Steuererklärung ja/nein bei einem Sparplan auf ETF?

  • Hallo zusammen,


    ich bin seit einigen Jahren bei Trade Republic und bespare EINEN MSCI World ETF IE00B4L5Y983 mit einem Sparplan. Muss ich irgend etwas in der Steuererklärung angeben oder macht TR das wie ich denke alles automatisch abführen? Einen Freistellungsauftrag habe ich drin bei TR.

  • Läuft automatisch.

    Schau aber, wenn die Teilfreistellung höher als dein Freistellungsauftrag ist, dass zu dem Zeitpunkt der Abführung der Teilfreistellung genügend Geld auf dem Verrechnungskonto ist, sonst kann es sein, dass der Broker die Summe aus dem ETF liquidiert um sie dann an den Fiskus abzuführen. Das handhabt aber jeder Broker etwas anders. Da musst dich mal einlesen bzw. warten ob hier im Forum es genauer weiß.

  • Ich weiß nicht ob es so ganz verständlich ist was du meinst, auch wenn ich glaube zu wissen was du meinst Alaska79x … Vielleicht ist da auch etwas durcheinander gegangen? Ich denke jedenfalls, dass das nochmal erklärungsbedürftig ist. Ich bin kein Steuerberater, das Folgende ist also nur mein persönliches laienhaftes Verständnis.


    Du zahlst auf Kapitalerträge, also auf realisierte Gewinne, die Kapitalertragssteuer, die eine Abgeltungssteuer ist. Hast du sie also gezahlt, dann ist sie abgegolten und du musst überhaupt nichts mehr an das Finanzamt melden oder abführen. Bei Zinsen und Dividenden geschieht das automatisch. Bei Aktienfonds gibt es eine Teilfreistellung: 30 % der angefallenen Gewinne sind steuerfrei. Du musst also nur 70 % der Gewinne zahlen.


    Da thesaurierende Fonds keine Ausschüttungen haben und damit keine Gewinne automatisch realisieren, hat sich der Gesetzgeber vor ein paar Jahren die Vorabpauschale ausgedacht als einen fiktiven Gewinn, auf den Steuer gezahlt werden muss, solange es überhaupt einen Gewinn gab im vergangenen Jahr. Man zahlt also eine Steuer auf diese Vorabpauschale (nicht die Vorabpauschale selbst!). Auch das geschieht grundsätzlich automatisch und zwar Anfang des Jahres irgendwann. Für das letzte Jahr war es, wenn ich es richtig im Kopf hab, eine Steuer von ca. 35-40€ pro 10.000€ Volumen, das man im jeweiligen Fonds hatte. Nur um eine Größenordnung zu haben. Rechnet sich übrigens anteilig je Monat, wenn du unterfährst gekauft haben solltest. Also wenn du erst im Oktober gekauft hast, wird auch nur 2/12 oder 3/12 der Vorabpauschale erhoben. Bin mir gerade nicht sicher, ob der laufende Monat mit gezählt wird.


    Ausschüttungen würden gegengerechnet, würde es welche geben, was nicht der Fall ist. Wenn du Anteile, auf denen Gewinn ist, unterjährig aktiv verkauft hast, spielt das ebenfalls eine Rolle, denn dann hast du ja auch schon Gewinne realisiert. Dann sinkt auch die Vorabpauschale und die Steuer darauf.


    Du solltest also Anfang des Jahres so viel Geld auf deinem Verrechnungskonto bei TR bereit halten, dass du die Steuer auf die Vorabpauschale bezahlen kannst. Wenn du einen Freistellungsauftrag dafür eingestellt hast, dann wird dieser auch für die Vorabpauschale genutzt. Wenn du den kompletten Freistellungsauftrag (1000€) nur bei TR hast, dann könntest du damit theoretisch nach Teilfreistellung einen fiktiven Gewinn (Vorabpauschale) von insgesamt ca. 1428€ (davon 70% sind die 1000€) abdecken.


    Wenn du deinen Freistellungsauftrag damit ausgefüllt hast, brauchst du nichts mehr dem Finanzamt gegenüber anzugeben. Auch nicht wenn du deine Freistellungsaufträge korrekt auf unterschiedliche Banken aufgeteilt hast und diese jeweils ausgefüllt wurden. Solltest du deine Freistellungsaufträge nicht ausgefüllt haben, aber insgesamt, also alle Gewinne bei allen Banken zusammen, über die 1000€ Sparerpauschbetrag kommen, dann kannst du dir über eine Steuererklärung die Differenz holen. Ebenso wenn du gar keinen Freistellungsauftrag rein gestellt hast. Dann kannst du dir alles ohne größeren Nachteil vom Finanzamt zurückholen. Wir reden hier übrigens von 260-280€ pro Jahr. Grundsätzlich bist du aber in diesen ganzen Fällen nicht verpflichtet dem Finanzamt gegenüber etwas anzugeben. Das geschieht automatisch, soweit notwendig, durch deine Banken, hier TR.


    Es gibt einen Fall, in dem es aber nicht automatisch läuft und in dem du zu einer Steuererklärung verpflichtet bist: wenn du in Summe mehr als 1.000€ Freistellungsaufträge als alleine Veranlagter bei einer oder mehreren Banken reingestellt hast, oder mehr als 2.000 bei gemeinsamer Veranlagung. Zum Beispiel aufgrund eines Versehens. Dann will das Finanzamt diese zu wenig gezahlte Steuer gerne in deiner Steuererklärung haben. Übrigens erfährt das Finanzamt von TR und den anderen in Deutschland ansässigen Banken von deinen Freistellungsaufträgen und wird es merken, wenn du diese überreizt hast.


    Es gibt noch einen Fall, der hier aber keine Rolle spielt: bei ausländischen Banken, die die Kapitalertragssteuer in der Regel nicht abführen. Auch hier muss man das in der Steuererklärung angeben, denn davon weiß das Finanzamt vermutlich nichts.


    Es ist jetzt etwas länger geworden, weil es eben nicht ganz so einfach ist. Wahrscheinlich (!) läuft alles automatisch. Aber es gibt eben Fälle, in denen es nicht automatisch läuft. Und man sollte im Idealfall einigermaßen verstehen wie das mit der Steuer läuft, deshalb die Erläuterung aus meiner Sicht :)

  • Stop, Alaska79x, da bringst Du etwas durcheinander.


    lion hat einen ETF-Sparplan bei Trade Republic. Der besparte ETF ist ein thesaurierender. Der schüttet kein Geld aus, sondern sammelt es an. Dadurch steigt der Kurs des ETFs. Prinzipiell muß man den Gewinn versteuern, wenn man den ETF verkauft, und zwar mit der Abgeltungsteuer (+ Soli). Dazu muß der Anleger nichts machen, das erledigt die Bank für ihn und zieht die Steuer vom Verkaufserlös ab.


    Wenn es sich um einen Aktienfonds handelt (das ist hier der Fall), wird aber nicht der ganze Gewinn versteuert, sondern nur 70% davon. 1000 € Gewinn, 700 € davon steuerpflichtig. Das nennt man Teilfreistellung, weil eben nicht der ganze Gewinn versteuert wird, sondern nur ein Teil davon. Umgekehrt gerechnet reichen 1000 € Freistellungsauftrag für 1428 € ETF-Gewinn, weil 1428 * 70% = 1000 ist.



    Dieses einfache Verfahren war den Bürokraten in Berlin aber zu einfach. Es kann ja wohl nicht sein, daß einer einen thesaurierenden ETF 10 oder 20 Jahre lang hält, der ETF sammelt Gewinne an ohne Ende und die Steuer wird erst am Schluß fällig!


    Damit auch in diesem Fall des langfristigen ETF-Besitzers der Fiskus etwas abbekommt, haben sich die Berliner Steuerbürokraten ein superkompliziertes Verfahren ausgedacht, nämlich die Basisertrag und Vorabpauschale. Der Basisertrag ist ein fiktiver Gewinn, der superkompliziert ausgerechnet wird und zwar wie folgt.


    Die Vorabpauschale ist keine Steuer, sondern in den meisten Fällen gleich dem Basisertrag, in den meisten Fällen also auch ein fiktiver Gewinn.


    Wir nehmen mal an, wir wären im Jahre 2024. Zu Beginn des Jahres 2024 haben die Steuerbürokraten einen Zinssatz festgelegt, der Basis der Besteuerung sein soll. Deswegen heißt dieser Zinssatz Basiszins. Bitte frag mich nicht, woher genau sie diesen Basiszinssatz haben, das hat irgendwas mit festverzinslichen Papieren zu tun. Der Basiszinssatz beträgt für das Jahr 2024 2,29%. Nächstes Jahr wird er wieder anders sein, davon werden wir noch früh genug hören. Davon nimmt man 70% (die mit den obigen 70% nichts zu tun haben), das ergibt dann 1,603%. Das wiederum multipliziert man mit dem Kurs Deines ETFs am Jahresanfang, also am 01.01.2024. Na ja, vielleicht auch am 02.01.2024. Damit erhält man den Basisertrag dieses ETFs.


    Es ist fast egal, wie sich der ETF tatsächlich in diesem Jahr entwickelt, der kann so hoch steigen, wie er will. Der Basisertrag bleibt gleich. Nur dann, wenn der ETF weniger steigt oder gar Miese macht, spielt das steuerlich eine Rolle.


    Grundlage der Steuerberechnung ist die sog. Vorabpauschale. Wenn der tatsächliche Kurszuwachs des ETFs höher ist als der Basisertrag, ist die Vorabpauschale gleich dem Basisertrag. Ist der tatsächliche Kurszuwachs geringer, ist die Vorabpauschale der tatsächliche Gewinn. Macht der ETF Miese, bleibt die Vorabpauschale 0, man muß dann keine Steuer zahlen, bekommt aber auch keine zurück.


    Am 02.01.2025 (also des Folgejahres!) haben wir alles zusammen: Den Kurs des ETFs von vor einem Jahr, den Basiszins für das dann letzte Jahr, den tatsächlichen Kurs am 02.01.2025 (den wir mal reichlich höher annehmen wollen als am 02.01.2024 - damals waren das 89,99 €). Also können wir den Basisertrag des ETFs ausrechnen: 89,99 € * 1,603% = 1,44 € (pro Anteil). Wo der Kurs des ETFs tatsächlich am 02.01.2025 steht, weiß ich natürlich nicht. Bin ja kein Hellseher! Ich nehme aber mal an, daß er seine bisherigen Gewinne hält, aktuell steht dieser ETF knapp unter 100, hat also im Laufe des bisherigen Jahres 2024 etwa 10 € zugelegt.


    Erfreulicherweise ist der echte Kurszuwachs höher als der Basisertrag, also entspricht die Vorabpauschale dem Basisertrag. 1,44 € pro Anteil. Allerdings kommt noch die Teilfreistellungsquote dazu, die Vorabpauschale wird also mit 70% multipliziert. Das sind zufälligerweise auch 70%, das hat aber mit den 70% von oben nichts zu tun.


    Also: 1,44 * 70% = 1,01 €/Anteil.


    Darauf wird Abgeltungsteuer und Soli fällig, also: 1,01 * 26,375%=0,27 €/Anteil.


    Die Vorabpauschale des Jahres 2024 gilt als am 02.01.2025 zugeflossen. Sie wird für die meisten Anleger also der erste Kapitalertrag des Jahres sein. Das Dumme daran ist aber, daß in Wirklichkeit überhaupt kein Geld zufließt (wie das etwa bei einer Dividende der Fall wäre). Wer keinen passenden Freistellungsauftrag hinterlegt hat, sollte also Geld auf dem Verrechnungskonto bereithalten.


    Erfreulicherweise ziehen die Banken die Steuer auf die Vorabpauschale erst im Laufe der nächsten Wochen ab und nicht gleich am 02.01.2025. Wer einen Freistellungsantrag hat, dem wird der fiktive Gewinn namens Vorabpauschale vom Freistellungsauftrag abgerechnet.


    Nehmen wir mal an, unser Musteranleger habe 100 Anteile des ETFs IE00B4L5Y983, also werden ihm von seinem Freistellungsauftrag 100 * 1,01 = 101 € von seinem Freistellungsvolumen abgezogen.


    Wer keinen Freistellungsauftrag hat, der zahlt für die 100 Anteile 27 € Steuer (und muß daher Sorge dafür tragen, daß auf seinem Verrechnungskonto diese 27 € auch drauf sind.


    Und was passiert nun, wenn ich alt und grau meinen ETF nach 20 Jahren verkaufe, um mir meinen Ruhestand zu versüßen?


    Dann verkaufe ich den, aber die Vorabpauschalen sind dann natürlich nicht verloren. Prinzipiell zahlt man beim Verkauf auf die Differenz zwischen Verkaufspreis - Kaufpreis = Gewinn Steuer. Wie oben erklärt worden ist, habe ich in den 20 Jahren Haltedauer aber jedes Jahr ein Schlückchen des Gewinns vorab versteuert. Das wird jetzt gegengerechnet. Die Bank hat das säuberst notiert. Die Summe der bereits versteuerten Vorabpauschalen wird somit vom Gewinn abgezogen und nur noch der Rest versteuert.


    tl;dr - stimmts?


    Ich habe weggelassen, was passiert, wenn man einen ETF während eines Jahres kauft. Dieser Text ist auch ohne das schon ziemlich lang. Außerdem hat Impidimpi schon davon geschrieben.

    Rechnet sich übrigens anteilig je Monat, wenn du unterjährig gekauft haben solltest. Also wenn du erst im Oktober gekauft hast, werden nur 3/12 der Vorabpauschale erhoben. Bin mir gerade nicht sicher, ob der laufende Monat mit gezählt wird.

    Das ist so. Der laufende Monat zählt mit: Oktober - November - Dezember.


    Wenn man unterjährig Anteile verkauft, werden die endabgerechnet. Die sind am Jahresende nicht mehr da, also gibt es auch keine Vorabpauschale und keine Steuer darauf.

  • Traumhaft, dass das alles automatisch geht und man sich um fast nichts kümmern muss.

    Ich kann mich noch erinnern, dass in den fünfziger Jahren ganz viele Sparkassenmitarbeiter hinter Schaltern saßen und das von uns Kindern Ersparte und einmal im Jahr auch die Zinsen sorgfältig in ein Sparbuch eintrugen.

    Ich weiß aber nicht, wie das mit Steuern gewesen wäre, wenn es (durch Erbschaft) mal mehr gewesen wäre.

    berghaus 25.10.24

  • Man sieht aber ganz gut daran, wie kompliziert und einfach es zugleich ist: eigentlich muss man sich um nichts kümmern, da alles automatisiert läuft in der Regel, wenn man nichts im Ausland hat und seine Freistellungsaufträge bucht überreizt. Optional eine Steuererklärung wenn man optimieren möchte oder man optimiert die Freistellungsaufträge bereits während des Steuerjahres.


    Aber über die Feinheiten kann man wie Achim Weiss und ich es getan haben seitenweise schreiben und es wirkt immer kompliziert. Deutsches Steuerrecht eben. :D