Sparerpauschbetrag

  • Hallo,

    ich lese immer wieder das man den Sparerpauschbetrag jährlich voll nutzen sollte.

    Wenn ich aber jedes Jahr von meinem ETF Anteile verkaufe damit ich den Freibetrag ( bei mir 1000 Euro) steuerfrei einnehmen kann, muss ich jedesmal in den Zinseszins Effekt eingreifen. Denn die ersten Anteile die ich gekauft habe, sind die ersten die beim Verkauf verkauft werden.

    Also, die Anteile mit den meisten Gewinnen.

    Sollte man jetzt den Freibetrag jährlich ausschöpfen und den Zinseszins Effekt jedesmal zerstören oder den Freibetrag jedes Jahr verfallen lassen.?

    Was ist auf lange Sicht besser?

    Ich habe nur ein ETF (Thesaurier), Zinsen auf Tagesgeld decken die 1000 bei weitem nicht. Auch habe ich einen Geldmarkt ETF,der ist Ausschüttend. Aber auch da, werden die 1000 lange nicht voll.

    Ich hoffe hier eine Antwort zubekommen, denn im Netz finde ich keine.

    Danke im Voraus! :)

  • Hallo!


    Das ist ein ähnlicher Denkfehler wie der von dem man auch ähnlich häufig hört/liest, ob der Zinseszinseffekt nicht größer wäre wenn man beispielsweise 1x 10.000€ anlegt im Vergleich zu 2x 5.000€. Antwort hier: Es kommt am Ende auf das gleiche raus (bei gleichem Zins, gleicher Rendite, gleichem Zeitpunkt/-raum).


    Anwort in deinem Fall: Ja, du hast einen Vorteil wenn du den Sparerpauschbetrag jährlich ausschöpfst. Du unterbrichst den Zinseszinseffekt nicht, solange du direkt wieder den kompletten Erlös des ETF-Anteile-Verkaufs investierst. Du unterbrichst zwar gewissermaßen die Steuerstundung, aber da du ja gar keine Steuern zahlst, unterbrichst du sie nicht wirklich. Die Steuerstundung geht danach schließlich direkt wieder weiter, ebenso wie der Zinseszins.


    Hatte gerade mal Zeit und Lust ein Beispiel zu rechnen:


    Beispiel 1 (vereinfacht, ohne Soli, Kirchensteuer und Teilfreistellung, keine Vorabpauschale, keine Ausschüttungen usw.):

    Du legst 1.000 an. Nach einem Jahr hast du auf diese Summe 10% (100€) Gewinn gemacht und möchtest damit den Sparerpauschbetrag ausnutzen. Würde dich normalerweise (vereinfacht!) 25€ Steuern kosten. Hier zahlst du sie nicht. Du verkaufst also 1.100 und kannst direkt wieder 1.100 anlegen. Ein Jahr weiter hast du wieder 10% Gewinn gemacht, was dann 1.210 ergibt. Also 110€ Gewinn. Davon 10€ durch den Zinseszins. Der bereits versteuerte Gewinn von 100€ aus dem letzten Jahr muss nicht nochmal versteuert werden.

    Wenn du nun verkaufst OHNE Sparerpauschbetrag zahlst du auf die 110€ 27,50€ Steuern und darfst 1.182,50€ behalten.

    Wenn du nicht verkaufst oder du wieder die Anteile rollst bleiben 1.210 im Depot und das Spiel geht wieder von vorne los im nächsten Jahr.


    Beispiel 2 (Vereinfachung wie oben):

    Du legst 1.000 an. Nach einem Jahr hast du auch hier 10% (100€) Gewinn gemacht. Du entscheidest dich aber deine Anteile nicht zu rollen. Also bleiben die 1.100 einfach so liegen. Nach einem weiteren Jahr hast du dann analog zu Beispiel 1 auch hier wieder 10% Gewinn gemacht, also auch hier wieder 1.210€ im Depot liegen.

    Nun verkaufst du wieder alles OHNE Sparerpauschbetrag. Dann darfst du auf 210€ unversteuerten Gewinn Steuern zahlen. Also 52,50€ Steuern und du darfst 1.157,50€ behalten.

    Wenn du nicht verkaufst oder du wieder die Anteile rollst bleiben 1.210 im Depot und das Spiel geht wieder von vorne los im nächsten Jahr.


    Denk dir nun, dass du in beiden Fällen jedes Jahr das gleiche tust aber NICHT endgültig verkaufst im zweiten Jahr, sondern erst nach 30 Jahren. Dein Depot wird nach 30 Jahren gleich groß sein. Bei 10% jährlich sind das 17.449,40, wovon 16.449,40 Gewinne sind. Der Zinseszins ist also ganz genau gleich gelaufen. Nicht gleich gelaufen ist allerdings, dass du bei Beispiel 1 einen Teil schon versteuert hast jedes Jahr und bei Beispiel 2 eben nicht. Macht dann unter dem Strich nach Steuern unter Ausnutzung von 1.000€ Sparerpauschbetrag pro Jahr:


    Beispiel 1: 17.006,72 (in einen Rechner eingegeben, der jedes Jahr bis zu 1.000€ Sparerpauschbetrag berücksichtigt - du zahlst dann erst in den letzten Jahren überhaupt ein bisschen Steuer, weil du vorher immer unter den 1.000 liegst)


    Beispiel 2: 17.449,40 - (16.449,40 - 1000) * 0,25 = 13.587,05


    Ein ziemlicher Unterschied in diesem Beispiel. Wobei ich hier davon ausgehe, dass du keine anderen Gewinne/Zinserträge hast, die den Sparerpauschbetrag ausfüllen. Wenn dem so ist, was wahrscheinlich ist, dann wird die Differenz natürlich deutlich geringer. Dieses Beispiel soll nur verdeutlichen, wieso es sich dabei um einen Gedankenfehler handelt :)


    Du unterbrichst den Zinseszins nur, wenn du nicht direkt wieder anlegst.


    Wenn du selbst einmal rum rechnen möchtest: https://www.zinsen-berechnen.de/sparrechner.php


    Das hier ist natürlich keine Steuer- oder Anlageberatung, ich bin nur interessierter Laie. In der obigen Rechnung können Fehler enthalten sein. Viel Erfolg dir!

  • Ich lese immer wieder, dass man den Sparerpauschbetrag jährlich voll nutzen sollte.


    Wenn ich aber jedes Jahr von meinem ETF Anteile verkaufe, damit ich den Freibetrag (bei mir 1000 Euro) steuerfrei einnehmen kann, muss ich jedesmal in den Zinseszinseffekt eingreifen. Denn die ersten Anteile, die ich gekauft habe, sind die ersten, die beim Verkauf verkauft werden.

    Das macht letztlich keinen Unterschied.

    Sollte man jetzt den Freibetrag jährlich ausschöpfen und den Zinseszinseffekt jedesmal zerstören oder den Freibetrag jedes Jahr verfallen lassen?

    Was ist auf lange Sicht besser?

    Auf lange Sicht ist es besser, den Freibetrag jährlich auszuschöpfen und parallel dazu die Grundschulmathematik aufzufrischen.


    Woher Du die 1000 € (oder bei Aktien-ETFs 1428€) nimmst, ist egal. Mit älteren Anteilen hast Du den Betrag vermutlich schneller voll als mit neuere, mußt also weniger ältere Anteile umsetzen, als Du neuere Anteile umsetzen müßtest.