Ist Re-Balancing wirklich eine gute Idee?

  • Im aktuellen Finanztip-Newsletter wird u.a. der stark gestiegene Goldpreis thematisiert.

    "Denn: Wenn der Goldpreis steigt, wächst auch der Anteil an Gold in Deinem Portfolio. Und zwar manchmal schneller, als Dir vielleicht lieb ist. Genau dann lohnt sich ein Blick auf die Verteilung: Liegt Dein Goldanteil deutlich über 10 %, solltest Du reagieren."

    Hier wird dann im Folgenden angeregt, ein Re-Balancing seines Portfolios durchzuführen. Mal abgesehen von der speziellen Thematik "Edelmetalle", frage ich mich, ob ein solches Vorgehen im Allgemeinen besonders klug ist.

    Die Aufteilung eines Portfolios erfolgt nach persönlichen Präferenzen, die mehr oder weniger willkürlich sind, z.B. eine 70/30- oder 50/30/20-Verteilung bei ETFs. Nun wird es in der Regel so sein, dass sich durch die unterschiedliche Performance der einzelnen Positionen eine Verschiebung in der Verteilung ergeben wird. In diesem Fall raten die üblich verdächtigen Finanz-Gurus, die ursprüngliche Verteilung wieder herzustellen, also ein sog. Re-Balancing durchzuführen. Das kann man machen, indem man einen Teil der nun überrepräsentierten Positionen verkauft (hierbei fällt Steuer an) oder die unterrepräsentierten Positionen aufstockt (falls man über das nötige Kapital verfügt). Man kann natürlich auch beide Methoden kombinieren.

    Aber egal, wie ich es mache, ich reduziere in jedem Fall die gut laufenden Positionen zugunsten der schlechter laufenden. Ist das eine wirklich empfehlenswerte Vorgehensweise? Wenn ich also in der Vergangenheit so ein seinerzeit beliebtes Portfolio aus initial 70% MSCI World und 30% MSCI EM hatte und nun sehe, dass die Emerging Markets sich leider nicht an die Glaskugel der Analysten gehalten hat, pumpe ich also noch mehr Geld in diesen lahmen Gaul?

    Das Gleiche gilt natürlich auch für das Gesamtportfolio. Wenn aktuell die Edelmetallpreise wie verrückt steigen, soll ich also Gold und Silber (das läuft noch besser als Gold) verkaufen und mit dem Gewinn, der in der Regel steuerfrei ist, ETFs kaufen? Ich halte das für nicht besonders klug. Wenn ich den IZF meiner Anlagen anschaue, dann sehe ich über den Zeitraum, seit dem ich investiere (ca. 10 Jahre) einen IZF von 10,2% für das Depot, jedoch 16,2% für die Edelmetalle (durch die Steuerfreiheit sogar noch höher). Insofern halte ich auch die Begründung von Finanztip, dass Gold keine Erträge abwerfe, für nicht besonders stichhaltig. Wichtig ist eben, was am Ende herauskommt.

  • Geht halt nicht immer... was ist mit den Leuten, die seit 5 oder 10 Jahren einen Bitcoin haben und der nun bei knapp 100k steht?

    Es ist fast wie im richtigen Leben, deswegen heißt das hier auch Erde und nicht Paradies.

  • Ob Rebalancing eine gute Idee ist, ist ein sehr weites Feld. Nicht nur, weil es verschiedene Methoden des Rebalancings gibt, sondern weil eine „gute Idee“ sehr abhängig ist, von den eigenenen Wünschen und Zielen.

    Wenn man sich Gedanken über sein Portfolio gemacht hat und sich aus guten Gründen, die auch in vielen Jahren noch Bestand haben, für eine bestimmte Aufteilung entschieden hat, dann ist Rebalancing eine gute Idee, weil es die gewünschte Aufteilung wiederherstellt.

    Wenn man sich eher dem Performance Chasing verschrieben hat, nicht nach einem bestimmten Verhältnis investieren möchte oder aus Gründen nach Marktmeinung investieren will, ist Rebalancing keine gute Idee.

    Verkürzt kann man sagen: Rebalancing dient (genauso wie Diversifikation) nicht in erster Linie der Renditesteigerung, sondern der Steuerung des Risikos.

  • Wir hatten das Thema ja gerade in einem anderen Thread.
    In Deutschland gilt es natürlich noch die Steuern zu berücksichtigen, die bei einem Rebalancing ggf. anfallen können.

    Mit Rebalancing langfristig die Rendite steigern – Finanzen? Erklärt!
    Aber man beachte auch mal den Anlagezeitraum ab dem sich Rebalancing auswirkt! Wer nur auf die kurzfristige Rendite schaut, für den ist Rebalancing eher nix.

    Wichtig ist eben, was am Ende herauskommt.

    Und, bist Du schon am Ende?