Betriebliche Altersvorsorge oder ETF?

  • Liebe Community,

    ich bin 31 Jahre alt und arbeite in der Medienbranche. Mein Verdienst dort liegt bei ca. 5.000€ brutto.

    Mein Arbeitgeber bietet eine betriebliche Altersvorsorge (die "Pensionskasse Rundfunk"). Das Prinzip: Ich zahle 4% meines Bruttogehalts ein, der AG legt noch einmal 4% oben drauf. Am Telefon sagte mir ein Berater, die Rendite liege bei etwa 1% jährlich.

    Nun überlege ich, ob ich dieses Angebot wahrnehmen soll, oder ob es möglicherweise klüger ist, meine 4% direkt in einen ETF wie den MSCI World zu stecken. Ich habe mal den Rechner der Pensionskasse Rundfunk benutzt und außerdem einen ETF-Rechner. Ergebnis: Bei der Pensionskasse kommen nach 37 Jahren ca. 175.000€ heraus, beim ETF bei einer Rendite von 6,5% p.a. deutlich mehr, nämlich 300.000€.

    Meine erste Frage: Kann das sein, dass der Zinseszinseffekt den fehlenden Arbeitgeberzusschuss so sehr aufwiegt, oder habe ich mich grob verrechnet?

    Und meine zweite Frage: Würdet ihr mir eher zur Pensionskasse oder zum ETF raten? Klar: Bei der Pensionskasse kriege ich eine garantierte Rente ausgezahlt, beim ETF könnte mir ein Börsencrash alles zunichte machen. Aber da der ETF-Rechner so viel mehr ausgespuckt hat, bin ich doch ins Grübeln gekommen.

    Wenn ihr noch weitere Infos braucht, sagt gerne Bescheid!

    Vielen Dank und liebe Grüße in die Runde :saint:

  • Kater.Ka 12. Mai 2025 um 20:44

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Hallo terra_firma,

    herzlich willkommen in der Finanztip-Blase. Hier werden Sie geholfen.

    Ich kenne ja keine Details des Angebots der Pensionskasse, aber neben der Rendite, die die Inflation nicht schlagen kann, wirst du wahrscheinlich durch deine Beiträge, wenn sie nicht sozialversicherungs- und steuerpflichtig sind, auch eine etwas geringere Rente erhalten.

    Wie und ob du die Versicherung bei einem Jobwechsel mitnehmen kannst, ist auch nicht geklärt. Bei einem so langen Vertragszeitraum ist das aber nicht unwichtig.

    Du bist jung - und wenn ein Börsencrash am Anfang deinen Start echt erschweren kann - hast du noch viel Zeit dein Alterssicherungsdepot zu füllen.

    Ich habe in den letzten dreißig Jahren alle Krisen mitgemacht und bin - auch wenn es erst keine ETF`s gab - gut durchgekommen.

    Ich würde ETF´s nehmen. Viel Erfolg!

  • Meine erste Frage: Kann das sein, dass der Zinseszinseffekt den fehlenden Arbeitgeberzusschuss so sehr aufwiegt, oder habe ich mich grob verrechnet?

    Keine Ahnung, wie Du auf die Zahlen kommst. Ich komme mit den Rechnern von

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    für jeweils 37 Jahre auf folgendes:

    BAV:

    400€ Einzahlung und 1% Rendite p.A. ergibt ca. 207.889€ Brutto

    Achtung: bei der BAV sind keine Kosten berechnet, was extremst unwahrscheinlich ist.

    Dabei bleiben von den 5000€ noch 4800€ Brutto/Monat für Dich.

    Privat:

    5000€ Brutto = 3.122,42€ Netto

    4800€ Brutto = 3.020,05€ Netto

    (Steuern und KV/PV können bei Dir komplett anders aussehen)

    Das ergäbe 102,40€ Nettoinvest jeden Monat

    Bei 6% p.A. (davon geht Finanztip zumindest für die kommenden Jahre aus)

    161.469,64€ mit 45.465,60€ Eigenanteil.

    Und ab ca. 80k€ Depotvermögen musst Du derzeit noch jährlich die Vorabpauschale zusätzlich aufbringen oder vom Invest abziehen (die wird erst bei Auszahlung wieder verrechnet).

    So, nun die extrem großen "abers":

    • Bleibst Du bis zur Rente beim AG oder zumindest bei einem, bei dem Du die BAV mitnehmen kannst?
    • Die Auszahlung der BAV ist am Ende komplett zu versteuern und (abhängig von der KV) fallen u.U. auch die vollen KV+PV Beiträge an (kein "AG"-Anteil bei der GKV, nur mit KVdR ein Freibetrag). Egal, ob Du eine lebenslange Rente oder eine Einmalzahlung wählst.
    • Die BAV ist (vermutlich, auch da gibt es Ausnahmen) vor der vorzeitigen Kündigung sicher. Weder kannst Du sie selber auflösen, weil Du das Geld für anderes nutzen möchtest. Noch musst Du sie angreifen, wenn Du mal in BG/H4 fallen solltest, weil die Zeit vom ALG nicht ausreicht um einen neuen Job zu finden.
    • Beim Aktien-ETF ist nur der Gewinn mit 18,5-20% (Kirche nein/ja) versteuert (außer, Du bist zur Rente freiwillig gesetzlich GKV-Versichert, also nicht in der KVdR oder PKV).
    • Der geringere Beitrag zur GRV von aktuellen Brutto ist nicht berücksichtigt. Das sind beim aktuellen Gehalt und den für mich völlig unplanbaren Höhen der Leistung in >=37 Jahren aber zu vernachlässigen. Bei obiger Rechnung sind das im Monat 38€ weniger Beitrag (AG+AN), also 456€/Jahr bzw. mit dem vorläufigen Wert von 9391,70€ je RP in 2025 gigantische 0,048RP im Jahr. Steigt Dein Gehalt nicht jährlich mit dem Durchschnittsgehalt der Deutschen, dass dürfte das in 37 Jahren keine 1,77RP "Verlust" bedeuten.
    • Beide obigen Beträge sind ohne Inflation betrachtet. Da bleibt in beiden Fällen m.M.n.kaum eine relevante Zusatzversorgung nach Abgaben

    Und alles gilt nur für heute. Was in 37 Jahren los ist, weiss heute keiner. Bis dahin kann die BAV pleite gehen (dann goibt es mit Glück den Garantiebetrag, also das eingezahlte Geld ohne die mickrigen 1% p.A. Rendite), der ETF kann anders besteuert werden, Du hast Dein ETF-Vermögen für eine Selbstständigkeit oder das Abwandern ins Ausland genutzt usw...

    Ich würde diese BAV in Deinem Alter nicht abschließen. Außer ich bin mir sicher, dass ich bis zur Rente in dem Betrieb bleiben möchte (dann könte sich der AG-Zuschuss lohnen) und der Betrieb "überlebt" dies auch. Sowas ist aber selbst in großen IGM-/IGBCE-Betrieben nicht mehr "sicher".

  • Ich bin auch ganz klar pro ETF.

    Warum? Zunächst mal weil ich selbst eine grottige bAV abgeschlossen habe.

    Ein wesentliches Argument ist aber: Kannst Du sicherstellen, dass Du auch die nächsten 30+ Jahre bei dem Arbeitgeber arbeiten wirst?

    Was passiert, wenn Du in 10 Jahren den AG wechselst und der neue AG den bAV-Vertrag nicht übernimmt?

    Dann hast Du bestenfalls eine ruhende bAV in die nicht weiter eingezahlt wird, Du aber erst als Rentner wieder an das Geld heran kommst. Sprich Dein Geld liegt dann vor Kosten bei 1% p.a. Garantiezins für die nächsten 25 Jahre in der bAV. <X

    So ähnlich geht es mir nämlich. Mit meiner bAV. Nur bekomme ich zumindest 2,75% Garantiezins, von denen effektiv ca. 1,6% p.a. bei meinem Geld ankommen. Nur liegt das immer noch deutlich unter der Inflationsrate der letzten Jahrzehnte (ca. 2,3% p.a.).

    Ich bin inzwischen heilfroh, dass ich den Großteil meines Geld seit einigen Jahren in meinem eigenen ETF-Depot anlege.