PKV-Beiträge: medizinische Inflation vs. Nettoverzinsung

  • Hier mal ein Thema zur Diskussion. Mich würde interessieren, wie ihr die seit einigen Jahren bestehende Situation medizinische Inflation vs. niedrige Nettoverzinsung seht.


    In einem anderen Post hatte ich bereits etwas über die Niedrigzinsphase geschrieben. Hier nun mal eine Beschreibung der Auswirkungen einer geringen Nettoverzinsung, mit der die PKV-Unternehmen bereits seit ca. 2010 konfrontiert werden. Mit "geringer Nettoverzinsung" meine ich eine Nettoverzinsung, die unterhalb der medizinischen Inflation (ca. 5%) liegt.


    Thema: Die medizinische Inflation ist ca. seit dem Jahr 2010 höher als die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen der PKV-Unternehmen. Welche Auswirkungen hat das auf die PKV-Beitragsentwicklung?


    Wenn die medizinische Inflation (d. h. die Kostensteigerung im Gesundheitswesen) höher ist als die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen der privaten Krankenversicherungsunternehmen (PKV), hat das mehrere Auswirkungen auf die Beitragsentwicklung der PKV:


    1. Steigende Beiträge für Versicherte:

    Da die Kosten für medizinische Leistungen schneller steigen als die Erträge aus den Kapitalanlagen, müssen die PKV-Unternehmen die entstehende Finanzierungslücke durch höhere Beiträge ausgleichen. Das führt zu regelmäßigen Beitragserhöhungen für die Versicherten.


    2. Häufigere Beitragsanpassungen:

    Die gesetzlich vorgeschriebenen Schwellenwerte für Beitragsanpassungen (§ 155 VAG) könnten schneller erreicht werden, so dass die PKV-Unternehmen häufiger Anpassungen vornehmen müssen.


    3. Belastung für ältere Versicherte:

    Besonders ältere Versicherte sind betroffen, da ihre Gesundheitskosten überdurchschnittlich steigen und die Entlastung durch Altersrückstellungen weniger effektiv ist, wenn die Kapitalerträge niedrig bleiben.


    4. Notwendigkeit höherer Altersrückstellungen:

    Wenn die Verzinsung der Altersrückstellungen niedrig ist, reichen sie möglicherweise nicht aus, um die steigenden Kosten im Alter abzufedern. Das kann zu einer zusätzlichen Belastung für Versicherte führen, wenn höhere Beiträge erforderlich sind, um die Rückstellungen aufzustocken.


    5. Druck auf die PKV-Unternehmen:

    PKV-Unternehmen müssen ihre Anlagestrategien überdenken und möglicherweise höhere Risikobereitschaft eingehen, um bessere Renditen zu erzielen. Gleichzeitig steigt der Druck, Kosten im Gesundheitswesen durch effizientere Leistungssteuerung zu begrenzen.


    Zusammenfassend führt die Kombination aus niedriger Kapitalverzinsung und hoher medizinischer Inflation zu steigenden Beiträgen in der PKV, häufigeren Anpassungen und einer stärkeren finanziellen Belastung der Versicherten, insbesondere im Alter.

  • 1. Joa, wobei abhängig von der "medizinische Inflation".

    2. Das ist dann eine logische Konsequenz

    3. Ich bin kein Experte, wie die Generationenausgleich in der PKV funktioniert.

    4. Das gibt es jetzt schon optional. Grundsätzlich kannst du eigene Kapitalrücklagen bilden, die das abfedern, da du in jungen Jahren sparst.

    5. Ich bin mir nciht sicher, inwieweit die PKV da eine Handhabe hat. Der Markt ist extrem reguliert.


    Grundsätzlich hast du mit allem weitestgehend recht. Aber was soll jetzt die Konsequenz sein? Die GKV hat ein ähnliches Problem.

  • Meinst Du mit "medizinischer Inflation" steigende Kosten für den medizinischen Fortschritt? (Die medizinische Weiterentwicklung)

    Oder die Rendite, die Investoren für den privat organisierten Betrieb von medizinischen Einrichtungen erwarten?

    Oder beides?

    Die Frage von mir ist nicht rhetorisch gemeint.

  • Die Verzinsung auf die Rückstellungen sind nicht dafür gedacht die medizinische Inflation auszugleichen.

    Die Kalkulation ist immer davon ausgehend, dass die Kosten konstant bleiben (unter sonst gleichen Bedingungen). Niedrige Verzinsungen führen aber dazu, dass die Beiträge stärker steigen, da die fehlenden Rückstellungen nachgeholt werden müssen.

    Aktuell sehen wir aber eine andere Entwicklung, nämlich wieder steigende Verzinsungen. Das dürfte eher beitragsdämpfend wirken.

  • Meinst Du mit "medizinischer Inflation" steigende Kosten für den medizinischen Fortschritt? (Die medizinische Weiterentwicklung)

    Oder die Rendite, die Investoren für den privat organisierten Betrieb von medizinischen Einrichtungen erwarten?

    Oder beides?

    Die Frage von mir ist nicht rhetorisch gemeint.


    Ja, die Frage ergibt auch keinen Sinn.

    Fangen wir doch erstmal mit den gesteigerten Lohnkosten an und die ausufernde Bürokratie und Regulierung, die die Weiterentwicklung teilweise absurd in die Länge zieht.

  • Die Verzinsung auf die Rückstellungen sind nicht dafür gedacht die medizinische Inflation auszugleichen.

    Die Kalkulation ist immer davon ausgehend, dass die Kosten konstant bleiben (unter sonst gleichen Bedingungen). Niedrige Verzinsungen führen aber dazu, dass die Beiträge stärker steigen, da die fehlenden Rückstellungen nachgeholt werden müssen.

    Aktuell sehen wir aber eine andere Entwicklung, nämlich wieder steigende Verzinsungen. Das dürfte eher beitragsdämpfend wirken.

    Deine Aussage ist nicht ganz korrekt bzw. ich sehe dies anders. Denn bei der Verzinsung muss man die erzielte Nettoverzinsung aufteilen in Rechnungszins (früher 3,5%, mittlerweile bei vielen PKVs ca. 2,3%) und Überzinsen. Die Überzinsen werden nach §150 VAG Absatz (1) den Versicherten gutgeschrieben als zusätzliche Rückstellung für das Alter ab 65. Diese Rückstellung soll dann zur Dämpfung von Beitragssteigerungen eingesetzt werden.

    Diese Regelung sowie die Einführung des Gesetzlichen Beitragszuschlags von 10% beruhen übrigens auf einer Untersuchung einer Expertenkommission in den Jahren 1994-1996 im Auftrag der Bundesregierung, als die PKVs noch 6-7% mit ihren Kapitalanlagen erwirtschafteten. Man hatte damals die Erwartungshaltung, dass mit den Kapitalerträgen in Summe die Kostensteigerungen durch die medizinische Inflation und damit die erforderlichen Beitragssteigerungen gedämpft werden können. Da die PKVs aktuell eine Nettoverzinsung von wahrscheinlich unter 3% erwirtschaften (bis auf wenige Ausnahmen wie die Allianz) und die Überzinsen weitestgehend weit unter 1% liegen, kann diese ursprünglich angenommene Beitragsdämpfung nicht erreicht werden. Insofern sehe ich momentan das Problem, dass viele PKV-Versicherte im Rentenalter überdurchschnittliche starke Beitragssteigerungen haben werden.

    Ich glaube aktuell auch nicht, dass die Nettoverzinsung der PKVs auf mittelfristige Sicht wieder ein Niveau von 6-7% erreichen werden. Die wirtschaftliche Situation in Deutschland und auch Europa spricht eher dafür, dass die Zinsen noch etliche Jahre auf dem aktuellen Niveau bleiben werden. Was dann wiederum bedeuten könnte, dass auf mittelfristig die PKV-Beiträge im Rentenalter überdurchschnittlich stark ansteigen werden unter der Annahme, dass man seinen Tarif nicht wechselt.

  • Zu 3.: Einen Generationenausgleich in der PKV gibt es nicht. Jede Versichertenkohorte (gebildet aus Geschlecht bei den Bisex-Tarifen, Tarif und Geburtsjahr) sorgt für sich selbst vor.

    Zu 4.: Das sehe ich auch als dringend erforderlich an, dass jeder Nicht-Beamte, der PKV-versichert ist, zusätzlich Rücklagen für die Finanzierung seines PKV-Vertrags im Rentenalter bilden sollte. Alleine mit den Rentenbezügen (gesetzliche Rente, bAV, Versorgungswerk) wird er ab einem gewissen Alter die PKV-Beiträge nicht mehr gestemmt bekommen, wenn er auch noch seinen Lebensunterhalt bestreiten möchte. Es gibt ja Vermittler/Berater, die ihren Klienten erzählen, dass die PKV-Beiträge im Rentenalter niedriger als im Alter von 60 sind.

    Zu 5.: Man sieht jetzt schon in den Bilanzen der PKV-Unternehmen Unterschiede. Die Allianz hat beispielsweise einen höheren Aktienanteil als PKV-Unternehmen mit einer sehr konservativen Anlagestrategie (z. B. die Debeka).

  • Grundsätzlich hast du mit allem weitestgehend recht. Aber was soll jetzt die Konsequenz sein? Die GKV hat ein ähnliches Problem.

    Die GKV ist nicht abhängig vom Kapitalmarkt, hat aber ganz andere Probleme. Jedoch kann der Staat hier eingreifen. Er wird dies auch zukünftig verstärkt machen müssen um das demographische Problem in den Griff zu bekommen. Für den GKV-Versicherten gibt es aber den Vorteil, dass sich seine Beiträge immer an seinen Einkünften orientieren werden. Welche Einkünfte bis zu welcher Höhe zukünftig beitragspflichtig sein werden, sei mal dahingestellt.


    Die PKV ist aber vom Kapitalmarkt abhängig. Niedrige Zinsen bedeuten höhere Beiträge bzw. auch höhere Beitragssteigerungen. Für den PKV-Versicherten spielen weitere Faktoren eine Rolle:

    (a) die allgemeine Inflation, die Auswirkungen auf die Lebenshaltungskosten hat, also auf seinen Geldbeutel

    (b) die wirtschaftliche Situation im Land, die Auswirkungen auf Lohnsteigerungen und damit auch Rentensteigerungen hat

    (c) die Höhe der Rücklagen, die der PKV-Versicherte aufbauen sollte (z. B. Kapital, Mieteinnahmen)

  • Die GKV ist nicht abhängig vom Kapitalmarkt, hat aber ganz andere Probleme. Jedoch kann der Staat hier eingreifen.

    Kann vielleicht. Aber tut er es auch? Bei der dringlichen Frage angemessener Beiträge für Bürgergeldempfänger mauert er seit Jahren. Und keine Besserung in Sicht (zumindest Stand heute, 1 Tag vor dem 23.2.25).

    Er wird dies auch zukünftig verstärkt machen müssen um das demographische Problem in den Griff zu bekommen.

    Da mauert der Staat schon seit 40 Jahren, und verstärkt seit 30 Jahren (Stichwort 'soziale' Pflegeversicherung).

    Für den GKV-Versicherten gibt es aber den Vorteil, dass sich seine Beiträge immer an seinen Einkünften orientieren werden.

    Immer? Die Zukunft wird es zeigen. Das Gespenst "Kopfpauschale" ging kürzlich wieder medial. Man erspare mir bitte zumindest vorerst eine Quellensuche.

    Welche Einkünfte bis zu welcher Höhe zukünftig beitragspflichtig sein werden, sei mal dahingestellt.

    Ja, genau. Das sei mal dahingestellt. Ohne jetzt den damit unglücklich aufgeschlagenen RH noch weiter zu bemühen, erinnere ich mal an Silvester 2003. Das war der letzte Tag, an dem später, aber auch schon lange zuvor abgeschlossene Betriebsrenten, Direktversicherungen usw. noch für gesetzlich Versicherte beitragsfrei waren, danach aber voll beitragspflichtig ohne Zuschuss.


    Der Groschen fiel den meisten aber erst viele Jahre später, als sie es persönlich vor dem Rentenbeginn von ihrem BAV-Anbieter und dann auf ungläubiges Nachfragen bei ihrer Kasse auch von dieser schriftlich erhalten haben.

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977