Rechtsschutz im Steuerrecht

  • Hallo zusammen,


    wenn man eine Rechtsschutzversicherung abschließt, die Steuerrecht umfasst, was gilt dann als Datum für den Versicherungsfall? Steuererklärungen gibt man ja für zurückliegende Jahre ab. Jahre, in denen man evt. noch nicht versichert war.Ist dann der Steuerbescheid selbst das auslösende Ereignis oder nimmt man das Jahr auf den sich der Steuerbescheid bezog? Spielt es hier eine Rolle, ob der Versicherer nach der Folgeereignistheorie reguliert? Oder wird immer das Jahr genommen auf das sich der Steuerbescheid bezog? Oder immer das Jahr indem man den Steuerbescheid bekommt? Was ist das auslösende Ereignis?


    Grüße

    Plumpaquatsch

  • Da fehlen noch einige konkrete Daten im Format JJJJMMTT oder auch umgekehrt.


    Abgesehen davon:

    Soll die Versicherung erst abgeschlossen werden, wenn hier die Wunschantwort in Serie kommt? Oder ist das Kind schon auf dem Weg in Richtung Brunnenboden?

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Ich bin noch auf der Suche nach einer Versicherung.


    Ich habe gerade ein Haus verkauft, wo ich einen Miterben vor einigen Jahren ausgezahlt habe. Die Spekulationsfrist ist aber noch nicht um. Nun hat der Bundesfinanzhof aber im September 2023 entschieden, daß in einem solchen Fall, wo es sich um ein Erbe handelt und Miterben ausgezahlt wurden, generell keine Spekulationssteuer anfällt.


    Prinzipiell wäre es möglich, daß sich irgendwann 2025/2026 das Finanzamt in seinem Bescheid für 2024 gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs entscheidet. Zur Zeit weiß das niemand. Ist sowas überhaupt versicherbar?


    Ich komme auf die Folgeereignistheorie, weil da die eigentliche Ursache durchaus in der Vergangenheit liegen kann und erst das auslösende Ereignis, hier der Steuerbescheid, die Entscheidung des Finanzamts relevant ist. Die kennt aber noch keiner.


    Grüße

  • Auszug aus den AVB meiner eigenen Rechtsschutzversicherung:


    "(4) Im Steuer-Rechtsschutz gemäß § 2 e) besteht kein Rechtsschutz, wenn die tatsächlichen oder behaupteten Voraussetzungen für die der Angelegenheit zugrunde liegende Steuer- oder Abgabefestsetzung vor dem im Versicherungsschein bezeichneten Versicherungsbeginn eingetreten sind oder eingetreten sein sollen."


    Ich vermute einmal, dass das eine übliche Regelung ist, d.h. wenn Du nicht spätestens vor dem Verkauf des Hauses - oder sogar der Auszahlung Deiner Miterben - bereits versichert warst, ist es nach meinem Verständnis schon zu spät.


    Ein bereits brennendes Haus wird vermutlich niemand mehr versichern (wollen). Wenn Du eine Versicherung finden solltest, sag gerne hier Bescheid.

  • Ja, ich fürchte das auch.


    Aber andererseits, das Haus brennt ja nicht. Es besteht lediglich die Möglichkeit, daß es brennen könnte. Und aus keinem anderen Grund versichert man ja überhaupt irgendwas. Man schließt eine Versicherung ab, weil man ein Auto oder Haus gekauft hat und da könnte was passieren.


    Ich halte es sogar für unwahrscheinlich, daß sich das Finanzamt gegen ein Urteil des obersten Finanzgerichts stellt. Aber das ist möglich. Auch wenn es rückblickend eher selten passiert ist.

  • Das befürchtete Szenario ist eigentlich nicht möglich. Es steht nicht im Ermessen der einzelnen Finanzämter, ob sie BFH-Rechtsprechung anwenden oder nicht. Wenn ein BFH-Urteil nicht über den Einzelfall hinaus angewendet werden soll, wird das durch einen sog. Nichtanwendungserlass des Bundesfinanzministeriums bestimmt. Diese Nichtanwendungserlasse werden veröffentlicht, es ist also ein transparentes Verfahren und niemand wird in so einem Fall überrascht. Wenn es keinen Nichtanwendungserlass gibt, ist höchstrichterliche Rechtsprechung von den Finanzämtern genauso zu beachten wie die Gesetze.


    Im übrigen lassen sich solche Zweifel im Vorfeld durch eine verbindliche Auskunft beseitigen. Kostet eine Gebühr und sollte möglichst von jemand eingereciht werden, der etwas davon versteht, hat aber den entscheidenden Effekt, dass das Finanzamt später im Besteuerungsverfahren daran gebunden ist.

  • Ich gehe eigentlich davon aus, daß Finanzämter solange nach der bisherigen Praxis gehen bis es ein BMF Schreiben dazu gibt oder einen Nichtanwendungserlass. Du sagst nun, sie wären an das Urteil gebunden. Bist du sicher?


    Gesetzt ich müßte jetzt meine Steuererklärung abgeben und das Finanzamt würde nach derzeit gültiger Praxis entscheiden und vielleicht Monate später wird in einem BMF Schreiben das Urteil bestätigt. Würde dann auch mein Steuerbescheid nachträglich korrigiert?

  • Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden


    Danke sehr. Aber so eindeutig finde ich das nicht. Was ist Recht? Das sind für mich erstmal Gesetze. Aber so ein Urteil ist kein Gesetz, sondern erstmal eine Einzelfallentscheidung.

  • Aber so eindeutig finde ich das nicht. Was ist Recht? Das sind für mich erstmal Gesetze. Aber so ein Urteil ist kein Gesetz, sondern erstmal eine Einzelfallentscheidung.

    Wenn du das obige von @epsilon2 nicht glaubst, dann verlass die Komfortzone, spring ins Wasser und probiere es einfach aus.

  • Iss keine Glaubensfrage. Der Link, den ich gepostet habe, sagt das ein Urteil nicht direkt von den Finanzämtern angewandt wird und zunächst als Einzelfallentscheidung betrachtet wird. Es muss erst das Finanzministerium entsprechende Verfahrensweisen erlassen oder eine Nichtanwendung beschließen.

  • Unabhängig davon, was das Finanzamt macht oder nicht macht und ob es wahrscheinlich ist, dass es einen Nichtanwendungserlass geben wird oder nicht, wird die Rechtsschutzversicherung sich für den Fall nicht zuständig sehen, wenn der Miterbe schon vor Abschluss der Versicherung ausgezahlt bzw. das Haus verkauft wurde, denn dann liegen die Bedingungen für den Steuer-Rechtsschutzfall nicht vor, wenn die o.g. AGB so oder ähnlich verwendet werden.


    Insofern ist dieses "Haus" schon vor Abschluss der Versicherung abgebrannt, salopp gesagt.


    Die Versicherung kann aber für Rechtsschutzfälle sinnvoll sein, die erst in der Zukunft auftreten. Denn auch für diese wirst Du nur versichert sein, wenn die Versicherung schon vorher bestand.

  • ... Du sagst nun, sie wären an das Urteil gebunden. Bist du sicher? ...

    Nein, sie sind formal nicht daran gebunden. Sie wenden es in der Praxis aber an, es sei denn, es gäbe einen Nichtanwendungserlass. Und sie sind durch Art. 20 Abs. 3 GG (Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz) und Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheit vor dem Gesetz im Sinne eines Willkürverbots) auch verpflichtet, es anzuwenden. Das ist der Grund, warum bei Nichtbeachtung dem Bürger vorher durch den Nichtanwendungserlass gesagt wird, dass er ausnahmsweise nicht davon ausgehen darf, dass die Finanzverwaltung künftig nach dem BFH-Urteil verfahren wird.