei einer Bank und/oder bei Provisionen nie sein kann)


    Und habt ihr die ursprünglichen Unterlagen alle durchgeschaut?


    Meine erste Frage: Kann gegen diese Erhöhungen nachträglich vorgegangen werden?

    Kann ich nicht klar beantworten. Erstmal solltet ihr versuchen nachzuvollziehen was da passiert ist. Hat deine Frau denn schon nachgefragt? Eventuell kann man das klären ohne allzu viel Aufwand.


    Man kann Bausparverträge auch teilen lassen, damit ein Teil dann zuteilungsreif wird und der andere dann eben noch nicht. Danach könntet ihr auch fragen.


    Wenn ihr wirklich etwas untergejubelt wurde, dann geht das natürlich absolut nicht. Sie sollten euch dann Beratungsprotokolle vorlegen können und sagen können wer da wann wie unterschrieben hat - und euch die entsprechenden Formulare zeigen können.


    Meine zweite Frage: Wir haben 2 Kinder. Das macht 775€ Zulage pro Jahr für den Bausparvertrag, bei 600€ Einzahlung (50€ pro Monat).


    Meine Überlegung ist nun folgende: 20 Jahre ETF World (50 Euro pro Monat) ergäbe 11.000€ Rendite. Bausparvertrag beibehalten (50€ pro Monat); dank der Zulagen (20x 775€) ergäbe dies 15.500€ „Rendite“. Kosten für ETF und Bausparvertrag heben sich auf. Der Bausparvertrag würde dann nach 20 Jahren unsererseits gekündigt (Auszahlungssumme würde ohnehin nicht erreicht) und anschließend in ETF geparkt.


    Denkfehler meinerseits?

    Ich kann die Zahlen nicht nachvollziehen, da mir hier Infos fehlen. Wie kommen die Zulagen zustande? Wieviel ist überhaupt im Bausparvertrag bereits drin?


    Insgesamt fehlt ein Überblick über deine/eure finanzielle Situation. Die hier offener zu legen ist natürlich wie alles hier freiwillig. Hier bekommst kostenlos von Laien Denkanstöße, die natürlich besser werden je mehr Infos vorhanden sind.


    Neben eurer finanziellen Situation (welche Anlagen, welche Einkommen) sind aber vor allem die Fragen wichtig: wofür hat deine Frau den Bausparvertrag damals abgeschlossen und wofür ist er heute noch da?


    Ganz grundlegend wirst du hier eher wenig Fans von Bausparverträgen finden. Ich kann empfehlen sich ein bisschen zu informieren, falls noch nicht geschehen. Zum Beispiel Herrn Walz oder eben auch Finanztip:


    Bausparkassen profitieren vom Irrtum ihrer Kunden - Prof. Dr. Hartmut Walz
    Es ist eine ernüchternde Erkenntnis: Bausparen lohnt sich in den meisten Fällen nicht. Die Bausparkasse lebt vom Irrtum ihrer Kunden.
    hartmutwalz.de


    Bausparen - Wenn aus Freunden Feinde werden - Prof. Dr. Hartmut Walz
    Bausparen lohnt heute nicht mehr. Bei neu abgeschlossenen Bausparverträgen ist der Effektivzins nach Kosten negativ. Die Bausparkassen sind in Not und ohne…
    hartmutwalz.de


    Bausparvertrag Vergleich
    Wann sich Bausparen lohnt
    www.finanztip.de


    Zusammengefasst lohnen sich m.E. Bausparverträge in seltenen Fällen und werden meist unbedacht abgeschlossen bzw. aus Unwissenheit. Ich hab diesen Fehler übrigens auch in jungen Jahren gemacht. Papa hat gesagt „mach das mal, das ist solide“ oder so ähnlich.


    Ich vermute, dass 2016 kein guter Sparzinssatz gegeben wurde, weswegen es sich wohl nicht mal über die Nullzinsphase gelohnt haben dürfte als sichere Anlage. Das war bei mir unter dem Strich noch ganz ok. Vermutlich, so wirkt es auf mich, wurde deine Frau auch mit dem häufigen Argument der staatlichen Zulagen gelockt. Tatsächlich kann ein kleiner Bausparvertrag in jungen Jahren, wenn es anderswo wenig Zinsen gibt und man Wohnungsbauprämie und Arbeitnehmersparzulage (über VL-Einzahlungen) bekommt, ganz ok gewesen sein. Auf 10.000 Euro Bausparsumme (also 5.000 Euro ansparen) würde das passen. Auf 90.000 Euro nicht wirklich.


    Aber auch aufgrund der Zulagen sollte man eigentlich keinen Bausparvertrag abschließen. Man bindet hier viel zu lange Geld sehr schlecht (kaum/gar nicht) verzinst und hat damit mitunter hohe Opportunitätskosten, also das was dir an Zinsen/Rendite anderswo entgeht. Und was das Darlehen und den „gesicherten Zinssatz“ (auch ein Verkaufsargument) angeht, so ist das eine Wette darauf, dass die Zinsen in ferner Zukunft steigen. Wie man jetzt rückblickend wieder gesehen hat, kann das schnell in die eine oder andere Richtung ausschlagen, ohne dass man sowas vorhersehen konnte.


    Wenn das Darlehen nicht benötigt wird, dann ist es in den meisten Fällen wohl sinnvoll so schnell wie möglich aus dem Bausparvertrag rauszukommen. Die leider auch hohen Abschlussgebühren, die sich der Verkäufer eingestrichen hat, sind schon weg und kommen nicht wieder. Aber was man jetzt damit macht hat man hoffentlich selbst in der Hand.


    Wie gesagt kann ich deine Zahlen und Rechnung nicht nachvollziehen. Allgemein würde ich sagen: lieber früher raus und mit dem Geld frei sein, damit Rendite und anderswo Zinsen machen, als es noch länger gebunden zu haben, um irgendwelche Zulagen einzustreichen.


    Aber am Ende musst du das selbst entscheiden. Bzw. viel mehr deine Frau. Informiert euch, fragt bei der Bausparkasse und dann ggf. nochmal hier. Viel Erfolg dabei!