Erbausschlagung und Steuerbefreiung für ein Familienwohnheim

  • Hallo zusammen,

    stehe zur Zeit etwas unter Zeitdruck, da ich mich leider neben einer Beerdigung auch um den ganzen Schriftkram kümmern muss. Dabei konnte ich folgenden Sachverhalt bisher nicht klären.

    Die verwitwete Erblasserin ist verstorben. Es gibt kein Testament. Sie hat 2 Kinder. Kind 1 möchte das Erbe ausschlagen. Somit wird automatisch Ihr eigenes Kind Erbe - Enkelkind der Erblasserin (das ist geklärt).

    Dann entsteht eine Erbengemeinschaft aus Kind 2 und dem Enkelkind.

    Das Enkelkind wohnt schon in dem Familienwohnheim der Erblasserin und plant, 10 weitere Jahre dort zu wohnen.

    Kind 2 erhält von dem Enkelkind im Rahmen der Auflösung der Erbengemeinschaft eine Abfindung (für den Anteil am Familienwohnheim).

    Nun meine eigentliche Frage: Kann das Enkelkind die Steuerbegünstigung für das Familienwohnheim gemäß § 13 ErbStG in Anspruch nehmen? Gilt Kind 1 als vorverstorben im Rahmen der Erbausschlagung?

    Den Text habe ich unten angefügt


    Steuerlich begünstigt ist auch der Erwerb eines Familienwohnheims

    durch Kinder und Kinder vorverstorbener Kinder (§ 13

    Abs. 1 Nr. 4c ErbStG). Begünstigt sind nicht nur leibliche Kinder,

    sondern auch Adoptiv- und Stieinder. Der Erwerb durch Enkel

    ist begünstigt, wenn die Kinder des Erblassers vorverstorben sind.


    Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

    LG

  • Ich kenne mich auf diesem Gebiet nicht aus. Aber, da wie du sagst Zeitdruck besteht, würde ich mich dann doch bei einem Notar und/oder einem Steuerberater rechtssicher informieren. Nicht dass durch "Amateurwissen" unsererseits dir Dinge gesagt werden, die so vielleicht nicht stimmen könnten und das dann zu einer fatalen Fehlentscheidung führt.

  • Ich werde nie verstehen, warum sich jemand solche Konstruktionen ausdenkt.


    Ist berücksichtigt worden, dass der Freibetrag für die Enkelin hier nur 200.000 € beträgt?

    Und dass von der "Abfindung", die KInd 2 von der Enkelin bekommen soll, nur 20.000 € steuerfrei sind?


    KInd 1 und 2 sind ja offenbar nicht verstorben und die Überlegungen, was wäre, wenn die Kinder der Erblasserin vorverstorben wären, sind damit obsolet.

  • Bemerkungen von EP kann ich leider nicht nachvollziehen. Das ist keine ausgedachte Konstruktion. Zur Info der Wortlaut des § 1953 BGB zum Thema Ausschlagung. Hier unter (2). Die Frage ist dann: Wenn jemand nicht gelebt hätte, gilt er dann als verstorben?

    Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
    § 1953 Wirkung der Ausschlagung

    (1) Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt.
    (2) Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt.
    (3) Das Nachlassgericht soll die Ausschlagung demjenigen mitteilen, welchem die Erbschaft infolge der Ausschlagung angefallen ist. Es hat die Einsicht der Erklärung jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.

  • Und dass von der "Abfindung", die KInd 2 von der Enkelin bekommen soll, nur 20.000 € steuerfrei sind?

    Das scheint mir ein Missverständnis zu sein. Ich habe Steinbock so verstanden, dass Kind 2 im Rahmen der Erbauseinandersetzung aus sonstigem Erbvermögen einen Ausgleich bekommt. Damit würde der Freibetrag von 400.000 € gelten.


    Falls das Enkelkind den Hausanteil von Kind 2 kauft, ist es auch keine Schenkung.

  • ... spekuliert also darauf, daß ein ererbtes Einfamilienhaus nicht übermäßiger Größe erbschaftsteuerfrei bleibt, wenn der Erbe dort 10 Jahre lang seinen Hauptwohnsitz hat.

    Kind 2 erhält von dem Enkelkind im Rahmen der Auflösung der Erbengemeinschaft eine Abfindung (für den Anteil am Familienwohnheim).


    Nun meine eigentliche Frage: Kann das Enkelkind die Steuerbegünstigung für das Familienwohnheim gemäß § 13 ErbStG in Anspruch nehmen? Gilt Kind 1 als vorverstorben im Rahmen der Erbausschlagung?

    Rechtsanwalt fragen. Es geht um Immobilien, da ist ohnehin ein Notar zwingend mit im Boot.


    Vielleicht ist es notwendig oder sinnvoll, daß Kind 1 das Erbe doch annimmt und die Haushälfte anschließend umgehend an Enkelkind 1 weiterverschenkt. Auch das klärt ein einschlägig spezialisierter Rechtsanwalt.

  • Die Frage ist auch, warum Kind 1 das Erbe ausschlägt. Geht es nur darum, dass das Enkelkind das Haus bekommt? Oder wäre es schädlich, wenn Kind 1 erben würde (z.B. in Privatinsolvenz, Bezug Bürgergeld)?

    Am Ende werdet ihr aber vermutlich sowieso nicht um einen spezialisierten Anwalt, Steuerberater oder zumindest Notar nicht drum herumkommen. Im Zweifel das Geld für Steuerberater und Notar in die Hand nehmen, sonst ist es hinterher vermutlich deutlich teurer als die zusätzlichen Auslagen (der Notar muss ja so oder so bezahlt werden).

  • Das scheint mir ein Missverständnis zu sein. Ich habe Steinbock so verstanden, dass Kind 2 im Rahmen der Erbauseinandersetzung aus sonstigem Erbvermögen einen Ausgleich bekommt. Damit würde der Freibetrag von 400.000 € gelten. ...

    Könnte natürlich sein, aber der Ausgangsthread liest sich für mich so, dass das Erbe (im wesentlichen) aus dem Haus besteht.


    Und zu § 1953 BGB: Das ist eine rein zivilrechtlich wirkende Fiktion, die keinerlei Auswirkung auf die steuerliche Behandlung der Erbschaft hat. Wenn jemand das Erbe ausschlägt, wird für die weitere Erbreihenfolge so getan, als ob der Mensch nie existiert hätte. Für die steuerliche Begünstigung des Familienheims kommt es nur darauf an, ob die Kinder des Erblassers tatsächlich vor dem Erbfall verstorben sind (dann brauchen sie nämlich kein Familienheim mehr) und das ist hier nicht der Fall. Gleiches gilt für den Freibetrag (200.000 € statt 400.000 €) bei der Enkelin, die Mutter lebt, also findet der "kleine" Freibetrag Anwendung.

  • Vorab vielen Dank für die Antworten aus dem Forum. Meine eigentliche Frage hat EP beantwortet, weil laut seiner Beschreibung die "gelenkte Ausschlagung" von Kind 1 auf das Enkelkind dieses Enkelkind demnach § 13 ErbStG (komplette Steuerbefreiung des Familienheimes) nicht in Anspruch nehmen kann!!

    Daraus ergibt sich jetzt meine Folgefrage, die auch aus den Antworten im Forum entstanden ist : Erhöht sich der Steuerfreibetrag (§16 ErbStG) im Werte von 200 T€ auf 400 T€ für das Enkelkind, wenn der Ausgleich, den Kind 2 von dem Enkelkind erhält , zu 80 % aus der sonstigen Erbmasse erfolgen kann. Den Restbetrag muss das Enkelkind aus seinem eigenen Vermögen bezahlen.

    Ich hatte den Rat befolgt und vor ein paar Tagen ein Beratungsgespräch bei einem Notar und einem Steuerberater. Leider konnte ich bei dem Notar nur die Dollarzeichen in den Augen sehen. Für mich ergaben sich dort keine neuen Erkenntnisse. Der Steuerberater hat mir einen Lösungsvorschlag innerhalb dieser Woche zugesagt. Wird dann schon ziemlich zeitkritisch für die Ausschlagung. Schlimm finde ich nur, dass Morgen die Beerdigung stattfindet.

  • Ich versthe nach wie vor nicht, warum das Erbe überhaupt ausgeschlagen werden soll. Wenn Kind 1 nichts haben will, kann sie ihren Anteil doch an ihre Tochter verschenken, in dem Fall kann dreimal der volle Freibetrag von 400.000 € ausgeschöpft werden, einmal für den Erbfall Kind 1, einmal für den Erbfall Kind 2 und noch einmal für die Schenkung Kind 1 -> Enkelin. Rein erbschaftsteuerrechtlich kann ich mir eine bessere Lösung nicht so richtig vorstellen.

  • Ich versthe nach wie vor nicht, warum das Erbe überhaupt ausgeschlagen werden soll. Wenn Kind 1 nichts haben will, kann sie ihren Anteil doch an ihre Tochter verschenken, in dem Fall kann dreimal der volle Freibetrag von 400.000 € ausgeschöpft werden, einmal für den Erbfall Kind 1, einmal für den Erbfall Kind 2 und noch einmal für die Schenkung Kind 1 -> Enkelin. Rein erbschaftsteuerrechtlich kann ich mir eine bessere Lösung nicht so richtig vorstellen.

    Die Frage hab ich weiter oben ja auch schon gestellt und dazu gab es noch keine Antwort. Es kann aber sein, dass Kind 1 aus irgendwelchen Gründen nicht erben soll/darf. Wenn z.B. gegen Kind 1 eine Privatinsolvenz läuft, kann das problematisch werden.

  • Hallo EP, ich danke Dir recht herzlich für Deine Anteilnahme und Deine Antwort von vor 5 Stunden auf meine eigentliche Frage. Ich habe in der Formulierung der Frage versucht, den Vorgang in einer einfachen Ausführung darzustellen. Alle anderen Begebenheiten (Vermögensgeschenke vor 9,5 Jahren innerhalb der Familie - weiteres Enkelkind, das in keinem Fall erben soll........) habe ich bewusst ausgeklammert, da es einfach den Rahmen sprengt und für die Frage keine Rolle spielt.

    Die Informationen aus Deiner letzten Schilderung sind mir bekannt. Unbekannt ist mir dann; welche steuerlichen Auswirkungen die Auflösung der Erbengemeinschaft von Kind 1 und Kind 2 hat (Verkauf oder Schenkung zwischen Geschwistern?). Ein noch zu ermittelnder Wertansatz wären für diesen Vorgang ca. 150 T€ - falls das Finanzamt bei der Immobilienbewertung mitspielt. Das wäre dann wirklich meine letzte Frage.

    Es existiert übrigens keine Tochter oder Enkelin. Hat mich ein bisschen verwirrt.

  • Du hast hier vor 18 Stunden Deine Frage eingestellt und umgehend Antworten bekommen, etwa den, fachmännischen Rat zu suchen.


    Diesem Vorschlag kannst Du nicht bereits vor einigen Tagen gefolgt sein, das haut zeitlich ja nicht hin.


    Wenn morgen die Beerdigung der Mutter des Kindes 1 stattfindet, mag sie vor einer Woche verstorben sein. Zur Ausschlagung einer Erbschaft gibt es meines Wissens eine Frist von 6 Wochen. Die ist nicht beliebig kommod, aber doch nicht so knapp, daß man heute schon in Schnappatmung verfallen müßte. 5 Wochen bleiben ja noch.


    Todesfälle alter Menschen mögen überraschend eintreten, aber sicher nicht ganz unerwartet. Wenn die Oma schon vor längerem aus ihrem Haus ins Pflegeheim gezogen ist und der Enkel das Haus übernommen hat, hätte sich der Familienrat längst vor dem Ableben der Oma mal Gedanken darüber machen können, was wird, wenn sie dann nicht mehr ist. Schon über die Nutzung des Hauses hätte man sprechen können. Kind 2 könnte sich benachteiligt vorkommen dadurch, daß Enkel 1 das Haus vermutlich unentgeltlich bewohnt. Völlig unabhängig von Kind 2 hätte sich Kind 1 im Vorfeld ohne jeglichen Zeitdruck über die Modalitäten seines Teils des Erbfalles aufschlauen lassen können.


    Ein nennenswertes Argument ist der Wert des Anwesens (den man ggf. sogar einseitig) im Vorfeld hätte ermitteln können. Kinder haben einen Erbschaftsteuerfreibetrag von 400 T€, das Haus geht durch 2, also kann es 800 T€ wert sein, bevor der Fiskus zuschlägt. Wenn Kind 1 das Vermögen nicht braucht, sondern es gleich weitergehen lassen will, kann es seinen Hausteil im Zuge einer Kettenschenkung gleich zu Enkel 1 durchfallen lassen. Auch hier sind 400 T€ steuerfrei, allerdings ist dann halt für 10 Jahre der Schenkungsteuerfreibetrag verbraucht.


    Sollte die Erbschaft insgesamt weniger wert sein als 800 T€, braucht man sich ohnehin keine großen Gedanken zu machen, es sei denn, die Freibeträge wären bereits angekratzt oder aufgebraucht durch Dinge, die Du bewußt hier nicht genannt hast in der irrigen Auffassung, daß sie irrelevant wären:

    Alle anderen Begebenheiten (Vermögensgeschenke vor 9,5 Jahren innerhalb der Familie - weiteres Enkelkind, das in keinem Fall erben soll........) habe ich bewusst ausgeklammert, da es einfach den Rahmen sprengt und für die Frage keine Rolle spielt.

  • Ein noch zu ermittelnder Wertansatz wären für diesen Vorgang ca. 150 T€ - falls das Finanzamt bei der Immobilienbewertung mitspielt.

    Dazu braucht ihr einen amtlich bestellten Gutachter, oder ein Mitglied des örtlich zuständigen Gutachterausschusses. Gutachten von anderen (nicht bestellt oder nur Makler) darf das Finanzamt nicht berücksichtigen. Dann rechnet es selber, und ihr müsst mit dem Ergebnis leben.


    Gegen unerwünschte Erbschaften ungeliebter Kinder hilft meiner Meinung nach am besten eine Schenkung zu Lebzeiten.

  • Gegen unerwünschte Erbschaften ungeliebter Kinder hilft meiner Meinung nach am besten eine Schenkung zu Lebzeiten.

    Das ja, das mag allerdings andere - auch negative - Folgen haben .


    Hier geht es um die Erbschaft eines Enkelkindes bei lebenden Eltern. Das Enkelkind hat in diesem Fall der Oma gegenüber keinen Erbanspruch, insoweit kann die Oma denselben auch nicht ausschließen. Sie kann testamentarisch bestimmen, daß das Enkelkind auf den Pflichtteil zurückgesetzt wird, sofern zum Zeitpunkt des Todes der Oma der blutsverwandte Elternteil bereits verstorben ist. Richtig enterben ist nach deutschem Erbrecht schwierig.


    Es gibt Menschen, die ihre Nachkommen über ihren eigenen Tod hinaus kujonieren wollen, die bringen ihr Vermögen in eine Familienstiftung ein, über die sie eine weitgehende Verfügungsmacht haben. Wie sowas nach hinten losgehen kann, beschreibt Nikolaus Braun in seiner Kolumne im Spiegel.


    Das führt uns aber weit weg vom Thema unseres Threads.

  • Hier geht es um die Erbschaft eines Enkelkindes bei lebenden Eltern. Das Enkelkind hat in diesem Fall der Oma gegenüber keinen Erbanspruch, insoweit kann die Oma denselben auch nicht ausschließen.

    Die Oma ist schon tot, und kann daher nichts mehr bestimmen. Mir ging es darum, dass Kind 1 die Erbschaft nicht ausschlägt, und anschließend seinen Teil dem Wunsch-Enkelkind weiterschenkt. Die Familienheimbesteuerung fällt damit leider flach. Aber einen Tod muß man halt sterben.

  • Nun meine eigentliche Frage: Kann das Enkelkind die Steuerbegünstigung für das Familienwohnheim gemäß § 13 ErbStG in Anspruch nehmen? Gilt Kind 1 als vorverstorben im Rahmen der Erbausschlagung?


    Dies war meine Frage und nichts anderes. Was an dieser Stelle hier von einigen Usern zwischenzeitlich geäußert wurde, geht leider vollkommen am Thema vorbei und ist teilweise schon pietätlos.

    Wenn schon Mutmaßungen angestellt werden, wann die Erblasserin (übrigens meine Mutter) nun wirklich verstorben ist, dann bedaure ich es, überhaupt meine Frage in diesem Forum gestellt zu haben! Zum Abschluß noch die Daten zur weiteren Beurteilung: Todestag war der 09.03.2024 - Termin beim Notar 03.04.2024 - Termin beim Steuerberater 04.04.2024!!!


    Ich möchte mich bei Allen recht herzlich bedanken, die in irgendeiner Weise meine Frage beantwortet haben und bitte um Nachsicht, dass ich das Kapitel hier in diesem Forum beenden möchte. In der Hoffnung, dass ich noch rechtzeitig abschließende Infos von dem Notar und dem Steuerberater erhalte.