Aktiv gemanagten Fond wegen starken Verlusten (zum Teil) verkaufen?

  • Hallo zusammen,


    ich bin neu im Forum und hab auf Anhieb keinen passenden alten Thread zu dem Thema gefunden. Sollte doch einer existieren: sorry dafür.


    Zum Thema:
    meine Eltern haben mich gestern gefragt, ob sie ihre Fonds verkaufen sollten, weil der Kurs stark nach unten gegangen ist.

    Sie wollen nicht noch mehr an Wert verlieren. Der Verlust ist seit März 2022 eingetreten (wohl wegen des Ukraine-Kriegs).

    Welche Finanzprodukte das genau sind, weiß ich im Detail noch nicht, außer, dass ein "PrivatFonds" von Union Invest dabei ist.

    Normalerweise hätte ich Ihnen davon abgeraten, jetzt zu verkaufen, da auf lange Sicht sich die Kurse ja wieder erholen sollten.

    Aber da der nächste Konflikt (China/Taiwan) vor der Tür stehen könnte, bin ich mir nicht sicher, ob ein Teilverkauf vielleicht doch sinnvoll wäre?

    Die Fonds sind ein Teil ihrer Altervorsorge. Deswegen sind sie besorgt, dass sie am Ende mit nichts da stehen und auch keine 20 Jahre warten wollen/können, bis sich die Kurse erholt haben.


    Ihr Bankberater hat ihnen zwar auch davon abgeraten, zu verkaufen, aber wegen der hohen Verluste tendieren sie eher dazu, den Restwert noch auf fest verzinste Produkte umzulagern.


    Danke für die Meinungen!

  • Wäre interessant zu wissen, um welchen Fonds genau es sich handelte. Je breiter gestreut, desto weniger Sinn macht der Verkauf...

    Drüber nachdenken könnte man, wenn man hohe Gewinne im gleichen Zeitraum von einem anderen Wertpapier realisiert hat, so dass man so steuerlich sich Vorteile verschaffen könnte...

  • Moin vrsrpl ,


    schaue mal mit deinen Eltern ein paar Saidi Videos zur Geldanlage.

    Der Mensch in der Bank ist kein Berater sondern ein Verkäufer.


    Irgendeine Krise ist immer auf dieser Welt, aber langfristig geht der Kapitalmarkt nach oben.

    Das Inflationsrisiko bei Festverzinslichen Papieren ist langfristig viel größer als das schwanken der Aktienmärkte.


    Mein Rat wäre die Ruhe zu bewahren und Hartmut Walz zu lesen:


    https://hartmutwalz.de/krisen-angst-und-risiken/


    Viel Erfolg dabei deine Eltern zu klugen Finanzentscheidungen zu begleiten.

  • Um wirklich seriös was raten zu können, brauchen wir viel mehr Infos. Welche Fonds? Wie lange bis zur Rente? Wie groß ist die Rentenlücke? Wie ist das Sicherheitsbedürfnis? Was gibt es noch (Rentenversicherungen, betriebliche Altersvorsorgen, Cash, Immobilien....)?

  • Wer im Kopf auf festverzinsliche Produkte eingerastet ist, sollte nichts anderes kaufen als eben das. Wer die Hartnäckigkeit nicht hat, zumindest bei mäßigen Rückgängen dabeizubleiben, sollte die Finger von Aktien lassen. Er schädigt sich sonst selber, weil er nämlich unvermeidlich irgendwann in der Panik zur Unzeit verkauft.


    Du bugsierst Deine Eltern um die aktuelle Klippe hinüber, die Börse steigt für den Rest des Jahres? Irgendwann geht es wieder runter, und sie stehen wieder auf der Matte mit der Frage, ob sie denn nicht besser jetzt alles verkaufen sollen. To be continued.


    Gegenüber dem Stand von Ende März 2022 hat mein Depot in der Spitze 15% verloren. Lokaler Tiefpunkt war Ende September 2022. Mein Depot stand am 20.04.2023 gegenüber Ende März 2022 1% höher. Toll ist das nicht, aber eben auch kein Beinbruch. Ganz habe ich die Verluste des Jahres 2022 noch nicht aufgeholt (im I. Quartal 2022 ging es abwärts), aber letztlich ist der Jahreswechsel ein künstliches Datum. Man könnte den Buchungsschnitt auch zu einem anderen Datum machen und bekäme dann ein anderes Ergebnis.


    Ich halte die weitverbreitete Angst der Nicht- oder Neuaktionäre für irreal, die glauben: "Ich wache morgen früh auf. Die gesamte Weltwirtschaft liegt schlagartig am Boden, und all mein Geld ist weg!" Aber diese Angst ist weitverbreitet, und die davon betroffenen Leute lassen sie sich auch nicht ausreden. Im Gegenteil: Sie belastet ihr tägliches Leben.


    Ich rate daher allen Ernstes dazu, alles zu verkaufen (und sei es am Tiefpunkt). Deine Eltern werfen damit die Last ab, die aktuell auf ihren Schultern zu lasten scheint. Mir scheinen sie seelisch nicht in der geeigneten Verfassung zu sein, die man als Aktionär braucht. Angesichts ihrer Buchverluste sind sie der festen Überzeugung: "Wir haben es ja gleich gesagt, die Börse ist nichts als eine Zockerbude, wo der kleine Mann nur Geld verlieren kann."


    Wirtschaftlich halte ich den Verkauf für die falsche Entscheidung. Aber es ist allgemein nicht sinnvoll, Leute zu Ihrem Glück drängen zu wollen. Verkaufen sie jetzt alles und kaufen etwas Festverzinsliches dafür, werden sie sich über die neu gewonnenen, berechenbaren Zinsen freuen, nicht bedenkend, daß die Realzinsen negativ sind, die Inflation also schneller läuft als der Zins. Sie werden Dir in einem Jahr stolz verkünden: "Schau, für unsere 10.000 Euro haben wir wie errechnet 300 Euro Zinsen bekommen. Damit sind wir zufrieden."


    Wie die Börse weiterlaufen wird, weiß niemand. Solltest Du jetzt auf Halten plädieren, und die Börse sinkt (was niemand weiß), so werden Sie Dir jedesmal, wenn Du sie siehst, vorhalten, daß sie Geld verloren hätten, weil Du ihnen falsch geraten habest. Das kann jetzt schon der Fall sein, sofern Du ihnen zugeredet haben solltest, es mal mit einem Fonds zu probieren. Und es kann sein, daß sie Dir diesen vermeintlich falschen Rat ihr restliches Leben lang vorhalten.


    An der Börse und beim Geldanlegen ist Psychologie wichtiger als Mathematik.


    Das schreibt Dir ein überzeugter Aktionär, der überhaupt nichts Festverzinsliches im Depot hat. Ich bin damals zugegebenermaßen in einer Aufwärtsbewegung eingestiegen. In den folgenden Wellen habe ich somit nicht "mein Geld" schwinden sehen, sondern "nur" meine bisherigen Buchgewinne. Das mag es mir erleichtert haben, dabeizubleiben. Hartmut Walz hat das auf seiner bereits verlinkten Seite in einer Graphik treffend dargestellt. Aber niemand ahnt halt, wenn er einsteigt, ob es danach nach oben oder nach unten geht.

  • Die Kollegen haben es ja schon geschrieben, um urteilen zu können braucht es genaue Angaben. Auf jeden Fall ist es sicherlich ungeschickt in der Nähe vom Tiefststand zu verkaufen, es sei denn man kauft sofort einen anderen Fond der günstiger (Kosten) ist und für die Zukunft eine bessere Rendite erwirtschaftet. Momentan sind alle weit weg vom Höchststand, Krisen kommen und gehen, wann die nächste kommt wissen wir alle nicht und welche gleich gar nicht. Wichtig ist bei dieser Art von Anlagen der Faktor Zeit und ein ruhiges Händchen. Sonst bin ich auch für den Video-Abend mit den Grundlagen Videos von Saidi.

  • Die PrivatFonds der Union sind Mischfonds, die wegen der jahrelangen Negativzinsen und dem Zinsanstieg im letzten Jahr abgeschmiert sind, und wegen dem Anleihenanteil seit September auch nicht mehr groß auf die Beine gekommen sind wie es Aktien(fonds) seitdem geleistet haben.


    Wenn die Eltern partout auf Sicherheit setzen, sollten sie die Einzahlung einstellen, und stattdessen verfügbares Geld auf einzelne Staatsanleihen setzen, die aktuell 2 bis 3 % bis zum Laufzeitende garantiert erbringen.


    Die Leitzinsen der EZB dürften im Laufe des Jahres ihre Zielmarke erricht haben. Von daher wir der Fonds nicht weiter absacken. Ob und wann die Zustände von vor der Krise mit Negativzins wieder erreicht werden, ist fraglich.

  • Ich habe auch deutliche Verluste mit aktiv gemanagten Fonds einer Hausbank erfahren, und nicht nur ich, zahlreiche Bekannte hatten ähnliche Erfahrungen im traditionellen Hausbanksektor. Im vergangenen Jahr fast 25% ins Minus gerutscht, in den letzten Monaten aber wieder auf ca. -16% aufgeholt. Ich will erst verkaufen und in andere Anlagen investieren, wenn die Verluste < 5-10% betragen. Ich bin hier optimistisch, dass dies spätestens nächstes Jahr eintrifft, weil viele Risiken nach den diversen Krisen in den letzten drei Jahren imho eingepreist sind.

    Verluste von >10% durch Anlagen in andere Investments kompensieren ist kurzfristig betrachtet meist mit deutlich höheren Risiken behaftet. Also warte ich lieber ab mit bestehenden Anlagen.

  • Auf jeden Fall ist es sicherlich ungeschickt, in der Nähe vom Tiefststand zu verkaufen, es sei denn man kauft sofort einen anderen Fond, der günstiger (Kosten) ist, und für die Zukunft eine bessere Rendite erwirtschaftet.

    Niemand kann im Verlauf erkennen, wann Tiefstand ist. Könnte jemand das, könnte er mit dieser Kenntnis eine Menge Geld verdienen.


    Wenn ein Anleger glaubt, er sitze seines Verlustes wegen auf glühenden Kohlen, und er deswegen unbedingt raus aus einer Anlage will, dann sollte man ihn nicht aufhalten.


    Ansonsten halte ich von Mischfonds nichts: Der Bankverkäufer ködert den Anleger mit einer vermeintlich hohen möglichen Rendite kombiniert mit einer Sicherheit, die aus den Renten stamme. Diese Kombination (mit Sicherheit hohe Rendite) gibt es aber nicht.

  • Ja logisch weiß niemand wann der Moment ist, allerdings sind wir momentan bei den weltweiten ETFs zirka 10% unter dem Höchststand, heißt wenn die Anlage da erfolgte und man jetzt verkauft ohne sofort wieder anzulegen sind die Buchverluste tatsächliche Verluste. Hatte ich übrigens auch so beschrieben, also den ganzen Post zitieren und nicht nur den ersten Satz. Bei Mischfonds gehe ich komplett mit, diese sind weder Risiko- noch Sicherheitsbaustein.

  • Ich habe auch deutliche Verluste mit aktiv gemanagten Fonds einer Hausbank erfahren, und nicht nur ich, zahlreiche Bekannte hatten ähnliche Erfahrungen im traditionellen Hausbanksektor. Im vergangenen Jahr fast 25% ins Minus gerutscht, in den letzten Monaten aber wieder auf ca. -16% aufgeholt. Ich will erst verkaufen und in andere Anlagen investieren, wenn die Verluste < 5-10% betragen. Ich bin hier optimistisch, dass dies spätestens nächstes Jahr eintrifft, weil viele Risiken nach den diversen Krisen in den letzten drei Jahren imho eingepreist sind.

    Verluste von >10% durch Anlagen in andere Investments kompensieren ist kurzfristig betrachtet meist mit deutlich höheren Risiken behaftet. Also warte ich lieber ab mit bestehenden Anlagen.

    Sorry für die folgende Direktheit, aber an diesem Thread und diesem Post im Speziellen kann man gut festmachen, warum fehlenden finanzielle Grundbildung in Deutschland ein Problem ist.


    Zunächst wurden hier die klassischen Fehler gemacht:

    - Aktive Fonds als Basisanlage (teuer in Anschaffung (Ausgabeaufschlag) und Unterhalt (TER >1%, bis zu 2.5 %), noch dazu idR mit deutlich weniger Rendite als ein passives Portfolio im Langzeitvergleich

    - Anlage über Hausbank (dort in den Händen von als Beratern getarnten Verkäufern)

    - Fehlendes Verständnis woher Verluste kommen (aus Aktienschwankung oder aufgrund der höheren Anleiherenditen) und das folgende übertriebene Angst ("mit gar nichts darstehen"). Also emotionale statt rationale Entscheidungsgrundlagen.

    - Beurteilung einer langfristigen Anlagestrategie durch Blick auf kurzfristige Schwankungen ("-25%, das kann ja niemals gut sein")

    - Fokus auf nominellen Kapitalerhalt trotz sehr langer Laufzeit, also Ignorieren der Inflation (sprich: 100 Euro sollen 100 Euro bleiben und während der 20 Jahre niemals zwischendurch weniger als das sein, anstelle von 100 Euro sollen mir in 20 Jahren auch noch das kaufen können, was ich heute für 100 Euro bekomme, und zwischendurch kann der Wert gerne schwanken)


    So, und im Umgang mit diesen Fehlern werden nun die nächsten gemacht:

    - Selbstüberschätzung mit Blick auf Prognosen ("alles eingepreist", "spätestens nächstes Jahr")

    - "Sunk-Cost-Fallacy" (sprich "ich verkaufe nur, wenn es wieder gestiegen ist")

    - vermutlich auch: Fehlender langfristiger Plan für die Gesamtheit des Vermögens, angepasst an eigene(s) Risikotragfähigkeit, Disziplin und Verständnis.


    Mit Blick auf das alles kann man eigentlich nur raten: Zeit nehmen und lesen, lesen, lesen. Und zwar ordentliche Bücher. Und sich weder durch Youtube-Videos von selbsternannten Finanzexperten noch durch die Hausbank-Verkäufer verunsichtern lassen.

  • Mit Blick auf das alles kann man eigentlich nur raten: Zeit nehmen und lesen, lesen, lesen. Und zwar ordentliche Bücher. Und sich weder durch Youtube-Videos von selbsternannten Finanzexperten noch durch die Hausbank-Verkäufer verunsichern lassen.

    Erstmal: Super Artikel, Galileo. Ich kann an jeden Deiner Sätze nur einen dicken Haken machen: Ja, so wie Du schreibst, ist das. :)


    Nur ganz am Schluß kann ich nicht mehr zustimmen: Nicht allein das sprichwörtliche gute Buch bringt dem Menschen Erleuchtung, denn es gibt auch schlechte Bücher. Umgekehrt gibt es bei Youtube eine ganze Menge gute Videos. Ich verpetze Dich bei einem gewissen Saidi, wenn Du das mit den schlechten Youtube-Videos nochmal schreibst! :)


    Ich glaube halt - und stehe mit meiner Ansicht im Widerspruch zu den meisten hier - daß es den Eltern des Threadstarters an der finanziellen Grundbildung gebricht. Sie sehen nun auf die Kurse ihres vermutlich nur mittelprächtig geeigneten Fonds wie das Kaninchen auf die Schlange und sind total beherrscht von Angst, Angst, Angst. Wenn das so ist, gibt es nur einen Ausweg: mit Verlust verkaufen, den Seelenfrieden wiedergewinnen mit dem guten Festgeld.


    Eine vernünftige Entscheidung wäre bereits damals gewesen, die Schwelle des Geldinstituts nicht zu überschreiten, denn selbstverständlich ist der Bankmensch ein Verkäufer, der primär mal die eigene Provision im Auge hat. Andererseits muß irgendeiner einem die Finanzbildung beibringen, und das darf grundsätzlich schon etwas kosten, denn Dienstleistung kostet nun einmal Geld. Wir alle arbeiten schließlich auch nicht ohne Lohn. Die Finanzbranche aber ist in ihrer Mehrzahl unseriös, und zwar nicht deswegen, weil sie Geld für ihre Dienstleistung nimmt, sondern weil sie fälschlich behauptet, bei ihr sei die "Beratung" für den Kunden kostenfrei. Das glauben die Kunden nur zu gern, und der Honorarberater, der sagt: Ich nehme für die Beratung Geld, vermittle dann aber ohne Provision (oder schütte die Provision aus), tut sich am Markt schwer.


    Noch billiger für den Kunden ist natürlich, wenn er sich selbst um die Finanzen kümmert. Das mag weniger Geld kosten, kostet dafür aber halt Zeit.


    Und für uns alle hier ist das ein Steckenpferd :)


    Wir hier hätten statt des Mischfonds (der nicht Fisch und nicht Fleisch ist) z.B. direkt Renten gekauft (meinetwegen auch einen Rentenfonds) und für den Aktienteil einen Standard-Aktien-ETF). Der wäre in dieser Zeit aber halt auch abgeschmiert. Ich bin überzeugt davon, daß die Kurse wieder kommen, aber aushalten können muß man 10%, 20% vielleicht 50% Kursreduktion doch. Und wer das nicht kann, sollte sich von der oft als Naturgesetz gepriesenen Rendite des Aktienmarktes von 8% nicht verführen lassen und besser bei Festverzinslichem bleiben.

  • Wir hier hätten statt des Mischfonds (der nicht Fisch und nicht Fleisch ist) z.B. direkt Renten gekauft (meinetwegen auch einen Rentenfonds) und für den Aktienteil einen Standard-Aktien-ETF). Der wäre in dieser Zeit aber halt auch abgeschmiert. Ich bin überzeugt davon, daß die Kurse wieder kommen, aber aushalten können muß man 10%, 20% vielleicht 50% Kursreduktion doch. Und wer das nicht kann, sollte sich von der oft als Naturgesetz gepriesenen Rendite des Aktienmarktes von 8% nicht verführen lassen und besser bei Festverzinslichem bleiben.

    Allerdings haben die Rentenfonds im letzten Jahr auch erheblich Federn lassen müssen wegen dem Zinsanstieg. Richtige Anleihen hat in den letzten Jahren wegen Negativ- oder Nullzins kaum jemand haben wollen. Aber das hat sich nun zum Glück geändert.

  • Allerdings haben die Rentenfonds im letzten Jahr auch erheblich Federn lassen müssen wegen dem Zinsanstieg. Richtige Anleihen hat in den letzten Jahren wegen Negativ- oder Nullzins kaum jemand haben wollen. Aber das hat sich nun zum Glück geändert.

    Man kann sich auch mit Renten aus dem Markt nicht ausklinken. Wenn Du eine Rente kaufst, frierst Du den Zins dieses Zeitpunktes ein. Du bekommst dann z.B. 10 Jahre lang den vereinbarten Zins. Nach 10 Jahren zahlt Dir ein guter Schuldner das Geld zurück. Der typische Rentenanleger betrachtet seine Rente als unkündbares Festgeld. Der denkt nicht im Traum daran, daß er die Rente während ihrer Laufzeit verkaufen könnte. Das kann man aber, und dann kommt der jeweilige Kurs ins Spiel, der über oder auch unter pari liegen kann.


    Der Kurs liegt unter pari, weil der Zins gestiegen ist (nehmen wir mal an, der Zins wäre um 1 Prozentpunkt gestiegen, Restlaufzeit 5 Jahre, also Kurs um 95%). Es ist jetzt erstmal egal, ob man das Papier umsetzt und für die nächsten 5 Jahre ein Papier mit einem um 1 Prozentpnkt höheren Coupon kauft. Der Durchschnittsrentenanleger wird das aber nicht tun, weil ihm ein geringer Zins für die nächsten 5 Jahre das geringere Übel scheint als die Realisierung eines Verlusts. Rechnerisch ist das aber (Transaktionskosten nicht gerechnet) Jacke wie Hose.


    Ich erinnere mich noch sehr gut an die belegte Stimme des Sparkassenwirts, als ich ihn gefragt habe, was ich wohl machen sollte, wenn ich jetzt ein Papier über 10 Jahre kaufe und nach 5 Jahren Geld brauche: "Ou", sagte er mit bedenklich wackelndem Kopf, "da müßte man das Papier ja an der Börse verkaufen!" Das klang so gefährlich, als müßte man für so einen Verkauf aufs Schafott steigen. Das waren völlig andere Zeiten als heute. Ich bin überzeugt davon, daß der Mann selbst in seinem Leben noch keinen Börsenhandel getätigt hatte. Die gleiche Grundhaltung steckt vielen Leuten aber auch heute noch im Kopf.


    Das führen wir uns hier in unserer Blase nur nicht zu Bewußtsein.

  • Sorry für die folgende Direktheit, aber an diesem Thread und diesem Post im Speziellen kann man gut festmachen, warum fehlenden finanzielle Grundbildung in Deutschland ein Problem ist.

    Deine düsteren Prognosen im Verbund mit frag-/merkwürdigen und falschen Unterstellungen und Annahmen kann ich nicht so recht nachvollziehen. Ich will nicht alles erwidern, aber ein paar Punkte will ich doch aufgreifen.

    Zunächst wurden hier die klassischen Fehler gemacht:

    - Aktive Fonds als Basisanlage (teuer in Anschaffung (Ausgabeaufschlag) und Unterhalt (TER >1%, bis zu 2.5 %), noch dazu idR mit deutlich weniger Rendite als ein passives Portfolio im Langzeitvergleich

    Das geht weder aus der Ausgangsfrage noch aus meiner Antwort hervor. Meine basics sind mittlerweile abbezahlte Immobilie zur Altersvorsorge, und danach oder daneben verschiedene Anlagepositionen mit mehr oder minder hohen Risiken, Erträgen und Liquidität. Beim Ausgangsfrager weiß ich das nicht, ebenso wie du, und es ist auch nicht so interessant, weil es am Kern der Ausgangsfrage - die du nicht beantwortest - vorbeigeht. Es gibt übrigens durchaus auch erfolgreich aktiv gemanagte Fonds, die trotz hoher Kosten über passiven Fonds rentieren.

    Anlage über Hausbank (dort in den Händen von als Beratern getarnten Verkäufern)

    Wir haben traditionell bedingt zwei Hausbanken im Haushalt, die eine kanns, die andere eher nicht. Ob sich etwas im Nachhinein als schlecht erweist, kann man nicht prognostizieren. Ich würde Beratung über Hausbanken nicht pauschal als "klassischen Fehler" bezeichnen. Die anderen Punkte lasse ich aus, sind nur Vermutungen deinerseits.

    So, und im Umgang mit diesen Fehlern werden nun die nächsten gemacht:

    - Selbstüberschätzung mit Blick auf Prognosen ("alles eingepreist", "spätestens nächstes Jahr")

    Dazu will ich noch was sagen: Die Tendenzen zeigen nahezu alle nach oben, beispielsweise der DAXseit Oktober und viele andere Indices. In meinem Portfolio habe ich 21 Positionen (ETF/Aktien/Fonds), von denen nur 4 seit Beginn des Jahres auf schlechteren Stand sind (erklärbar weil Energie und Co.), der Rest ist alles gestiegen, teils mehr als 50%. Inflationsängsts sind nicht mehr so stark ausgeprägt, Zinserwartungen sind stabiler, der Krieg ist politisch auf Dauer angelegt usw. Ich kenne deine Befürchtungen und Begründungen nicht, aber ich kann guten Gewissens sagen

    weil viele Risiken nach den diversen Krisen in den letzten drei Jahren imho eingepreist sind.

    Daher würde ich bei vielleicht aktuell 20% Minus auf jeden Fall warten und nicht darauf spekulieren, durch Anlage in andere Produkte wieder 25% wett zu machen.