Gehebelter MSCI world so schlecht ?

  • Hallo zusammen,


    in der App wurde gestern erneut der Artikel hinsichtlich dem geheblten MSCI world gepostet. Finanztip rät dazu, höchstens Geld zu investieren, welches ich zu 100% verzichten kann.

    Kurz gefragt: Warum wird so davon abgeraten?


    Finanztip empfiehlt sowieso nur in etfs zu investieren, wenn man plant, das Geld 15 Jahre investiert zu lassen. In dem Artikel zeigen sie auch auf, dass der gehebelter etf mit 7,9% p.a. den MSCI world (5,86 p.a. seit 2001) eindeutig schlägt.

    Da Frage ich mich schon, wo das Risiko sein soll, das der MSCI world nicht auch hat. Immerhin gehe ich davon aus, dass dieser sich nicht nur in einer horizontalen Kurve entwickelt, sonst könnte ich das investieren gleich lassen, sondern auch über die nächsten Jahre steigt.


    Kann mir hier einer helfen und erklären, warum ich meinen Sparplan nicht umschwenken sollte ? Ich sehe das Risiko genau so hoch wie beim ungehebelten MSCI, nur mit etwas besserer Rendite.

  • Kater.Ka 12. September 2025 um 15:00

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Hallo mihe611 und willkommen im Finanztip Forum, zunächst einmal die Anleger-Regel Nummer1, investiere nur in Anlagen die du zu 100% nachvollziehen kannst. Ein gehebelter Fonds, macht wie der Name schon sagt, eine gehebelte Anlage, die Höhe zum ursprünglichen Fonds kann doppelt oder noch höher sein. Nehmen wir eine Verdoppelung an, werden alle Gewinne aber auch Verluste zum normalen Kurs verdoppelt. So weit so gut, in Zeiten eines rasanten Kurswachstums eine feine Sache. Sobald es aber abwärts geht, liegt der Hase im Pfeffer. Beispiel, du hast 100€ im ETF, der Kurs verliert 10%, damit hättest du gehebelt nur noch 80€, am Tag darauf gewinnt der ETF genau wieder 10%, damit wärst du dann bei 96€. Hast bei einem ausgeglichenen Kurs ein minus eingefahren. Da das bei einem Crash bis zum Totalverlust führen kann, wird FT so eine Anlage definitiv nicht empfehlen.

  • Danke für die ausführliche Antwort.. also wäre bspw. Eine Einmalanlage zum Hochpunkt vor der Dotcomkrise (MSCI -54% währenddessen) auf 0 Euro im geheblten Produkt gefallen ?

  • Hallo zusammen,

    besser nicht. Sehen Sie sich auch die Kostenseite an. Das kann sehr schnell teuer werden.
    Die normalen Welt ETFs bringen eine Verdoppelung des Kapitals alle 10 - 15 Jahre. Das ist sehr gut für den Vermögensaufbau. Wer mehr will kann unauffällig gierig werden - schnell ist man auf der anderen Seite des passiven investierendes mit deutlich höherem Risiko. Besser nicht Spekulieren.
    LG

  • Grundsätzlich ist ein Kredithebel bei einem ausfallsicheren Investment nicht immer sofort falsch oder unsinnig. So gut wie jede Immobilie wird (teilweise) fremdfinanziert und das oft mit deutlich höherem Ausfallrisiko als bei einem breiten Aktienkorb. Das Problem sind eigentlich immer die Kosten und wie stark der Hebel wirkt. Ein doppelter Hebel wäre mir deutlich zu hoch. Man weiß auch nicht, ob die Mechanismen des ETFs bei starken Verwerfungen funktionieren werden.

    Vorweg: Ich würde nie einen Hebel einsetzen

    Wer es unbedingt machten will, kann sich das überlegen:

    • Bin ich in meinem liquiden Vermögen bereits zu 100% in Aktien investiert? Falls nicht, macht ein Hebel keinen Sinn, weil die Erhöhung der Aktienquote (=Equity Prämie) deutlich günstiger wäre als ein Hebel im Aktienteil.
    • Komme ich sehr günstig und sehr langfristig festgeschrieben an Fremdkapital? Zum Beispiel über die Beleihung einer Immobilie.
    • Habe ich die emotionale Stabilität extreme Volatilität auszuhalten und antizyklisch gegen die Mehrheitsmeinung zu agieren?

    Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann man in einer schweren Börsenkrise, also wenn die Kapitalkosten hoch sind und die zukünftige erwartete Rendite ansteigt, seine Aktienquote auf maximal 120% oder 130% erhöhen. Das wird auch von sehr rationalen Menschen wie Dr. Andreas Beck und dem bereits verstorbenen Jack Bogle nicht als Zockerei, sondern rationales Investieren gesehen.

  • Das Entscheidende am gehebelten ETF ist nicht das Endergebnis einer idealisierten Rückrechnung seit 2001, sondern wie er sich unterwegs verhält.

    1. Pfadabhängigkeit: Ein gehebelter ETF rechnet täglich neu. Das bedeutet: hohe Schwankungen und zwischenzeitliche Rückschläge wirken sich überproportional negativ aus. Das kann dazu führen, dass du nach ein paar schwachen Jahren deutlich hinter dem normalen MSCI World liegst – selbst wenn die langfristige Durchschnittsrendite auf dem Papier höher aussieht.
    2. Volatilität: Mit Hebel verstärkst du jede Bewegung. +2 % Tagesanstieg heißt +4 % für dich – aber eben auch -2 % Tagesverlust heißt -4 %. Das Risiko, zwischenzeitlich 50–70 % im Minus zu stehen, ist realistisch. Da musst du die Nerven und den Anlagehorizont haben, um das wirklich auszuhalten.
    3. Verwendungszweck: Finanztip richtet sich an die breite Masse. Für die allermeisten ist Hebel schlicht eine Einladung zu Panik, FOMO oder Crash-Verkäufen. Für Leute mit eiserner Disziplin kann man darüber reden – aber es ist kein Basisinvestment.


    Unterm Strich: Langfristig kann ein gehebelter ETF besser laufen, aber er verlangt eine viel höhere Risikotragfähigkeit. Wenn du das Risiko wirklich für ‚gleich‘ hältst, unterschätzt du den Effekt der Schwankungen.

  • Zudem würde wahrscheinlich auch niemand empfehlen, in einen gehebelten Welt-ETF „All-in“ zu gehen. Allerdings kann man darüber nachdenken, wenn man bereits zu 100 % in Aktien investiert ist, die Quote auf ~120 % anzuheben.

    Das wertvollste Produkt, das man sich mit Geld kaufen kann, ist ein leerer Kalender.

  • Passend zum Thema ein aktuelles Video von Finanzfluss:

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