Denkfehler in Kalkulation / Kapitalanlage

  • Hallo zusammen,


    vorweg: die Immobilie, die ich mir anschaue, ist KEINE, klassische Kapitalanlage. Sie befindet sich in einer A-Stadt, in einer A-Lage, ist ein Neubau, der in Q1 2025 fertig sein soll. Quadratmeter-Preise Neubau in dem Stadtteil fangen bei 12-13k pro m2 an, und gehen teils bis 20k pro m2 hoch.


    Kenne den Bauträger aus anderen Geschäften und hatte mir letzte Woche eine 2-Zimmer mit 61m2 angeschaut, wo offiziell 850.000€ dran stehen, ich aber 635.000€ anbieten möchte, und auch durch persönlichen Draht denke, dass es nicht ganz ausgeschlossen ist (wollen das Projekt abschließen).


    Ich selber habe zwei größere ETW in der gleichen Stadt, die ich immer zu Eigennutz bar gekauft hatte (erste wurde dann zu klein, dann die nächste mit EK gekauft). Dann wollte ich zur Diversifizierung neben Aktien-Depot und Firmenbeteiligungen, auch Immobilien zur Vermietung in mein Portfolio aufnehmen und habe 2 weitere Wohnungen mit FK gekauft.


    Jetzt zu dem neuen Case:


    Ich rechne immer drei Werte aus, Basis: Kaufpreis 635.000€ (100% FK), Nebenkosten 42.000€ (aus Eigenkapital),

    meine Bank hat mir für 100% Finanzierung aufgrund Bonität 2,75% angeboten, spannend wird es durch die AfA-Regelung mit 5% in den ersten 6 Jahren bei Neubauprojekten


    Cash-Flow Berechnung:
    Mieteinnahmen: 20.496€

    FK-Zins (2,75) : 17.452,50€

    Tilgung (1,00): 6.350€


    Cashflow-jährlich: -3.316,50€

    Cashflow-monatlich: -276,37€


    Steuerliche Berechnung:

    Mieteinnahmen: 20.496€

    FK-Zins (2,75) : 17.452,50€

    Abschreibung (5,00): 27.000€ (80% Gebäudewert gerechnet)


    Steuerliches Ergebnis jährlich: -24.000€

    (bin im Spitzensteuersatz, sprich ich verringere mein reguläres Jahreseinkommen um 24.000€)

    -->da jeder Euro über 62.810€ Einkommen mit 42% versteuert wird:

    Steuererstattung 1. Jahr: 10.080€

    Steuererstattung monatlich (runtergerechnet): 840€


    EK-Rendite:

    Mieteinnahmen 20.496 + Steuererstattung 10.080 - Zinsen 17.452,50€

    eingesetztes EK (42.000)


    = circa 31%


    Habe ich noch einen Denkfehler? Tilgung schmälert nicht meine EK Rendite, weil sie ja meinem EK zufließt (würde ich so argumentieren). Theoretisch müsste ich jetzt noch nicht umlegbare Kosten (Instandhaltungsrücklagen) und ggf. Einbauküche einrechnen, sonst alles dabei oder?



    Würde mich über euer Feedback freuen,


    LG :)


  • Scheint mir erst mal plausibel, wenn die Zahlen und Erwartungen denn so stimmen. Das ist ein Investment das ca. mit Faktor 15 gehebelt ist, von daher auch nicht überraschend, dass unter Idealbedingungen die Rendite gut ist.


    Die Gesamtkapitalrendite „roh“ sind nach deiner Rechnung 3%, dem ggü. stehen Fremdkapitalkosten für fast den gesamten Betrag von 2,75%. Nicht sehr toll. Die schöne Zahl kommt rein von der Abschreibung, die wenn ich richtig informiert bin jedes Jahr weniger wird (?). Außerdem nimmst du an, dass die Wohnung durchgehen zu dem erwarteten Preis vermietet sein wird. Irgendwann wird auch die Zinsbindung auslaufen usw.


    Sich nur die Rendite in Jahr 1 anzuschauen, greift vielleicht etwas kurz.

  • Früher gab es die Möglichkeit einer 110% Fremdfinanzierung.

    Folglich betrug die Rendite unendlich Prozent. :D


    Wichtiger erscheint mir die langfristige Werthaltigkeit der Immobilie.


    Viele der "Steuersparimmos" (§7 Abs. 5 EStG) aus den 90ern brauchten mehr als 25 Jahre um den Kaufpreis wieder zu erreichen.


    "Steuerspargier frißt Hirn"

    Bitte keine Politikwissenschaftler und kein Marcel Fratzscher mehr im TV.

  • Natürlich kann man so rechnen, aber wie sinnig das ist...


    Es ist eine Neubauimmobilie in A Lage einer A Stadt. Das heißt Upside-Potenzial begrenzt. Wie sicher ist die angesetzte Miete?! Wie liegt diese im Vergleich zur ortsüblichen Vergleichmiete? Gibt es dort viele Neubauwohnungen?


    Eine Planung von Cashflow und Rendite würde ich über die geplante Haltedauer und nicht nur für Jahr 1 machen.


    Die Bruttomietrendite ist aus meiner Sicht vor dem Hintergrund der aktuellen Lage nicht allzu üppig (und das unter der Voraussetzung , dass diese auch erzielt wird und zwar rasch).


    Man weiß ja nicht wo das ganze sich abspielt und kennt auch das Objekt nicht.


    Stellplatz?


    Ich persönlich würde keine 100% Finanzierung machen. Nur meine persönliche Meinung. Wo liegt der Zins denn bei 60 oder 70% Beleihungsauslauf? Zinsbindung?


    Überwiegend Selbstnutzer oder alles Vermietungsobjekte?


    Baurechtliche Besonderheiten?


    ....


    So ne Bierdeckelrechnung fürs erste Jahr würde mir nicht reichen. Aber, wenn Du dahinter stehst, dann auf...

  • Norderney

    Sylt

    München

    Stuttgart

    Krankfurt

    Hamburg


    oder wie lautet die Liste der höchsten Qm-Preise?


    Jeden morgen steht ein Dummer auf, den es zu finden gilt. ?(

    Bitte keine Politikwissenschaftler und kein Marcel Fratzscher mehr im TV.

  • Bist Du sicher, dass Dir jemand 1700 € kalt für eine 61 qm Bude bezahlt, wenn sie auch noch so zentral gelegen ist?

    Bin mir durchaus bewusst, dass das für viele surreal klingt. Habe in der gleichen Stadt aktuell in einem anderen begehrten Viertel zwei kleine 55m2 Wohnungen zu 30€/kalt vermietet unmöbliert mit 2% Staffelmiete und Mindestmietdauer 24 Monate...

  • Scheint mir erst mal plausibel, wenn die Zahlen und Erwartungen denn so stimmen. Das ist ein Investment das ca. mit Faktor 15 gehebelt ist, von daher auch nicht überraschend, dass unter Idealbedingungen die Rendite gut ist.


    Die Gesamtkapitalrendite „roh“ sind nach deiner Rechnung 3%, dem ggü. stehen Fremdkapitalkosten für fast den gesamten Betrag von 2,75%. Nicht sehr toll. Die schöne Zahl kommt rein von der Abschreibung, die wenn ich richtig informiert bin jedes Jahr weniger wird (?). Außerdem nimmst du an, dass die Wohnung durchgehen zu dem erwarteten Preis vermietet sein wird. Irgendwann wird auch die Zinsbindung auslaufen usw.


    Sich nur die Rendite in Jahr 1 anzuschauen, greift vielleicht etwas kurz.


    Die Idee ist 10 Jahre halten, dann wieder verkaufen und mit dem Geld wieder in neue Immobilien. In den ersten 10 Jahren hat man den größten Hebel für Abschreibungen (gerade bei der neuen degressiven Regelung) und auch die Zinsbindung fest, durch Neubau und hoher Baustand auch relativ geringes Risiko an größeren Instandhaltungsmaßnahmen.


    Richtig, die Abschreibung wird jedes Jahr weniger, man kann auch jederzeit von der degressiven in die lineare wechseln, aber das lohnt sich erst nach über 10 Jahren, sprich die ersten 5-6 Jahre wird der Effekt zwar immer weniger, aber ist immer noch deutlich positiv.


    Werde wahrscheinlich noch aggressiver anbieten, und wenn es klappt, freue ich mich, und wenn nicht, kommen die nächsten Objekte :)

  • Danke für dein Feedback.


    In dem Viertel gibt es so gut wie keine Neubauprojekte, und wenn liegen die wie gesagt bei 12-13k m2 und dann bis hoch zu 20k m2 in den oberen Etagen.


    Wohnung hat eine Nord-Süd Ausrichtung in beide Seiten unverbaubar (blick ins Grüne), Stellplatz könnte man dazukaufen (65.000€), habe ich aber nicht vor.


    In dem Objekt sind eig. nur Selbstnutzer (sind auch nur um die 10-12 Einheiten), oben Penthouse wurde mit 130m2 für 2,5 Mio verkauft.


    Es gibt so gut wie nie Neubau-Mietwohnungen hier in der Lage auf dem Markt, ich selbst habe in einer anderen Lage hier mit deutlich mehr Neubau 30€/kalt erzielt...

  • Das klingt für mich wenig nach Renditeobjekt. Die Mietredendite ist nicht sonderlich, es ist schon over the top (Lage, Ausstattung?, etc.), also kein Upsidepotenzial das man aktiv heben kann. Überwiegend Eigennutzer im Luxussegment (werden bei Instandhaltungen und Ausstattungen eher anspruchsvoll sein) usw.


    Das ist eher ein Prestigeoobjekt. Da musst Du einfach entscheiden, ob Du es willst. Aber so eine Bierdeckel-EK-Rendite-Berechnung leitet einen in die Irre, wie ich finde. Ich würde wahrscheinlich, wenn überhaupt, da auch mit EK reingehen (30-40%).


    Ich bin da aber auch kein Maßstab....


    Viel Erfolg!

  • Es handelt sich um eine Neubauimmobilie in A-Lage in einer HH-Stadt.


    Der TE hat vor Monaten schonmal gefragt, damals haben ihm die meisten abgeraten, aber er will die Wohnung unbedingt haben.

    Nein, die zwei Wohnungen habe ich gekauft und sind aktuell mit 30€/m2 kalt vermietet, damals hatte ich 3%FK Zins, 1% Tilgung, und habe 4% Rendite, war auch eine 100% Finanzierung.

    Mir ist der damalige Thread noch geläufig. Ich würde mir keine Immobilie ans Bein binden, bei der ich für eine überschaubare Rendite eine Miete von 30€/m² brauche.


    Aber das darf jeder mit seinem Geld selber entscheiden.

  • Prinzipiell verstehe ich es so, dass du die Wohnung lediglich für die 10 Jahre Mindesthaltedauer halten willst um sie dann gewinnbringend zu verkaufen.


    Daher ist die Berechnung der EK-Rendite mMn gar nicht so im Fokus.

    Du vermietest ja eigentlich mit dem Hintergedanken des Verkaufes und nciht für eine gute Mietrendite.


    Vielmehr würde ich es daher als Anlagespekulation betrachten und dementsprechend auch diese Betrachtung in den Vordergrund stellen:


    Nach 10 Jahren hast du noch (ganz grob) ca. 550t Euro Restdarlehen.

    Und jetzt ist es halt ein Blick in die Glaskugel. Für wieviel, meinst du, könntest du eine solche (dann 10 jahre alte) Immobilie veräußern?

    Mal ganz stumpf 13k/qm gerechnet (nur als Beispiel, wie gesagt, ich kenne die möglichen Verkaufspreis nicht):

    793k Verkaufserlös - 550k Restdarlehen - 42k EK

    = 201k


    Bei entsprechend weniger VK-Erlösen ändert sich diese Bierdeckelrechnung. Klar, was dann passiert...



    Ich würde bei Immobilienanlagen immer auch den Worst Case durchgehen.

    Das wäre meiner Meinung nach in deinem Fall:

    Verkaufspreise sind in 10 Jahren im Keller = Verkauf würde einen Verlust bescheren.

    Dadurch wird eine Weitervermietung notwendig.

    Zum Zeitpunkt der Aufnahme eines neuen Darlehens sind die Zinsen gestiegen. Die Mieteinnahmen decken den Kapitalbedarf nicht.

    Bist du so vermögend bzw hast genügend andere (verlässliche) Einnahmen, dass du diesen negativen Cashflow über weitere 10 (und mehr) Jahre gut verkraften kannst?


    Und eventuell verlangt deine Bank in 10 Jahren den Einsatz von weiterem EK, da sie den Wert der Immobilie zu diesem Zeitpunkt auf zum Beispiel nur noch 450k Euro beziffert.


    Ist natürlich nur ein Buchwert, aber ich arbeite im Immobilienbereich und besonders in den letzten Jahren habe ich miterleben müssen, wie Banken kalte Füße bekommen haben und stellenweise wirklich fiese Forderungen aufgestellt haben.


    Du solltest für einen solchen Worst-Case in 10 Jahren also fähig sein eine gewisse Menge an Cash zur Verfügung stellen.

    Das scheint mir bei dir prinzipiell der Fall zu sein. Aber man darf halt nicht zu viele spekulative Immobilien der gleichen Art besitzen.



    Zusätzlich der kurze Hinweis: falls du viele solcher Verkäufe planst, es gibt nach meinem Kenntnisstand das Problem, dass man als Privatmann bei mehr als 3 Immobilienverkäufen binnen 5 Jahren vom lieben Finanzamt als gewerblicher Immobilienhändler eingestuft werden kann. Sowas solltest du meiner Meinung nach vorab mit deinem Steuerberater abgeklärt haben.

  • Achso, wenn der Verkauf in 10 Jahren auch an Selbstnutzer angedacht ist, würde ich überlegen den Stellplatz dazuzukaufen.

    Für "Leute mit Kohle" ist ein Stellplatz meines Erachtens nach Pflicht.

  • Und, wie hast du dich bei der Immobilie entschieden?

    Gekauft, wartest du noch ab für einen besseren preis oder hast du abgesagt?


    Habe 635.000€ angeboten und Bauträger wollte sich bis Ende des Jahres überlegen, ob er es macht... Es ist die letzte freie 2-Zimmer Wohnung (sind insgesamt nur 10 WE, davon gab es 4x 2-Zimmer, und Rest waren größere Wohnungen + Penthouse).


    Würde mich freuen, wenn es klappt...

  • Ist ja schon komisch, dass das Schmuckstück über so lange Zeit sonst keiner kaufen will…

    850.000€ inserierter Preis für 61m2 ist auch eine sehr spezielle Zielgruppe :)

    Die gleiche Wohnung im ersten, dritten und vierten Stock ist bereits verkauft (wenn ich über Wayback-Archive Seiten recherchiere sind die zwischen 775-850k verkauft worden je nach Etage)... Für 635.000 würde ich mich freuen den Zuschlag zu bekommen