Anlagestrategien vor Praxis- und Immobilienkauf

  • Hallo zusammen,

    ich bin 35 Jahre alt und habe ein Vermögen von 400.000 Euro. Als Arzt verdiene ich rund 6.000 bis 7.000 Euro netto im Monat. In den nächsten 3-4 Jahren plane ich, eine eigene Praxis zu kaufen, die voraussichtlich zwischen 400.000 und 800.000 Euro kosten wird. Zudem möchte ich ein Haus erwerben, das bis zu 700.000 Euro kosten könnte.

    Meine Fragen an euch:

    • Wäre es sinnvoll, mein Vermögen in ETFs zu investieren, um in den kommenden Jahren eine Rendite zu erzielen?
    • Sollte ich in Betracht ziehen, die Finanzierung von Praxis und Haus über Kredite abzuwickeln, während mein Kapital investiert bleibt?
    • Welche Anlagestrategien würdet ihr in meiner Situation empfehlen, um mein Kapital effektiv zu nutzen und gleichzeitig das Risiko zu minimieren?

    Ich freue mich auf eure Ratschläge und Erfahrungen!

  • Elena H.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Ich bin 35 Jahre alt und habe ein Vermögen von 400.000 Euro. Als Arzt verdiene ich rund 6.000 bis 7.000 Euro netto im Monat. In den nächsten 3-4 Jahren plane ich, eine eigene Praxis zu kaufen, die voraussichtlich zwischen 400.000 und 800.000 Euro kosten wird. Zudem möchte ich ein Haus erwerben, das bis zu 700.000 Euro kosten könnte.

    Beides auf ein Mal halte ich für mutig.

    1. Wäre es sinnvoll, mein Vermögen in ETFs zu investieren, um in den kommenden Jahren eine Rendite zu erzielen?


    2. Sollte ich in Betracht ziehen, die Finanzierung von Praxis und Haus über Kredite abzuwickeln, während mein Kapital investiert bleibt?


    3. Welche Anlagestrategien würdet ihr in meiner Situation empfehlen, um mein Kapital effektiv zu nutzen und gleichzeitig das Risiko zu minimieren?

    1. Ansichtssache. Du weißt, wie Du Dein bisheriges Vermögen zusammengebracht hast, ich weiß es nicht. Ich persönlich bin Aktionär im Kopf, Du auch? Ein Aktieninvestment stellt Dir deutlich höhere Renditen in Aussicht als andere Anlagen, dafür hast Du halt das Risiko, daß Dir Dein Depot abschmieren kann. Wenn Dich das genau zu diesem Zeitpunkt erwischt, in dem Du Eigenkapital brauchst, ist das mißlich.


    2. Renditedifferenzgeschäfte kann man machen, sie haben halt ein intrinsisches Risiko. Ich habe gerade dieses Wochenende einen Artikel über Elon Musk gelesen, der als reichster Mensch der Welt durchaus ganz schnell pleitegehen kann, wenn sich das Glück gegen ihn wendet. Seine Aktienpakete sind hoch beliehen, die Tesla Inc. hat ein KGV von 120. BMW und Mercedes haben KGV 7.


    Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie mich ein guter Freund verlacht hat, daß ich mich von gehebelten Investments ferngehalten habe. Mit Hilfe des Finanzamts zahlst Du selbst überhaupt nichts dazu! Das ist eine Maschine zum Gelddrucken! sagte er. Das Glück hat sich gegen ihn gewendet, er hat seine Gesundheit damit verspielt und ist früh an seiner Herzkrankheit verstorben.


    3. Das kommt drauf an.

    Die wenigen Informationen, die Du oben gibst erlauben keine Diagnose. Welche Therapie erwartest Du hier?

  • Wäre es sinnvoll, mein Vermögen in ETFs zu investieren, um in den kommenden Jahren eine Rendite zu erzielen?

    Es kann eben passieren, dass die ETFs in 3 Jahren, wenn du das Geld brauchst, bei minus 50% stehen und aus den 400.000 EUR leider nur noch 200.000 EUR geworden sind. Was machst du dann?


    Sollte ich in Betracht ziehen, die Finanzierung von Praxis und Haus über Kredite abzuwickeln, während mein Kapital investiert bleibt?

    Diese Kredite wirst du vermutlich nicht bekommen. 1,1 - 1,5 Millionen EUR Kredit bei 6-7.000 EUR Monatseinkommen bzw. dann frischgebackener Selbständiger, das dürfte schwer bis unmöglich werden.


    Als wir vor einigen Jahren eine Immobilie gekauft haben, gab es die ganz grobe Daumenregel, dass maximal das 100-fache des monatlichen Nettoeinkommens als Kredit realistisch wäre. Und das war zu Niedrigzinszeiten.


    Bei 1,1 Mio. EUR Kredit zu 4% Zinsen und minimalen 2% Tilgung müsstest Du monatlich 5.500 EUR Rate zahlen. Mit dem aktuellen Einkommen utopisch. Bei 1,5 Millionen (Praxis 800.000 EUR) läge die Rate in der Größenordnung von 7.500 EUR.


    Selbst wenn Du die vollen 400.000 EUR einsetzt und die Praxis mit nur 400.000 EUR am unteren Ende liegt, wären es immer noch 700.000 EUR Kredit und damit eine Rate in der Größenordnung von 3.500 EUR. Das wäre schon gut die Hälfte Deines derzeitigen Einkommens, und da sind noch keine Nebenkosten mit drin, die bei einem Haus regelmäßig mehrere hundert Euro im Monat betragen.


    Welche Anlagestrategien würdet ihr in meiner Situation empfehlen, um mein Kapital effektiv zu nutzen und gleichzeitig das Risiko zu minimieren?

    Das schließt sich gegenseitig aus.


    Mein Eindruck ist, was Du Dir vorgenommen hast, ist eine Nummer zu groß, jedenfalls beides (Haus und Praxis) gleichzeitig.

  • Wäre es sinnvoll, mein Vermögen in ETFs zu investieren, um in den kommenden Jahren eine Rendite zu erzielen?

    Aktien-ETFs sind eine Langfristanlage. Kurzfristig benötigte Gelder würde ich da nicht anlegen.

    Es kann eben passieren, dass die ETFs in 3 Jahren, wenn du das Geld brauchst, bei minus 50% stehen und aus den 400.000 EUR leider nur noch 200.000 EUR geworden sind. Was machst du dann?

    Einfach Haus- und Praxiskauf um 10 Jahre verschieben.

    Sollte ich in Betracht ziehen, die Finanzierung von Praxis und Haus über Kredite abzuwickeln, während mein Kapital investiert bleibt?

    Eigenheim würde ich möglichst schnell abbezahlen bzw. möglichst wenig Kredit aufnehmen. Steuerlich ist dieser Kredit irrelevant.

    Bei der Praxis kann eine Kreditfinanzierung betriebswirtschaftlich sinnvoll sein.

  • Bei der geplanten Investition in Praxis und Immobilie zwischen 1,1 und 1,4 Mio. EUR wirst du ja auf jeden Fall Kredite benötigen.


    Für den Kauf der Immobile wäre 20% Eigenkapital und 10% Erwerbsnebenkosten rein realistischer Ansatz. Damit wären also ca. 200.000 EUR von deinem vorhanden Kapital hierfür einzusetzen.


    War es früher kein Problem, einen Kredit für eine Praxis zu bekommen, da die zu erwartenden KV-Einnahmen den Banken als Sicherheiten genügten, sieht die Welt wegen Basel III inzwischen anders aus. Daher ist davon auszugehen, dass eine Bank hier kein Vollfinanzierung anbieten wird. Wahrscheinlich wirst du dafür deine restlichen Mittel, also 200.000 EUR bis vielleicht in 4 Jahren 300.000 EUR einsetzen müssen.


    Das aktuell vorhandene Kapital in ETF zu investieren, halte ich vor dem Hintergrund, in 3-4 Jahren darauf zugreifen zu wollen, für eine riskante Wette. Kurzlaufende Staatsanleihen oder Geldmarktfonds dürften dich da deutlich besser schlafen lassen.

  • johweiss

    Bin nur Finanz-Laie, wenn auch ein an solchen Themen Interessierter mit zudem ein bißchen eigenen Erfahrungen.



    Wesentliche Aspekte zu Deinem "Fall" wurden Dir schon in den Beiträgen Nr. 2 bis Nr. 4 - nach meinem Dafürhalten jedenfalls - genannt.


    Schon beim Überfliegen Deines Beitrags Nr. 1 kam bei mir spontan und nach nur kurzer "summarischer Prüfung" der Gedanke auf, daß hier insbesondere Einkommen aber auch Vermögen (in dem Fall als Eigenkapital (EK) für Finanzierungen vorgesehen) und geplante Projekte in schon 3-4 Jahren (*) (Praxiskauf + Kauf Eigenheim) - ausgehend von den avisierten Finanz-Volumina der Projekte - als ziemlich bis sehr "sportlich" einzustufen sind, um es möglichst vorsichtig zu formulieren.


    (*) Wenn Dir die Realisierung Deiner Vorhaben wirklich wichtig ist (im Sinne von lebenswichtig oder Lebenstraum), dann würde ich bei einem derart kurzen Anlagehorizont (extrem kurz für Engagements in Aktien jedenfalls) - und in Relation zu den Plänen knappem Eigenkapital - von Aktien-ETFs die Finger lassen.


    Nur am Rande aber in dem Kontext und ganz generell: Von Banken präziser Bankberatung halte ich schon lange eher sehr wenig bis nahezu nichts mehr (schon Ende der 80er/Anfang der 90er begann - nach meinen Erfahrungen - der Wandel des früheren Bank-"Beraters" zum Bankprodukte-"Verkäufer" - mit sich damals sukzessive beschleunigender Tendenz). Banken sehe und verwende ich das Passivgeschäft betreffend (Einlagen und Anlagen) seit Ende der 90er nur noch als reine "Abwicklungsplattformen"; im Aktivgeschäft (Kredite und Immobiliendarlehen) sind diese aber in Form von Kreditabteilungen und Kreditsachbearbeitern in praxi unverzichtbar. In dem Kontext und Deinem "Fall": In Deine Situation könnte - solltest Du das noch nicht gemacht haben ...- (das Aktivgeschäft betreffend - und nur dieses ... !) vielleicht ein unverbindliches Informationsgespräch mit einer auf Deine Berufsgruppe spezialisierten Bank (wie "Deutsche Apotheker- und Ärztebank" (apoBank)) eine erste Orientierungshilfe bieten, um den finanziellen Rahmen samt Möglichkeiten abzustecken und Erkenntnisse zu gewinnen (die kennen sich rund um die Branche ganz gut aus und haben da Erfahrung und reichlich Erfahrungswerte; auch zu den unterschiedlichen medizinischen Fachrichtungen). Manche Banken haben in ihrem Private-Banking auch auf Mediziner spezialisierte "Berater" (ist mit entsprechender Vorsicht zu genießen). An einem gewissen eigenständigen "Aufschlauen" Deinerseits vorab solche Finanz-Themen betreffend, führt meines Erachtens dennoch kein Weg vorbei. Eine halbwegs fachliche "Augenhöhe" mit dem Bankangestellten erleichtert nach meinen Erfahrungen jedes Bankgespräch - und zwar signifikant.


    Wie ich - ganz persönlich - vermutlich vorgehen würde: Weiter Kapital akkumulieren, weiter zur Miete wohnen (das dürfte aktuell wohl so sein) und den Praxiskauf zuerst ins Visier nehmen. Da mit einer (sinnvollen sprich vernünftigen) Dosis Kredit zu arbeiten, kann auch betriebswirtschaftlich/steuertechnisch Sinn entfalten. Das selbst genutzte Haus würde ich erst im nächsten Schritt angehen, zumal dann auch wieder "frisches Blut gebildet" wurde sprich mehr EK vorhanden sein sollte und man auch sieht, wie die eigene Praxis läuft und sich das Einkommen entwickelt (hierbei (Eigenheim) wäre für mich ein relevanter Eigenkapitaleinsatz (da dann relativ günstiger Zins bei überschaubarem Beleihungsauslauf möglich) und eine eher zügige Tilgung (Schuldzinsen sind hierbei steuerlich nicht in Ansatz bringbar) - jedenfalls bis 60 oder 70% des Darlehens getilgt sind - immer prioritär). Das ist aber, wie gesagt, nur meine ganz persönliche Sicht.



    Gute Gedanken und danach ebensolche Finanz-Entscheidungen !

  • Wenn ich mich recht entsinne, dann läuft der Praxiserwerb eh fast ausschließlich über die apoBank, da es sich um einen mehr oder weniger geschlossenen Markt handelt. Aber da ist das Forum hier sicherlich der falsche Platz.


    Das Haus wird direkt abhängig von den Konditionen für die Praxisübernahme sein. Das wird auch abhängig vom FInanzierungsbedarf deiner Fachrichtung sein und der Region oder wie Praxis liegt.

    Beim "Vermögen" ist halt die Frage ob das jetzt bereits angelegt ist oder einfach nur auf dem Konto liegt.

  • Bin nur Finanz-Laie, wenn auch ein an solchen Themen Interessierter mit zudem ein bißchen eigenen Erfahrungen. Ein Medicus bin ich zudem auch nicht.



    Wenn ich mich recht entsinne, dann läuft der Praxiserwerb eh fast ausschließlich über die apoBank, da es sich um einen mehr oder weniger geschlossenen Markt handelt.

    Das kann gut sein und ich erinnere mich, das einige mir bekannte Mediziner da fündig geworden sind.


    Nur am Rande aber in dem Kontext: Dieser Markt (Praxen) hat sich nach dem, was ich in den letzten Jahren so gehört habe aber ziemlich gewandelt. Offensichtlich bevorzugen jedenfalls tendenziell inzwischen mehr Mediziner eine Festanstellung mit "sicherem" Gehalt (und ggf. nur einem Element Umsatzbeteiligung) und auch mit festem Urlaubsanspruch - statt einer freiberuflichen Tätigkeit mit (hohen) Krediten, Personalverantwortung, unternehmerischer Tätigkeit (von A wie Angestellten und Akquisition bis W wie Websitegestaltung). Ein Banker meinte dazu mal, daß - neben dem "Sicherheitsdenken" und dem Thema "Work-Life-Balance" - in manchen Bereichen (Stichwort: Zahnmedizin - um nur ein Beispiel zu nennen) die immer weiter gestiegene Frauenquote auch ein Grund dafür sei (da hier auch Kriterien wie Familienplanung, Kinder, Freizeit usw. eine größere Rolle spielen). Es scheint daher nicht mehr ganz einfach zu sein, eine Praxis überhaupt zu verkaufen (oder zu einem ordentlichen Preis zu verkaufen) sprich einen die Praxis Übernehmenden zu finden. Für gut geführte Praxen an attraktiven Standorten kann daher ein anderweitige Verkauf eine Option sein. Die rechtlichen Änderungen (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - oder so ähnlich; um 2015 ?) ermöglichen seitdem die Gründung von Medizinischen-Versorgungs-Zentren (MVZ - oder so ähnlich). Hier kamen danach nicht selten Institutionelle oder Investorengruppen ins Spiel, die Praxen gezielt aufkauften (um Praxen-Ketten zu bilden und Skaleneffekte zu nutzen). Das wurde und wird teilweise aber kontrovers diskutiert.


    Praxiserwerb und Praxisfinanzierung sind aber zwei paar Schuhe. Jedenfalls sind mir immerhin drei Mediziner bekannt, die weder ihre Praxis über die apoBank (Aktivgeschäft sprich Kredit) finanziert haben noch ihre Altersversorgung und den Vermögenaufbau (Passivgeschäft sprich Anlagen) mit der apoBank gestalten.

  • PS: Vielen Dank für die sehr hilfreichen und informativen Beiträge. Ich habe leider vergessen, ein paar wichtige Informationen in meinem Beitrag zu erwähnen.

    Wenn ich die Praxis für ca. 400.000 € (rein konservativ) kaufen würde, lägen die monatlichen Einnahmen netto bei etwa 12.000 bis 14.000 €. Sollte die Praxis 800.000 € (konservativ und chirurgisch) kosten, würde das Einkommen wahrscheinlich bei mindestens 20.000 € netto liegen. Wäre der Kredit dafür also ausreichend?

    Meine Überlegung war, einen Teil meines Vermögens für den Erwerb der Praxis und des Hauses auszugeben und den Rest langfristig (z. B. in ETFs für mehr als 10 Jahre) anzulegen. In dieser Zeit würde ich die Kredite für das Haus und die Praxis aus den Praxiseinnahmen tilgen. Zudem wird meine Frau in 3–4 Jahren ihr Medizinstudium abschließen und höchstwahrscheinlich zunächst in Teilzeit arbeiten, wodurch sie etwa 2.000 € netto verdienen würde.

  • PS: Vielen Dank für die sehr hilfreichen und informativen Beiträge. Ich habe leider vergessen, ein paar wichtige Informationen in meinem Beitrag zu erwähnen.

    Du hast sehr viele wichtige Informationen nicht geliefert und auch auf Fragen aus dem Kreis der Foristen nicht geantwortet.


    Wenn der Patient mauert, schafft man es noch nicht einmal zur Diagnose. Aber das weißt Du ja vermutlich.


    Dies hier ist keine Kreditverhandlung :) Du mußt hier niemanden überzeugen.