Mischfonds oder selber bauen ...?

  • Hallo,

    ich verfolge in anderen Threads sehr neugierig, dass z.B. Konstrukte wie der Vanguard Lifestrategy (xx) hoch gelobt werden.

    Ich sehe durchaus auch den Vorteil des automatischen Rebalancing und des kleinen Steuervorteils.

    Aber: gerade die feste Quote kann 'tödlich' sein, da die Fondsmanager sehenden Auges die Karre in den Dreck setzen.

    Warum?

    Nun, alle sind sich sich einig, dass Market Timing nicht funktioniert. Bei Aktien. Bei Anleihen allerdings, wenn der Leitzins bei Null ist und die Inflation losgaloppiert, weiß jedes I-Dötzchen was die Anlagen machen werden. Also sollte jedes I-Dötzchen da raus bis die Zinsen wieder normalisiert sind - das ist kein "Timing" sondern Dreisatz.

    Nicht so aber die Mischfonds: die halten stur den Kurs.

    So bei mir geschehen bei Scalable/Fidelity Wealth, Liqid, ... in 2022-23

    Ich konnte es einfach nicht glauben, aber mir wurde später kalt lächelnd die Quote und deren nötige Beibehaltung vorgehalten. -20% bei Anleihen, sehenden Auges!


    Also nochmal die Frage: warum sollte ich mir einen fixen Anteil Anleihen in einem Mischfonds ins Boot holen, sehe ich da irgendwas nicht ...?

    Oder gibt es einen vernünftigen Grund dagegen, das selber nachzubauen um dann im Bedarfsfall die Anleihenquote zu ändern?


    Danke Euch

  • Oder gibt es einen vernünftigen Grund dagegen, das selber nachzubauen um dann im Bedarfsfall die Anleihenquote zu ändern?

    Also ich seh da keinen. Zumal: Gerade die Anleihequote zum Renteneintritt hochzuschrauben und dann ggf. wieder zu reduzieren, ist doch absolut sinnvoll! Wie willst du das mit so einem starren Teil machen? Laufzeiten der Anleihen auswählen zu können, finde ich extrem wertvoll! Geht damit auch nicht! Warum also das Ganze? Nur wegen der paar Steuer-Peanuts oder weil ich zu faul bin, 2-3 ETFs einmal im Jahr auszugleichen?:/

  • Aber: gerade die feste Quote kann 'tödlich' sein, da die Fondsmanager sehenden Auges die Karre in den Dreck setzen.

    Zunächst mal haben die Vanguard LS ETF kein 'Fondmanager'!

    Der Aktien- und Anleiheteil im Vanguard LS wird rein durch Abbildung von Indexfonds abgebildtet.

    Bei Anleihen allerdings, wenn der Leitzins bei Null ist und die Inflation losgaloppiert, weiß jedes I-Dötzchen was die Anlagen machen werden. Also sollte jedes I-Dötzchen da raus bis die Zinsen wieder normalisiert sind - das ist kein "Timing" sondern Dreisatz.

    Das kommt auf die Laufzeit der jeweilige Anleihe und kann man so nicht pauschalisieren! Bei Geldmarkt-ETF oder Kurzläufern halten sich die Schwankungen in sehr engen Grenzen.

    Das Anleihe-Feld ist einfach extrem vielfältig (Staatsanleihen, Firmenanleihen, Junk-Bonds, unterschiedliche Währungen). Und dann gibt es ja auch noch Anleihe-ETF.

    M.E. ist die Anleihe-Welt damit deutlich komplexer als die Aktien-ETF-Welt.


    Also nochmal die Frage: warum sollte ich mir einen fixen Anteil Anleihen in einem Mischfonds ins Boot holen, sehe ich da irgendwas nicht ...?

    Oder gibt es einen vernünftigen Grund dagegen, das selber nachzubauen um dann im Bedarfsfall die Anleihenquote zu ändern?

    M.E. unterliegst Du hier der Annahme das 'Anleihe' = sicher bedeutet. Das ist eben nicht so! Ein kurzlaufende Anleihe in Eigenwährung ist 'sicher'.

    Eine Anleihe wie die 100-jährige Österreich-Anleihe ist purer Zock. Dagegen ist ein weltweiter Aktien-ETF quasi 'sicher'. :/

    Ein Produkt wie die Vanguard Life Strategy ETF bieten eben keine automatische Aufteilung in Risikoteil (Aktien) und 'sicher' (kurzlaufende Staatsanleihen in Eigenwährung), sondern sind 100%ig dem Risikoteil zuzuordnen.

    Anleihen haben aber eben andere Risiken als Aktien. Damit dient so ein ETF der Diversifikation im Risikoteil deines Vermögens. Du kannst damit mit einem ETF 2 Assetklassen in Deinem Portfolio abbilden. Und Du brauchst Dich dann um nix mehr kümmern (Rebalancing).


    Und ja, Du kannst Dir natürlich auch einfach selbst Deine Mischung zusammenstellen. Machen ja auch nicht wenige Anleger hier so.

    Ich habe aktuell auch nur 100% Aktien-ETF in meinem Depot und keine Anleihe. Mein 'Anleiheteil' liegt in 2 alten Versicherungen (Kapitallebensversicherung, stillgelegte bAV). Dazu habe ich dann noch Tagesgeld und gut.

    Bis zur Höhe der Einlagensicherung spricht m.E. auch nichts dagegen den 'sicheren' Vermögensteil auch rein per Tages oder Festgeld abzubilden.

  • Nun, alle sind sich sich einig, dass Market Timing nicht funktioniert. Bei Aktien. Bei Anleihen allerdings, wenn der Leitzins bei Null ist und die Inflation losgaloppiert, weiß jedes I-Dötzchen was die Anlagen machen werden. Also sollte jedes I-Dötzchen da raus bis die Zinsen wieder normalisiert sind - das ist kein "Timing" sondern Dreisatz.

    Das ist ein Widerspruch in sich. Wenn jeder wüsste was passiert, wäre schon jeder draußen. Der Markt preist Erwartungen sofort ein. Nur wenn diese nicht erfüllt werden, gibt es Kursausschläge. Im Nachhinein ist immer klar was besser gewesen wäre. Du hättest auch 2009 argumentieren können, dass jedem hätte klar sein müssen, dass 2008 Aktien ins Bodenlose fallen. Die Daten waren alle für jeden zugänglich. Auch 2001 hätte man das über 2000 sagen können. Die Bewertungen waren klar. Und wer weiß, vielleicht sagt man das auch kommendes Jahr über 2024. ,,War ja klar, dass US+Tech nicht ewig....und Trump....und China/Taiwan....war ja alles klar. Warum sind die nicht raus?"


    Im Nachhinein ist immer alles klar. Nach vielen Jahren sinkender Zinsen und Minuszinsen war eben nicht klar, dass diese schnell erhöht werden (können). Ganz im Gegenteil. Damals waren sich eigentlich alle einig, dass die Zinsen gar nicht erhöht werden können ohne die ganze Welt in den Abgrund zu stürzen. Diese Erwartung war falsch. Heute wissen wird das. Aber damals wusste das kaum jemand.

  • Abgesehen davon, dass ich nicht weiß was ein „I-Dötzchen“ sein soll sollte man sich bei der eigenen Mischerei überlegen, wie man dann mit den möglichen starken Rückgängen umgeht.

    Wenn z.B. der Weltweit-ETF plötzlich 35 Prozent im Tageskurs niedriger steht….

  • Abgesehen davon, dass ich nicht weiß was ein „I-Dötzchen“ sein soll sollte man sich bei der eigenen Mischerei überlegen, wie man dann mit den möglichen starken Rückgängen umgeht.

    Wenn z.B. der Weltweit-ETF plötzlich 35 Prozent im Tageskurs niedriger steht….

    Ganz rational: Sparplan weiterlaufen lassen und zum vorher festgelegten Rebalancingtag und der Asset Allokation dann das entsprechende Rebalancing vornehmen. Emotionen ausblenden und erst wieder nächstes Jahr ins Depot schauen.


    Aber: leider können wir nicht steuerneutral rebalancen wie die Amerikaner...


    Mir gefällt daher der Ansatz von Gerd Kommer mit dem Safe-Asset-Floor

  • ... sollte man sich bei der eigenen Mischerei überlegen, wie man dann mit den möglichen starken Rückgängen umgeht.

    Wenn z.B. der Weltweit-ETF plötzlich 35 Prozent im Tageskurs niedriger steht….

    Wurde ja geschrieben

    Zitat

    ... um dann im Bedarfsfall die Anleihenquote zu ändern?

    Ich habe das 2020 im Corona-Crash nicht geschafft (Zukunftsangst). :/

    Daher bin ich inzwischen dazu übergegangen, dass ich nicht prozentual gewichte, sondern mir eine konkrete Summe als Limit für den 'sicheren' Teil gesetzt habe. Alles was darüber hinaus geht investiere ich in meine Aktien-ETF.

    Vorteil: Ich muss mir keine Gedanken um ein Umschichten im Crash machen.

    Nachteil: Ich kann nicht mehr als meine monatliche Sparrate zum Nachkaufen im Crash nutzen.

    Bisher komme ich damit sehr gut zurecht.