Staatsanleihen EU Bonität

  • Hallo,

    ich möchte in meinem Portfolio aufgrund der derzeit günstigen Zinslage (bei drohender Tendenz zur Verschlechterung) und zur Stabilisierung gegen vermutete Aktien- und ETF-Verluste im nächsten Jahr den Anteil an Anleihen auf wenigstens 20-30% erhöhen. Angedacht sind u.a. Staatsanleihen aus EU/Europa. Wenn ich deren Renditen betrachte, dann haben beispielsweise italienische/spanische/griechische Anleihen bessere Konditionen als deutsche Staatsanleihen. Aber die "offizielle" Bonität der Südländer ist schlechter ausgewiesen.

    Ist denn die Gefahr eines möglichen Staatsbankrotts eines dieser EU-Länder überhaupt noch vorhanden? Griechenland und Co. werden von der EU doch seit langer Zeit stets gegen Bankrott geschützt.

    Kann man daher trotz der ofiziellen Bonitätsunterscheidungen unbesorgt in derartige Anleihen mit Laufzeiten bis 5 Jahre investieren?

  • Wenn ich deren Renditen betrachte, dann haben beispielsweise italienische/spanische/griechische Anleihen bessere Konditionen als deutsche Staatsanleihen. Aber die "offizielle" Bonität der Südländer ist schlechter ausgewiesen.

    Ich verstehe das "aber" nicht. Die südländischen Anleihen haben eine höhere Rendite WEIL ihre Bonität schlechter ist.

    Ich sehe die Wahrscheinlichkeit einer Pleite eines dieser Länder als gering an. Jedoch wenn ich mich recht erinnere, dann hat Griechenland vor ein paar Jahren mal einen Schuldenschnitt erhalten. Weiß nicht wie das im Detail ablief, aber ggf. bekommst du in so einem Fall die Anleihe am Ende der Laufzeit nicht zu 100% zurück.

  • Ich würde an deiner Stelle einfach in einen kurzlaufenden Anleihe-ETF mit europäischen Staatsanleihen investieren, wie z.B.:


    FR0010754200

    IE00B3BPCH51

    LU2641054122


    Dadurch kannst du an einer höheren Rendite partizipieren und die Frage bezüglich eines möglichen Staatsbankrotts durch Diversifikation umgehen. Denn wie hoch das Risiko wirklich ist kann dir hier sowieso keiner objektiv beantworten. Das muss du schon selber einschätzen.

  • ...

    wenn ich mich recht erinnere, dann hat Griechenland vor ein paar Jahren mal einen Schuldenschnitt erhalten. Weiß nicht wie das im Detail ablief, ...

    Bei der Griechenlandsanierung gab es pro 100 € alter Anleihen 53,50 € neuer Anleihen, die schlechter verzinst sind als die alten und die z. T. jahrzehntelange Laufzeiten haben. Verlust also pi mal Daumen 50%. Vier Wochen vorher hieß es noch, Euro-Staatsanleihen sind sicher, dann lautete über Nacht die Devise plötzlich, jeder muss seinen Beitrag leisten.

  • Ja, ich habe damals mit einer griechischen Anleihe ins Klo gegriffen. Seitdem nie wieder Staatsanleihen.

    Wäre mir ein bißchen zu apodiktisch und auch zu pauschal.


    Obwohl ich (aus guten Gründen - würde hier zu weit führen) kein Freund von Staatsanleihen bin, halte ich stets einen gewissen Anteil US-Treasuries (ebenfalls aus guten Gründen - würde hier zu weit führen).


    Nach meiner Erinnerung gab es - neben den gigantischen Hilfspaketen - gleich zwei Schuldenschnitte in bzw. für Greece. Einen ersten "offenen" im März 2012 (nach meiner Erinnerung Volumen roundabaout 100 Mrd. € für private Gläubiger, Banken, Institutionelle etc.) sowie einen zweiten "verdeckten" schon kurz danach im November 2012 der Staaten präziser seitens anderen Eurostaaten (via erheblichen Zinssenkungen, deutlicher Streckung der Laufzeiten usw.) und damit "öffentliche Mittel" betreffend; dieser dürfte die europäischen Steuerzahler nach meinen Berechnungen ca. 50 Mrd. € gekostet haben (genauere Berechnungen - beispielsweise damals vom ifo-Institut - kamen auf 47 Mrd. €).


    Conclusio aus meiner Sicht: Wenn ich mir schon Schrottanleihen eines ebensolchen Landes ins Depot packe - dann nur solche, die nach "internationalem Recht" ausgegeben wurden (so war ich damals verfahren) und nicht solche ausgegeben nach dem Recht des betreffenden Landes (in dem Fall also nach "griechischem Recht"; nur diese waren nämlich m. W. damals von dem "Angebot" betroffen das man "nicht ablehnen kann" - a la "Der Pate" - aus dem 1. Schuldenschnitt...; Verlust war bei nahe 50%).


    Nur meine bescheidene Meinung aufgrund meiner (traurigen) Erfahrungen.

  • Internationales Recht nützt auch nur sehr begrenzt. Bei den mit Gläubigerzustimmung von 75% "freiwillig" umgeschuldeten Anleihen, war sogar zum größeren Teil der Gerichtsstand in London. Nur wurde den Gläubigern deutlich gesagt, wenn sie der Umschuldung nicht zustimmen, bekommen sie gar nichts, dann wird Griechenland es auf ein Kreditereignis ankommen lassen. Dann hätten sie den griechischen Staat in London verklagen können und irgendwann wohl auch einen Zahlungstitel bekommen. Zumindest die Profis wissen aber, dass sie damit sehr wenig anfangen können, außer so einen Titel mit 90% oder 95% Abschlag an Hedgefonds zu verkaufen. Und da war dann das griechische Angebot doch noch die bessere Wahl. Überlegungen zur Vollstreckung in Griechenland gegen den griechischen Staat wären Traumtänzerei gewesen, hoheitlich genutztes Staatseigentum im Ausland ist immun, privates griechisches Eigentum im Ausland kann nicht für Schulden des Staates in Anspruch genommen werden und was sonst noch bleibt, hätte dann wohl nicht einmal die Prozesskosten gedeckt. Also gab es eben die nach den Anleihebedingungen erforderliche Zustimmung zu dem Angebot, das niemand ablehnen konnte.