Verlustminimierung für teuer gekaufte Einzelaktie: reiner Verkauf oder Austausch gegen günstigeren Kaufpreis?

  • Bitte keine neue Diskussion über pro & cons von Einzelaktien. Wer gegen den Erwerb von Einzelaktien ist, kann/soll diesen Thread getrost ignorieren.

    Gesetzt man hat eine Einzelaktie teuer erworben und der Kurs ist merklich gefallen:

    Wenn man nicht davon ausgeht, dass das entsprechende Unternehmen komplett den Bach runter geht: Sollte man

    1) einfach halten und warten

    2) verkaufen und daraus resultierende Verluste mit Gewinnen verrechnen? (Bestand abbauen)

    3) verkaufen, die Verluste mit den Gewinnen verrechnen, aber im selben Umfang günstiger nachkaufen, um mit dem dadurch sinkenden Druchschnittspreis gegenüber 1) schneller in die Gewinnzone zu kommen?

  • Es gibt keine pauschal beste Option. Entscheidend ist, ob die Investment-Story noch intakt ist.


    (1) Halten ist richtig, wenn das Unternehmen fundamental solide bleibt und der Rückgang eher markt- oder stimmungsbedingt ist.


    (2) Verkaufen und Verluste verrechnen ist sinnvoll, wenn es bessere Alternativen gibt oder die ursprüngliche Story an Überzeugung verloren hat.


    (3) Verkaufen und günstiger zurückkaufen (steuerlich optimiertes Rebalancing) macht Sinn, wenn man von der Aktie weiterhin überzeugt ist und den Einstandspreis senken sowie Steuerverluste realisieren möchte.

  • Du bist dir ja sicherlich bewusst, dass du Verluste aus Aktien nur mit Verkaufserlösen von Aktien; nicht mit Kapitalerträgen aus anderen Quellen (Zinsen, ETF-Gewinne, Dividenden) verrechnen kannst.

    Falls du also vielleicht in diesem Jahr bereits Kursgewinne aus Aktien realisiert hast, wäre das also im Sinne von (2) und (3) eine gute Gelegenheit, hier deine aktuelle Steuerlast zu senken. Beachte, dass dieses Vorgehen nur unterjährig klappt. Während Verluste im Verlusttopf zeitlich unbegrenzt fortgeschrieben werden, kannst du gewinne nur in dem Jahr verrechnen, in dem sie angefallen sind. Dafür aber unterjährig auch rückwirkend.

    Wenn du dich für Fall (3) entscheidest, dann ist dir sicherlich bewusst, dass du keine Steuer sparst, sondern nur in die Zukunft verschiebst. Denn der geringere Anschaffungswert sorgt für eine höhere latente Steuerlast.

    Das ganze kann aber auf vielfältige Art sinnvoll sein. Stichwort ist hierzu tax loss harvesting.

  • Es hängt natürlich vom konkreten Einzelfall ab.

    Wenn du zum Beispiel in deinem Depot eine Aktienposition hast, die du sowieso verkaufen möchtest und die im Gewinn steht, kannst du Depot-Kosmetik betreiben.

    Du verkaufst beide Positionen und kaufst die Verlust- Position zurück.

  • Es hängt natürlich vom konkreten Einzelfall ab.

    Ja das ist das Ding, mit den vielen möglichen Ausnahmefällen lässt sich kaum ein allgemeingültiger Tipp geben.


    Wie ich hier im Frühjahr gelernt habe, gibts ja durchaus Aktien, bei denen man sich einen hohen Anschaffungswert wünscht. Die Deutsche Telekom ist ja so ein Fall.

    Aber wenn man sich die Mühe machen möchte, dann gibt’s schon Szenarien wo man netto mit einem Plus aus der Situation geht. Oder falls man in Wirklichkeit doch garnicht mehr sooo sehr an seine Aktie glaubt und vielleicht doch lieber umstrukturieren möchte :P

  • Wie ich hier im Frühjahr gelernt habe, gibts ja durchaus Aktien, bei denen man sich einen hohen Anschaffungswert wünscht. Die Deutsche Telekom ist ja so ein Fall.

    Kurios. Da hast du wegen der (noch) „steuerfreien“ Dividende vielleicht was anders verstanden.

    Bei Bedarf einfach einen eigenen Telekom-Thread eröffnen.

  • Die Idee hinter der Option 3) ist: Ich erkaufe mir durch Verrechnung von bestehenden Gewinnen mit der Realisierung eines Verlustverkaufs eine Verringerung der maximalen Fallhöhe (im Grunde genommen verteile ich sie nur über die Zeit - in der ich sie aber aktiv gegen bekannte - bereits erwirtschaftete - Gewinne verrechnen kann). Durch den Austausch zu einem günstigeren Kurs halte ich aber die Aktie in derselben Menge, um bei einem Anstieg auch diesen Verlust wieder (mehr als) ausgleichen zu können.

    Hinkt dieser Ansatz? Oder ist er sinnvoll?

  • Die Sache mit der fallhöhe ist gedanklich eigentlich ein Trugschluss: da deine Rendite immer multiplikativ eingeht, spielt der Ausgangspunkt keine Rolle.

    Option 3 ist aber dennoch sinnvoll. Durch die Rückerstattung von bereits angefallener Steuern kannst du dein verfügbares Geld steigern und im hier und jetzt mehr investieren. Du bezahlst später halt mehr Steuern, aber das liegt in ferner Zukunft.

    Da du (hoffentlich) davon ausgehst, langfristig einen Wertzuwachs zu erhalten, ist es sicherlich in deinem Interesse so früh wie möglich in deine Position zu investieren. Die rückerstattete Steuer ist dann eben dein kleines mehr-Investment.

  • Aus meiner Sicht gibt es immer nur zwei Optionen:

    2) Ich realisiere die Verluste, da ich ein besseres Investment habe

    4) ich kaufe nach (in der Regel mehr als den aktuellen Bestand), weil ich vom Investment überzeugt bin

    Bitte keine Politikwissenschaftler und kein Marcel Fratzscher mehr im TV.