Freibetrag von ETF Altbeständen

  • Mal mit echten Beträgen, dann wird's greifbarer:

    tatsächlicher Anschaffungspreis 2007: 28.000 EUR

    fiktiver Anschaffungspreis zum 1.1.2018: 17.000 EUR

    heutiger Kurswert: 24.000 EUR

    Das bedeutet, ich habe ... einen fiktiven Verlust zwischen der tatsächlichen Anschaffung 2007 und der fiktiver Veräußerung 31.12.2017 (-11.000 EUR). Dieser "Altverlust" ist steuerlich quasi "verloren".

    Ja.

    Stattdessen habe ich nun steuerlich einen Gewinn von +7.000 EUR zwischen fiktiver Anschaffung 01.01.2018 und heute erzielt.

    Ja.

    Darauf entfällt Abgeltungssteuer+Soli i.H.v. 26,375% und mindert den 100.000 EUR Freibetrag um -1.846 EUR

    Der Gewinn zählt gegen den Freibetrag, nicht die Steuer.

    Wenn Du den Fonds verkaufst, bleiben 93 T€ Freibetrag übrig.

  • Ja

    Ok, danke dir.

    Ich hab also einen tatsächlichen Verlust der allerdings steuerlich ein Gewinn ist und trotzdem vorläufig keine Steuer verursacht :/

    Wenn ich so drüber nachdenke, dann versuche ich doch ab jetzt lieber einfach mit dem Geld Gewinn zu machen der Steuern verursacht. Und dann macht plötzlich sogar Steuern zahlen Spass :D

    Der Gewinn zählt gegen den Freibetrag, nicht die Steuer.

    Ja, völlig klar. Mein Fehler

  • Wenn ich so drüber nachdenke, dann versuche ich doch ab jetzt lieber einfach mit dem Geld Gewinn zu machen der Steuern verursacht. Und dann macht plötzlich sogar Steuern zahlen Spass

    Eine Garantie auf Gewinn gibt es leider nicht. Aber ich würde verlustreiche Anlagen immer zusammen mit gleich großen gewinnbringenden Anlagen veräußern, damit keine Steuern fällig werden.

    In deinem obigen Beispiel gibst du ja dem Staat eine zinslosen Kredit bis zum Jahresausgleich im folgenden Jahr.

  • Aber ich würde verlustreiche Anlagen immer zusammen mit gleich großen gewinnbringenden Anlagen veräußern, damit keine Steuern fällig werden.

    ja, das ist ein guter Hinweis. Aber in dieser ganzen Alt- und Neubestandsthematik leider etwas kompliziert. Daher nochmals die Frage - sorry wenn du das weiter oben bereits beschrieben haben solltest - aber ich habs leider nur zur Hälfte verstanden:

    Angenommen ich habe

    1. den Sparerpauschbetrag i.H.v. 801 EUR bzw. 1000 EUR immer voll ausgenutzt, auch im aktuellen Jahr

    2. einen Aktien-ETF der der Altbestandregelung unterliegt. Dieser steht aktuell steuerlich im Verlust (also aktueller Kurswert abzgl. fiktivem Anschaffungswert zum 1.1.18). Sagen wir es sind -4.000 EUR Buchverlust. Darauf erfolgt dann Teilfreistellung 30% = -2.800 Verlust

    3. Einen anderen Aktien-ETF, angeschafft in 2021, der aktuell +5.000 EUR im Gewinn steht. Nach 30% Teilfreistellung = 3.500 EUR Gewinn, der der Abgeltungssteuer unterliegt

    Würde dann das Finanzamt in der Steuererklärung (oder sogar bereits die Bank vorher) diese Gewinne und Verluste gegeneinander verrechnen? Und Steuer dann nur auf die Differenz von +700 EUR? Oder füllt dann der Verlust von -2.800 EUR aus Nr. 2 einfach nur den 100.000 EUR Freibetrag wieder auf?

  • Die Bank führt die Steuer auf die 700 Euro ab, und deklariert sie in der Jahressteuerbescheinigung ohne Altlastenvermerk.

    Die verrechneten 2800 Euro Verlust treten in keiner Steuerbescheinigung auf, und ändern daher nicht den beim Finanzamt geführten Freibetrag von 100.000 Euro.

  • Die Bank führt die Steuer auf die 700 Euro ab, und deklariert sie in der Jahressteuerbescheinigung ohne Altlastenvermerk.

    Die verrechneten 2800 Euro Verlust treten in keiner Steuerbescheinigung auf, und ändern daher nicht den beim Finanzamt geführten Freibetrag von 100.000 Euro.

    ok, danke. Das ist tatsächlich spannend. Werde ich dann so machen!

  • Ich hab doch noch eine Verständnisfrage dazu. Die ist aber eher akademischer Natür:

    Ich habe ja mit diesem einen Invest isoliert betrachtet einen realen Verlust erzielt. Sprich, ich erlöse heute beim Verkauf weniger, als ich seinerzeit in 2007 tatsächlich (also nicht fiktiv) bezahlt habe. Auf deutsch, ich hab jetzt weniger als damals. Wie rechtfertigt denn der Fiskus dann eine Besteuerung? Ich hab doch keinen Gewinn gemacht sonder Verlust. Und trotzdem will der Staat 26,375% Steuern auf einen fiktiven Buchgewinn?

    Handwerklich habe ich das durchaus verstanden, es wird einfach auf eine fiktive Anschaffung zum 1.1.2008 abgestellt. Aber das Ganze ergibt für mich nur Sinn, wenn ich dafür an anderer Stelle den damaligen Buchverlust zum fiktiven Verkauf am 31.12.2017 geltend machen konnte. Ist das denn der Fall? Ich wüsste nur nicht wo :/

    Oder begründet der Fiskus das einfach mit dem pauschalen Freibetrag von 100.000 EUR und fertig?

  • Nicht alles, was sich der Finanzminister ausdenkt, hat vor Gericht auch Bestand. Du darfst gerne den Rechtsweg beschreiten.

    Aber erwarte nicht, dass du für Buchverluste automatisch Steuern erstattet bekommst. Das ist leider eine Einbahnstraße. Sonst müsste der Staat für jeden leichtsinnigen Börsenhandel bezahlen...

  • Ich hab doch noch eine Verständnisfrage dazu. Die ist aber eher akademischer Natür:

    Ich habe ja mit diesem einen Invest isoliert betrachtet einen realen Verlust erzielt. Sprich, ich erlöse heute beim Verkauf weniger, als ich seinerzeit in 2007 tatsächlich (also nicht fiktiv) bezahlt habe. Auf deutsch, ich hab jetzt weniger als damals. Wie rechtfertigt denn der Fiskus dann eine Besteuerung?

    Frag ihn doch einfach selbst!

    Ich hab doch keinen Gewinn gemacht sonder Verlust. Und trotzdem will der Staat 26,375% Steuern auf einen fiktiven Buchgewinn?

    Handwerklich habe ich das durchaus verstanden, es wird einfach auf eine fiktive Anschaffung zum 1.1.2018 abgestellt. Aber das Ganze ergibt für mich nur Sinn, wenn ich dafür an anderer Stelle den damaligen Buchverlust zum fiktiven Verkauf am 31.12.2017 geltend machen konnte. Ist das denn der Fall? Ich wüsste nur nicht wo :/

    Oder begründet der Fiskus das einfach mit dem pauschalen Freibetrag von 100.000 EUR und fertig?

    So sind bzw. waren halt die Gesetze. Dahinter einen Sinn finden zu wollen, bringt nichts.

    Papiere, die vor dem 1.1.2009 gekauft wurden, hatten eine Spekulationsfrist von 1 Jahr, war die vorbei, waren sie im Guten, wie im Bösen aus der Steuer heraus. Bei Aktien gilt diese Regel fort, wer so ein Papier heute noch hält, zahlt auf die Wertentwicklung keine Steuer, bekommt aber auch keinen Verlust angerechnet. Bei Fonds galt das bis zum 1.1.2018 auch.

    Danach hat der Staat mit diesem Trick weitere Wertentwicklungen steuerpflichtig gemacht, was rechtlich sicher fraglich ist. Damit dann aber nicht gleich jeder Betroffene dagegen klagt, sondern nur ein paar wenige dicke Fische, wurde dieser Steuerfreibetrag mit eingeführt.

    Ob tatsächlich ein Betroffener klagt, weiß ich als Nicht-Betroffener nicht. Wäre ich betroffen, würde ich dagegen klagen.

  • Frag ihn doch einfach selbst!

    Also bei meinen paar tausend Euro Pseudogewinn, und noch weniger darauf anfallenden Steuern die ja wiederum vorläufig vom Freibetrag gedeckt sind, ist mir das nun wirklich zu aufwendig. Da mach ich dann einfach die Faust in der Tasche. Aber dass da noch keiner mit deutlich größeren Tickets den Klageweg beschritten hat ist schon erstaunlich.

    Ist ja schon krass. Ich mach Verlust weil ich irgendwas Doofes gekauft hab. OK, Pech gehabt, selber Schuld eben, wie auch immer. Nun erwarte ich weder, dass der Staat mir für diesen echten Verlust, noch für tatsächlich erzielte Gewinne Steuern erlässt. Aber der Staat kommt jetzt einfach um die Ecke und behauptet ganz keck, ich hätte das ja vor ein paar Jahren verkauft und wieder gekauft, was gar nicht stimmt. Und seit diesem angeblichen Kauf hätte ich ja Gewinn gemacht. Also aus echtem Verlust macht er virtuellen Gewinn. Und will darauf Steuern. Äh, wie jetzt!? Das sind doch Taschenspielertricks. Ich kann ja Olaf mal fragen was er sich dabei gedacht hat. Aber da kann er sich vermutlich nicht mehr erinnern ^^

  • Aber erwarte nicht, dass du für Buchverluste automatisch Steuern erstattet bekommst. Das ist leider eine Einbahnstraße. Sonst müsste der Staat für jeden leichtsinnigen Börsenhandel bezahlen...

    Nein, erwarte ich nicht. Und ich finde die aktuelle Regelung der Abgeltungssteuer auch fair. 25+x% Steuern auf erzielte Gewinne sind für mich völlig ok. Zumal ich bei Aktien noch 30% Rabatt bekomme. Und selbst dass der Staat nicht ewig auf die Kohle warten kann (Vorabpauschale) ist für mich ok.

    Mein Fall ist sicher eine seltene Ausnahme. Ich hätte aber schon erwartet, dass man für eben diesen eine Art doppelte Bedingung als Besteuerungsvoraussetzung einbaut. Also, dass für eine Besteuerung nicht nur ein Buchgewinn seit der virtuellen Anschaffung am 1.1.18, sondern eben auch ein tatsächlicher Gewinn seit der Anschaffung (bei mir 2007) gegeben sein muss.

  • Nehme gedanklich einfach nur folgende doppelte Bedingung an: Alle Verluste auf Altbestände vor dem 1.1.18 werden zunächst mit allen Gewinnen auf Altbeständen vor dem 1.1.18 verrechnet. Nur die restlichen, derartigen Gewinne sind steuerfrei.

    Dann sollte es bei Dir auch mit dem Gerechtigkeitssinn wieder passen ;)

  • Also bei meinen paar tausend Euro Pseudogewinn, und noch weniger darauf anfallenden Steuern die ja wiederum vorläufig vom Freibetrag gedeckt sind, ist mir das nun wirklich zu aufwendig.

    Das ist für einen Stammtisch doch kein Kriterium!

    Beim Stammtisch geht es doch nicht darum, etwas nachzufragen, was wirklich anliegt, sondern darum, auch noch den absurdesten Fallkonstruktionen bis ins letzte Würzelchen nachzugehen. Könnte schließlich sein, daß ein solcher Fall eventuell möglicherweise vielleicht doch mal auftritt, und für eine solche völlig unwahrscheinliche Situation sollte man schließlich gerüstet sein.

  • Das ist für einen Stammtisch doch kein Kriterium!


    Beim Stammtisch geht es doch nicht darum, etwas nachzufragen, was wirklich anliegt, sondern darum, auch noch den absurdesten Fallkonstruktionen bis ins letzte Würzelchen nachzugehen. Könnte schließlich sein, daß ein solcher Fall eventuell möglicherweise vielleicht doch mal auftritt, und für eine solche völlig unwahrscheinliche Situation sollte man schließlich gerüstet sein.

    :D :D :D Na dann mal auf ins Gefecht. Ein bisschen Spaß muss sein. Suchen wir doch mal nach der völlig unwahrscheinlichen Situation:

    Nehmen wir die sehr vermögende, aber in Finanzfragen unbedarfte und gleichermaßen ängstliche Rita Rich. Rita hat in 2007 ein Vermögen von 1 Mio EUR auf dem Girokonto liegen. Aktien hatte sie noch nie. Da ihr ein Crashprophet den naheliegenden Weltuntergang prophezeit hat, kauft sie davon komplett den von mir oben genannten Commodity ETF. Rohstoffe sind sicher, was soll da passieren? Nun fällt das Ding und fällt und fällt. Nachdem sie ein Video von Saidi gesehen hat, besinnt sie sich eines Besseren und verkauft in 2024. Damit erzielt sie einen Verlust. Nicht nur nominell hat sie heute also weniger Geld, sondern zusätzlich auch noch den weiteren realen Wertverlust. Das Geld ist nicht komplett weg, aber sie hat ein dickes blaues Auge davongetragen. Dumm gelaufen.

    Und dann kommt der Staat und schlägt ihr das andere Auge auch noch blau indem er sagt: "liebe Rita, du hast das Teil am 31.12.2017 verkauft und am 01.012018 wieder neu gekauft. Dein Verlust ist mir völlig schnurz. Aber seitdem hast du nun 200.000 EUR Gewinn gemacht. Davon erlasse ich dir 100.000 EUR, großzügig wie ich bin. Aber auf die anderen 100.000 EUR will ich 26.375 EUR Steuern. Und wenns Dumm läuft kommt dann noch die katholische Kirche hinterher...

  • Ich bin gerade etwas verwirrt. Bislang ging ich davon aus, dass ich den Freibetrag von 100.000 EUR Gewinn aus Altbeständen mehrfach nutzen kann, indem ich Wertpapiere bspw. an Frau oder Kind durch Schenkung übertrage (oder ggf. vererbe).

    Nun habe ich mit meiner Hausbank (Deutsche Bank MaxBlue) gesprochen und die hat das verneint. Es sei ganz sicher und eindeutig so, dass dieser "Altbestandsvorteil" mit einem Übertrag (Gläubigerwechsel) verloren ginge. Dies sei gesetzlich so geregelt.

    Nun bin ich weiterhin anderer Meinung dazu. Vielleicht ist aber auch nur der Wunsch Vater des Gedankens?

    Kennt jemand zufällig eine rechtssichere Quelle oder den Verweis auf eine Rechtssprechung o.ä. zu dieser spezifischen Thematik?

  • Ich bin gerade etwas verwirrt. Bislang ging ich davon aus, dass ich den Freibetrag von 100.000 EUR Gewinn aus Altbeständen mehrfach nutzen kann, indem ich Wertpapiere bspw. an Frau oder Kind durch Schenkung übertrage (oder ggf. vererbe).

    Nun habe ich mit meiner Hausbank (Deutsche Bank MaxBlue) gesprochen und die hat das verneint. Es sei ganz sicher und eindeutig so, dass dieser "Altbestandsvorteil" mit einem Übertrag (Gläubigerwechsel) verloren ginge. Dies sei gesetzlich so geregelt.

    Ich hätte bei dem, der das behauptet, umgehend nach der Quelle der Behauptung gefragt.

    Ok: Maxblue ist ja keine "Hausbank", sondern eine Online-Bank. Dein Ansprechpartner dürfte ein Hotliner gewesen sein. Und die erzählen einem am Telefon ja manches, wenn der Tag lang ist.

  • Ich hätte bei dem, der das behauptet, umgehend nach der Quelle der Behauptung gefragt.


    Ok: Maxblue ist ja keine "Hausbank", sondern eine Online-Bank. Dein Ansprechpartner dürfte ein Hotliner gewesen sein. Und die erzählen einem am Telefon ja manches, wenn der Tag lang ist.

    Yep, hab ich auch gemacht. Der ist eine Sie und eigentlich recht kompetent und zuverlässig. Sie sucht es raus und meldet sich wieder. Aber sie hatte den Fall offensichtlich nicht zum ersten Mal :/

    Ich hab übrigens die geschickte Kombi aus Kunde bei der Deutsche Bank mit persönlichem Ansprechpartner, und das Depot ist bei Deutsche Bank MaxBlue. Also keine anonyme Hotline sondern ein echter Mensch mit Name und Durchwahlnummer :)

    Habe zwischenzeitlich übrigens diese Quelle mit Verweis auf ein BMF Schreiben gefunden:

    Ist aber schon über 4 Jahre alt. Keine Ahnung ob das danach wieder kassiert wurde.

  • Bislang ging ich davon aus, dass ich den Freibetrag von 100.000 EUR Gewinn aus Altbeständen mehrfach nutzen kann

    Du kannst den Freibetrag nicht mehrfach nutzen, aber Kind/Frau haben den gleichen Freibetrag und können ihn ebenfalls für Altbestände nutzen. Ob diese Altbestände selbst gekauft, geschenkt oder geerbt wurden, ist egal.

    Wie stellt sich sich das die MinBlue-Tante vor? Wenn Kind eine Steuererklärung macht, soll das Finanzamt forschen welche Steuererklärungen Fremde zuvor gemacht haben und davon abhängig die fällige Steuer berechnen?