Hallo zusammen,
nachdem ich jetzt schon ein paar Beiträge zu dem Thema hier im Forum gelesen habe, würde ich gerne für meinen individuellen Fall auch ein paar Meinungen von euch hören. Dazu habe ich mich auch extra neu hier registriert.
Ich habe im Jahr 2015 während meiner Ausbildung meiner damaligen Volksbank-"Beraterin" vertraut und bei Union Investment ein Depot für die Riesterrente eröffnet.
Mittlerweile habe ich das Thema Finanzen selbst in die Hand genommen und investiere seit einigen Jahren in Aktien und ETFs - aber das soll aber gar nicht primär das Thema sein.
Vielmehr bin ich seit längerem am Überlegen, das genannte UI-Depot schädlich zu kündigen und den Auszahlungsbetrag dann eben anderweitig anzulegen - habe mich aber selbst noch nicht durchgerungen, die Kündigung tatsächlich vorzunehmen und hoffe daher, dass mir eure Einschätzungen hier vielleicht bei der Entscheidungsfindung helfen können.
Meine aktuellen Vertrags- und persönlichen Daten:
Abschluss des Vertrags: November 2015
Beginn der Auszahlphase: Oktober 2064
Produkt: UniProfiRente/4P
Aktuell investiert zu 100% in UniGlobal Vorsorge - DE000A1C81G1, wurde aber auch schonmal durch UI selbst mehrfach umgeschichtet
Aktuelle Einzahlung: 170 € mtl. - war früher niedriger
Momentan kinderlos - kann aber in den nächsten 4-5 Jahren kommen, 1-2 Kinder sind realistisch
Jährliches Bruttoeinkommen aus Erwerbstätigkeit im mittleren 5-stelligen Bereich
Aktueller Depotwert: 10.664 €
Davon eigene Einzahlungen: 8.385 €
Davon Zulagen (Grund- und Berufseinsteigerzulage): 1.356 €
Davon Performance: 923 €
Seit Beginn hatte das Depot folgende Wertentwicklung p.a. – wobei ich einmal die Zulagen in die Performance mit eingerechnet und einmal die Zulagen als eigene Beiträge angesehen habe – wobei mein Gedanke für die erste Variante war, dass die Zulagen letztlich ja nicht aus meinem Vermögen stammen und bei alternativer Anlage auch nicht vorhanden wären und somit durchaus als Teil der Performance angesehen werden können.
Jahr | Zulagen als Performance angesehen | Zulagen als Eigenbeiträge angesehen | MSCI World |
2016 | 156,20%* | -8,82% | 8,47% |
2017 | 5,97% | -1,43% | 5,51% |
2018 | -3,74% | -8,96% | -5,92% |
2019 | 15,08% | 11,26% | 27,49% |
2020 | 2,25% | 0,06% | 4,64% |
2021 | 7,26% | 5,10% | 29,26% |
2022 | -14,17% | -16,78% | -14,19% |
2023 | 13,55% | 10,57% | 17,64% |
2024 | 22,49% | 20,28% | 24,81% |
*2016 so hoch, da zusätzlich zur Grundzulage der Berufseinsteigerbonus gezahlt wurde.
Mit einem einfachen MSCI World wäre man also erstmal besser gefahren, wobei hier vor allem die Kosten von UI die dortige Rendite erheblich schmälern dürften.
Zusätzlich habe ich im Laufe der Jahre die eigenen Einzahlungen von der Steuer abgesetzt und damit 1.247 € erstattet bekommen.
Durch die schädliche Kündigung müsste ich also die Zulagen und die Steuererstattungen in Höhe von zusammen 2.603 € zurückzahlen und rechne mit einem Auszahlungsbetrag von ca. 8.000 € (evtl. mehr oder weniger, je nach weiterer Wertentwicklung bis zur etwaigen Kündigung - das ist klar). Auf die Performance fällt dann auch noch die Versteuerung mit dem persönlichen Steuersatz an, und evtl. gibt es auch noch eine Kündigungs- oder Bearbeitungsgebühr seitens UI - das habe ich bisher nicht eindeutig in Erfahrung bringen können. Aber soweit, so klar.
Ich habe mir generell mal ein paar Stichpunkte zu pro/contra des Vertrags notiert, die mir bisher dazu eingefallen sind.
+ Garantie für die eigenen Beiträge und Zulagen
+ Pfändungsfreiheit bei etwaiger Privatinsolvenz
+ Lebenslange Rente ohne selbst den Aufwand einer Entnahmestrategie zu haben
+ Steuerliche Absetzbarkeit der eigenen Beiträge in der Ansparphase
+ Staatliche Zulagen
- Kosten für die pflichtmäßige Versicherung ab 85. Lebensjahr heute noch unbekannt
- Vererbbarkeit des Vermögens im Todesfall unklar oder nicht möglich (habe ich aktuell noch nicht sicher in Erfahrung bringen können, sehe nur "Versicherungstarif: ohne Todesfallleistung" – gilt vmtl.. nur für die Phase ab dem 85. Lebensjahr)
- Schlechte Rendite durch hohe Gebühren (5% Ausgabeaufschlag, 9 € jährl. Depotgebühr + weitere, für mich intransparente "laufende Kosten")
- nachgelagerte Besteuerung auf komplette Rente - Höhe des künftigen persönlichen Steuersatzes noch unklar - liegt noch weit in der Zukunft, politische und persönliche Entwicklung unbekannt
Ich habe mir Mitte des letzten Jahres mal eine Beispielrechnung von UI erstellen lassen, laut der zum Ende der Ansparphase bei 5%* Wertentwicklungsannahme p.a. in der Anspar- und 3,5%* in der Auszahlphase und gleichbleibenden Eigenbeiträgen und Zulagen dann ca. 242.000 € vorhanden wären (davon ca. 91.350 € Eigenbeiträge).
*Diese Werte sind als „Ihre Annahme“ deklariert, obwohl ich in meiner Bitte gar keine Annahme genannt hatte – scheint also vielleicht der Durchschnitt zu sein, vom dem UI selbst ausgeht oder den sie dann standardmäßig nehmen.
Das entspräche folgenden, voraussichtlichen monatlichen Rentenzahlungen:
Anfängliche Auszahlung: 814,25 €
Garantierte Auszahlung: 734,03 €
Durchschnittliche Auszahlung: 1.007,50 €
Bei 18 Jahren langer Auszahlung (zwischen 67. und 85. Lebensjahr) des „durchschnittlichen“ Betrags käme ich auf ausgezahlte 217.620 € - d.h. die Differenz von ca. 24.380 € zum Gesamtvermögen wären vermutlich die Kosten für die nach dem 85. Lebensjahr folgende Versicherung – wobei die wie gesagt aktuell ja noch nicht feststehen.
Diese ganze Beispielrechnung ist aus meiner Sicht natürlich absolut mit Vorsicht zu genießen, zumal sich UI hier auch permanent durch entsprechende Hinweise entlastet.
Immerhin wäre es in diesem Fall so, dass ich meine geleisteten Eigenbeiträge von 91.350 € dann nach ca. 7,5 Jahren raushätte – allerdings ohne Berücksichtigung der Steuern und Inflation, tatsächlich wäre der Zeitraum somit dann doch wieder länger. Sieht für mich aber zumindest auf den ersten Blick besser aus als viele Aussagen in die Richtung, dass man oft das Herausholen seiner eigenen Beiträge gar nicht mehr erleben würde.
Wie gesagt bin ich nun insgesamt einfach noch unschlüssig bzgl. Kündigung, Beitragsfreistellung oder gar weiterem besparen.
In allem oben beschriebenen kann ich zudem natürlich Denk- oder Rechenfehler haben, weshalb ich hier auf eure Erfahrungen, Ansichten und Meinungen dazu gespannt bin.
Wichtig ist noch dazuzusagen, dass ich dabei ausschließlich an mögliche Optimierungen meiner Altersvorsorge denke – ich habe keinen Zeitdruck bei der Entscheidung und werde mich parallel dazu auch weiterhin zu dem Thema informieren, um dann am Ende eine fundierte Entscheidung treffen zu können.
Vielen lieben Dank vorab für eure Einschätzungen!