Ab in die Rente ... aber einfach oder aufwendig?

  • Kann hier inhaltlich nichts beitragen wäre aber gerne besser informiert - kann mich jemand auf einen Beitrag im Forum oder anderswo verweisen, in dem ich Grundlagen zu den hier aufgestellten Behauptungen zum Vorteil einer vorzeitigen Inanspruchnahme von (Teil- oder Voll-)Renten grundlegend nachlesen kann?

    Also eine Teilrente kann Sinn machen, wenn man neben dem Rentenbezug weiterarbeiten will und den Anspruch auf Krankengeld aufrecht erhalten will oder es eine arbeits- bzw. tarifvertragliche Regelung gibt, bei der der Bezug einer Vollrente das Beschäftigungsverhältnis automatisch beendet. Der Bezug einer Teilrente statt einer Vollrente kann aber dazu führen, dass eine Betriebsrente noch nicht zur Auszahlung kommt. Müsste man für die eigene Situation prüfen.

    Sind in der Rente Abschläge enthalten, so beziehen die sich auf den Teil der Rente, der zur Auszahlung kommt. Wenn man ab 63 eine 10%ige Teilrente bezieht und erst mit 66 in die Vollrente wechselt (beispielhaft 1958 geboren), hätten die 10% einen Abschlag von 10,8%, die restlichen 90% (zuzüglich eventueller zusätzlicher Entgeltpunkte nach Rentenbeginn) hätten keinen Abschlag.

    Ab Erreichen der Regelaltersgrenze führt Vollrentenbezug zur Versicherungsfreiheit, daher kann der Verzicht auf 0,01% der Rente dazu führen, dass die Pflegekasse weiterhin Beiträge zahlen muss. Da kann sich der teilweise Verzicht lohnen.

  • Wenn man eine abschlagsfreie Rente (z. B. Regelaltersrente) ab Februar 2024 bezieht, dann hätte man bis Ende Februar z. B. 1000 Euro an Rente erhalten.

    Bei einer alternativen Variante mit einer vorgezogenen Altersrente (hier: Altersrente für langjährig Versicherte ab Januar 2024) hätte man eine monatliche Rente von 997 Euro und folglich bis Beginn der Regelaltersrente einen "Vorsprung" 997 Euro.

    Mit jedem Monat ab Beginn der Regelaltersrente würde dieser "Vorsprung" um 3 Euro abgetragen werden. (Rentenanpassungen außer Betracht gelassen)

    Also dauert es 997/3 Monate, bis der "Vorsprung" der vorgezogenen Rente aufgeholt ist.

    Diese Rechnung kann man für verschiedene Renten mit unterschiedlichen Abschlägen vornehmen. Je nachdem, welche Renten man vergleicht, kommt man zu unterschiedlichen Bewertungen, ob man lieber diese oder jene Rente beanspruchen will.

  • Wobei ich das "immer" zu einem "meistens" relativieren würde.

    Die Rente mit 63 ist dann nicht die richtige Entscheidung, wenn man nur kurze Zeit später eine abschlagsfreie Rente beziehen kann.

    Das ist Georgs Seite, ich finde seine Gedanken hilfreich zu lesen.

    Deine Frage liegt nahe. Ich wollte mich immer mal dranmachen, die Rente für langjährig Versicherte und die Rente für besonders langjährig Versicherte im Licht dieses Artikels miteinander zu vergleichen. Der Gedankengang bei der "vorzeitigen Inanspruchnahme" ist bei beiden Rentenarten ja der gleiche.

    45 Versicherungsjahre muß man natürlich erstmal zusammenbekommen, speziell bei Akademikern könnte das schwierig werden (wenn sie beispielsweise nicht daran gedacht haben, vor dem 45. Lebensjahr (Zahl zufällig die gleiche!) Schuljahre aufzuzahlen.

    Aus dem Bauch heraus müßte R45 noch etwas besser sein als R35, aber nachgerechnet habe ich das noch nicht. Man könnte Georg ja mal anspitzen.

    Es könnte auch sein, daß sich der Vergleich je nach Zugangsalter verändert. Die von Dir genannte "kurze Zeit" verändert sich im Moment noch jedes Jahr. Das Zugangsalter für R35 ist wählbar, minimal 63/0. Das Zugangsalter für R45 ist meiner Kenntnis auch wählbar, aktuell minimal 64/4.

    Wer erwägt, eine der Optionen zu ziehen, wird es sich für seinen individuellen Fall wohl ausrechnen.

  • Hornie: Georg schreibt in den Kommentaren, er habe einen Mandanten gehabt, dem beide Optionen offenstanden, sowohl R35 (mit Abschlag) als R45 ohne. Selbst bei dem sei es günstiger gewesen, R35 in Anspruch zu nehmen. Wie Du in den dortigen Kommentaren lesen kannst, bin ich diesbezüglich so skeptisch gewesen wie Du.

    Vielleicht liegt das Resultat ja an den Versuchsbedingungen?

    Georg nimmt ja einen Menschen an, der ein ETF-Depot einer bestimmten Höhe hat, das er bis zu seinem 100sten Lebensjahr entsparen möchte. In einem solchen Fall hängt die Pleitewahrscheinlichkeit von der Entnahmerate ab. Georg akzeptiert bei jeder seiner Rechnungen eine Pleitewahrscheinlichkeit von 2,5% (1 von 40) und errechnet die Entnahmerate. Ein nennenswertes Risiko bei einem solchen Verfahren ist das Renditenreihenfolgerisiko. Es besagt, daß ein Aktiendepot überproportional leidet, wenn ein Börseneinbruch früh in der Entnahmephase erfolgt, weil dann nämlich die nominal gleiche Entnahme schwerer zu schultern ist. Wenn dann aber eine fixe Zahlung dazukommt (nämlich die Rente), schont das die Entnahme aus dem Depot, was entweder die Pleitewahrscheinlichkeit mindert oder eine höhere Entnahmerate erlaubt. Wenn diese fixe Zahlung früher kommt, verstärkt das den Effekt. Offenbar ist dieser Effekt sogar größer als der Rentenunterschied einer R35 mit Abschlag und einer R45 ohne.

    Ich hätte so herum nicht gerechnet, aber Georg schreibt darüber nicht nur seinen Blog, sondern macht das auch beruflich.

    Ich denke primär an den Nominalwert und daran, daß jemand, der früh die Rente bezieht eine Menge Geld zur Seite legen kann, bis er sein gesetzliches Rentenalter erreicht. Für einen fairen Vergleich muß man ja Leute nehmen, die gleich lang arbeiten und Geld verdienen. Daß einer, der mit 63 mit Abschlägen in Rente geht und dann die Füße hochlegt, sich schlechter stellt als einer, der bis 67 buckelt und erst dann Rente bezieht, ist ja klar. Dafür hat der ja auch 4 Jahre länger frei. Wie diese (andere) Rechnung zwischen R35 und R45 ausgehen, will ich mir gelegentlich noch ausrechnen.

  • Nur um Missverständnisse zu vermeiden:

    Wenn jemand mit akademischem Bildungsweg Nachzahlungen für Ausbildungszeiten leistet, so wird dies nur in sehr ausgesuchten Fällen dazu führen, dass die 45-jährige Wartezeit noch erfüllt werden kann. Denn die Nachzahlungen sind erlaubt für Schulzeiten zwischen den 16. und 17. Lebensjahr und für Schulzeiten/Studienzeiten, die über die anrechenbaren 8 Jahre hinausgehen.

    Wer 8 Jahre (und mehr) an Anrechnungszeiten für Schule, Studium usw. zurückgelegt hat, die nicht auf die 45-jährige Wartezeit anrechenbar sind, der wird nur schwer an die 45 Jahre herankommen.

    Wer die 45 Jahre erreichen will, aber lange zu Schule geht oder studiert, der müsste eher während Schule oder Studium versicherungspflichtig arbeiten oder freiwillige Beiträge leisten bzw. dies getan haben.

  • Wenn jemand mit akademischem Bildungsweg Nachzahlungen für Ausbildungszeiten leistet, so wird dies nur in sehr ausgesuchten Fällen dazu führen, dass die 45-jährige Wartezeit noch erfüllt werden kann. Denn die Nachzahlungen sind erlaubt für Schulzeiten zwischen dem 16. und 17. Lebensjahr

    Das könnte das entscheidende Jahr sein, das dann die 45 Jahre voll macht.

    Mal ganz davon abgesehen, daß es eine Überlegung für einen heute jungen Menschen ist, auf Verdacht eine solche Zahlung zu leisten. Für die Anerkennung der Zeit reicht ja der Mindestbeitrag. Wer weiß denn, wie die Rechtslage in 30 oder 40 Jahren ist?

    In meiner Bekanntschaft ist einer, der sich früher darüber geärgert hat, daß unser werter Staat ihm kurz vor Ende seines Studiums seinen Wehrdienst nachversichert hat. Dabei war zu diesem Zeitpunkt schon klar, daß er Mitglied in einem berufsständischen Versorgungswerk wird. Er dachte damals, es wäre doch besser gewesen, der Staat hätte das Geld in seine eigentliche Rente gesteckt (Er wußte wohl nicht, daß unser Staat dergleichen niemals tun würde!). Später hat er mit freiwilligen Beiträgen die Wartezeit voll gemacht. Aus heutiger Sicht hätte es noch nicht einmal müssen! Die Mütterrente hätte ihm die fehlenden 36 Monate auch gebracht. Egal, die kriegt er jetzt obendrauf. Wer hätte das damals geahnt?

    Wer 8 Jahre (und mehr) an Anrechnungszeiten für Schule, Studium usw. zurückgelegt hat, die nicht auf die 45-jährige Wartezeit anrechenbar sind, der wird nur schwer an die 45 Jahre herankommen.

    Wer die 45 Jahre erreichen will, aber lange zu Schule geht oder studiert, der müsste eher während Schule oder Studium versicherungspflichtig arbeiten oder freiwillige Beiträge leisten bzw. dies getan haben.

    Das Nachbarssohn steht mit 25 Jahren kurz vor dem Master. Er hat 1 Jahr BuFDi auf dem Zähler und seit dem 18. Lebensjahr neben dem Studium bereits 7 Jahre versicherungspflichtige berufliche Tätigkeit. Wenn alles normal läuft, schafft der die 45 Jahre mit Leichtigkeit. 1 Jahr Schulausbildung könnte er noch nachzahlen, ist wohl sinnvoll, aber vermutlich erst dann, wenn eine nennenswerte Steuerersparnis dagegensteht, sprich, wenn er sich beruflich etabliert hat. 20 Jahre hat er für die Nachzahlung ja noch Zeit.

  • Wenn einer heute mit ca.13% Abschlag in Rente gehen kann oder nächsten Monat ohne Abschlag, dann kann ich mir wirklich kein Szenario vorstellen, in dem die erste Variante sinnvoll ist.

    Wie alt müßte dieser Kandidat denn sein, daß diese Konstellation möglich ist?

  • Vermutlich!

    Wenn einer heute mit ca.13% Abschlag in Rente gehen kann oder nächsten Monat ohne Abschlag, dann kann ich mir wirklich kein Szenario vorstellen, in dem die erste Variante sinnvoll ist.

    Die Variante ist so nicht denkbar.

    Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte ist für die Jahrgänge 1958 und jünger genau zwei Jahre vor dem Beginn der Regelaltersrente möglich.

    Würde man die Altersrente für langjährig Versicherte einen Monat vorher beanspruchen, dann hätte man 7,5% Abschläge.

    Erscheint mir aber immer noch nicht sehr clever den einen Monat nicht zu warten.

  • Wenn einer heute mit ca.13% Abschlag in Rente gehen kann oder nächsten Monat ohne Abschlag, dann ...

    ... ist das technisch überhaupt nicht möglich, wie ich oben angedeutet habe und Kollege Janders ausgeführt hat.

    ... dann kann ich mir wirklich kein Szenario vorstellen, in dem die erste Variante sinnvoll ist.

    Wie oben schon erwähnt: Georg hat ausgerechnet, daß es in seiner Versuchsanordnung selbst dann günstiger ist, R35 in Anspruch zu nehmen, wenn man die Bedingungen für R45 erfüllt. Wer das vorhat, dürfte das auch so machen und nicht nach dem Erfüllen der Bedingung für R35 noch so lange warten, bis er 1 Monat vor dem Erfüllen der Bedingung für R45 steht.

    Der entscheidende Punkt ist aber ein anderer: In seiner Versuchsanordnung hat der Privatier ein Aktienportfolio, das er mit einer Rentenzahlung stabilisiert. Je früher diese fixe Rentenzahlung einsetzt, desto früher kann er die Entnahme aus seinem Aktienportfolio reduzieren, was das Renditereihenfolgerisiko mindert und damit das Pleiterisiko.

    Vermutlich muß ein Privatier, der nicht auf Aktien, sondern auf ultrasichere Renten setzt, anders rechnen, vor allem muß er vermutlich mit weniger Entnahme rechnen. Auch dieser Anleger sollte sich aber mit dem Vorziehen der Rente besser stellen als mit der Normrente. Ich muß wirklich mal nachrechnen, ob in diesem - anderen! - Layout R35 oder R45 günstiger ist.

  • Für den Jahrgang 1964 gerechnet und unterstellt, dass man frühestmöglich auch die 45 Jahre erfüllt hat:

    Mit 63: 14,4% Abschlag

    Mit 65: kein Abschlag

    Mit 64 und 11 Monaten: 7,5% / Monat

    = 7,5% Abschlag pro Monat

    Mit 64 und 10 Monaten: 7,2% / 2 Monate

    = 3,6% Abschlag pro Monat

    .

    .

    .

    Mit 63: 14,4% / 24 Monate

    = 0,6% Abschlag pro Monat

    Muss man sich überlegen, was einem was wert ist.

    Falls man die 45 Jahre erst später (z. B. mit 65 Jahren und einem Monat) erfüllt, müsste man entsprechend anders rechnen. Das Prinzip bleibt aber unverändert.