Man kann zum Thema "Kaufen oder Mieten?" Bücher schreiben. Viele haben das auch bereits getan.
Letztes Jahr ist der Artikel https://www.finanztip.de/baufinanzierung/mieten-oder-kaufen/ erschienen. Abgesehen davon, dass die Hyptokenzinsen schon dieses Jahr auf weit über 3% gestiegen sind und es toll wäre, wenn der Artikel aktualisiert werden könnte,
Wieso? Die im Artikel geäußerten Gedanken gelten doch nach wie vor.
In dem Artikel wird so getan, als hätte ein Mieter das Geld, welches der Käufer als Eigenkapital und für die Tilgung von Kredit und Zins (plus Instandhaltung) verwenden muss, zur Verfügung, um in eine andere Geldanlage, z.B. in Aktien zu investieren. Aber in der Realität muss der Mieter doch dieses Geld verwenden um seine Miete zu bezahlen?
Der "Eigentümer" (also der Bewohner des Hauses, das zum größten Teil der Bank gehört) zahlt in der Regel eine gleichbleibende Rate bestehend aus einer Zinszahlung (die "verloren" ist) und einer Tilgungskomponente (die dem Vermögensaufbau dient).
Der Mieter zahlt seine Kaltmiete, die man in erster Näherung als Zins sehen kann. Tilgung zahlt er nicht, dieses Geld hat er prinzipiell frei für eine andere Art der Anlage. Das wird in dem Artikel auch richtig genannt, wobei ich anfügen möchte: Der Mieter muß das dann auch tun, und zwar ohne äußeren Zwang. Der "Eigentümer" findet in Form seines Hypotheken-Kontoauszugs viel leichter eine Motivation.
Am Ende der Laufzeit nennt der Käufer eine [alte!] Immobilie sein Eigentum, während der Mieter mit leeren Händen dasteht.
Der Mieter hat - wenn man wirklich alles gleich rechnet - dann ein dickes Wertpapierdepot, das der Hauseigentümer nicht hat.
Wie kann da ein Mieter, selbst wenn sich alle sonstigen im Artikel genannten Kriterien zu seinen Gusten entwickeln, vorteilhafter als ein Käufer gehandelt haben?
Die zugrundeliegende Rechnung ist im Artikel ja angedeutet worden. Wenn Du die Parameter passend wählst, kannst Du jedes Wunschergebnis herausbekommen. Mich wundert am Artikel, daß gesagt wird, daß es Szenarien gibt, in denen ein Mieter sich besserstellt als ein Käufer. Eine Graphik gibts aber nicht dazu.
Ich wohne zur Miete. Als ich einzog, hätte ich das Objekt rein rechnerisch kaufen können, hätte damals aber mein komplettes Anlagevermögen dazu einsetzen müssen. Seither sind einige Jahre vergangen. Die Immobilienpreise haben sich etwa verdoppelt, meine Miete ist zu meinem eigenen Erstaunen gleich geblieben. Mein Vermögen hat sich in der Zeit vermehrfacht. Ich könnte das Objekt immer noch kaufen, müßte nun aber nur einen kleinen Teil meines Vermögens einsetzen.
Man sollte den Wert einer abgewohnten Immobilie nicht überschätzen, wie man es oft tut. Im Nachbarhaus wohnt eine alte Dame in ihren 90ern. Der Mann ist vor langem gestorben, die Kinder sind längst ausgeflogen. Sie bezieht ihren Lebenssinn daraus, das Haus für ihre Erben zu erhalten, und erzählt immer wieder von dem Geldsegen, der ihren Erben dereinst zuteil werde.
Das Haus sieht auch noch ganz gut aus, aber vermutlich wird der Käufer des Anwesens das Haus abreißen und ein ganz neues bauen. Der Wert des Anwesens liegt im Grundstück. Das ist oft so. Alte Leute haben oft völlig überzogene Vorstellungen, was ihr Anwesen noch wert sein soll.
Im Artikel ist richtig genannt, daß die Entscheidung für eine Immobilie primär eine Frage des Lifestyles ist. Mir ist eine Studie des empirica-Instituts geläufig (das sehr eng mit den Landesbausparkassen verbandelt ist
), in der die Vermögensentwicklung von Mietern und Käufern gleichen Einkommens verglichen wird: Nach 25 Jahren sind die Käufer regelmäßig deutlich vermögender als die Mieter. Aber warum? (Hypotheken-)Schulden zählen unter die wirksamsten Sparanreize überhaupt: Die Käufer haben über lange Jahre auf Konsum verzichtet, haben etwa Urlaub in Bad Meingarten gemacht statt auf den Malediven. So kann freilich ein Vermögen zusammenkommen.
Meistens ist Kaufen/Bauen übrigens teurer als Mieten. Üblicherweise ist Immobilieneigentum größer als gemieteter Wohnraum, dazu kommt die verbreitete (jeweils teure) Auffassung, daß man schließlich nur einmal baue.
Aber dazu hat man sein Geld ja: Zum Ausgeben. Ein Abend auf der eigenen Terrasse mit einem Glas Rotwein läßt sich in Geldeswert nicht fassen.