Da ich zu dem Thema "Verluste von Notenbanken" vor geraumer Zeit einmal selbst recherchiert hatte (wegen einer angefragten Veröffentlichung), erlaube ich mir eine kurze Anmerkung in einfachen Worten.
Vorab: So wie es aussieht, wird vermutlich (das könnte schon heute sein) die Deutsche Bundesbank wohl (statt einen Gewinn Richtung Staatskasse auszuschütten) einen zweistelligen Milliarden Fehlbetrag in € als Verlust ausweisen. Hintergrund: Die gewaltigen Bestände an niedrig verzinsten Anleihen (aus Anleihekäufen), denen nun (sog. "Zinswende") höher verzinste Einlagen der Banken bei der Notenbank gegenüberstehen. Im Prinzip (noch) kein Problem. Zudem eine Notenbank nicht für Gewinne zuständig ist sondern für stabiles Geld im Sinne der Preisniveau- sprich Kaufkraftstabilität. Auf die leichte Schulter nehmen sollte man das nach meinem Dafürhalten aber nicht, da eine Notenbank letztlich nur vom Vertrauen der Bürger und damit von der eigenen Reputation lebt (und von dem bißchen - in Relation zur Geldmenge - eingelagerten Gold als eiserne Reserve sprich ultimativem Geld).
Zu dem allgemeinen Thema "Verluste von Notenbanken und deren Solvenz":
Generell ist es natürlich richtig, daß eine Notenbank bzw. Zentralbank per definitionem nicht zahlungsunfähig werden kann, schlicht und einfach "weil sie sich das Geld selbst drucken kann" (heutzutage per Click via PC aus dem Nix schaffen bzw. kreieren kann). Und zwar in beliebiger Höhe und sozusagen (theoretisch) unbegrenzt. Ausnahme: Dies gilt jedenfalls, so lange die Notenbank keine Verpflichtungen in Fremdwährungen eingegangen ist. So weit, so gut.
Auch wenn eine Notenbank also rein technisch gesehen nicht "pleite" gehen kann - so kann sie sehr wohl in praxi und damit faktisch pleite gehen. Auf den dabei wichtigen und letztlich entscheidenden Punkt der Zentralbank-Bilanz - präziser deren Qualität - hatte schon im Jahr 1982 der amerikanische Ökonom Thomas Sargent in einer damals wenig beachteten Studie hingewiesen (die Studie hatte ich allerdings damals mit großem Interesse gelesen, da diese meines Erachtens zu hoch schlüssigen Ergebnissen kam).
Die Bedeutung und hohe Relevanz der Studie wurde in der Fachwelt erst viel später erkannt: Im Jahre 2011 (als erst fast 30 Jahre später) wurde Sargent beispielweise der Wirtschafts-Nobel-Gedächtnispreis verliehen). Das aber nur am Rande.
Sargent zeigte damals im Kontext mit Inflation beziehungsweise mit Hyperinflation, daß die Geldmenge (beziehungsweise deren Erhöhung) praktisch unwichtig ist - und damit auch die sogenannte Quantitätstheorie von Milton Friedmann mit dem Mantra "Inflation ist immer und überall ein monetäres Problem". Dagegen kommt es gemäß Sargent in Wirklichkeit auf die Qualität der Assets an, die von der Notenbank für ihr ausgelegtes Geld zu Deckung in ihre Bilanz verbucht werden. Diese Solvenz der Zentralbank stellen auch jüngere Untersuchungen wieder in das Zentrum (Goethe Universität in Frankfurt am Main; Dr. Ingo Sauer). Der Tenor nach seinen umfangreichen Untersuchungen (auch mit Blick in die Finanzhistorie und den Bereich der monetären Ökonomik): Sobald eine Notenbank zu viele nicht werthaltige oder wertlose Aktiva in ihrer Bilanz hat, ist sie zu schwach, um den Wechselkurs ihrer Währung zu verteidigen. Womit immer die Preise zu steigen beginnen (u. a. wegen der importierten Inflation bei einer schwachen Währung). Der Geldmenge und deren Erhöhung (im Fall der EZB einer massiven Erhöhung) muß also Werthaltiges gegenüberstehen.
Die Verwundbarkeit wächst, wenn eine Währung beginnt, (schleichend) zu einer Weichwährung zu mutieren. Dabei ist fast immer (eher so gut wie immer) parallel die typische Flucht in Sachwerte der davon betroffenen Bürger (die besagte Währung verwenden müssen) zu beobachten. Sowie oft bis meist auch eine Abwertung dieser Währung gegenüber sehr stabilen Währungen (Beispiel: Schweizer Franken).
Aus guten Gründen soll daher eine Notenbank keine Abteilung des Finanzministeriums sein (Stichwort: Fiskalischer Druck bzw. Fiskalischer Dominanz), sondern eine politisch unabhängige Zentralbank, der monetäre Staatsfinanzierung ausdrücklich (expressis verbis also normiert in den diesbezüglichen Gesetzen, Verträgen, Satzungen usw.) verboten ist. Was natürlich solide Staatsfinanzen als Voraussetzung (im Sinne einer Conditio sine qua non) hat, damit die Notenbank sich nicht um hoch- und höchstverschuldete Staaten und deren Schuldentragfähigkeit kümmern oder diese gar (mit)finanzieren bzw. retten muß - sondern nur um ihre vertragliche Hauptaufgabe Preisniveaustabilität sprich Kaufkraftstabilität (für die EZB siehe hierzu Art. 119, Art. 127, Art. 282 AEUV).
So erklärt sich auch - Stichwort "Solide Staatsfinanzen" - zum einen der "Vertrag von Maastricht" und die da normierten "Maastricht-Kriterien" (max. 3% Kriterium Haushalts-Defizit vom BIP p. a. sowie insgesamt max. 60% Kriterium Staatsverschuldung zum BIP) sowie - Stichwort "Unabhängige Notenbank" zum anderen der "Art. 123 AEUV" mit dem "ausdrücklichen Verbot der monetären Staatsfinanzierung" durch die EZB.
So wie beispielsweise George Soros im Jahr 1992 erfolgreich gegen die Bank of England spekulierte, könnten internationale Spekulanten irgendwann den richtigen Zeitpunkt bei der EZB (er)testen. Angriffe auf die EZB könnten dann gigantische Summen einbringen - für europäische Sparer und Steuerzahler (insbesondere der noch halbwegs soliden und solventen Länder der Eurozone) dagegen ebensolche Verluste in kongruenter Höhe.
Zusammengefasst läuft es daher bei den Billionen schweren Anleihekäufen der EZB auf die Frage hinaus: Inwieweit sind die in der Bilanz der EZB befindlichen langfristigen Kredite an insolvente Geschäftsbanken, Anleihen von wackeligen Unternehmen und insbesondere auch Staatsanleihen von Ländern wie Griechenland, Zypern, Italien, Spanien etc. pp. werthaltige Sicherheiten ?
Andernfalls könnte europäischen Sparern und Steuerzahlern drohen, zur Rekapitalisierung der EZB zwangsweise herangezogen zu werden.