Erbauseinandersetzungsvertrag: Ein paar Fragen

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  • Frage für einen Freund (in dem Fall tatsächlich) ...


    Erblasser (Vater/Ehemann) hinterlässt per Testament Kind_1 eine vermietet Immobilie, Kind_2 die bisher selbstgenutze Immobilie, in welcher die Ehefrau des Erblassers ein Nießbrauchsrecht eingeräumt werden soll. Weiterhin erhält die Ehefrau alle vorhandenen Sach- und Geldwerte.


    Im vorliegenden Erbauseinandersetzungsvertrag (Entwurf eines Notars), welcher noch nicht beurkundet ist, liest sich dass so: Kind_1 erhält wunschgemäß die Immobilie und räumt der Eherfrau des Erblassers, welche die leibliche Mutter von Kind_1 ist, das Nießbrauchsrecht ein. Der Nießbrauch wird vom Notar mit ca. 50.000 € bewertet.


    Frage: Wie bewertet das Finanzamt diesen Sachverhalt? Man könnte ja als Laie (der ich bin) auch die idee kommen, das wie eine Schenkung von Kind_1 an Mutter zu interpretieren. Die hier die Freibeträge von Kind an Eltern bei nur 20.000 € liegen, müsste die Mutter ca. 30.000 € versteuern (Schenkungssteuer).


    Oder ist es vielmehr so, weil ja im Testament gefordert, dass der Nießbrauch im Zuge des Erbes ergeht und somit weit unter dem Freibetrag der Ehefreu von 500.000 € liegt.


    Der Wert der Immobilie, die Kind_1 erhält, wird vom Notar ebenfalls berechnet und liegt knapp über den 400.000 Euro Freigrenze.


    Frage: Mindert sich der Immobilienwert um den Wert des Nießbrauchs. Somit wäre Kind_1 ebenfalls nicht von Erbschaftssteuer betroffen.


    Die Kosten der Urkunde sowie alle mit der Umsetzung einhergehenden Kosten sollen laut dem Vertrag zu jweils 1/3 von den drei Erben getragen werden. Danach wird die Erbengemeinschaft aufgelöst. Allerdings sind die Werte, die jeder Erbe erhält ziemlich ungleichmäßig verteilt. Wäre es dann nicht gerechter, die Notarkosten paritätisch zu verteilen? Oder sieht das Erbrecht dies nicht vor?


    Danke im Voraus für eure Mithilfe!

  • Die Einräumung des Nießbrauchs ist keine Schenkung, weil sie bereits im Testament festgelegt ist. Es fehlt für die Schenkung an der Freigebigkeit. Der Nießbrauch ist tatsächlich eine Zuwendung des Erblassers. Er mindert zudem den Wert der Zuwendung an Kind 1. An die Werte, die im Vertrag abgegeben sind, ist das Finanzamt aber nicht gebunden. Notare machen im übrigen in der Regel keine eigenen Bewertungen, sondern verlassen sich auf die Angaben der Parteien.


    Wenn das Testament nichts zu den Kosten der Erbauseinandersetzung sagt, sollten sich die Parteien idealerweise auf einen ihnen passenden Schlüssel verständigen.

  • Danke dir schonmal ganz herzlich für die kompetenten Auskünfte! Das hilft ihm bestimmt weiter.


    Ergänzende Frage: Hat der Wert des Nießbrauchs (hier: ca. 50.000 €) außerhalb dieses Vertrages noch irgendeine Bewandnis? Soll heißen: Könnte es für die hinterbliebene Ehefrau erstrebenswert sein, vom Notar einen höheren oder geringeren Wert vermerken zu lassen, sofern dies in gewissen Grenzen überhaupt möglich ist?

  • Der Pflichteilsanspruch der Witwe ist vermutlich 25 Prozent der gesamten Erbmasse in Geld.

    Ich wundere mich immer über die vielen erdachten Konstruktionen der Weitergabe von Geld an die nächsten Generationen.

  • Der Pflichteilsanspruch der Witwe ist vermutlich 25 Prozent der gesamten Erbmasse in Geld.

    Ich wundere mich immer über die vielen erdachten Konstruktionen der Weitergabe von Geld an die nächsten Generationen.

    So tief bin ich in deren Familienverhältnissen nicht drin. Aber soweit mir bekannt ist, gab es zwischen den Ehepartnern (sie war seine zweite Frau) einen Ehevertrag und Gütertrennung. Weiß nicht, inwieweit es da einen Pflichtteilanspruch gibt.

  • Tomarcy: Der Pflichtteilsanspruch müsste ja geltend gemacht werden. Wenn die Witwe auch ohne weiteres Erbe ausreichend versorgt ist und zwischen den Parteien ein gutes Verhältnis besteht, ist dies eher unwahrscheinlich, so dass der Anspruch voraussichtlich keine Rolle spielen wird.


    Ein höherer Wert des Nießbrauchs könnte sinnvoll sein, wenn damit der Erbschaftsteuerfreibetrags (sicherer) unterschritten werden kann. Den Wert des Nießbrauchs kann man allerdings auch nicht „Freestyle“ festlegen. Als Grundlage würde man üblicherweise die (fiktive) Nettokaltmiete (pro Jahr) nehmen und mit dem vom Alter der Witze Abhängigen Vervielfältiger aus dem entsprechenden Rundschreiben des Bundesfinanzministeriums (vom 9. Dezember 2024 - einfach Sterbetafel BMF googeln) multiplizieren.

  • Das Testament ist vom Erblasser so gestaltet worden unter Einbeziehung seiner Frau. Sie hat noch andere Kinder aus erster Ehe und der Verstorbene wollte mit dem Konstrukt offensichtlich vermeiden, dass diese später mal was von "seinem Kuchen" abbekommen. Seine Ehefrau ist jedoch finanziell versorgt, besitzt auch noch weitere Immobilien. Insofern herrscht in der Erbengemeinschaft Einigkeit.


    Es ging hier nur um Klärung der bereits genannten Detailfragen.

    Tomarcy hat einen aus meiner Sicht guten Link gepostet. Die Netto-Miete muss man im Zweifel schätzen: was würde ein Dritter für die Immobilie an Kaltmiete zahlen?

    Habe den Vertrag nur einmal gelesen und nicht mehr zur Hand. Der Anwalt/Notar hat als Jahresmiete einen Betrag von ca. 9.000 € vernanschlagt, für den Wert des Gebäudes etwas über 400 T€. Passt das aus deiner Sicht soweit zusammen oder könnte man darum bitten, einen höheren Betrag einzusetzen?

  • Hallo alpha_zulu,


    um welchen Typ Immobilie geht es? Bei einer ETW gibt es oft einen Mietspiegel oder ansonsten genügend Vergleichsmieten. Bei einem EFH wird es schon schwieriger. Zumindest gibt es keine lineare Abhängigkeit vom Wert der Immobilie. Faktoren von 20 bis 40 mal Nettokaltmiete gleich Kaufpreis sind heute üblich. Da besteht also durchaus ein Gestaltungsspielraum.


    Gruß Pumphut

  • Danke Pumphut.


    Es handelt sich um ein freistehendes EFH.


    Aufgrund der Ausührungen von DocM bezüglich der Sterbetafel habe ich einen ganz andern Gestaltungsspielraum entdeckt bzw. einen eindeutigen Fehler des Notars was den Multiplikator angeht. DANKE DAFÜR!!!


    Gab es da nicht mal so ein Sprichwort bezüglich "wenn Juristen rechnen" ...

  • DocM

    Ich habe nochmal eine Frage zur Berechnung des Nießbrauchswerts.


    Eine Rückfrage beim Notar ergab, dass dieser für die besagte Witwe (77 Jahre alt) einen Vervielfältiger von 5 eingesetzt hat, weil dies laut § 52 (4) GNotKK so vorgesehen wäre. Mein Kumpel (der das Haus erbt), möchte aber den Wert des Nießbrauch höher setzen lassen, um bezüglich Erbschaftssteuer mehr Puffer zu haben (wie von dir angeregt). Die ebenfalls von dir eingebrachte Sterbetafel des BMF sieht in diesem Fall einen vervielfältiger von 8,589 vor, was deutlich höher wäre.


    Kannst du (oder jemand anderes) etwas dazu sagen?


    Danke im Voraus!

  • Die Vorschrift im GNotKG ist für die steuerliche Bewertung nicht maßgeblich. Hier verweist § 12 Abs. 1 ErbStG auf die Vorschriften des 1. Teils des Bewertungsgesetzes. Damit wird insbesondere auch auf § 14 Abs. 1 des Bewertungsgesetztes verwiesen. Dort findest Du dann den Hinweis auf die Vervielfältigter aus dem BMF-Schreiben und damit bei 77 jährigen Frauen auf den Faktor 8,589.

  • Was ist denn das für eine Notarln ??

    Würde ich mal abklären.

    Ehrlich gesagt ist er (es ist ein Mann) jetzt schon voll im Boot und man wird ihn wohl nicht mehr auswechseln. Wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich das tun. Ehrlich gesagt bin ich ob der erbrachten Leistung ziemlich erschüttert! Es gibt in dem Vertrag noch einige weitere Punkte, die sehr nachlässig ausgearbeitet sind. Wie in jedem Beruf, scheint es auch in dieser Sparte solche und solche zu geben. :/


    Nur mal vorsorglich: Könnte man, mitten in so einem Beurkundungsprozess, einfach sagen: "Danke, das waren mir jetzt zu viele Fehler! Wir suchen uns einen anderen Notar?" Welche Kosten könnte er denn geltend machen?

  • Nur mal vorsorglich: Könnte man, mitten in so einem Beurkundungsprozess, einfach sagen: "Danke, das waren mir jetzt zu viele Fehler! Wir suchen uns einen anderen Notar?" Welche Kosten könnte er denn geltend machen?

    Welche Kosten entstehen durch die schlechte Beratung?


    Für einen Handyvertag wird stundenlang recherchiert, aber bei so einer wichtigen Entscheidung verlässt man sich auf den Wald- und Wiesennotar?

  • Welche Kosten entstehen durch die schlechte Beratung?


    Für einen Handyvertag wird stundenlang recherchiert, aber bei so einer wichtigen Entscheidung verlässt man sich auf den Wald- und Wiesennotar?

    Da geb ich dir absolut recht. Ich hätte einen anderen ausgesucht, helfe ja an dieser Stelle nur aus, das ganze wieder gerade zu biegen. Von der Erbsache bin ich persönlich überhaupt nicht betroffen. Meine soziale Ader ;)


    EDIT: Ergänzend muss man aber erwähnen, dass man als Laie erst mal davon ausgeht, dass jeder Notar nach denselben Richtlinien beurkunden muss. Dass es dabei solche Qualitätsabweichungen geben könnte, hätte ich eigentlich nicht erwartet.

  • Notare rechnen bekanntlich nach dem Geschäftswert ab. Kommt es nicht zur Beurkundung, kann der Notar eine Entwurfsgebühr berechnen. War der Entwurf vollständig, hat man durch die Nichtbeurkundung im Zweifel keine Kostenersparnis im Vergleich zur Beurkundung. Beurkundet man bei einem anderen Notar, zahlt man also im Zweifel doppelt.