von elterlichen fondsgebundener LV zum eigenen ETF-Sparplan

  • Hallo zusammen,


    ich suche Rat für meinen nächsten Schritt.

    Jetzt, nach 20 Jahren möchten mir meine Eltern eine fondsgebundene LV von der Stuttgarter Versicherung übergeben, die sie auf meinen Namen 2003 eröffnet haben.
    DWS Vermögensbildungsfonds I LD (DE0008476524) und Templeton Growth (LU0114760746) wurden monatlich gering bespart.

    Wäre es ratsam die Anteile in ein eigenes, neues, kostenloses ETF-Depot zu transferieren oder vermische ich da Äpfel und Birnen?
    Sollte ich mir die LV (in einem Entnahmeplan?) auszahlen lassen und daraus ein z.B. "70/30"-ETF-Depot mit u.a. MSCI World eröffnen, z.B. über Scalable?

    Bin mir noch unsicher, ob ich die langjährige LV police einfach abschneiden soll, aber die laufenden Kosten für die Fonds sind schon ziemlich hoch mit über 1,4% und Ausgabeaufschlag 5%, oder?


    Ich bin noch etwas durcheinander ob der Informationsflut, die man glücklicherweise hier erhält.


    Vielleicht hat jemand Lust mir weiterzuhelfen?


    Danke und Gruß

    Mareike

  • Hallo Mareike,


    die wesentliche Information fehlt:


    Wann läuft die LV aus, und ist dann Cash,Rente oder Wahlrecht vereinbart?

    Kurz vor dem Ziel würde ich die LV nicht mehr anpacken, vorher käme es auf den aktuellen Rückkaufwert an.

  • Entschuldige, und danke für Deine Zeit Andrej:

    Ablauf der Versicherung: 2087 (da würde ich 100 Jahre alt sein)
    Ende Beitragszahlung: 2043 (dann 55 Jahre)

    Leistung bei Kündigung = Fondsguthaben (das jährlich berichtet wird), also Cash

    Hoffe das beantwortet die Fragen?

    Mir fällt noch eine weitere Frage zu diesem Satz in der police ein, und zwar ob sie meine Eltern oder besser nun mich damit über den Tisch ziehen oder ob das Standard ist?
    "Die Risikoüberschussanteile werden mit den monatlich dem Fondsguthaben zu entnehmenden Riskiobeiträgen verrechnet. Die Kostenüberschussanteile werden bei jeder Beitragsfälligkeit zur Reduzierung der beitragsabhängigen Verwaltungskosten verwendet."

  • Überprüf man die LV auf den "Widerrufsjoker" (einfach mal googlen). Kannst bei so einer alten LV nämlich Glück haben.


    Ansonsten würde ich sowieso kündigen und das Geld selbst in ETFs anlegen. Eine Lebensversicherung hat in der heutigen Zeit keinen Sinn mehr (ausser natürlich eine Risiko-LV)

  • Nach 20 Jahren möchten mir meine Eltern eine fondsgebundene LV von der Stuttgarter Versicherung übergeben, die sie auf meinen Namen 2003 eröffnet haben.
    DWS Vermögensbildungsfonds I LD (DE0008476524) und Templeton Growth (LU0114760746) wurden monatlich gering bespart.

    Wäre es ratsam die Anteile in ein eigenes, neues, kostenloses ETF-Depot zu transferieren oder vermische ich da Äpfel und Birnen?

    Zweiteres :)


    Grundsätzlich mal: Eine Kapitallebensversicherung ist ein Finanzvehikel, das in die heutige Zeit eigentlich nicht mehr paßt. Früher, unter anderen rechtlichen Gegebenheiten, war eine KLV eine Möglichkeit, Kapitalerträge legal unversteuert zu kassieren. Dazu mußte das Spargeld in einen Versicherungsmantel gehüllt werden, den viele Leute überhaupt nicht brauchten, dessen Kosten sich aber dennoch gelohnt haben, weil er weniger kostete, als sie an Steuer für die Kapitalerträge sparten.


    Die rechtlichen Verhältnisse haben sich geändert, heute schließt man sinnvollerweise keine Kapitallebensversicherung mehr ab. Wenn man aber eine hat, muß man sehr genau hinschauen, ob man die weiterzahlt oder kündigt. Es kommt da sehr aufs Detail an, deswegen halte ich mich mit einen konkreten Rat hier auch zurück.

    Sollte ich mir die LV (in einem Entnahmeplan?) auszahlen lassen und daraus ein z.B. "70/30"-ETF-Depot mit u.a. MSCI World eröffnen, z.B. über Scalable?

    Bin mir noch unsicher, ob ich die langjährige LV police einfach abschneiden soll, aber die laufenden Kosten für die Fonds sind schon ziemlich hoch mit über 1,4% und Ausgabeaufschlag 5%, oder?

    Das sind drei Fragen.


    Ein Entnahmeplan ist eine Konstruktion, bei der Du Dir aus eigenem Vermögen quasi eine Rente zahlst. Nichts für Dich. Dafür bist Du entschieden zu jung. Ich weiß nicht, wie das technisch geht, wenn Du die Versicherung auflöst, und ich rate Dir weder dazu, noch davon ab. Aber wenn Du das tust, holst Du das angesammelte Kapital natürlich auf einmal heraus und nicht in Raten.


    Wie Du (D)ein Vermögen anlegst, ist nochmal ein völlig anderer Themenkreis. Man kann Aktien-ETFs davon kaufen, man kann aber auch eine Menge anderer Sachen damit machen. Zwei Sätze Erklärung sind dazu viel zu wenig, also laß ich es.


    Wenn Du in der vielfältigen Welt der Geldanlage zu der Überzeugung gekommen bist, daß Aktienfonds für Dich das Mittel der Wahl sind, dann wirst Du feststellen, daß die beiden Fonds, die Du hast, von den Kosten her recht teuer sind, es sich für Dich vermutlich lohnt, diese Fonds umzusetzen. Aber halt erst dann.

    Wann läuft die LV aus, und ist dann Cash,Rente oder Wahlrecht vereinbart?

    Kurz vor dem Ziel würde ich die LV nicht mehr anpacken, vorher käme es auf den aktuellen Rückkaufwert an.

    Ablauf der Versicherung: 2087 (da [wäre] ich 100 Jahre alt)
    Ende Beitragszahlung: 2043 (dann 55 Jahre)
    Leistung bei Kündigung = Fondsguthaben (das jährlich berichtet wird), also Cash

    Mir fällt noch eine weitere Frage zu diesem Satz in der Police ein, und zwar ob sie ... mich damit über den Tisch ziehen oder ob das Standard ist?


    "Die Risikoüberschussanteile werden mit den monatlich dem Fondsguthaben zu entnehmenden Risikobeiträgen verrechnet. Die Kostenüberschussanteile werden bei jeder Beitragsfälligkeit zur Reduzierung der beitragsabhängigen Verwaltungskosten verwendet."

    Das ist Standard.


    Du hast ein Kombiprodukt aus einer Lebensversicherung und einem Sparvertrag.

    Die Lebensversicherung ist eine normale Versicherung, sie zahlt im Fall des Todes des Versicherten eine vereinbarte Summe Geld an die Hinterbliebenen.


    Dazu kommt ein Sparvertrag.


    Die beiden Verträge sind miteinander verbunden; je mehr Du sparst, desto geringer ist der Versicherungsbedarf. Wenn z.B. schon 80.000 Euro gespart sind, die Versichererungssumme 100.000 Euro beträgt, muß die Versicherung nur noch 20.000 Euro drauflegen und nicht komplett die 100.000 Euro zahlen.


    Der Satz oben bedeutet:

    "Wir entnehmen die Versicherungsprämie für die Risikolebensversicherung monatlich aus dem Fondsvermögen. Wenn wir dafür weniger brauchen, als prognostiziert, entnehmen wir weniger.

    Wir entnehmen auch die Verwaltungskosten dem Fondsvermögen. Wenn wir weniger Verwaltungskosten haben als prognostiziert, entnehmen wir weniger."


    So sollte das eigentlich auch sein.


    Jetzt kommt doch ein Rat: Gib Dir selbst eine gewisse Zeit, die Du brauchst. Drei Monate vielleicht? Ein halbes Jahr vielleicht? Laß Dich nicht drängen. In dieser Zeit läßt Du die Versicherung weiterlaufen und bedienst sie auch weiter, änderst also nichts. Du nutzt diese Zeit, um Dich aufzuschlauen. Informiere Dich, lies hier, lies Bücher (z.B. Kommer, Souverän investieren für Einsteiger) und frage. Du wirst schnell lernen! Irgendwann fühlst Du Dich fit für eigene Entscheidungen, und dann machst Du Deine Finanzen selber :)


    Erwachsen sein heißt: Die eigenen Finanzen in die eigenen Hände nehmen. :)


    Und wenn Du gezielt Hilfe brauchst, frag.

  • Noch eine Frage am Rande:


    Ist dir eine Risikovorsorge wichtig, um eventuelle minderjährige Hinterbliebene abzusichern?

    Das bietet dir ein ETF nicht. Wenn du parallel zum ETF eine neue Risiko-LV abschliesst, verdient die Versicherungsgesellschaft zweimal an dir.

  • Jetzt kommt doch ein Rat: Gib Dir selbst eine gewisse Zeit, die Du brauchst. Drei Monate vielleicht? Ein halbes Jahr vielleicht? Laß Dich nicht drängen. In dieser Zeit läßt Du die Versicherung weiterlaufen und bedienst sie auch weiter, änderst also nichts. Du nutzt diese Zeit, um Dich aufzuschlauen. Informiere Dich, lies hier, lies Bücher (z.B. Kommer, Souverän investieren für Einsteiger) und frage. Du wirst schnell lernen! Irgendwann fühlst Du Dich fit für eigene Entscheidungen, und dann machst Du Deine Finanzen selber :)


    Erwachsen sein heißt: Die eigenen Finanzen in die eigenen Hände nehmen. :)


    Und wenn Du gezielt Hilfe brauchst, frag.

    Ein sehr guter Rat, finde ich.:thumbup: Die Begründung folgt ja auch gleich hinterher.


    Ihn zu befolgen, hat noch einen zusätzlichen, eher immateriellen Aspekt: Man macht nicht gleich die von den Eltern früh begonnene "Vorsorge" platt, ohne es selbst erklären zu können. Sie hatten es ja gut gemeint - gut gemeint hier im Sinne von "schlecht beraten" - und hätten das Geld auch selbst verjubeln, verurlauben oder sonstwie verbrauchen können. .

    Besuche bereiten immer Freude. Wenn nicht beim Kommen, dann beim Gehen.

    Altes portugiesisches Sprichwort, Quelle unbekannt




  • Bei einer Lebensversicherung, die 2003 abgeschlossen wurde, ist die Ablaufleistung vollständig steuerfrei, egal ob die Zahlung heute, 2043, 2087 oder sonstwann erfolgt. Änderungsstichtag war der 01.01.2005. Das wäre ein starkes Argument dafür, die Versicherung weiter laufen zu lassen. Aber das muss natürlich im Einzellfall durchgerechnet werden. Nicht alles, was steuerfrei ist, muss deshalb auch automatisch lukrativ sein, allerdings muss eine neue Anlage den Steuervorteil erst einmal überbieten können.

  • Eventuell kommt hier ein Spezialfall des Widerrufsjokers in Frage (der genau genommen gar keiner ist):


    Haben Deine Eltern die Versicherung als Erziehungsberechtigte auf Deinen Namen abgeschlossen (Du als Versicherungsnehmer)? Dann war der Vertrag zunächst schwebend unwirksam. Hast Du die Unterschrift nachgeholt? Nein?Dann isr er immer noch schwebend unwirksam. Du könntest dann erklären, dass Du dem Vertragsabschluss Deiner Eltern damals nicht zustimmst, und er müsste rückabgwickelt werden.


    (Zu prüfen wäre noch ob sich das lohnt. Nicht dass die teuren Fonds im teuren Versichungsmantel besser performt haben als die Entschädigung...)

  • Bei einer Lebensversicherung, die 2003 abgeschlossen wurde, ist die Ablaufleistung vollständig steuerfrei, egal ob die Zahlung heute, 2043, 2087 oder sonstwann erfolgt.

    Allerdings nicht bei einer Auszahlung als lebenslängliche Rente.

    Stimmt. Wenn man eine Lebensversicherung als Rente auszahlen läßt, wird der sog. "Ertragsanteil" besteuert, der bemißt sich nach dem Lebensalter, in dem die Rente beginnt. Beginnt die Rente mit dem vollendeten 65. Lebensjahr des Versicherten, beträgt dieser Ertragsanteil 18%; von 100 Euro Rente gelten also 18 Euro als Einkommen. Die Steuer darauf ist nicht besonders hoch. Aber (wie R.F. schon sagte): Man muß sowas immer im Einzelfall durchrechnen.


    Seine Finanzen selber zu verwalten, ist nicht so fürchterlich schwer. Andererseits sagt sich sowas leicht, wenn man das schon eine halbe Ewigkeit macht. :) Ich sehe für unsere Threadstarterin eine Gefahr: Man bestärkt sie in dem Gedanken, sie könne das alles alleine, sie glaubt das vorschnell und reißt erstmal alles um, was sie hat - und hinterher steht sie vor den Trümmern.


    Das möchte ich nicht. Ich möchte, daß es jedem, der hier fragt, hinterher gut geht (im Idealfall besser als vorher). Und deswegen versuche ich die Leute zu stärken, aber nicht zur Tollkühnheit zu verführen. Sie möge sich informieren, sie möge lernen, sie soll fragen. Und wenn sie sich in einer guten Weile zu einer Entscheidung bereit fühlt, dann soll sie sie treffen.


    Daß sie hier fragt, ist doch schon einmal ein guter Anfang. Sind doch lauter nette, hilfsbereits Leute hier :)

  • Vielen Dank für die vielen Informationen an alle, die hier mitschreiben! In der Tat sehr nett und mega schnell, damit habe ich gar nicht gerechnet.


    Zum Widerrufsjoker habe ich mich auf Finanztip und bei der VZ HH und den verschiedenen Dienstleistern eingelesen, das will ich in meinem Fall nicht vor Gericht tragen (police sieht gut aus und die Auszahlungsbetrag ist im Vergleich zur eingezahlten Summe plus Zinsen in Anlehnung an die Rendite der Fonds eigentlich sehr erfreulich).


    An der Risikovorsorge habe ich kein Interesse, das wäre für mich kein Grund das Vertragsverhältnis aufrecht zu erhalten.


    Den Steuervorteil einer Auszahlung der alten LV werde ich mal versuchen zu berechnen, danke für den Tipp @RF, Andrej und Achim!


    Treffen Achims Informationen zur Kapital-LV überhaupt auf mich zu, da meine Eltern eine fondsgebundene LV abgeschlossen haben? Sind das nicht zwei verschiedene paar Schuhe?


    Thema Entnahmeplan lege ich auch beiseite, hatte den Begriff falsch verortet.

    Wenn das ein anderes Wort für die lebenslange Rentenauszahlung des Geldes ist, dann ist das tatsächlich nichts für mich, auch nicht wenn ich ins Rentenalter komme.


    Vielen Dank auch für die Erklärung des Satzes zu den Risikoüberschussanteilen aus der Police, ergibt nach Achims Erklärung Sinn für mich.



    Ich habe mich nun einige Wochen mit dem Thema beschäftigt und meine Eltern würden die LV gern aus ihren eigenen Steuergründen sobald es geht an mich abgeben, sie kommen jetzt ins Rentenalter.

    Klar setzen sie mich nicht unter Druck, aber ich würde schon gern bald eine Entscheidung treffen.


    Wie gesagt werde ich die Steuervorteile der 2003 abgeschlossenen LV in meinem Fall prüfen, auch, ob es Sinn ergibt die LV zu übernehmen und die Fonds innerhalb der LV zu ändern.


    Wenn noch jemand Tipps teilen möchte, wie ich das Geld weiterhin sinnvoll anlegen kann, freue ich mich natürlich, aber vielen Dank nochmal bis hierher!

  • Zum Widerrufsjoker habe ich mich auf Finanztip und bei der VZ HH und den verschiedenen Dienstleistern eingelesen, das will ich in meinem Fall nicht vor Gericht tragen (police sieht gut aus und die Auszahlungsbetrag ist im Vergleich zur eingezahlten Summe plus Zinsen in Anlehnung an die Rendite der Fonds eigentlich sehr erfreulich).

    Gericht ist meistens ohnehin nicht so gut, allzuoft kommen dabei zwei Verlierer heraus.

    An der Risikovorsorge habe ich kein Interesse, das wäre für mich kein Grund das Vertragsverhältnis aufrecht zu erhalten.

    Wenn Dir der Versicherungsmantel die Steuerfreiheit erhält, könnte es sein, daß sich das für Dich trotzdem lohnt.

    Ich habe mich nun einige Wochen mit dem Thema beschäftigt und meine Eltern würden die LV gern aus ihren eigenen Steuergründen sobald es geht an mich abgeben, sie kommen jetzt ins Rentenalter.

    Was heißt eigentlich: "Meine Eltern haben die Versicherung für mich abgeschlossen"? Bist Du Versicherungsnehmerin und Deine Eltern haben lediglich die Beiträge bezahlt?

    Steuer müssen Deine Eltern für diese Versicherung nicht zahlen, soweit ich das überblicke. Aber eine Tochter mit 29,999 Jahren könnte (und sollte) ihre Finanzen mal selber übernehmen!


    Und was heißt DAS:

    Ablauf der Versicherung: 2087 (da würde ich 100 Jahre alt sein)
    Ende Beitragszahlung: 2043 (dann 55 Jahre)

    Ende Beitragszahlung ist klar. Aber was heißt "Ablauf der Versicherung"?

    Was soll eine Versicherung, die zahlt, wenn Du 100 Jahre alt bist. Ich gönne Dir ja gern viele gute Jahre, aber ein Sparprodukt ist dazu da, Kaufkraft in eine spätere Zeit zu transferieren, aber doch nicht zum St. Nimmerleinstag! Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, daß eine Rentenversicherung anfängt, Dir mit 65 Jahren monatlich eine Rente zu zahlen. Schau doch noch mal genau in die Versicherungsbedingungen, was dort steht.

    Wenn noch jemand Tipps teilen möchte, wie ich das Geld weiterhin sinnvoll anlegen kann, freue ich mich natürlich

    Hier ein Weilchen mitlesen :)


    Da lernst Du nicht nur, wie Du dieses Geld sinnvoll anlegen kannst (Es könnte ja sein, daß es sinnvoll ist, daß Du die Versicherung einfach weiterzahlst!), sondern auch anderes Geld.