Kredit oder Depotentnahme

  • Hallo zusammen,


    eine gängige und nachvollziehbare Empfehlung lautet:

    Erst Schulden abbauen, dann in Aktien investieren.

    Die ersparten Zinsen der Schulden sind dann eine "sichere Rendite". Soweit so klar.


    Was ist jedoch, wenn es sich bei den Schulden - neben einem bestehenden Aktiendepot - nicht um einen Konsumkredit handelt, sondern um einen "unternehmerischen" Kredit. Der Kredit soll für den Bau einer Immobilie genutzt werden. Das geliehene Geld soll einen Hebeleffekt für das Immobilienprojekt erzeugen. Wenn das im Bau befindliche Haus in Eigenleistung fertig gestellt ist, soll der Kredit getilgt werden und das eingesetzte Eigenkapital im besten Fall gehebelt werden.

    Gilt also für ein "unternehmerisches" Darlehen der gleiche Grundsatz: Erst Schulden abbauen, dann in Aktien investieren?

    Also Alternative 1: Macht es mehr Sinn, einen Teil des bestehenden Aktiendepots zu veräußern, um die Immobilie zu realisieren? Dann würde allerdings auch einiges an Steuer anfallen.

    Oder Alternative 2: Nichts aus dem Depot zu entnehmen und einen Kredit aufzunehmen? Mit dem Risiko, dass die Aktien in der Bauzeit des Hauses allerdings auch ordentlich nachgeben oder zulegen können.


    Hier noch einige Zahlen:

    Zins für das geliehene Geld: 4,1 % p.a.

    Erwartete Rendite Aktiendepot: 7 % p.a. real mit Rendite-Reihenfolgerisiko

    Gewinn Immobilie: ca. 15% p.a. auf das Eigenkapital, lässt sich allerdings noch nicht genau sagen


    Vielen Dank für eure Ratschläge im Voraus!

  • Eine gängige und nachvollziehbare Empfehlung lautet:

    Erst Schulden abbauen, dann in Aktien investieren.

    Die ersparten Zinsen der Schulden sind dann eine "sichere Rendite". So weit so klar.


    Was ist jedoch, wenn es sich bei den Schulden - neben einem bestehenden Aktiendepot - nicht um einen Konsumkredit handelt, sondern um einen "unternehmerischen" Kredit? Der Kredit soll für den Bau einer Immobilie genutzt werden. Das geliehene Geld soll einen Hebeleffekt für das Immobilienprojekt erzeugen. Wenn das im Bau befindliche Haus in Eigenleistung fertig gestellt ist, soll der Kredit getilgt werden und das eingesetzte Eigenkapital im besten Fall gehebelt werden.

    Und was passiert im schlechtesten Fall?

    Gilt also für ein "unternehmerisches" Darlehen der gleiche Grundsatz: Erst Schulden abbauen, dann in Aktien investieren?

    Also Alternative 1: Macht es mehr Sinn, einen Teil des bestehenden Aktiendepots zu veräußern, um die Immobilie zu realisieren? Dann würde allerdings auch einiges an Steuer anfallen.

    Wenn es um die Steuer geht, setzt beim durchschnittlichen Deutschen der Verstand aus.

    Oder Alternative 2: Nichts aus dem Depot zu entnehmen und einen Kredit aufzunehmen? Mit dem Risiko, dass die Aktien in der Bauzeit des Hauses allerdings auch ordentlich nachgeben oder zulegen können.

    Du beabsichtigst eine Zinsdifferenzspekulation. Kann man machen, ist aber halt eine Spekulation, die aufgehen kann oder nicht.


    Was für einen Ratschlag erwartest Du?


    Jeder Außenstehende, der die Situation nicht kennt, ist wohl beraten, wenn er sich hier mit Ratschlägen zurückhält.

  • Hier noch einige Zahlen:

    Zins für das geliehene Geld: 4,1 % p.a.

    Um diesen Zins nach Steuer zu erwirtschaften brauchst Du ein Rendite von 5,57% p.a.

    Das ist schon ziemlich sportlich, wenn Du das als 'sicher' am Aktienmarkt voraussetzt.

    Von Januar 2000 - Dezember 23, also über immerhin 24 Jahre lag die Rendite eines MSCI World bei 4,8% p.a. :/


    So ein Zinsdifferenzgeschäft lohnt sich eigentlich nur, wenn die Zinsdifferenz groß genug ist oder zumindest die Rendite 'sicher' ist.

  • Bei einer eigengenutzten Immobilie würde ich klar Schuldentilgung bevorzugen.


    Wenn Du von einem "unternehmerischen" Kredit schreibst, handelt es sich wohl eher um ein Vermietungs- oder Entwicklungsprojekt. Das muss sich m.E. innerhalb des Projektes rentieren, d.h. das kann man m.E. getrennt von der privaten Altersvorsorge sehen. Die Risiken sollten ebenfalls innerhalb des Projektes tragbar sein.

  • Um diesen Zins nach Steuer zu erwirtschaften brauchst Du ein Rendite von 5,57% p.a.

    Das ist schon ziemlich sportlich, wenn Du das als 'sicher' am Aktienmarkt voraussetzt.

    Von Januar 2000 - Dezember 23, also über immerhin 24 Jahre lag die Rendite eines MSCI World bei 4,8% p.a. :/


    So ein Zinsdifferenzgeschäft lohnt sich eigentlich nur, wenn die Zinsdifferenz groß genug ist oder zumindest die Rendite 'sicher' ist.

    Ich denke, du hast hier nur die Rendite des Kursindex' des MSCI World genommen. Hinzu kommen noch Dividendenausschüttungen in Höhe von 1.5-2 % p.a.

    Zudem funktioniert es bei Krediten, welche Werbungskosten darstellen (z.B. zur Finanzierung von vermieteten Immobilien) anders herum ist. Sie wirken steuermindernd abhängig vom Grenzsteuersatz.


    Solche Steuerdifferenzgeschäfte setze ich persönlich ein. Einfaches Beispiel: Eltern geben mir zu 5 % Darlehen über 100k EUR, damit ich eine Immobilie finanzieren kann. Sie zahlen ca. 1319 EUR Kapitalertragsteuer, während ich mir vom Finanzamt 2350 EUR erstatten lasse (47 % Grenzsteuersatz).

  • Ich denke, du hast hier nur die Rendite des Kursindex' des MSCI World genommen.

    Total Net Return in Euro (also inkl. Dividenden).


    2000-2009 waren verlorene Jahre auf dem Aktienmarkt. In diesem Zeitraum hat der Index sogar negativ performt (-3,7% p.a.). Der Maximale Drawdown des Depotwerts lag bei -50%.

    Von 2010-2023 waren dann gute Jahre für den Aktienmarkt (11,5% p.a.).

    Unterm Strich kommen in diesen 24 Jahren trotzdem halt 'nur' 4,8% p.a. heraus.

  • MB. Habe nur Beitrag Nr. 1 gelesen

    nicht um einen Konsumkredit handelt, sondern um einen "unternehmerischen" Kredit. Der Kredit soll für den Bau einer Immobilie genutzt werden.

    Was Dir sicherlich bekannt ist: Schuldzinsen können bei eigengenutzten Immobilien nicht in steuerlich in Ansatz gebracht werden - dies ist nur bei vermieteten Objekten möglich. Um Letzteres geht es hier wohl ... ?

    Das geliehene Geld soll einen Hebeleffekt für das Immobilienprojekt erzeugen.

    Das ist mir klar. Der Leverage-Effekt kann eine prima bis tolle Sache sein. Klar ist aber: Der Hebel wirkt in beide Richtungen. Setze ich 10% EK ein und verdoppelt sich der Wert der Immobilie hat sich mein EK im Verkaufsfall sozusagen verzwanzigfacht - verliert die besagte Immobilie nur 10% an Wert ist mein gesamtes eingesetztes EK im Verkaufsfall schon futsch. Verliert die Immobilie 15% an Wert ist das Ding schon "unter der Wasserlinie". Insgesamt gesehen erhöhen sich so (Leverage) massiv die Chancen - aber auch signifikant die Fragilität der Gesamtkonstruktion.

    Zins für das geliehene Geld: 4,1 % p.a.

    Für ein solches (spekulatives) Zinsdifferenzgeschäft ist das eine sehr sportive Benchmark. Mir fallen längere Phasen an den Aktienmärkten ein, wo das eher nicht hingehauen hätte.


    Wenn die finanzielle Gesamtaufstellung stimmt (man kommt im Ernstfall sprich worst-case) nicht wirklich in Bredouille, kann man das nichtsdestotrotz machen. Voraussetzung: Die subjektive Risikotragfähigkeit (Risikotoleranz) ist ebenfalls vorhanden. Unruhige Nächte wären mir das nicht wert. Aber da sind die Menschen sehr unterschiedlich.



    Gute Gedanken und ebensolche Finanz-Entscheidungen wünsche ich !

  • Total Net Return in Euro (also inkl. Dividenden).


    2000-2009 waren verlorene Jahre auf dem Aktienmarkt. In diesem Zeitraum hat der Index sogar negativ performt (-3,7% p.a.). Der Maximale Drawdown des Depotwerts lag bei -50%.

    Von 2010-2023 waren dann gute Jahre für den Aktienmarkt (11,5% p.a.).

    Unterm Strich kommen in diesen 24 Jahren trotzdem halt 'nur' 4,8% p.a. heraus.

    Sieht aus, als wenn du Recht hast in der Größenordnung. Aus dem Performanceindex konnte ich eine Rendite von 5.0 % für den gegebenen Zeitraum ausrechnen. Der S&P 500 rentierte im Vergleichszeitraum mit ziemlich genau 7 %.

    Ich selbst meide Aktien in Europa bis auf einige Einzelwerte fast vollständig (aus meiner Sicht sehr schlechtes Biotop für aufstrebende Unternehmen aus verschiedenen Gründen) und seit Xi Jinping 2012 auch China und bin dadurch etwa 90 % in den USA investiert.


    Ich bin erst nach der Dotcom-Blase volljährig geworden und habe mich mit viel Mut und Glück durch die Finanzkrise gemogelt.


    Somit gab es für mich bisher nur den kleineren Schluckauf in der Coronakrise.

  • Nicht ganz. Der Verkaufserlös ist das Zwanzigfache des ursprünglichen EK. Nach Abzug des FK verbleibt immerhin ein elffaches EK.

    Wenn dem so sein sollte: Auch gut. Dann vielen Dank für die Korrektur bzw. Präzisierung !


    Zu Deinem Verständnis:


    Auf diese Einlassung eines von mir durchaus geschätzten Mitforisten

    Du bemühst Dich ja immer sehr um Erbsenzählerei und warst an dieser Stelle erfolgreich.

    war meine Antwort:

    Das exakte Gegenteil ist der Fall. Schon weil ich nicht gut rechnen kann.


    Als Finanz-Laie und schon von daher eher nur Generalist fällt mein Blick in aller Regel zuerst auf die übergeordnete Ebene (Strategie, Strukturierung, Asset-Allocation, Finanzkonstruktion kommt vor Finanzkondition etc. pp.) und zuletzt (wenn überhaupt) auf die unterste Ebene (Umsetzung mittels einzelner konkreter Finanzprodukte bzw. Finanzinstrumente).

    (nachträglich gefettet von mir)


    Natürlich keine Entschuldigung für "Kopfrechnen schwach" - aber wenigstens eine Erklärung.



    Wie mal eine gute Bekannte (immerhin studierte Mathematikerin und mehrere Jahrzehnte als Aktuarin für eine der größten deutschen Assekuranzen tätig) beim Gespräch und Austausch über unserer Mittel und Depots sagte:


    "Die dümmsten Bauern haben eben die dicksten Kartoffeln" ...


    ;)