Barwert zukünftiger Rente (bspw. DRV)

  • Ich frage mich, wie sich das bei einer Rentenanwartschaft eines Versorgungswerks verhält.

    Schlechter :)

    Mir ist klar, dass man keinerlei Sicherheit hat, wie die Rente letztlich aussehen wird (viele Versorgungswerke kürzen ja auch, wenn das Geld knapp wird...). Insofern gibt es keinen festen "Rentenfaktor" und auch keinen "Garantiewert" oder "Rückkaufwert". "Rentenpunkte" gibt es, anders als bei der DRV, auch keine.

    Die Deutschen sind bekanntlich unglaublich verliebt in Nominalwerte. Also braucht ein Versorgungswerk erstmal die Renten noch nicht einmal zu kürzen, wenn das Geld knapp wird, sondern kann erstmal einige Jahrzehnte auf Rentensteigerungen verzichten. Damit hat man nominal seine Zusage eingehalten und schafft sich Jahr für Jahr mit laufender Inflation immer mehr finanziellen Spielraum.


    Das Rentenkürzen (Gott bewahre!) wäre erst der zweite Schritt. Aber ja, auch das wird passieren, wenn das Geld nicht reicht. Die Zusicherung, ein Versorgungswerk könne nicht pleite gehen, ist für seine Mitglieder keineswegs ein Trost, sondern letztlich eine Drohung.


    Jedes Mal, wenn ich meinen Nachbarn sehe, schimpft er über sein Versorgungswerk, das ihm in 20 Jahre die Rente kein einziges Mal erhöht habe. Seinen Rentenbescheid habe ich nicht gesehen, somit gebe ich seine Äußerung nur ungeprüft weiter. Wenn sie stimmt, bedeutet das bei 2% Inflation einen realen Rückgang seiner Rente um ein Drittel.


    Mich würden harte Daten dazu interessieren, die sind aber nicht zu bekommen. Schon vor vielen Jahren titelte Capital über Versorgungswerke: Das Kartell der Geheimniskrämer.


    Daß es finanziell einen Unterschied machen muß, wenn die einen ein Drittel ihres Haushaltes als Staatszuschuß bekommen (gesetzliche Rente), die anderen völlig unabhängig wirtschaften müssen (Versorgungswerk), liegt nahe. Mittlerweile geht jeder vierte Steuereuro in die gesetzliche Rente, auch die Steuern von Rechtsanwälten und Ärzten, bei deren eigener Altersversorgung von diesen Steuergeldern nichts ankommt.


    Es wird von politisch fortschrittlichen Parteien immer wieder gefordert, daß auch Selbständige und Beamte in die gesetzliche Rente einzahlen sollten. Bei den deutschen Beamten wird das meines Erachtens in Menschengedenken nicht kommen (obwohl es bei den österreichischen Beamten ja erfolgt ist). Bei den Selbständigen fände ich das als nicht politisch fortschrittliche Denkender gar nicht mal so schlecht: Wir hätten dann hier im Forum beispielsweise nicht mehr die Anfragen von Selbständigen, die ihre Altersvorsorge jahrzehntelang auf Lücke gesetzt haben und nun mit Anfang 60 merken, daß sie so langsam mal etwas für ihre Altersvorsorge tun sollten. Auch für die Selbständigen, die Monat für Monat brav ihren Beitrag zahlen - jetzt in ihr Versorgungswerk, dann in die gesetzliche Rente - wäre das meines Erachtens sogar ein Vorteil: Wenn im Versorgungswerk unter der Decke Mißwirtschaft herrscht, haben sie jetzt lokal den Salat. Sollte bei der gesetzlichen Rente Mißwirtschaft herrschen, wird das a) publik und b) wird der Staat das Defizit tragen.


    Mit Schmunzeln lese ich das Hohelied, das eine geschätzte Mitforistin über ihr Versorgungswerk singt. Ich stimme aus den beschriebenen Gründen nicht in diese Hymne mit ein.

    Was ich an Daten (unter anderem) habe, ist:

    - bisher eingezahlte Beiträge

    - erwartete (natürlich nicht verbindliche) Rentenhöhe

    In den letzten Jahren wurde die erwartete Rente mittels einer Formel berechnet, die aus der sich von Jahr zu Jahr eine Erhöhung in der Größenordnung von jeweils 1% bis 2% ergab (also unterhalb der Inflation).

    Versorgungswerke veröffentlichen Geschäftsberichte, in denen das auch drinstehen müßte. Ich habe mir interessehalber Geschäftsberichte von etlichen Versorgungswerken angeschaut. Diejenigen, die gut gewirtschaftet haben, berichten dort stolz von ihren Anlageerfolgen und schreiben auch von Rentenerhöhungen für ihre Mitglieder. Andere Geschäftsberichte sind diesbezüglich auffällig lückenhaft.


    Bei der gesetzlichen Rente ist die Schätzung der Kaufkraft verhältnismäßig einfach: Man rechnet mit Entgeltpunkten und heutigen Euro-Werten, die man erstmal mit heutigen Preisen vergleichen kann. In 20 Jahren werden die Preise höher sein und auch die Renten. Beide dürften ähnlich steigen. Von diesem Ansatz hat man mehr als von einem konkreten Euro-Wert in 20 Jahren, den man unwillkürlich doch mit heutigen Preisen vergleicht und dann irrig glaubt, das sei viel.


    PS: Daß es für Versorgungswerksmitglieder mit nur 1 Kind wirtschaftlich sinnvoll ist, mit freiwilligen Beiträgen die Mindestzeit vollzumachen (24 Monate fehlen), damit die Mütterrente wirksam wird, habe ich vermutlich schon einmal erwähnt.

  • Nach nochmaligem Lesen: Im Grunde gibt es ja (mindestens) drei unterschiedliche Variablen.


    1) Zahle ich künftig weiter ein? --> Wenn ich den Stand heute betrachten möchte, nehme ich den aktuell ohne weitere Einzahlungen prognostizierten Wert.


    2) Wie hoch wird die Inflation sein? --> Man weiß es nicht, es spricht aber manches dafür, dass man langfristig mit 2,5% pro Jahr rechnen kann (das meintest Du mit 0,975, oder?)


    3) Wird die Versorgungswerk-Rente auch weiterhin mit zumindest 1-2% pro Jahr erhöht? --> Man weiß es nicht. Ich könnte erstmal davon ausgehen dass nicht und nur den aktuell ohne weitere Einzahlungen prognostizierten Wert ohne weitere Erhöhungen nehmen. Genaugenommen ist das aber noch nichtmal der schlechteste denkbare Fall. Denn die Rente könnte auch gesenkt werden. Insofern ist bei mir gar nichts "unwiderruflich zugesichert". Es gibt keinen Garantiewert, keine Mindestrente, keinen garantierten Rentenfaktor o.ä. Trotzdem halte ich es nicht für sachgerecht, den Barwert mit "null" anzusetzen.

  • Die Deutschen sind bekanntlich unglaublich verliebt in Nominalwerte. Also braucht ein Versorgungswerk erstmal die Renten noch nicht einmal zu kürzen, wenn das Geld knapp wird, sondern kann erstmal einige Jahrzehnte auf Rentensteigerungen verzichten. Damit hat man nominal seine Zusage eingehalten und schafft sich Jahr für Jahr mit laufender Inflation immer mehr finanziellen Spielraum.


    Das Rentenkürzen (Gott bewahre!) wäre erst der zweite Schritt. Aber ja, auch das wird passieren, wenn das Geld nicht reicht.

    Deshalb ist man als Mitglied eines Versorgungswerks gut beraten, sich nicht allein auf die sich daraus ergebende Rente zu verlassen.

    Versorgungswerke veröffentlichen Geschäftsberichte, in denen das auch drinstehen müßte.

    Ja, die kenne ich auch (jedenfalls von meinem Versorgungswerk). Daher ja die genannten Werte zu Erhöhungen in den letzten Jahren von jeweils 1-2% pro Jahr. Ja, bei 6-7% Inflation ist faktisch auch eine solche nominale Erhöhung eine Entwertung. Wenn man auf lange Sicht von einer Inflation von 2-2,5% ausgeht, ist das Delta aber nicht mehr ganz so groß.


    Klar, Glaskugel, sicher weiß man es erst, wenn es soweit ist.

  • Ich frage mich, wie sich das bei einer Rentenanwartschaft eines Versorgungswerks verhält.

    Hallo 12345,


    Wir zahlen auch in ein Versorgungswerk ein (1x freiwillig und 1x fix). Eine Möglichkeit zur Berechnung wäre bspw. die eingezahlten Beiträge von AN und AG heranzuziehen als Barwert für die Vermögensaufstellung.


    Und klar, da steckt schon viel Unsicherheit drinnen, auf der anderen Seite ist das Versorgungswerk tw. kapitalgedeckt.


    LG Finanzschlumpf

  • Liebe Community,


    Vielen Dank für eure Gedanken und Rückmeldungen.


    Für mich ergibt sich folgende Zusammenfassung und Fazit.

    1. eine präzise Berechnung ist schwierig und ungewiss. Entwicklung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesamtlage kaum vorherzusagen
    2. Mehrwert eines Barwerts für die Vermögensaufstellung: sinnvoll im Kontext Visualisierung der Assetallocation (vgl. monstermania), wenig hilfreich zur Mitaufnahme als realer Vermögenswert (im Prinzip nur politische Zusage, keine wirkliche Kapitalentnahme möglich, aber Diversifikation der Cashflowsituation bei Rentenbezug).

    Insofern muss ich meine initiale Überlegung verwerfen, dies als Vermögenswert mit hinzuzunehmen. Ich werde es aber zur Visualisierung für meine einzelnen RK-Klassen nutzen.



    Ich danke euch und wünsche ein glückliches und erfolgreiches 2025,

    Euer Finanzschlumpf.

  • Eine präzise Berechnung ist schwierig und ungewiss. Entwicklung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesamtlage kaum vorherzusagen

    Dabei geht es doch lediglich um 30 Jahre, die Du in die Zukunft projektieren willst!

    Mehrwert eines Barwerts für die Vermögensaufstellung: sinnvoll im Kontext Visualisierung der Assetallocation (vgl. monstermania), wenig hilfreich zur Mitaufnahme als realer Vermögenswert (im Prinzip nur politische Zusage, keine wirkliche Kapitalentnahme möglich, aber Diversifikation der Cashflowsituation bei Rentenbezug).

    Insofern muss ich meine initiale Überlegung verwerfen, dies als Vermögenswert mit hinzuzunehmen.

    In erster Näherung kannst Du Deine bisherigen Einzahlungen zusammenrechnen, ggf. mit dem angegebenen Rechnungszins verzinst.


    Auf Sicht von 30 Jahren auf eine Rentenhöhe zu spekulieren, funktioniert vermutlich nicht. Dazu läuft noch zu viel Wasser die Isar herunter.