Risikofaktor bei All-World-ETFs geringer oder nicht?

  • Hallo zusammen,


    da ich hier in den vergangenen Tagen und Wochen schon viele wertvolle Tipps und Hinweise für meinen ETF-Sparplaneinstieg erhalten habe, würde mich eure (durchaus auch subjektive/persönliche) Meinung zu folgender Frage diskutieren, die ich gestern mit einem Freund diskutiert habe:


    Ich habe mir gemäß der "Standard"-Empfehlungen u.a. von Finanztip einen Sparplan auf den iShares MSCI World eingerichtet (monatliche Rate von vorerst 500 EUR + ggf. noch eine Einmalinvestition von 5.000 EUR zum Start). Der Sparplan wird erstmalig am 16.01. ausgeführt. Der Bekannte meinte, dass eine noch breitere Diversizifizierung über einen All-World ETF eine Möglichkeit sei, um noch ein wenig mehr "Risikooptimierung" zu betreiben.


    Hintergrund ist die Überlegung, dass ich möglichst einfach (d.h. zunächst möglichst nur ein ETF), langfristig, breit gestreut und risikoarm sparen möchte, ohne unbedingt die letzte Nachkommastelle an potenziellen Gewinnen rausholen zu wollen. Jetzt wurde ja überall immer schon viel über das Pro&Contra vom US-Gewicht in den MSCI/Developed ETFs gesprochen.


    Macht es aus den o.g. Überlegungen heraus ggf. doch am ehesten Sinn, direkt auf einen All-World ETF zu setzen? Ich würde da aktuell wohl zum Vanguard FTSE All-World tendieren, auch wenn dieser eine minimal höhere TER als der bisher angedachte MSCI World hat. Mir ist natürlich klar, dass es hier keine definitiven Ja oder Nein Aussagen gibt, aber mich würde dennoch sehr eure persönlich Einschätzung/Meinung dazu interessieren, inwiefern sich die doch deutlich höhere Anzahl an Positionen in diesem ETF - neben dem Umstand, dass deutlich mehr Länder berücksichtigt werden - positiv auf den Risikofaktor auswirken. Wenn ich das in den Vergleichen richtig gesehen habe, ist ja zumindest in der Vergangenheit die Volatilität (wenn auch nur gering) bei den All-World-ETFs etwas niedriger gewesen.


    Vielleicht gibt es ja auch jemanden, der genau aus diesen Überlegungen heraus den FTSE All-World bespart? Ich bin jedenfalls für jede Rückmeldung wie immer sehr dankbar.

  • MSCI hat eine etwas engere Definition von Large- und Midcaps als FTSE, dadurch ist der MSCI ACWI etwas kleiner gefasst als der FTSE All-World. In der Praxis relevant dürfte das kaum sein, die zusätzlichen Unternehmen haben alle sehr kleine Gewichte und wirken sich entsprechend nur auf Nachkommastellen aus.


    Es gibt grundsätzlich drei sinnige Strategien:

    - nur Industrieländer -> MSCI World oder FTSE Developed

    - Industrie- und Schwellenländer in einem Fonds -> MSCI ACWI oder FTSE All-World

    - Industrie und Schwellenländer frei kombiniert: MSCI World + EM oder FTSE Developed + EM


    Für welche Strategie man sich entscheidet, ist vor allem Geschmackssache. Es gibt keine Strategie, die im Voraus klar überlegen wäre.

  • Ich habe den Vanguard FTSE All World, weil ich auch mit einem ETF möglichst breit aufgestellt sein wollte.

    Der All world deckt auch noch mal etwas mehr vom Markt ab als ein MSCI ACWI.

    Zumal es den MSCI ACWI bisher ausschließlich in Thesaurierenden Varianten gibt und ich gern einen Ausschütter haben wollte.


    Bezüglich der TER würde ich mir keinen Kopf machen.

    Die Tracking Difference des Vanguard all world ist quasi durchgehend optimal.

  • Es gibt grundsätzlich drei sinnige Strategien:

    - nur Industrieländer -> MSCI World oder FTSE Developed

    - Industrie- und Schwellenländer in einem Fonds -> MSCI ACWI oder FTSE All-World

    - Industrie und Schwellenländer frei kombiniert: MSCI World + EM oder FTSE Developed + EM

    Vielen Dank. So habe ich es auch für mich verstanden. Den Vorteil bei einem All World ist m.E. vielleicht für Anfänger, dass man mit nur einem ETF den Großteil des Marktes abdecken kann. Der Vorteil bei den Kombinationslösungen ist hingegen, dass man selbst die Gewichtung zwischen Developed und Emerging Markets vornehmen könnte. Insofern wohl auch hier - wie immer - Vor- und Nachteile bei beiden Lösungen.

  • Vielen Dank, das bestärkt mich in meiner Einschätzung pro Vanguard FTSE All World. Wenn ich das richtig interpretiere, bist du mit dieser Wahl (seit wann etwa?) soweit auch sehr zufrieden? Oder gibt es hier noch irgendetwas Grundlegendes zu Bedenken?

  • Mir erging es im Grunde wie WerAuchImmer

    Ich wollte eine Pflegeleichtes Depot mit einem ETF ohne Rebalancing, "breit" aufgestellt und ausschüttend.


    Da blieb im Grunde nicht mehr viel Übrig ;)

    Und ja, ich lebe entspannt mit meiner Entscheidung.

    Die Ausschüttungen lege ich über den Sparplan gleich wieder an, kann somit ohne Buchführung, Rechnerei und "Rollen" einen großen Teil meines FSA ausschöpfen ohne Dabei "Zahlenakrobatik" betreiben zu müssen. Zumal Rollen bei meinem Broker eh wieder zu teuer ist und einen großen Teil des möglichen Vorteils auffrisst.


    Das mag nicht das Optimum darstellen, aber mit Sicherheit eine sehr gute und Pflegeleichte Basis.

  • Meine Empfehlung für einen Einsteiger ist auch der Vanguard FTSE All World.

    Man ist damit sehr günstig Weltweit investiert.


    Wenn das Depot dann irgendwann hoch 5-stellig oder gar 6-stellig ist, kann man ja immer noch einen zusätzlichen ETF auf die Schwellenländer in Depot aufnehmen um den prozentualen Anteil zu erhöhen (Wenn man denn dann noch der Meinung ist dass zu brauchen;)).


    Fakt ist, es gab in der Vergangenheit immer wieder Zeiträume in denen die Schwellenländer besser performt haben als die Industrieländer. Historisch betrachtet lag das optimale Verhältnis von Industrie- zu Schwellenländern bei ~ 70:30 (unter Risiko und Renditebetrachtung).

    https://www.finanzen-erklaert.…was-ist-der-optimale-mix/


    ABER:

    Seit 2009 wäre es besser gewesen gar keine Schwellenländer im Portfolio zu haben. Hättest Du es geschafft konsequent die EM zu besparen, wenn Du ständig im Depot siehst wie schlecht Sie performen!? ;)

    Daher ist eine 1 ETF-Lösung m.E. ein guter Kompromiss, da man nicht ständig drauf schaut, ob jetzt die Industrie- oder Schwellenländer besser performen. Wenn die Schwellenländer möglicherweise in den nächsten 10 oder 20 Jahren wieder besser performen hat man Sie halt im ETF dabei.

    Was die Zukunft bringt weiß niemand. Möglicherweise bleibt es auch noch 10 Jahre so, dass eine Investition in die EM keine gute Idee sein wird.


    PS: Ich bespare 70:30 und will mein Depot bis zu meinem Tod behalten. Also hoffentlich noch die nächsten 30-40 Jahre. Was dann das Beste Verhältnis von Industrie- zu Schwellenländern gewesen sein wird, wissen wir dann irgendwann in der Zukunft. :)

  • Vielen Dank, das bestärkt mich in meiner Einschätzung pro Vanguard FTSE All World. Wenn ich das richtig interpretiere, bist du mit dieser Wahl (seit wann etwa?) soweit auch sehr zufrieden? Oder gibt es hier noch irgendetwas Grundlegendes zu Bedenken?

    Mit der praktischen Umsetzung habe ich erst 2019/2020 begonnen.

    Vorher schon ein paar Jahre sehr viel gelesen, aber kein freies Kapital zur Verfügung gehabt.

    Durch die Brokerwahl dann auch noch einige Positionen diverser world bzw. ACWI ETFs zu Beginn bespart.

    Als der Vanguard dann verfügbar war, bin 8ch darauf gewechselt.

  • Das hört sich sehr gut und plausibel an und würde auch meinen Vorstellungen entsprechen. Ich hatte zwar in den vergangenen Tagen noch etwas Bedenken wg. ausschüttend vs. thesaurierend, denke inzwischen aber auch, dass ich einfach zu Beginn auf den ausschüttenden Vanguard FTSE All-World setzen und die Ausschüttungen regelmäßig bis zu einem bestimmten Punkt wieder anlegen werde. Ich meine, dass das bei meinem Broker (ING) sogar automatisch geht. Vielen Dank für diesen Kurzbericht, der mich ebenfalls nochmal in meinem Plan bestätigt.

  • ABER:

    Seit 2009 wäre es besser gewesen gar keine Schwellenländer im Portfolio zu haben. Hättest Du es geschafft konsequent die EM zu besparen, wenn Du ständig im Depot siehst wie schlecht Sie performen!? ;)

    Daher ist eine 1 ETF-Lösung m.E. ein guter Kompromiss, da man nicht ständig drauf schaut, ob jetzt die Industrie- oder Schwellenländer besser performen. Wenn die Schwellenländer möglicherweise in den nächsten 10 oder 20 Jahren wieder besser performen hat man Sie halt im ETF dabei.

    Was die Zukunft bringt weiß niemand. Möglicherweise bleibt es auch noch 10 Jahre so, dass eine Investition in die EM keine gute Idee sein wird.

    Das ist für mich ein weiterer Pluspunkt der "All-In-One-Lösung" FTSE All-World. Ich will ja gerade in ETFs investieren, um passiv anzulegen, d.h. mich möglichst wenig mit etwaigen weiteren Stellschrauben verrückt machen zu müssen. D.h. ich bin da auch gerne bereit, auf das letzte Optimum zu verzichten, wenn ich insgesamt nicht ständig mit dem Gedanken hadern muss, hier oder da (d.h. Gewichtung Developed vs. Emerging) was anpassen zu müssen.

  • Ich habe von Anfang an nur in Thesaurierende ETF investiert. Anfangs war mein FSA noch durch alte Zinsprodukte ausgeschöpft (Bausparer).

    2021 und 2022 habe ich den FSA dann durch Teilverkäufe von ETF Anteilen ausgeschöpft (Natürlich wurden die ETF-Anteile anschließend gleich wieder gekauft).


    Und 2023 gibt es sogar wieder nennenswerte Zinsen auf Tages- und Festgelder. Und schon muss man wieder rechnen, wie viel vom FSA für Zinseinkünfte und wie viel für ETF genutzt werden kann.

    Ein ständiger Fluss halt...

  • Mal kurz in diesem Zusammenhang eine andere Frage: Kann es sein, dass bei JustETF die Anzahl der Positionen im Vanguard FTSE All-World (IE00BK5BQT80 oder IE00B3RBWM25) falsch ausgegeben wird? Hier ( Vanguard FTSE All-World UCITS ETF Distributing | A1JX52 | IE00B3RBWM25 (justetf.com) ) steht, dass 1.389 Positionen enthalten seien. Meines Wissens müssten es doch aber 3.744 sein? Oder übersehe ich hier etwas? Bin gerade etwas verunsichert, weil ich unmittelbar vor'm Einstieg stehe ...


    PS: Informationen lt. Vangaurd Factsheet und JustETF weichen voneinander ab ...

  • Macht es für einen Einmalinvest ggf. Sinn, die bei JustETF angegebene Entwicklung des 52 Wochen Hoch/Tief einzubeziehen, um zu schauen, ob man - zumindest historisch betrachtet - eher tief oder hoch einsteigt? Mir ist klar, dass das Market Timing ist - es würde mich aber aktuell etwas bei der Einmalinvestition beruhigen, wenn ich wüsste, dass dieser Wert zumindest einen Indikator darstellen würde (da aktuell eher niedrig). Danke!

  • Oder übersehe ich hier etwas?

    Ein ETF enthält i.d.R. weniger und ggf. andere Positionen als der Index, da bei kleinen Positionsgrößen der Aufwand für das direkte Nachbilden zu hoch sind. Man behilft sich dann mit einer reduzierten Auswahl, das sog. optimierte Sampling.


    Zur anderen Frage: Ergebnisse der Vergangenheit sind kein sicheres Indiz für die zukünftige Entwicklung.

    Dann leg los! :thumbup:

    Dem ist nichts hinzuzufügen. Wenn es Dir mit der Einmalinvestition zu heikel ist mach die Sparrate höher, z.B. auf 1.000 €, und wickle auf diese Weise die Einmalinvestition in mehreren Tranchen ab. So bekommst Du einen Mischkurs. Statistisch ist dies bei der Annahme steigender Märkte schlechter, für das Gefühl bei manchen Menschen besser.

  • Ein ETF enthält i.d.R. weniger und ggf. andere Positionen als der Index, da bei kleinen Positionsgrößen der Aufwand für das direkte Nachbilden zu hoch sind. Man behilft sich dann mit einer reduzierten Auswahl, das sog. optimierte Sampling.

    Vielen Dank, hier habe ich aber direkt die Angaben des ETFs und nicht den Index abgeglichen:


    Vanguard FTSE All-World UCITS ETF Distributing | A1JX52 | IE00B3RBWM25 (justetf.com)


    Hier stehen 1.389 Positionen bei JustETF, der ETF müsste aber meines Wissens 3.744 haben (ist ja u.a. auch einer der Hauptgründe, weshalb dieser ETF aufgrund seiner breiteren Diversifizierung, u.a. über die zusätzlichen 10% EM, empfohlen wird). Das muss doch ein Fehler bei JustETF sein?

  • Zur anderen Frage: Ergebnisse der Vergangenheit sind kein sicheres Indiz für die zukünftige Entwicklung.

    Dem ist nichts hinzuzufügen. Wenn es Dir mit der Einmalinvestition zu heikel ist mach die Sparrate höher, z.B. auf 1.000 €, und wickle auf diese Weise die Einmalinvestition in mehreren Tranchen ab. So bekommst Du einen Mischkurs. Statistisch ist dies bei der Annahme steigender Märkte schlechter, für das Gefühl bei manchen Menschen besser.

    Danke. Ja, die historische Entwicklung erlaubt natürlich nur Einschätzungen/Interpretationen. Dennoch würde es meinem eigenen Schweinehund helfen, wenn ich wüsste, dass der derzeitige relativ niedrige 52 Wochen Hoch/Tief-Schnitt zumindest einen Moment-Indikator darstellt, den man hier einbeziehen könnte.

  • Am besten schaut man dazu ins Factsheet, das kommt direkt von der Fondsgesellschaft. Laut dem wurden ca 400 Titel wegoptimiert

    Genau, das habe ich auch gemacht. Dann ist die Angabe bei JustETF aber definitiv aktuell falsch, da dort nur 1.389 Positionen ausgewiesen werden (siehe vorigen Post).