Hallo liebe Forenmitglieder,
ich bin seit einigen Jahren stiller Mitleser und bin dankbar für das geballte Wissen und die Anregungen, die man hier bekommt. Jetzt habe ich mich an einem freien Tag mal durchgerungen, meine Situation möglichst detailliert darzulegen und hoffe, dass der eine oder andere Feedback geben kann.
Zu meiner Person:
- 37 Jahre alt, männlich
- Verheiratet, 2 Kinder (1 und 3 Jahre)
- Freiberuflich tätig seit 8 Jahren, davor 4 Jahre angestellt
- Frau angestellt, 34 Jahre alt
Einnahmen:
- Haushaltseinkommen bei 70-80% Teilzeit (beide Ehepartner) momentan ca. 100.000€ netto (Netto = Einkommen minus Steuern und Sozialabgaben und bei mir fiktiv ~19% GRV, da ich momentan nicht einzahle), war schon höher, wird aber vermutlich nicht wieder höher aufgrund der Kinder
Ausgaben:
- 50.000€ pro Jahr
Vermögen:
- Selbstgenutzte Immobilie, Wert geschätzt von Bank ca. 350.000€. Diese haben wir aus unserem Einkommen ohne Kredit finanziert (wir sind handwerklich relativ geschickt und haben ein altes Haus mit viel Eigenleistung renoviert). Das Haus ist altersgerecht (um-)gebaut, man kann komplett im EG wohnen. Die Lage ist ländlich in Nordwestdeutschland, aber laut Prognos-Studie (falls die jemand kennt) ist die Region unter den ersten 15% von 400 in Deutschland. Es ist hier noch für Normalsterbliche möglich, ein Haus zu kaufen. Wir haben u.a. 10 Jahre in München gelebt und kennen das andere Extrem.
- 3 vermietete neue Wohnungen mit 70% Fremdkapital in einer Großstadt im osteuropäischen EU-Ausland (ergab sich wegen persönlicher Familienverhältnisse). Wert ca. 350.000€. Dafür wurde das Eigenheim in D beliehen. Schuld momentan bei ca. 220.000€, d.h. Vermögen ca. 130.000€
- Rate fix bis zum Ende (Jahr 2047), Mieteinnahmen minus Kreditrate ergibt plus minus 0 (inkl. Rücklagen, zeitweise Leerstand etc.). Wohnungen werden fremdverwaltet und machen bisher keine Arbeit. Da die Wohnungen dort nicht belastet sind, kommt auch jederzeit theoretisch ein Verkauf infrage.
- Depot im Wert von aktuell ca. 350.000€ (90% Aktien, 5 ETFs weltweit etwa nach BIP + 10% Euro-AAA-Staatsanleihen ETF) – da geht alle paar Monate das rein, was gerade übrig ist
- Aktueller GRV-Anspruch laut Rentenbescheid: Ehefrau ca. 600€/Monat, ich 400€/Monat (ich rechne im Folgenden mit diesen Werten, nicht der prognostizierten Rente, da meine Frau ggf. auch wieder freiberuflich arbeiten wird)
- Liquiditätsreserve: Schwankend von 5000-20.000€, je nachdem wie lange der letzte ETF-Kauf zurückliegt und ob eine große Anschaffung ansteht (z.B. PV-Anlage)
- 2 Autos, Verkaufswert zusammen ca. 25.000€
Versicherungen:
- Der „normale Kram“: Haftpflicht, 2x KFZ, Wohngebäude, Hausrat
- Beide schon immer in der GKV
- BU Ehefrau über 1000€ bis 65 Jahre (lohnt sich aus meiner Sicht bei dem Betrag nicht, habe die Diskussion aber aufgegeben 😊)
- BU Ehemann über 2700 € bis 65 Jahre
- Private Krankenhauszusatzversicherung (beide)
- Zahnzusatzversicherung (meine Wenigkeit, ich habe ebenso viele Füllungen wie Zähne)
- Private Krankenzusatzversicherung (DKV BMG0) für Kinder (aufgrund Erfahrungen im persönlichen Umfeld, werden wir vermutlich irgendwann kündigen, aber momentan können wir es uns leisten)
- Sonst nichts
Bausteine Altersvorsorge:
Grundsätzlich schreibe ich hier für meine Frau und mich. Falls es zu einer Scheidung käme, sind die ganzen Berechnungen für die Katz und ich oder jeder wird vermutlich einfach mehr arbeiten müssen (oder reich heiraten )
GRV-Anspruch ist wie oben bereits erwähnt sehr klein (ca. 400€). Eingezahlt habe ich nur genau 5 Jahre (Zivildienst & Angestelltenzeit), sodass zumindest ein Anspruch besteht. Ich denke regelmäßig darüber nach, ob ich nicht doch etwas einzahlen sollte, aber meine Überlegung ist, dass ich abwarte, wie sich die Situation in der GRV entwickelt und ggf. ab dem Alter 55+ noch freiwillig Beiträge leiste. Ich denke nicht, dass es sich lohnt, für Ausbildungszeiten bis 45 einzuzahlen, da ich niemals auf entsprechend viele Beitragsjahre kommen werde.
Die vermieteten Wohnungen haben wir gekauft, weil unser Haus schuldenfrei war und dort die Gesetze eher Vermieterfreundlich sind. Wir hatten eine der 3 vor 5 Jahren mit 100% EK gekauft und da dies gut lief, kauften wir noch 2 weitere auf Kredit. Ich hätte prinzipiell lieber ETFs davon gekauft, allerdings war uns bei einer Kreditrate die Regelmäßigkeit der Einnahmen wichtiger. Dass die Wohnungen nicht in D sind, kann man vermutlich als Vor- und Nachteil sehen (nicht schnell erreichbar vs. örtliche Diversifikation). Fun Fact: Ich hatte das Jahr davor das Buch „Eigentum, Zins und Geld“ von Gunnar Heinsohn gelesen, welches der Auslöser war das zu tun (fand ich als Nicht-Wirtschaftswissenschaftler sehr erhellend).
Zuletzt ist da das Depot, welches die Hauptaltersvorsorge sein soll. Wenn ich die heutigen 350.000€ in mein 65. Lebensjahr mit ca. 2% realem Wachstum hochrechne (also ohne Inflation, nach Steuern und Abgaben), kommen ca. 600.000€ heraus.
Meine Überlegung geht nun so:
Wenn ich zu diesen 600.000€ die Wohnungen (ohne angenommenen Wertzuwachs und-verlust) hinzurechne, komme ich auf ca. 950.000€. Wenn ich bis zum 95. Lebensjahr rechne (Vermögensverzehr), sind das ca. 2600€/Monat brutto, zuzgl. unserer beider aktueller Rentenansprüche ca. 3500€/Monat brutto, d.h. 42.000€/Jahr. Daraus ergäbe sich aktuell eine Rentenlücke von 8000€/Jahr (Ausgaben z.Z. ca. 50.000€, s.o.). Ich gehe davon aus, dass wir die Wohnungen nach Abzahlung des Kredits verkaufen, je nachdem wie die Lage dann ist.
Bei einer angenommenen Sparrate von 10.000€/Jahr bis 65 komme ich auf eine „Rente“ von 3330€/Monat (wieder Depot + Wohnungen), zuzgl. unserer beider aktueller Rentenansprüche ca. 4230€/Monat brutto, d.h. ca. 50.000€/Jahr. Sprich: Eine für momentane Verhältnisse „kleine“ Sparrate“ sollte reichen(?).
Erben werden wir beide nichts, sofern mein Vater nicht doch einmal Glück beim Lotto haben sollte. Im Gegenteil macht mir eher eine evt. Unterhaltspflicht Angst, da ich als einziges von 4 Geschwistern über 100.000€ pro Jahr Bruttoeinkommen habe und nachdem wie ich es verstehe, wird ab dann auch das Vermögen herangezogen und /oder man wird quasi zum "Vollzeit Arbeiten" gezwungen. Ggf. macht es Sinn, unter diese Marke zu kommen? Ich werde meine Eltern so viel wie möglich unterstützen (und tue es bereits), allerdings habe ich keine pfändungssichere Altersvorsorge im Rücken wie die meisten Leute und falle somit (wie häufig) durch das Raster.
Vielleicht noch als Info: Kindergeld fließt in Kinderdepots in der Hoffnung, dass ich unseren Kindern die Sinnhaftigkeit von Aktien und Anleihen nahebringen kann. Wenn nicht, Pech gehabt.
Das Ganze ist sehr theoretisch und natürlich nicht so genau planbar, aber das ist die GRV ja auch nicht. Wer weiß, was in 30-40 Jahren in Deutschland und der Europa los ist.
Aber vielleicht kann mir jemand Feedback geben, ob ich hier etwas Wichtiges übersehe und noch beachten muss. Ich bin mir unsicher, weil wir im Bekanntenkreis niemanden haben, der in dieser Situation ist. Kollegen, die auch Freiberufler sind, sind meiner Erfahrung nach ehrlich gesagt meist eher wenig strukturiert unterwegs und viele steigern ihre Ausgaben einfach mit ihren Einnahmen (das nächste schicke Auto etc.). Wir leben zwar nicht spartanisch, da wir gern reisen, allerdings kommen wir beide aus einfachen Verhältnissen und haben immer einen beträchtlichen Teil sparen können. Ich frage mich regelmäßig, ob ich dauerhaft weniger als die jetzigen 70-80% arbeiten könnte (speziell jetzt mit kleinen Kindern) oder ob ich mir das nicht leisten kann. Unser Job ist relativ sicher, da er nicht von Deutschland abhängt. Meine Kunden sind momentan in UK und Nahost, die meiner Frau in UK und CH.
Die Frage ist bei unserer Konstellation auch, ab wann man anfangen sollte, von Aktien-ETFs auf festverzinsliche Wertpapiere umzuschichten. Man kann viel darüber lesen, aber die meisten haben das Problem wahrscheinlich nicht akut, da auch bei einem Crash die GRV/Pensionskasse weiterzahlt.
So, ein elendig langer Sermon, aber vielleicht kann jemand Feedback geben, auch wenn es bestenfalls ein „alles lassen wie es ist“ ist 😊.
Beste Grüße & Danke im Voraus,
Christian