Verständnisfrage: Fondsanteile - Altbestand

  • Hallo zusammen,

    ich bin stolzer Besitzer einer Depotposition (Aktienfonds), die ich meiner dunklen Erinnerung nach im wesentlichen in den 90ern aufgebaut haben muss.

    2015 habe ich geheiratet und mit meiner Frau ein Gemeinschaftsdepot eröffnet, in das ich die Position eingebracht habe.

    Kann ich davon ausgehen, dass bei Verkauf die Kursgewinne von vor 2018 weiterhin steuerfrei und die von nach 2017 unter Anrechnung des persönlichen Freibetrags von 100K pro Person ebenfalls steuerfrei sind? - Oder ist das nach dem "Eigentümerwechsel" in 2015 hinfällig?

    Zusatzfrage zum ähnlichen Sachverhalt: Unser Sohn hat von seinen Großeltern ebenfalls eine Altbestandposition (Immobilienfonds) von vor 2000 im Zuge der vorweggenommenen Erbschaft übertragen bekommen. Gilt dort auch die Altbestandsregelung? - Alle Kursgewinne bis 2017 steuerfrei und danach unter Anrechnung des 100K-Freibetrags unseres Sohnes?

    Vielen Dank für Eure Hinweise!

  • gb75
    Altbestand sind Fonds die vor 1.1.2009 erworben wurden.
    Dieser Altbestand wurde quasi steuerrechtlich zum 1.1.2018 verkauft und wiedergekauft.
    Seitdem ist der Ertrag/Ausschüttungen unter Teilfreistellung zu versteuern.
    Kursgewinne bei Verkauf werden durch Nutzung des

    Der Gewinn aus Verkauf von Altanteilen (gerechnet wird immer ab 1.1.2018) ist pro Person bis 100k (nach Teilfreistellung) steuerfrei. Bei Verkauf werden zuerst immer Steuern gezahlt, dann über die folgende Steuererklärung bekommt man diesen Betrag vom Finanzamt zurück.

    Jede Person hat einmalig die 100k Steuerfreibetrag. (§56 Abs.6 InvStG)
    Werden Altanteile übertragen, dann bleiben dies Altanteile und der neue Besitzer kann diese Altanteile dann wieder unter Nutzung seines eigenen 100k Steuerfreibetrages veräussern.

    Das Finanzamt verwaltet den persönlichen Steuerfreibetrag von 100k. Darum wird erst mal die Steuer gezahlt und diese Steuer, solange die 100k noch nicht ausgenutzt sind, erstattet.

  • Ja, alles richtig wie von den Mitforisten beschrieben.

    Folgende zusätzliche Hinweise:

    Du schreibst, du seist „stolzer“ Besitzer dieser Positionen. Bei all dem was bislang geschrieben wurde und ich unten zusätzlich aufführe, geht es nur um die steuerliche Behandlung. Ob die jeweiligen Fonds es wert sind, nur deshalb dauerhaft gehalten zu werden, steht hingegen auf einem anderen Blatt. Du muss dabei insbesondere deren meist hohen Kosten gegenüber den gesparten Steuern abwägen. Und dann sieht das Bild häufig weniger gut aus. Es kann also sinnvoll sein, trotzdem die Positionen zu realisieren und in kostengünstige ETF umzuschichten. Das kann ich aber in dem konkreten Fall nicht beurteilen.

    100.000 Euro Gewinn sind bei diesen sog. Altbeständen steuerfrei, es fallen dabei also keine 25% Steuern plus ggf. Soli und Kirchensteuer auf diese Gewinne an. Man spart somit max. 25.000 bis ca. 28.000 Euro an Steuern, nicht 100.000 Euro. Das scheint dir klar zu sein, wird aber gelegentlich falsch verstanden, daher hier der Hinweis für Mitlesende.

    Man muss bei einem schenkweisen Depotübetrag unbedingt darauf achten, dass dieser korrekt durchgeführt wird. Sprich man muss in den Formularen an der richtigen Stelle die Häkchen setzen und sollte anschließend prüfen, ob diese im Depot des Beschenkten auch weiterhin als Altbstände geführt werden.

    Ich wünsche euch allen ein langes Leben, aber der Freibetrag muss von der jeweiligen Person zu dessen Lebzeiten aufgebraucht worden sein. Dieser kann nicht vererbt werden. Daher ist es ratsam, sukzessive Gebrauch davon zu machen. Insbesondere dann wenn die Position so groß ist, dass man die 100.000 Euro Gewinn bereits überschreitet oder dies auf absehbare Zeit der Fall sein wird. Und erst recht wenn die Fonds hohe Kosten und daher gegenüber ETFs eine schwächere Performance aufweisen.

  • Du schreibst, du seist „stolzer“ Besitzer dieser Positionen

    Das hast Du schon ganz richtig verstanden und die Anführungszeichen richtig gesetzt.

    Ich hinterfrage in den letzten Wochen erstmals Depotpositionen, die ich schon ewig im Bestand habe. Auslöser ist, dass ich mich erstmals mit Vermögensverzehr beschäftige. Ich fand die Position aufgrund ihrer Steuerfreiheit immer ganz charmant, aber wie Du richtig schreibst, sollte das allein kein Grund, den Fonds dauerhaft zu halten.

    Konkret handelt es sich um den Aktienfonds DWS Investa. Inklusive der Ausschüttungen hat der seit dem fiktiven Verkauf am 01.01.2018 rund 3,8% p.a. erwirtschaftet. Da brauche ich gar nicht auf den MSCI World zu schielen. Im gleichen Zeitraum hat bspw. ein Arero fast 6% p.a. geschafft.

    Insofern ist der Investa wohl zum Abschuss freigegeben.

  • Bei ausschüttenden Fonds oder ETF ist die Altbestandsregelung ohnehin nur mäßig attraktiv. Denn die Ausschüttungen unterliegen ganz normal der Abgeltungssteuer, nur die entsprechend niedrigeren Kursgewinne sind steuerfrei.

    Man muß es sich im Einzelfall ausrechnen.

    Im letzten Jahr (Super-Börsenjahr!) hat ein ausschüttender ETF bei mir 24% Kursgewinn und 1,4% Ausschüttungen verzeichnet, ein ähnlicher thesaurierender ETF 25,9%. Dieses Jahr sind es 3,1% bzw. 4,5% bis jetzt.

    Du hast recht: Ausschüttungen werden immer versteuert, hier greift die Altbestandsregelung nicht so schnell (Dafür aber länger, oder nicht?).

    Nutzlos ist sie trotzdem nicht.

  • Man muß es sich im Einzelfall ausrechnen.

    So ist es. Ich habe bspw. thesaurierende ETF aus 2008 die - aus heutiger Sicht - völlig absurde Kosten mit einer TER jenseits der 0,6% haben. Trotzdem halte ich diese, da die Steuerfreiheit aufgrund der Altbestandsregelung die hohen Kosten überkompensiert. Bei einem ausschüttenden, aktiv gemanagten Fonds mit Kosten von 1,4% p.a. dürfte sich das hingegen nicht mehr lohnen.