Was bleibt bei einer freiberuflichen Tätigkeit am Ende wirklich übrig?

  • Hallo zusammen,


    ich bin Arbeitnehmer und möchte gerne verschiedene Szenarien durchkalkulieren, ob / ab wann sich eine freiberufliche Tätigkeit für mich lohnt. Ich habe leider echt Schwierigkeiten den genauen Rechenweg zu verstehen, was am Ende eines Monats / Jahres Netto tatsächlich dabei herauskommen würde, wenn ich Vollzeit als Berater arbeiten würde. Vielleicht könnte mir hierbei jemand helfen:


    - Die Dienstleistung ist eine Remote-Beratung im Qualitätsmanagement mit einem Stundensatz von 125€
    - Kosten sind ein Notebook inkl. Zubehör für 800 € und 5,60 €/Monat für Microsoft 365 Business Basic

    - ich bleibe in der gesetzlichen Krankenversicherung ohne Krankengeld

    - ich möchte weiter in die Rentenkasse einbezahlen


    Fragen die ich jetzt habe sind z.B.


    - wie genau berechne ich jetzt das zu versteuernde Einkommen?

    - wann ziehe ich jetzt genau die Krankenversicherungsbeträge ab? Muss ich die eigentlich monatlich überweisen, oder wird das jährlich abgerechnet?


    Ich habe einfach überhaupt keine Ahnung wie der grundlegende Prozess dahinter aussieht. Ich möchte unbedingt eine Beispielrechnung in diesem Stil erstellen können:


    Einnahmen netto / Jahr: 50.000 €

    - Ausgaben netto / Jahr: 876,20 €

    = Zu versteuerndes Einkommen: xxxx €

    - Krankenkassenbeitrag: xxxx €

    - Pflegeversicherung: xxxx €

    usw.


    Wir müssen gar nicht sooo sehr ins Detail gehen und alle Formeln zur Berechnung ausgraben, aber ich möchte verstehen, wann ich welchen Online-Rechner jetzt genau auf welchen Betrag anwenden muss wie z.B. diesen Rechner: https://www.bmf-steuerrechner.de/ekst/eingabeformekst.xhtml


    Für Tipps bin ich wirklich sehr dankbar!


    Ganz viele Grüße

    Paul

  • Hallo.


    Wenn es einen Hauptauftraggeber gibt, jedoch keine Angestellten, dann wird bei einem Gewinn von mindestens 520 Euro ohnehin Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestehen.

    Zu den Beitragsmodalitäten berät die Rentenversicherung auch kostenfrei.

  • Hallo PaulArndo91,


    wo ich mich mit dem Gedanken der Selbständigkeit als „Berater“ getragen habe, gab es von diversen Anbietern Kurse, was man alles so beachten muss. Ich hoffe, heute in Ihrer Gegend gibt es auch noch vergleichbare Angebote. Nehmen Sie die wahr.


    Viel Erfolg und Gruß


    Pumphut

  • ich bin [momentan] Arbeitnehmer und möchte gerne verschiedene Szenarien durchkalkulieren, ob / ab wann sich eine freiberufliche Tätigkeit für mich lohnt.

    Vermutlich eine selbständige.

    "Freiberufler" sind ganz bestimmte Berufe, zu denen Du vermutlich nicht zählst.

    Ich habe leider echt Schwierigkeiten, den genauen Rechenweg zu verstehen, was am Ende eines Monats / Jahres netto tatsächlich dabei herauskommen würde, wenn ich Vollzeit als Berater arbeiten würde.

    Der Rechenweg bei der Steuer ist nicht so fundamental anders als bei einem Angestellten. Allerdings zahlst Du die Sozialversicherungen halt komplett selbst (kannst sie dafür aber auch höher absetzen).

    - Die Dienstleistung ist eine Remote-Beratung im Qualitätsmanagement mit einem Stundensatz von 125€
    - Kosten sind ein Notebook inkl. Zubehör für 800 € und 5,60 €/Monat für Microsoft 365 Business Basic

    - ich bleibe in der gesetzlichen Krankenversicherung ohne Krankengeld

    - ich möchte weiter in die Rentenkasse einbezahlen

    Wenn Du viele Aufträge hast, verdienst Du viel Geld :-),

    wenn Du wenig oder keine Aufträge hast, verdienst Du wenig oder kein Geld. :(


    Als Selbständiger hast Du mit Sicherheit höhere Kosten als lediglich das Notebook und das Microsoft-Abo. Da kommen mindestens noch Kosten für ein Geschäftslokal/Arbeitszimmer dazu (und sei es ein Teil Deiner Mietwohnung, Telekommunikationskosten, Fahrtkosten, Büromöbel, Berufshaftpflichtversicherung etc. etc.).


    Die Krankenkasse zahlst Du komplett selbst (wobei die Krankenkasse sofort große Augen bekommt, wenn sie das Wort "Selbständigkeit" hört).


    Dito die Rentenbeiträge.


    Es gibt Bücher zum Thema, die Du durchlesen könntest, und Kurse für Leute, die sich selbständig machen wollen. Beides ist vermutlich nützlich. Die Kosten für all das mußt Du verdienen, kannst sie aber auch bei der Steuer absetzen. Es hat was für sich, wenn man sich informiert, bevor man den Weg in die Selbständigkeit geht.


    Das Thema ist komplexer, als es sich in einem Forenbeitrag komplett behandeln ließe.

    - wie genau berechne ich jetzt das zu versteuernde Einkommen?

    Grob gesagt: Einnahmen abzüglich Kosten der Firma (die ggf. auf mehrere Jahre zu verteilen sind), abzüglich Rentenversicherung abzüglich Krankenversicherung.

    - wann ziehe ich jetzt genau die Krankenversicherungsbeträge ab? Muss ich die eigentlich monatlich überweisen, oder wird das jährlich abgerechnet?

    Ersteres.

    Die Sozialversicherungsbeiträge kannst Du absetzen, also werden sie abgezogen, erst daraus resultiert das zu versteuernde Einkommen. Das ist (von der Höhe der Beträge abgesehen) genauso wie beim Angestellten. Ich habe daher Deine Aufstellung im Zitat passend umsortiert.

    Wir müssen gar nicht sooo sehr ins Detail gehen und alle Formeln zur Berechnung ausgraben, aber ich möchte verstehen, wann ich welchen Online-Rechner jetzt genau auf welchen Betrag anwenden muss wie z.B. diesen Rechner: https://www.bmf-steuerrechner.de/ekst/eingabeformekst.xhtml

    Selbst wenn Du weißt, wie der Rechenweg funktioniert, bist Du nicht entscheidend weiter. Du kannst im voraus nicht ermessen, wieviel Arbeitsstunden Du mit Deiner Beratungstätigkeit im ersten Jahr abrechnen kannst (Meistens ist es gerade in der Gründungsphase weniger als erhofft). Deine Kosten dürften deutlich höher sein, als Du sie jetzt peilst. Es läßt sich schlecht subtrahieren, wenn man die entscheidenden Zahlen nicht kennt.

  • Bleib unselbständig tätig, vergiss die Selbständigkeit.

    Ich war 20 Jahre als Freiberufler (Beratungstätigkeit im Rahmen vom Fiskus anerkannten "Katalogberuf") tätig, habe alle Höhen und Tiefen erlebt. Möchte da jetzt nicht im Detail eingehen. Planen ist eins, entscheidend ist das realisieren. Nur das zählt.

    Ich war als beratender "Einzelkämpfer" unterwegs da gibt es nicht nur Rücken- sondern vor allem Gegenwind. Deutschland ist in jedweder Art nicht das Land der Existenzgründer. Hier zählen nur sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse und nicht der kleine Soloselbständige. Ich weiss sehr genau aus 20 Jahren wie die Realität aussieht und vor allem wenn das Rentenalter erreicht ist. Da muss nämlich sehr gut vorgesorgt sein sonst wird es schwierig.

  • Dann musst du Horst54 in dem anderen Forum "easyjo" sein, oder? Danke, ich werde deine Erfahrungen bei meiner Entscheidung berücksichtigen.

  • Ich weiss sehr genau aus 20 Jahren, wie die Realität aussieht, und vor allem, wenn das Rentenalter erreicht ist. Da muss nämlich sehr gut vorgesorgt sein, sonst wird es schwierig.

    Der Wert der gesetzlichen Rente wird regelmäßig unterschätzt, dabei ist eine grobe Einschätzung nicht schwierig: Man muß dazu lediglich die monatliche Rentenzahlung mit 12 und das wiederum mit 21 multiplizieren (durchschnittliche Laufzeit einer Rente). Da kommen bei übersichtlich scheinenden Rentenansprüchen ganz erhebliche Beträge zusammen, die ein Selbständiger mit eigener Ersparnis erstmal egalisieren muß.

  • während meiner 20jährigen Selbständigkeit habe ich mtl. regelmäßig jeweils 1.000 € die indexiert waren gezahlt in a) die DRV und b) private Rentenversicherung. Mit 65. (im Jahr 2019) war nach 20j. Laufzeit die private RV fällig. Ich hbae mich für die Kapitalabfindung entschieden (die jetzt in Gänze im A1JX52 investiert ist) und die lebenslange Rente abgelehnt. Ich müsste 30 Jahre leben (also 95 werden) damit die Summe der nicht indexierten Rente die Kapitalabfindung erreicht hätte. Die freiwilligen Rentenversicherungseinzahlungen brachten mir bereits mehr als 10 % Rentensteigerungen. Ich muss erwähnen das ich insgesamt 48 Beitragsjahre hatte. Meine Erfahrung ist => in die DRV einzahlen, die privaten RVs vergessen. Aber als Selbständiger muss man bekanntermaßen alle Beiträge selbst erwirtschaften und konsequent einzahlen. Als Angestellter zahlt der AG 50 %. Meiner Auffassung nach müssen mindestens 2.000 € mtl. eingezahlt werden und zwar über Jahrzehnte damit eine halbwegs auskömmliche Rente herauskommt. Wieviel das ist muss jeder für sich selbst entscheiden. Das sind alles praktische Erfahrungen die gegen die Selbständigkeit sprechen.

    Ja, im WPF schreibe ich als "easyjo".

  • Um einen Rentenanspruch oberhalb der Grundsicherung zu bekommen, benötigt man Richtung 27 Entgeltpunkte, sprich 27 Jahre mit Durchschnittsverdienst, das entspricht grob 750 Euro an monatlichen Beiträgen.


    Wenn eine selbstständige Tätigkeit das langfristig nicht abwirft, sollte man Kosten und Nutzen abwägen.

  • Um einen Rentenanspruch oberhalb der Grundsicherung zu bekommen, benötigt man Richtung 27 Entgeltpunkte, sprich 27 Jahre mit Durchschnittsverdienst, das entspricht grob 750 Euro an monatlichen Beiträgen.


    Wenn eine selbstständige Tätigkeit das langfristig nicht abwirft, sollte man Kosten und Nutzen abwägen.

    Oder man nimmt die Deluxe-Variante, spart sich die Beiträge und bekommt Wohnung und Heizkosten vom Staat gezahlt zuzüglich 560 € Taschengeld.

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • Meine Erfahrung ist => in die DRV einzahlen, die privaten RVs vergessen.

    Meiner Auffassung nach müssen mindestens 2.000 € mtl. eingezahlt werden und zwar über Jahrzehnte damit eine halbwegs auskömmliche Rente herauskommt.

    Der aktuelle Maximalbeitrag zur DRV beträgt 1.357,80 Euro.

    Mehr nimmt die DRV meines Wissens normalerweise nicht an.

  • ich habe bis einschl. 2018 mtl. regelmäßig 1.000 € freiwillige Einzahlungen geleistet, außerdem einmalig zwischen 5.000 € und 15.000 € jährlich, das ging seinerzeit problemlos. Die Altersrente konnte ich damit recht gut steigern. Inzwischen - nach diversen - Rentenerhöhungen liege ich bei 2.000 € + X.

  • ich habe bis einschl. 2018 mtl. regelmäßig 1.000 € freiwillige Einzahlungen geleistet, außerdem einmalig zwischen 5.000 € und 15.000 € jährlich, das ging seinerzeit problemlos. Die Altersrente konnte ich damit recht gut steigern. Inzwischen - nach diversen - Rentenerhöhungen liege ich bei 2.000 € + X.

    Wir sollten nicht die laufende freiwillige Versicherung mit den anderen Vorschriften für Sonderzahlungen vermischen.


    Laufend freiwillig:

    https://dejure.org/gesetze/SGB_VI/7.html


    Sonderzahlung 1:

    https://dejure.org/gesetze/SGB_VI/187.html


    Sonderzahlung 2:

    https://dejure.org/gesetze/SGB_VI/187a.html

  • während meiner 20jährigen Selbständigkeit habe ich...

    ... und...

    Die Altersrente konnte ich damit recht gut steigern. Inzwischen - nach diversen - Rentenerhöhungen liege ich bei 2.000 € + X.

    Nöcht schlöcht, um es mit dem Tenor eines der Protagonisten der Augsburger Puppenkiste zu sagen.


    Meine Erfahrung ist => in die DRV einzahlen, die privaten RVs vergessen.

    Das mit dem Vergessen (Abhaken, in die Tonnen treten...) der privaten Rentenversicherungen (Leibrenten) mag ich gerne unterstreichen. Zur DRV will ich mich nicht weiter äußern.

    Meine Erfahrungen sehen etwas anders aus. Ich habe, auch als nicht abhängig Beschäftigter, vor circa 34 Jahren quasi die Rückkaufswerte meiner damaligen LVen und RVen und ein paar Öcken zusätzlich nicht in die DRV geschoben, sondern in ein anfangs stümperhaft verwaltetes Aktiendepot... und kann mir heute eine etwas höhere 'Rente' gönnen, als die von dir genannten 2k plus ;)

  • Zwischen stümperhaft und stümperhaft kann es schon Unterschiede geben.


    Wenn man sich das Depot mit einer gesunden Mischung aus Bremer Vulkan, Philipp Holzmann und Enron zusammengestümpert hätte, dann wäre der Ruhestand deutlich weniger komfortabel.