Portfolio-Rebalancing trotz Steuer sinnvoll?

  • Menhir


    Wie ich schon geschrieben habe ich rebalance nicht. Mein risikoarmer Portfolioanteil ist groß genug dass er langt. Und wenn der risikoreiche Portfolioanteil mittels einen kostengünstigen globalen breit diversifizierten Welt Aktien ETF performed gibt es auch keinen Grund zum traurig sein dass dieser Anteil einfach immer mehr wird. Ein Rebalancing für mich in diesem Fall wie das Schneiden von Rosen und das Gießen von Unkraut.


    Vielmehr achte ich auf ein gutes Verhältnis von Sachvermögen und Geldvermögen. Sozusagen Inflationsschutz und Deflationsschutz.


    Man weiß nicht was die Zukunft bringt. Oft sogar das Gegenteil.

  • Gegenargument 1: Rebalancing kostet Steuerstundung und somit Rendite.

    Das ist richtig. Kann in der Gesamtheit sich trotzdem lohnen, wenn es eben deine Strategie ist, von der du dir am Anfang versprochen hast, dass sie eine Mehrrendite bringt und/oder ein Mehr an Sicherheit für dich. Siehe zum Beispiel die Artikel von Kommer, Links oben. Wenn es nun mal dem Risikoprofil entspricht ist ein (von Kommer so genanntes) Level 1 Rebalancing auf jeden Fall zu raten. Level 2, also innerhalb der beiden Dimensionen "renditestark" und "risikoarm", ist tatsächlich nicht ganz so wichtig. Hier kannst du die Methode verwenden den Sparplan einfach anzupassen und den "Rest" eben in Kauf nehmen, dass er nicht genau so läuft wie du es einmal festgelegt hast.


    Gegenargument 2: Es kann ja im laufe der Zeit neue Erkenntnisse geben, warum muss noch krampfhaft das richtig sein was man mal vor 10 Jahren so meinte.

    Klar kann es das. Dann spricht auch nichts dagegen die Strategie anzupassen. Dann sollte man eben nicht mehr behaupten, dass man nach wie vor z.B. 70/30 fährt, sondern seine Strategie bewusst umformulieren und sich eingestehen, dass das eben nicht DIE Strategie für 40 Jahre war. Wenn man sich von der neuen Strategie eine Verbesserung erhofft, warum nicht. Aber die neue Strategie muss ja nicht genau dem entsprechen, was das nicht rebalanced Portfolio aktuell hergibt. Und dann hast du eben doch wieder ein Rebalancing, das deiner neuen Strategie entspricht.



    Gegenargument 3: Es wird ja immer wieder gesagt ob MSCI World oder FTSE All World oder MSCI ACWI oder MSCI ACWI IMI ist sekundär warum dann krampfhaft zw. SmallCaps / EmergingMarkets und Developed World rebalancen?

    Weil du mit der Entscheidung für ein sagen wir mal 70/30 Portfolio eben eine strategische Entscheidung hoffentlich bewusst getroffen und dir davon eine Mehrrendite und/oder ein Mehr an Sicherheit versprochen hast. Wie gesagt. Und in dem Fall ist es einfach nur rational, dass ein Rebalancing vorgenommen wird. Wenn deine Strategie war "nur am Anfang 70/30 und danach darf es sich so entwickeln wie der Markt will", dann ist das eben eine andere Strategie. In dem Fall bräuchtest du natürlich kein Rebalancing. Aber bei der klassischen 70/30-Strategie und Abwandlungen (mit/ohne Small Caps beispielsweise) gehört es eben zur Strategie, dass dieses Verhältnis ungefähr gehalten wird.


    Bei einer 100% 1-ETF-Strategie triffst du von vorne herein die Entscheidung, dass das Level 2 Rebalancing entfällt bzw. für dich automatisch vorgenommen wird, je nach Sichtweise. Und da die Auswirkungen von Small Caps oder nicht und selbst EM oder nicht zumindest aktuell sehr gering sind, wird davon gesprochen, dass die Entscheidung sekundär ist welcher eine All-World-ETF genau. Das ist doch einer der wichtigsten Vorteile dieser Strategie.


    Gegenargument 4: Bei z.B. 2 ETFs A/B mit 70:30 Verhältnis kann ja ein Rebalancing von A->B nur notwendig sein wenn sich A merklich besser entwickelte. (Warum dann künstlich aufs lahmende Pferd setzen?) Das entspricht doch ungefähr dem ETF vs Einzelaktien Gedanke. Man weiß normalerweise nicht was sich wie entwickeln würde (daher keine Einzelaktien sondern ETF und lässt den in Ruhe machen)

    Du hast wie gesagt mit 70/30 in gewisser Weise eine aktive Entscheidung getroffen. Eine, für die es einen wissenschaftlichen Hintergrund gibt wohl gemerkt. Wenn du diese aktive Entscheidung getroffen hast, dann musst/solltest du auch von den Vorteilen dieser Strategie überzeugt sein. Und dann ist es völlig rational bzw. es gehört einfach zur Strategie, dass du gerade auf das lahmende Pferd setzt, da das ja aktuell unterbewertet ist im Rahmen deiner Strategie, an die du warum auch immer glaubst.


    Ich will damit keineswegs sagen, dass ich 70/30 uns Co sinnvoll finde. Es gibt wie gesagt Argumente dafür, aber auch welche dagegen. Ich hab mich bewusst für die 1-ETF-Lösung entschieden von Anfang an. Und selbst wenn man sich mal für 70/30 entschieden hat und dann seine Strategie ändern will: dann kann man das machen. Das ist dann eben eine aktive Strategieänderung, siehe oben. Entweder man ist davon überzeugt oder eben nicht. Auch einfach laufen lassen kann eine Strategie sein, aber es ist eben eine andere Strategie.


    Gegen einen groben Zuschnitt (wenns denn passt) ist nichts auszusetzen, aber ich bezweifle das hier übermäßiges Balancing die Rendite optimiert

    Das ist ja relativ. Die Regeln kann Jeder selbst festlegen. Nur sollte man mit sich und seiner Strategie ehrlich sein. Auch wenn man diese ändern will, was völlig legitim ist. :)

  • Hab es nun gelesen. Danke für den Tipp! Sehr interessant, so simpel es eigentlich auch ist. Es gibt dem, was ich ohnehin als grobe Idee im Kopf hatte, auf jeden Fall einen Namen und strukturiert es! Und da steckt auch drin was ich mir gedacht habe: dass der "Notgroschen", die "Liquiditätsreserve" oder die "Rücklagen" am Ende durchaus als Sicherheitsbaustein bzw. Teil des "SAF" (= Safe Asset Floor) betrachtet werden können. Schreibt Kommer ja auch explizit. Diese Idee entspricht auf jeden Fall mehr meiner Denkweise wofür ich einen Sicherheitsbaustein benötige als prozentuale Werte.


    Das ist aber nur etwas für das Level-1-Rebalancing, also Sicherheits- vs. Renditebaustein. Level-2 (wie ist meine Aufteilung der Welt in ETFs) Rebalancing muss/kann dennoch traditionell erfolgen. Wenn die Strategie es eben vorsieht.

  • Hab es nun gelesen. Danke für den Tipp! Sehr interessant, so simpel es eigentlich auch ist. Es gibt dem, was ich ohnehin als grobe Idee im Kopf hatte, auf jeden Fall einen Namen und strukturiert es! Und da steckt auch drin was ich mir gedacht habe: dass der "Notgroschen", die "Liquiditätsreserve" oder die "Rücklagen" am Ende durchaus als Sicherheitsbaustein bzw. Teil des "SAF" (= Safe Asset Floor) betrachtet werden können. Schreibt Kommer ja auch explizit. Diese Idee entspricht auf jeden Fall mehr meiner Denkweise wofür ich einen Sicherheitsbaustein benötige als prozentuale Werte.


    Das ist aber nur etwas für das Level-1-Rebalancing, also Sicherheits- vs. Renditebaustein. Level-2 (wie ist meine Aufteilung der Welt in ETFs) Rebalancing muss/kann dennoch traditionell erfolgen. Wenn die Strategie es eben vorsieht.

    Freut mich, dass dir der Artikel weitergeholfen hat.


    Manchmal kann es doch so einfach sein 😉 Mir hat der Artikel auch geholfen. Und wie du so schön gesagt hast: er gibt Struktur. Das finde ich gut, besonders in schwierigen Zeiten. So hat man immer einen Plan an den man sich halten kann.

    Das reine Rebalancing nach Prozenten hat mir nie so recht gefallen da hier meist nur der Aktienanteil und das Tagesgeld betrachtet wird. Aber es fehlt halt noch die Immobilie und die Rentenansprüche. Diese stellen ja schon bereits einen Sicherheitsbaustein dar.


    PS: Danke dass du meinen Beitrag geliked hattest. Dank dir bin ich nun im Rang des "Sparkönigs" 😁😎🤴😅🤣😉

  • Das ist bei mir ähnlich. Ich betreibe daher "Cash-Flow basiertes Rebalancing". Die daraus resultierende leichte Schieflage der Gewichtung ist mir egal.

    Gerd Kommer hat dazu mal einen Blogbeitrag geschrieben: Rebalancing: Vorteile, Methoden. Prinzipien

    Siehe Punkt 3c)

    Saarlaender vielen Dank für den Link. Wirklich sehr hilfreich!

    Wo die Diskussion zum Rebalancing hinsichtlich sicher-verzinstem Teil und Rendite-orientiertem Teil des Portfolios herkommt ist mir nicht ganz klar, auch wenn das sicherlich auch interessant ist. Aus meiner Sicht sind das aber zwei unterschiedliche Themen. Mir ging es hier nur um ein Rebalancing innerhalb des Rendite-orientiertem Teil.

    Auf Basis des Artikels von Gerd Kommer lässt sich aus meiner Sicht zusammenfassend sagen, dass Rebalancing bei langfristig aufgesetzten Portfolios von rationalen Anlegern in jedem Fall sinnvoll ist. Von Sprüchen wie "RB ist wie Rosen schneiden und Unkraut gießen" halte ich nicht so viel, auch wenn es erstmal gut klingt :thumbup:

    Wenn möglich, ist CashFlow-Rebalancing das sinnvollste, da es die gewünschten Verhältnise ohne Kosten wiederherstellt.

    Ist CF-R nicht mehr möglich, was für Portfolios ab einer bestimmten Größe gilt, so bleibt einem kalenderbasiertes oder bänderbasiertes RB oder eine Mischform. Ich werde mich für eine Mischform entscheiden, sprich zu festen Terminen die Verhältnisse prüfen und bei einer definierten Abweichung X das Rebalancing durch Verkäufe/Käufe wiederherstellen und die fehlende Zinseszinseffekte der gezahlte Steuern in Kauf nehmen.

    Vielen Dank an alle für die interessante Diskussion!

  • Hab es nun gelesen. Danke für den Tipp! Sehr interessant, so simpel es eigentlich auch ist. Es gibt dem, was ich ohnehin als grobe Idee im Kopf hatte, auf jeden Fall einen Namen und strukturiert es! Und da steckt auch drin was ich mir gedacht habe: dass der "Notgroschen", die "Liquiditätsreserve" oder die "Rücklagen" am Ende durchaus als Sicherheitsbaustein bzw. Teil des "SAF" (= Safe Asset Floor) betrachtet werden können. Schreibt Kommer ja auch explizit. Diese Idee entspricht auf jeden Fall mehr meiner Denkweise wofür ich einen Sicherheitsbaustein benötige als prozentuale Werte.

    Ich mache das auch so ähnlich (und wusste bisher nicht, dass sich dafür jemand einen schicken Namen ausgedacht hat). 😁 „Sicherheitsbaustein“ (in Form von Notgroschen / liquiden Mitteln auf dem Tagesgeld) ist für mich ein Betrag in absolutem Geld, kein Prozentsatz.

  • Mir ging es hier nur um ein Rebalancing innerhalb des Rendite-orientiertem Teil.

    Auf Basis des Artikels von Gerd Kommer lässt sich aus meiner Sicht zusammenfassend sagen, dass Rebalancing bei langfristig aufgesetzten Portfolios von rationalen Anlegern in jedem Fall sinnvoll ist. Von Sprüchen wie "RB ist wie Rosen schneiden un

    Ja, WENN der renditeorientierte Teil aus mehr als einem ETF besteht und man sich bewusst für eine bestimmte Allokation entschieden hat, dann ist es nur konsequent, auch das Rebalancing durchzuziehen. Ob es sich am Ende mehr rechnet als „einfach laufen lassen“ oder „von vornherein nur ein ETF“, weiß natürlich keiner (das gilt aber auch generell für jede gewählte Strategie und Allokation).

  • Ich habe beschlossen, erstmal kein Rebalancing zu betreiben. Mein risikoloser Teil reicht mit (als absoluter Betrag) vollkommen für alle absehbar möglichen Ausgaben (neues Auto, Umzug...) aus.
    Durch die steigenden Aktienkurse der letzten Monate hat sich der prozentuale Anteil natürlich stark in Richtung des risikobehafteten Teils verschoben, was bei steigenden Kursen zwangsläufig ist und auch nicht stört.