Fragen zur Steuerklasse nach der Hochzeit und Elternzeit

  • Hallo zusammen,

    meine Verlobte und ich heiraten Ende März und ich habe ein paar Fragen zur Steuerklasse, die uns helfen sollen, die finanzielle Situation nach der Hochzeit und der bevorstehenden Elternzeit besser zu planen.

    Ein paar Hintergrundinformationen:

    Ich war dieses Jahr arbeitslos (kein ALG I, Krankenkasse selbst gezahlt) und werde voraussichtlich im April wieder mit einem Bruttojahreslohn von ca. 60.000 € arbeiten.

    Meine Freundin hat durchgängig gearbeitet und verdient ca. 70.000 € brutto im Jahr.

    Anfang September erwarten wir unser gemeinsames Kind. Wir planen, dass sie ab da 12 Monate in Elternzeit geht und Elterngeld erhält, während ich dann noch den 13. und 14. Monat in Anspruch nehme.

    Falls es noch relevant ist wohne ich in Nürnberg und meine Freundin bis August in Dresden und zieht dann hierher.

    Jetzt zu meinen Fragen:
    A. Um welche Größenordnung an "Einsparung" geht es überhaupt? Gerne auch mal eine Überschlagsrechnung, damit ich es besser nachvollziehen kann.

    B. Welche Steuerklassen sollten wir bei der Ehe wählen?

    C. Wie häufig/einfach kann ich die Steuerklassen wechseln?

    D. Sollte ich die Steuerklasse 2026 ändern, wenn wir voraussichtlich beide wieder arbeiten?

    E. Welche Angaben oder Überlegungen habe ich eventuell vergessen?

    Ich freue mich auf eure Antworten und danke euch im Voraus für eure Hilfe!

    Viele Grüße!

  • Elena H. 7. März 2025 um 10:04

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Du solltest die Quintessenz kennen: Die Wahl der Steuerklasse hat keinerlei Einfluss auf die letztendlich zu zahlenden Steuern bzw. deren Höhe. Jegliche Ungleichgewichte werden letztendlich durch die Steuererklärung gerade gezogen. Die "richtige" Wahl der Steuerklasse optimiert höchstens die unterjährige Liquidität, und ggf. die Höhe des Elterngeldes.

    Wenn ihr beide später viel gleich viel verdient, ist der Effekt vom Ehegattensplitting wohl nicht riesig. Dafür gibt's aber recht einfache Rechner, die man konsultieren kann.

  • Jetzt zu meinen Fragen:
    A. Um welche Größenordnung an "Einsparung" geht es überhaupt? Gerne auch mal eine Überschlagsrechnung, damit ich es besser nachvollziehen kann.

    Einsparung bei was? Anderen Steuerklassen als IV/IV? Wie hier schon geschrieben wurde, die Steuerklassen haben lediglich einen Effekt auf die Lohnsteuer, nicht aber auf die finale Einkommensteuer. Für den Vorteil des Ehegattensplittings gibt es unter anderem einen Rechner von Bundesfinanzministerium (einfach mal googlen). Das hat aber eben nichts mit Steuerklassen zu tun.

    B. Welche Steuerklassen sollten wir bei der Ehe wählen?

    Wie sieht denn der weitere Fahrplan aus? Ist der Nachwuchs schon unterwegs oder noch in Planung? Kann das Elterngeld ggf. durch die Steuerklassen optimiert werden oder bekommen sowieso beide den Höchstsatz? Wollt ihr möglichst hohe monatliche Liquidität und im Zweifel eine Nachzahlung nach Einreichen der Steuererklärung? Oder lieber eine hohe Steuererstattung und monatlich geringere Liquidität? Gibt es noch andere Einkünfte, die sich ggf. steuererhöhend am Jahresende auswirken (z.B. Vermietung einer Einliegerwohnung), weshalb man lieber die Erstattung aus der Lohnsteuer als gegenläufigen Effekt haben möchte?

    Bezüglich Berechnung des Elterngeld kann ich nur den Rechner vom Bundesfamilienministerium empfehlen. Damit kann man die Auswirkungen der verschiedenen Steuerklassen durchrechnen und die optimale Steuerklasse ermitteln. Dabei aber beachten, dass die Steuerklasse früh genug gewechselt sein muss (die Steuerklasse muss in 7 der letzten 12 Monate vor tatsächlicher(!) Entbindung gültig gewesen sein - ggf. reichen auch 6 Monate, aber das Risiko wollte ich bewusst nicht eingehen).

    C. Wie häufig/einfach kann ich die Steuerklassen wechseln?

    Grundsätzlich jeden Monat. Irgendwann wird dich dann aber dein Arbeitgeber und/oder das Finanzamt fragen, ob im Oberstübchen noch alles klar ist.

    D. Sollte ich die Steuerklasse 2026 ändern, wenn wir voraussichtlich beide wieder arbeiten?

    Das kommt darauf an. Arbeitet einer in Teilzeit? Ist weiterer Nachwuchs geplant? Will man die monatliche Liquidität erhöhen oder reicht einem eine Gutschrift nach der Steuererklärung?

  • Wie sieht denn der weitere Fahrplan aus? Ist der Nachwuchs schon unterwegs oder noch in Planung?

    Siehe oben:

    Anfang September erwarten wir unser gemeinsames Kind. Wir planen, dass sie ab da 12 Monate in Elternzeit geht und Elterngeld erhält, während ich dann noch den 13. und 14. Monat in Anspruch nehme.

    Robert_B Wenn ich das richtig sehe, seid ihr mindestens einen Monat zu spät dran, als dass die Steuerklasse noch Auswirkungen auf das Elterngeld hätte:

    Dabei aber beachten, dass die Steuerklasse früh genug gewechselt sein muss (die Steuerklasse muss in 7 der letzten 12 Monate vor tatsächlicher(!) Entbindung gültig gewesen sein - ggf. reichen auch 6 Monate, aber das Risiko wollte ich bewusst nicht eingehen).

  • Meine Verlobte und ich heiraten Ende März.

    Ich habe ein paar Fragen zur Steuerklasse, die uns helfen sollen, die finanzielle Situation nach der Hochzeit und der bevorstehenden Elternzeit besser zu planen.

    Ich war dieses Jahr arbeitslos (kein ALG I, Krankenkasse selbst gezahlt) und werde voraussichtlich im April wieder mit einem Bruttojahreslohn von ca. 60.000 € arbeiten.

    Also: Jahresverdienst 2025 vermutlich 45 T€ brutto (9/12 Monate * 60 T€).

    A: Das kann man sich problemlos mit diversen Rechnern im Netz ausrechnen.

    B: Bis zum Ende des Mutterschutzes bekommt Deine Frau (cum grano salis*) ihr Gehalt weiter. Das reicht also bei normalem Ablauf bis Ende Oktober. Danach gibts dann Elterngeld.

    (*Die Wirklichkeit ist etwas komplizierter, ich laß das hier mal weg.)

    Ihr habt einen minimalen Liquiditätsvorteil, wenn ihr mit der Eheschließung die Steuerklassen III (für Deine Frau) und V (für Dich) wählt. Ab November dreht Ihr das dann um, Du III, Deine Frau V (was dann für sie uninteressant ist, weil sie dann keine Lohnsteuer mehr bezahlt). Nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus didaktischen Gründen ist das günstig, Du weißt dann hinterher nämlich, warum Frauenverbände so vehement (und unsachlich) die Abschaffung des Ehegattensplittings fordern.

    C: Ein Ehepaar kann formal beliebig oft die Steuerklassen wechseln. Das geht ziemlich einfach. Die beiden Male, die ich Dir das vorschlage, gehen allemal.

    D: Wenn Ihr beide wieder arbeitet (ob das klappt, sieht man dann!) wählt Ihr beide sinnvollerweise die Steuerklasse IV mit Faktor.

    Warum?

    lieberjott hat es schon erwähnt: Steuerklassen beziehen sich nur auf die Lohnzahlung, nicht auf die Steuerschuld insgesamt. Die letztere bleibt unabhängig von der Lohnzahlung gleich. Bei Eurer gemeinsamen Steuererklärung kommt unabhängig von der Steuerklasse immer das Gleiche heraus.

    Steuerklasse I (jetzt als Lediger) und IV führen zum gleichen Lohnsteuerabzug beim Gehalt. Es ändert sich also mit der Eheschließung nichts.

    Im Steuertarif steckt der sog. "Grundfreibetrag" in Höhe von etwa 12 T€/a. Die ersten 1000 € im Monat sind also unversteuert, für alles drüber steigt die Steuer immer weiter an. Das gilt so bei den Steuerklassen I und IV.

    Wenn im Extremfall einer von beiden Partnern überhaupt nicht arbeitet, hat er dennoch Anspruch auf diesen Grundfreibetrag. Den kann er quasi auf den anderen Ehepartner übertragen.

    Die Steuerklasse III hat also den doppelten Grundfreibetrag (2000 € jeden Monat steuerfrei), die Steuerklasse V dafür überhaupt keinen.

    Es ist bei Ehepaaren mit unterschiedlichem Einkommen (im Extremfall "viel" und "0") sinnvoll, daß der besserverdienende Partner (meist der Mann) die Steuerklasse III nimmt (dann zahlt er laufend nämlich erfreulich wenig Steuer), der weniger verdiendende Partner (meist die Frau) die Steuerklasse V (der dann aber für ein übersichtliches Einkommen allerdings horrend Steuer zahlt).

    Die Summe der ausgezahlten Gehälter ist mit III/V meist größer als mit IV/IV. Der Besserverdiener bekommt einen größeren Betrag mehr ausgezahlt, als der Schlechterverdiener weniger bekommt, aber die Gehälter spreizen sich halt in einer dem Ehefrieden nachteiligen Weise.

    Damit Du das am eigenen Leib mitbekommst, habe ich oben vorgeschlagen, daß Du das mal ausprobierst. Wie gesagt: Letztlich macht es keinen Unterschied. Bei der Steuererklärung werden eventuelle Differenzen ausgeglichen.

    Wenn Du dann am Ende der Mutterschaftsfrist von Steuerklasse V auf III wechselst (Deine Frau verdient dann ja nichts mehr, das Elterngeld wird anders gerechnet), wirst Du mit Freuden den Aufwärtssprung Deiner Bezüge registrieren.

    Mathematisch komplizierter, aber meines Erachtens fairer ist das (relativ neue) Faktorverfahren: Man rechnet die Gesamtsteuer eines Ehepaares aus (die bei unterschiedlichen Gehältern geringer ist als die Summe der Einzelsteuern) und bildet den Quotienten aus Gesamtsteuer und Summe der Einzelsteuern. Dieser Quotient könnte beispielsweise 0,9 sein, also 90%. Ab dann zahlen beide die Steuer der Steuerklasse IV multipliziert mit 90%. Das heißt: Auf diese Weise profitieren beide Partner schon während des laufenden Jahres vom sog. Splittingvorteil.

    Nicht ganz einfach, was? :)

  • Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.
    Ich denke jetzt habe ich das Thema eingermaßen durchdrungen und kann eine informierte Entscheidung treffen. die Finanztip Community ist echt super =)

    ich hatte noch gefunden, dass selbst wenn die Steuerklasse III meiner Frau nicht zu einem hören Elterngeld führt, dann wenigstens das Mutterschaftsgeld vom Arbeitgeber wohl höher ist https://www.elterngeld.de/elterngeld-steuerklasse-wechseln/

    Sonst hat der Elterngeldrechner viel geholfen:
    https://familienportal.de/familienportal…terngeldrechner

    Danke nochmals