PKV, Selbstbehalt, Rückerstattung und die Steuer

  • Seit einigen Jahren ist der Krankenkassenbeitrag steuerlich absetzbar, allerdings nur die sog. Basisabsicherung. Für sonstige Vorsorgeaufwendungen gilt ein Höchstbetrag von 1900/2800 € (Angestellte/Selbständige). Die Basisabsicherung ist aber in jedem Fall absetzbar, auch über dieser Grenze. Dann bleibt allerdings für andere sonstige Vorsorgeaufwendungen kein Platz mehr, noch nicht einmal für den Arbeitnehmerbeitrag zur Arbeitslosenversicherung.


    Jede GKV gilt als Basisabsicherung und ist somit voll absetzbar.


    Ein PKV-Beitrag wird in der Regel aufgeteilt in einen Anteil für die Basisabsicherung und einen Anteil für einen Versicherungsschutz über die Basisabsicherung hinaus. Der erste Teil ist in jedem Fall steuerlich absetzbar, der zweite zwar prinzipiell auch, de facto aber meistens nicht, weil der Posten schon voll ist (siehe oben).


    Bekommt der Versicherte eine Beitragsrückerstattung, weil er keine Rechnungen eingereicht hat, wird auch diese aufgeteilt in einen Anteil, der die Basisabsicherung betrifft, und einen, der die Zusatzleistungen betrifft.


    Den ersten Teil muß der Versicherte faktisch versteuern, weil er nämlich vom Beitrag für die Basisabsicherung abgezogen wird (wie übrigens auch ein eventueller steuerfreier Zuschuß des Arbeitgebers), der zweite Teil fällt (wie der entsprechende Teil des Beitrags) steuerlich meist unter den Tisch. Eine Leistungsabrechnung müßte der Versicherte nicht versteuern.


    Die meisten PKV-Versicherten haben übers Jahr irgendwelche kleinen Arztrechnungen, die sie aber nicht zur Erstattung einreichen, weil sie sich die Beitragsrückerstattung nicht verderben wollen. Hach, wie schön wäre es doch, wenn man diese kleinen Rechnungen doch einreichen könnte, dafür dann eine steuerfreie Erstattung bekäme und nur den Rest als Beitragsrückerstattung!


    Rechenbeispiel:


    Zu erwartende Beitragsrückerstattung 1000 €

    Gesammelte Arztrechnungen übers Jahr 800 €


    Nach aktueller Handhabung ist die Beitragserstattung weg, wenn der Versicherte die Rechnungen einreicht. Das macht er daher vermutlich nicht, bekommt somit nicht die steuerfreien 800€, sondern steuerpflichtige 1000 € von der Kasse, stellt sich also letztlich schlechter, obwohl das auf den ersten Blick anders aussieht.


    Bietet eigentlich irgendeine private Kasse bei solchen Verhältnissen statt einer Beitragsrückerstattung von 1000 € eine (steuerfreie) Leistungserstattung von 800 € und noch 200 € (steuerpflichtige) Beitragserstattung obendrauf?


    Meinetwegen dürfte die Krankenkasse dafür dann eine Verwaltungskostenpauschale von 50 oder 100 € einbehalten. Der Versicherte würde sich dennoch besser stellen.



    Eine sinngemäße Überlegung ergibt sich, wenn ein Versicherter einen Selbstbehalt von z.B. 500 €/a abschließt und dafür der Beitrag um 500 €/a sinkt. Der Versicherte stellt sich dann besser, wenn er keine Arztkosten hat. Aber er stellt sich nicht etwa um 500 €/a besser, sondern um weniger, weil er die Beitragsersparnis versteuern muß (soweit sie auf die Basisabsicherung entfällt).


    Hat er aber 500 €/a Arztkosten, so gleicht sich das nicht etwa aus, sondern der niedrigere Beitrag hat eine niedrigere Steuerminderung zur Folge, wohingegen der Versicherte die Arztkosten aus dem Nettoeinkommen bezahlt, denn eine steuerliche Absetzbarkeit über außergewöhnliche Belastungen setzt einen hohen Selbstbehalt voraus (meist einige tausend Euro).


    Ich schätze, Herr Dr. Schlemann kennt sich damit aus.

  • Bietet eigentlich irgendeine private Kasse bei solchen Verhältnissen statt einer Beitragsrückerstattung von 1000 € eine (steuerfreie) Leistungserstattung von 800 € und noch 200 € (steuerpflichtige) Beitragserstattung obendrauf?


    Meinetwegen dürfte die Krankenkasse dafür dann eine Verwaltungskostenpauschale von 50 oder 100 € einbehalten. Der Versicherte würde sich dennoch besser stellen.


    Das würde mich sehr wundern, denn die PKV zahlt die Beitragsrückerstattung ja nicht an alle, die nur viele kleine Rechnungen einrechnen und zusätzlich noch Steuern sparen möchten, sondern v.a. an diejenigen, die ihre kleinen Rechnungen selbst bezahlen und damit ihre Verwaltung spürbar entlasten.


    Die BRE ist also bereits die Verwaltungskostenpauschale (inkl. der jährlichen Kosten für Zahnreinigungen, Routine- und Bagatellbehandlungen).


    Andernfalls müssten die Beiträge steigen, wenn neben den tatsächlich entstandenen Krankheitskosten noch Beiträge "zurückgezahlt" werden sollen.

  • Interessante Gedanken Achim Weiss ! So ähnlich rechnen wir das auch unseren Kunden aus, wenn sie auf einen vermeintlich niedrigeren Beitrag schauen und dabei übersehen, dass sie die medizinischen Minderleistungen eines günstigeren Tarifs aus dem Netto bezahlen, während der höhere Beitrag zu ca. 80% steuerlich absetzbar ist. Was man dabei auch noch berücksichtigen sollte, ist dass ca. 40% vom Beitrag (30% tariflich, 10% gesetzlicher Zuschlag) in Alterungsrückstellungen fließen, also letztlich langfristig gespart werden.


    Ihr Rechenbeispiel BRE 1.000 / Arztrechnungen 800 wird für den Versicherten wieder lohnend, wenn der Tarif - wie häufig - auch noch einen Selbstbehalt hat.


    Um auf Ihre Frage zurück zu kommen: Ich wüsste keinen PKV Anbieter, der so differenziert leistet. Neben der Frage, ob man dabei die steuerlichen Regelungen umgeht, dürfte so ein Split auch extrem unwirtschaftlich sein. Mit SB bzw. einem Bonus für Leistungsfreiheit, der genauso nur umgekehrt funktioniert, und BRE wollen sich die Versicherer ja gerade die aufwendige Leistungsprüfung und Erstattung für "Kleinkram" sparen. Das dürfte nicht mit einer kleinen Verwaltungskostenpauschale ausgeglichen werden können.

    Dr. Schlemann unabhängige Finanzberatung GmbH & Co. KG
    Von Finanztip empfohlene Spezialisten für Berufsunfähigkeit und private Krankenversicherung | Angaben gem. § 11 VersVermV, § 12 FinVermV: https://schlemann.com/erstinformationen | Beiträge in der Finanztip Community erstelle ich mit größtmöglicher Sorgfalt, jedoch ohne Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität. Deren Nutzung erfolgt auf eigene Gefahr.

  • Noch ein kleiner Punkt zu der Idee eines im Hinblick auf Erstattung, Beitragsrückerstattung und Steuern optimierten Konstrukts: Kaum hat man das mühsam bewerkstelligt und Angebot und Abläufe im Unternehmen deshalb auf den Kopf gestellt, wird das Ganze, initiiert vom Gesundheits- und vom Finanzministerium, vom Gesetzgeber wieder umgestoßen ... Sisyphus läst grüßen ;(

    Besuche bereiten immer Freude. Wenn nicht beim Kommen, dann beim Gehen.

    Altes portugiesisches Sprichwort, Quelle unbekannt




  • Mich [würde] sehr wundern [wenn das PKV-Unternehmen es zulassen würde, rückerstattungsneutral Rechnungen einzureichen], denn die PKV zahlt die Beitragsrückerstattung ja nicht an alle, die nur viele kleine Rechnungen einrechnen und zusätzlich noch Steuern sparen möchten, sondern v.a. an diejenigen, die ihre kleinen Rechnungen selbst bezahlen und damit ihre Verwaltung spürbar entlasten.

    Der Großteil der Kosten eines PKV-Unternehmens dürften Leistungserstattungen sein, die Verwaltungskosten dürften demgegenüber den kleineren Teil der Ausgaben des Unternehmens ausmachen.


    Klar: Würde man diesen Weg öffnen, entstünden für die Versicherungsgesellschaft Verwaltungskosten, ich habe ja oben davon geschrieben. Man könnte diese allerdings minimieren, etwa dadurch, daß es nur einen einzigen Einreichungsvorgang gebe, der Kunde also nicht kleckerlesweise mit 20 Minirechnungen ankommt. Detailfrage.

    Andernfalls müssten die Beiträge steigen, wenn neben den tatsächlich entstandenen Krankheitskosten noch Beiträge "zurückgezahlt" werden sollen.

    Rechenexempel für die Versicherungsgesellschaft, so wie sie generell ihre Tarife zu kalkulieren hat.

    Ihr Rechenbeispiel BRE 1.000 / Arztrechnungen 800 wird für den Versicherten wieder lohnend, wenn der Tarif - wie häufig - auch noch einen Selbstbehalt hat.

    Beitragsrückerstattungen und Selbstbehalt sind aus finanzieller Sicht das Gleiche, der Selbstbehalt verschiebt die Rechnung nur nach oben.


    Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie komplex Kalkulationen werden können, die nicht mehr enthalten als die vier Grundrechenarten.


    Ich habe als Angestellter in meinem Tarif einen kleinen Selbstbehalt. Ich habe ihn abgeschlossen, weil der Jahresbeitrag durch den Selbstbehalt stärker zurückgegangen ist als um den Betrag des Selbstbehalts. Die Rechnung stimmt natürlich nicht, denn die Hälfte der Beitragsersparnis kommt dem Arbeitgeber in Form eines verringerten Arbeitgeberzuschusses zugute. Damals war das noch anders, aber heute spielt auch die Steuer noch eine Rolle: Der kleinere Beitrag bedingt eine geringere Steuerersparnis, sollte ich entsprechende Arztkosten haben, zahle ich diese aber aus dem Nettoeinkommen.


    Mit der Beitragsrückerstattung ist das ähnlich: Sie bedingt eine geringere Steuerersparnis, ich muß sie somit quasi versteuern. Die bezahlten Rechnungen, die ich eben nicht eingereicht habe, zahle ich aus dem Nettoeinkommen.

    Ich wüsste keinen PKV Anbieter, der so differenziert leistet. Neben der Frage, ob man dabei die steuerlichen Regelungen umgeht, dürfte so ein Split auch extrem unwirtschaftlich sein.

    Die Steuerumgehung sehe ich nicht. Der Versicherte bekommt ja eine Leistungserstattung, die ganz normal steuerfrei ist, sowie einen restlichen Bonus, der wie üblich steuerwirksam ist.


    Ob der Split "extrem unwirtschaftlich" ist, sei dahingestellt.

    Mit SB bzw. einem Bonus für Leistungsfreiheit, der genauso nur umgekehrt funktioniert, und BRE wollen sich die Versicherer ja gerade die aufwendige Leistungsprüfung und Erstattung für "Kleinkram" sparen.

    Klar.

    Das dürfte nicht mit einer kleinen Verwaltungskostenpauschale ausgeglichen werden können.

    Zugegeben: Wenn dieses Tor aufgemacht würde, mag es Versicherte geben, die den neuen Weg ausreizen. Just deswegen hatte ich ja vorgeschlagen: Ein Einreichungsvorgang, ein Erstattungsvorgang. Dann liegt gleich alles auf einmal auf dem Tisch und kommt nicht kleckerweise herein.


    So schlimm kann der Verwaltungsaufwand aber nicht sein: Mein Versicherer gewährt mir rückerstattungsunschädlich gewisse Vorsorgeleistungen. In deren Rahmen hat er auch Rechnungen zu prüfen und zu erstatten, meist mit kleineren Beträgen.