Gehälter für 2,5 Jahre nachgezahlt - hoher Abzug vom Netto?

  • 180.000 Euro für 2,5 Jahre nicht arbeiten müssen. Also so einen "faulen Kompromiß" würden sicher viele in Deutschland gerne eingehen.

    Thema verfehlt!


    Es ist die Frage, ob der Anwalt "teuer ist", und es ist auch die Frage, ob Du nun "Lehrgeld" bezahlst. Hat der Anwalt denn mehr verlangt, als die Gebührenordnung vorsieht?

    Ja, da es sich um eine Vergütungsvereinbarung handelt. 1. und 2. Instanz wurden seperat abgerechnet.

    Das hat vermutlich letztlich keine Rolle gespielt.

    Hat eine wichtige Rolle gespielt. Mein damaliger AG hat meine bisherigen Tätigkeiten und umgesetzten Projekte abgestritten.


    Es wäre nützlich gewesen, die Parallelrechnung vor dem Termin anzustellen, so daß Du sie vor Gericht hättest vorlegen können. Von derlei Ausarbeitungen lassen sich Richter vielfach beeindrucken. Den drohenden Steuerschaden hätte man im Termin auch anbringen können.

    Da hast du vollkommen Recht. Wie bereits geschrieben, hier hätte mich mein Anwalt beraten müssen oder mir zumindest die Empfehlung geben müssen, einen Steuerberater zu konsultieren.


    Derlei Vergleiche werden ja vielfach so geschlossen. Was sagt eigentlich Dein Anwalt zu der Rechenmethode und der oberflächlichen Abrechnung?

    Das er die Rechnung nicht nachvollziehen kann. Er hat mein AG aufgefordert eine Auflärung zu liefern, auch weil die vorherigen Gehaltsabrechnungen anders abgerechnet wurden. Mein AG hat aber trotz Frist darauf nicht reagiert.


    Im Jahr 2021 hast Du vermutlich nennenswert Steuer zurückbekommen (Gehalt nur ein halbes Jahr, Arbeitslosengeld Progressionsvorbehalt). Im Jahr 2022 hast Du ohne Einkünfte keine Steuer bezahlt, im Jahr 2023 auch nicht. Du hättest aber beispielsweise den Krankenkassenbeitrag absetzen können, und den Grundfreibetrag hast Du vermutlich zumindest zum Teil verloren.

    Da ich nicht wusste, wann die Geschichte zu Ende geht, habe ich auch keine Steuererklärung abgegeben. ALG habe ich zurückbezahlt. Krankenkassenbeiträge habe ich wieder erstattet bekommen. Jetzt sind die Verhältnisse geklärt und ich kann die Steuererklärung erledigen.


    Anscheindend kann ich 50% der Anwaltskosten absetzen. Weiß zufällig jemand, ob man diese Kosten nur in dem Jahr absetzen kann, in der die Rechnung bezahlt wurde oder hat man da einen Spielraum?


    Problematisch ist nur, dass dem Threadstarter vor Vergleichsschluss offenbar niemand erklärt / mit ihm zusammen besprochen und berechnet hat, was bei der Einigung effektiv finanziell für ihn rauskommt. Dass man bei einem Vergleich nicht 100% dessen bekommt, was man gerne hätte, ist logisch. Es sollte einem eben nur klar sein, auf welchen Betrag man sich einlässt und was es davon ggf. noch für (steuerliche und sonstige) Abzüge gibt.


    Ich meine immer noch, das vorher zu erklären und hinterher zu prüfen, ob der Vergleich erfüllt ist, ist der Job des Anwalts. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht sollte mit sowas auch nicht überfordert sein.

    Bin da ganz deiner Meinung.

    Nicht das Ergebnis ist so ärgerlich, sondern das ich im Nachgang selbst in Erfahrung bringen muss, wie es hätte laufen können. Hoffentlich lesen andere diese Beiträge und sind dann besser vorbereitet.

  • Aber Du hast recht: Wir wissen das alles nicht, wir haben schlichtweg nicht genügend Info.

    Da ich ja nicht weiß, welche Info du oder andere benötigen, um mir beim Sachverhalt zu helfen. Finde ich es gut, dass du und die anderen nachfragen.


    Im Vergleich steht folgendes drin:

    1. Die Parteien stellen außer Streit, dass ihr Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher, fristgerechter und ausschließlich betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 24. März 2021 mit Wirkung zum 31. Dezember 2023 sein Ende gefunden hat.


    2. Die Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsentgelt des Klägers auf der Grundlage von € 6.000,00 brutto monatlich für den Zeitraum Juli 2021 bis Dezember 2023 (je einschließlich) abzurechnen.

  • Es ist die Frage, ob der Anwalt "teuer ist", und es ist auch die Frage, ob Du nun "Lehrgeld" bezahlst. Hat der Anwalt denn mehr verlangt, als die Gebührenordnung vorsieht?

    Ja, da es sich um eine Vergütungsvereinbarung handelt. 1. und 2. Instanz wurden separat abgerechnet.

    Es ist üblich, daß jede Instanz separat abgerechnet wird.


    Ich frage jetzt nicht nach Preisen und will nicht ermessen, ob die Rechnung angemessen ist. Die Schwierigkeit ist für den Mandanten die, daß er ohne Anwalt in jedem Fall hinten runter fällt, er ohne den Anwalt (und dessen Kosten) somit nicht auskommt. Eigentlich sollte der eigene Anwalt auf der eigenen Seite sein, also sollte man sich mit dem nicht streiten und ihn sinnvollerweise nicht verärgern.

    [Der Nachweis, ob die Arbeitsleistung wie behauptet unzureichend war] hat vermutlich letztlich keine Rolle gespielt.

    Hat eine wichtige Rolle gespielt. Mein damaliger AG hat meine bisherigen Tätigkeiten und umgesetzten Projekte abgestritten.

    Mag sein. Dieses Thema ist aber nun wirklich durch.

    Was sagt eigentlich Dein Anwalt zu der Rechenmethode und der oberflächlichen Abrechnung?

    [Er sagt, dass] er die Rechnung nicht nachvollziehen kann. Er hat mein[en Ex-]AG aufgefordert, eine Aufklärung zu liefern, auch weil die vorherigen Gehaltsabrechnungen anders abgerechnet wurden. Mein AG hat aber trotz Frist darauf nicht reagiert.

    Ich könnte mir vorstellen, daß es hierbei um ganz erheblich Geld geht (fünfstellig). Ich habe oben schon geschrieben, daß sich diesbezüglich ein Nachhaken lohnen könnte.


    Was steht eigentlich in dem geschlossenen Vergleich?

    Im Jahr 2021 hast Du vermutlich nennenswert Steuer zurückbekommen (Gehalt nur ein halbes Jahr, Arbeitslosengeld Progressionsvorbehalt). Im Jahr 2022 hast Du ohne Einkünfte keine Steuer bezahlt, im Jahr 2023 auch nicht.

    Da ich nicht wusste, wann die Geschichte zu Ende geht, habe ich auch keine Steuererklärung abgegeben. ALG habe ich zurückbezahlt. Krankenkassenbeiträge habe ich wieder erstattet bekommen. Jetzt sind die Verhältnisse geklärt und ich kann die Steuererklärung erledigen.

    Die Steuerverhältnisse sind schon lange geklärt, weil für die Steuer das Zuflußprinzip gilt. Für das Jahr 2021 wärest Du verpflichtet gewesen, eine Steuererklärung zum Termin abzugeben. Das hast Du nicht getan, dafür kann Dir das Finanzamt prinzipiell einen Verspätungszuschlag aufbrummen. Ruf dort mal an! Dem Vernehmen arbeiten im Finanzamt Menschen, mit denen man reden können soll. Ich könnte mir gut vorstellen, daß der Finanzbeamte Verständnis für Deine Situation hat.


    Für die Jahre 2022 und 2023 ist die Steuererklärung fakultativ, weil Du allem nach dafür keine Steuer zu bezahlen hast. Leider - damit geht auch der Grundfreibetrag flöten.


    Wenn das bisher nicht geschehen ist, tust Du gut daran, die oben angeregte Parallelrechnung zu erstellen - und dann solltest Du nochmal ganz genau nachschauen, was in dem geschlossenen Vergleich steht.

    Anscheinend kann ich 50% der Anwaltskosten absetzen. Weiß zufällig jemand, ob man diese Kosten nur in dem Jahr absetzen kann, in der die Rechnung bezahlt wurde oder hat man da einen Spielraum?

    Warum das? Nach meinem Dafürhalten sind Anwaltshonorar und auch evtl. gezahlte Gerichtskosten Werbungskosten. Warum sollte man davon nur die Hälfte ansetzen können?


    Allerdings: Steuerlich gilt immer das Zu- und Abflußprinzip (mit ganz dezenten Ausnahmen). Du kannst die Kosten in dem Jahr absetzen, in dem sie bezahlt worden sind. Vermutlich sind das bei Dir die Jahre ohne Einkommen. Sprich: Du hast keine Steuer bezahlt, also kommt auch keine Steuer zurück. :(


    Einziger, vielleicht minimaler Lichtblick: Solltest Du Kapitaleinkünfte gehabt haben, die mit der Abgeltungsteuer versteuert wurden, solltest Du diese Kapitaleinkünfte in diesen Jahren deklarieren (Anlage KAP). Du wirst von der gezahlten Abgeltungsteuer im Rahmen der sog. "Günstigerprüfung" ein Gutteil, wenn nicht gar alles zurückbekommen. Gänseblümchen am Dolch, mag sein, aber immerhin Gänseblümchen.

    Nicht das Ergebnis ist so ärgerlich, sondern das ich im Nachgang selbst in Erfahrung bringen muss, wie es hätte laufen können. Hoffentlich lesen andere diese Beiträge und sind dann besser vorbereitet.

    Meiner Einschätzung nach bist Du noch nicht am Ende. Ich könnte mir vorstellen, daß die vorgelegte Abrechnung zu Deinen Lasten nicht korrekt ist. Es könnte sich für Dich lohnen, Dich in die Details einzufuchsen. In letzter Konsequenz kann es sein, daß Du gegen Deinen Ex-Arbeitgeber nochmal klagen mußt, wenn er den Vergleich nicht einhält. Sei dann aber bitte besser vorbereitet!

  • Ich könnte mir vorstellen, daß es hierbei um ganz erheblich Geld geht (fünfstellig). Ich habe oben schon geschrieben, daß sich diesbezüglich ein Nachhaken lohnen könnte.


    Was steht eigentlich in dem geschlossenen Vergleich?

    Kannst du mir einen Steuerberater empfehlen, der sich in dieser Thematik bestens auskennt?


    Im Vergleich steht:

    1. Die Parteien stellen außer Streit, dass ihr Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher, fristgerechter und ausschließlich betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 24. März 2021 mit Wirkung zum 31. Dezember 2023 sein Ende gefunden hat.


    2. Die Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsentgelt des Klägers auf der Grundlage von € 6.000,00 brutto monatlich für den Zeitraum Juli 2021 bis Dezember 2023 (je einschließlich) abzurechnen. Die Auszahlung an den Kläger steht unter dem Vorbehalt des Anspruchsübergangs auf Dritte, insbesondere die Bundesagentur für Arbeit.

  • Kannst du mir einen Steuerberater empfehlen, der sich in dieser Thematik bestens auskennt?

    Nein, leider nicht. Du müßtest Dir einen vor Ort suchen. Ich wundere mich: An sich ist die Berechnung kein Hexenwerk, das müßte jeder einschlägige Fachmann können. Nach meinem Dafürhalten solltest Du dafür keinen Spitzenkönner brauchen.


    Ich bin Laie, wenngleich ein interessierter Laie, kann und werde Dir deswegen keine Rechts- und Steuerberatung angedeihen lassen können, dürfen und wollen. Ich äußere hier lediglich meine unmaßgebliche Meinung, nicht mehr, nicht weniger.


    Wir beiden Laien können uns natürlich schon virtuell zusammensetzen und beispielsweise ausrechnen, wie es gewesen wäre, wenn man Dich nicht entlassen hätte. Vermutlich interessiert das aber die Korona hier nicht so sehr, das könnten wir dann per PM machen.

    Was steht eigentlich in dem geschlossenen Vergleich?

    Im Vergleich steht:

    1. Die Parteien stellen außer Streit, dass ihr [entweder "Ihr" oder "das" oder "das AV des XY"] Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher, fristgerechter und ausschließlich betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 24. März 2021 mit Wirkung zum 31. Dezember 2023 sein Ende gefunden hat.


    2. Die Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsentgelt des Klägers auf der Grundlage von € 6.000,00 brutto monatlich für den Zeitraum Juli 2021 bis Dezember 2023 (je einschließlich) abzurechnen. Die Auszahlung an den Kläger steht unter dem Vorbehalt des Anspruchsübergangs auf Dritte, insbesondere die Bundesagentur für Arbeit.

    Die Formulierung ist in meinen Augen neutral. Von einer Verzinsung steht dort nichts, ob die implizit mit dabei ist, müßte Dein Rechtsanwalt klären. Aber den Steuerschaden würde ich als Betroffener nicht hinnehmen wollen.

  • Wir beiden Laien können uns natürlich schon virtuell zusammensetzen und beispielsweise ausrechnen, wie es gewesen wäre, wenn man Dich nicht entlassen hätte. Vermutlich interessiert das aber die Korona hier nicht so sehr, das könnten wir dann per PM machen.

    Vielen Dank für das Angebot, das ist definitiv eine große Unterstützung. Ich fang heute mit der Aufstellung.


    Die Formulierung ist in meinen Augen neutral. Von einer Verzinsung steht dort nichts, ob die implizit mit dabei ist, müßte Dein Rechtsanwalt klären. Aber den Steuerschaden würde ich als Betroffener nicht hinnehmen wollen.

    Den Steuerschaden werde ich auch nicht hinnehmen wollen, da hast du vollkommen recht. Wahrscheinlich kann ich den Steuerschaden erst nach meiner Steuererklärung zurückfordern. Da werde ich nach Ostern meinen Anwalt darauf ansprechen, wie er das sieht.


    Zum Thema Steuerschaden, hatte ich einen Link gepostet:

    Arbeitgeber muss Steuerschaden ersetzen - DGB Rechtsschutz GmbH
    Arbeitgeber muss Steuerschaden aufgrund verspäteter Lohnzahlung ausgleichen, LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 13.5.2016 - 2 Sa 63/
    www.dgbrechtsschutz.de

  • Den Steuerschaden werde ich auch nicht hinnehmen wollen, da hast du vollkommen recht. Wahrscheinlich kann ich den Steuerschaden erst nach meiner Steuererklärung zurückfordern. Da werde ich nach Ostern meinen Anwalt darauf ansprechen, wie er das sieht.


    Zum Thema Steuerschaden, hatte ich einen Link gepostet:

    Besprich das mit deinem Anwalt! Es würde mich aber wundern, wenn da noch was bei Deinem Arbeitgeber zu holen wäre. Denn Du bist ja nicht mehr im Klageverfahren, ihr habt euch verglichen. Und damit gilt nur noch der Vergleich (nicht as Du ohne Vergleich hättest einklagen können). Was Du bekommst, bestimmt sich allein danach, was im Vergleich geregelt ist.