Immobilie als Entnahmestrategie?

  • Meine Frage an euch, ist der Kauf einer Immobilie zu Rentenbeginn eine sinnvolle Entnahmestrategie?

    Die Entnahmephase ist ja je nach Strategie deutlich komplizierter als die Ansparphase und ich habe mich gefragt, ob es nicht eine Idee wäre kurz vor Rentenbeginn das Depot aufzulösen und eine kleine altersgerechte Wohnung davon zu kaufen. Dann muss man zwar alles sofort versteuern, dafür muss man aber auch nur EINEN guten Zeitpunkt für den Verkauf abpassen und hat kein weiteres SoR Risk mehr. Man hätte quasi die Mieten für die komplette Rentenzeit auf einmal entnommen und keine Mietsteigerungen mehr (und keine Eigenbedarfskündigung). Alles natürlich unter der Annahme, dass die gesetzliche Rente dann für die restlichen Lebenshaltungskosten etc. reicht.

    Was meint ihr, wäre das ein sinnvoller Plan?

  • Die Entnahmephase ist ja je nach Strategie deutlich komplizierter als die Ansparphase

    Das dürfte sich so verhalten (jedenfalls bei begrenzten bzw. knappem Budget).

    Vorab und allgemein: Mein persönlicher Eindruck als Finanz-Laie, wenn auch einem an solchen Themen Interessierten: Es gibt deutlich mehr Bücher, Artikel, Untersuchungen, Studien, Beiträge usw. zum Themenfeld "Sparen, Anlegen, Investieren" etc. sprich dem "Vermögensaufbau" - als zum Themenbereich "Entnahmephase" (angefangen von dem Aspekt "Vom eigenen Vermögen leben" bis hin zum "Kontrollierten Vermögensverzehr").

    kurz vor Rentenbeginn das Depot aufzulösen und eine kleine altersgerechte Wohnung davon zu kaufen.

    Mir sind immerhin einige Leute bekannt, die so verfahren sind. Die Motive waren dabei nicht selten (ziemlich) unterschiedlich; manchmal war es auch ein Motivbündel (ohnehin altersbedingt geplanter Umzug in eine Lage mit besserer Infrastruktur (Einkaufsmöglichkeiten, ÖPNV, Ärzte, Apotheken usw.), ohnehin altersbeding geplanter Umzug in eine kompaktere Bleibe, (sprich kleine und pflegeleichtere Wohnung), ohnehin geplanter Umzug in einer altersgerechtere Wohnung (Aufzug, Garage oder Stellplatz im/am Haus, ggf. ganz barrierefrei auch in der Wohnung insbesondere Bad), Bedenken wegen steigender Mieten, Sorge von Eigenbedarfskündigung (und Wohnungssuche in fortgeschrittenem Alter; zudem mit meist geringerem Einkommen sprich Alterseinkommen als dem damaligem Erwerbseinkommen) usw. - last but not least: Mietfreies Wohnen im lastenfreien Wohneigentum gehört zu den ganz wenigen Dingen, die hierzulande (noch) nicht besteuert werden (ein Aspekt, der für einige der früher selbständig Tätigen ziemlich zentral war (Mietzahlung ist aus dem Netto zu bestreiten).

    Alles natürlich unter der Annahme, dass die gesetzliche Rente dann für die restlichen Lebenshaltungskosten etc. reicht.

    Für meinen Teil sehe ich den Ansatz eher etwas kritisch. Nach meinen Erfahrungen und langjährigen Beobachtungen haben Liquidität, "freies Vermögen" oder zumindest zeitnah liquidierbares Vermögen ab einem gewissen Alter (60 + oder 65 +) eine steigende Bedeutung. Dahinter können tendenziell positive Dinge oder Entwicklungen stehen (neue Hobbys, vermehrte Reisen, neue Partnerschaft, diverse Anschaffungen, Überwintern im Süden etc. pp.) aber auch tendenziell negative Dinge oder Entwicklungen (höhere Kosten für Medikamente und/oder Hilfsmittel, ebenso für Hilfen im Alltag und Haushalt, Taxifahrten, durch eine medizinische Diagnose stark verändere Restlebenserwartung, (längere) Pflegebedürftigkeit etc. pp.).

    Die persönlichen Rahmenbedingungen können sich natürlich immer ändern - im Alter gilt das aber zunehmend oder erst recht.

    Eine selbst bewohnte Immobilie subsumiere ich aber eher nicht unter "freies Vermögen" - sondern eher unter "gebundenes Vermögen". Oder wie meine sehr lebenskluge Tante zu sagen pflegte: "Von einem Eigenheim kann man schwerlich stückweise was runterbeißen" ...

    In dem Kontext: Man sollte dann noch mehr Augenmerk auf die Immobilie und deren Zustand sowie die akkumulierte Instandhaltungsrücklage der Eigentümer-Gemeinschaft legen (u. a. via Studium der Protokolle der EG-Versammlungen der letzten Jahre). Es gibt ETWs bei denen selbst über Jahrzehnte hinweg nie eine Sonderumlage fällig wird - aber auch solche, bei denen in 10 Jahren fünf oder mehr Sonderumlagen (auch solche in fünfstelliger Höhe) erforderlich werden. Das kann dann als Rentner die Rechnung ziemlich beeinflussen (ggf. "verhageln"). Zumal auch diese dann bei Eigennutzung aus dem Nettoeinkommen zu erbringen sind (und nicht wie bei Vermietung steuerlich in Ansatz gebracht werden können)

    Diesen Weg zu beschreiten würde ich daher nur empfehlen, wenn die "gesetzliche Rente" (plus ggf. weitere monatliche Zuflüsse (bAV, PRV, Zinsen, Dividenden usw.)) nicht nur für die "restlichen Lebenshaltungskosten reicht" - sondern auch bei den oben genannten besonderen Aspekten (positive wie negative ab 60 + oder 65 +) dann noch genügend "freies Vermögen" vorhanden ist sprich nicht alles oder zu viel davon in der zur Rente bzw. dem Alter hin gekauften Wohnung geflossen und damit "gebunden" ist.

    Zumal der Weg da wieder heraus (Beispiel: Umkehrhypothek oder Rückwärtshypothek) aus meiner Sicht ein nicht unbedingt einfacher und in jedem Fall für den Betroffenen lukrativer ist.

  • Hallo.

    Einen Immobilienkauf als Entnahmestrategie zu sehen, ist für mich erstmal ein neuer Gedanke, aber das sind eben die Begriffe, die wir an Sachen heften.

    Im Eigentum hat man tatsächlich nicht das Risiko von steigenden Mieten oder Kündingung wegen Eigenbedarfs, aber eben auch das Risiko von steigenden Unterhaltungskosten. In der Abwägung kann das eine sehr sinnvolle Entscheidung sein. Hängt aber auch von den Alternativen auf dem Mietmarkt ab.