BW neuer Grundsteuermessbetrag 56% günstiger als zuvor - trotzdem Einspruch erheben?

  • Guten Morgen zusammen,

    gestern kam mein Grundsteuerwert- und -messbescheid. Der Messbetrag ist 56% günstiger als der vorherige Messbetrag.

    Der aktuelle Hebesatz meiner Gemeinde liegt bei 400%. Demnach würde ich mit dem neuen Messbetrag bei altem Hebesatz deutlich Grundsteuer sparen.


    Viele raten zum Einspruch - einen offensichtlichen Grund finde ich nicht, Grundwerte passen in den Bescheiden.


    Wie haltet ihr das - trotzdem Einspruch (ohne Grund) erheben oder einfach laufen lassen.


    Danke euch.


    Grüße Neal

  • Ohne Einspruch hat man das Risiko, dass der Bescheid bestandskräftig wird. M.E. wird eine Prozesswelle mit unbekanntem Ausgang folgen.

    Der Hebesatz muss auch nicht so bleiben ...

  • Danke für die Rückmeldungen. Würde gerne trotzdem Einspruch einlegen. Hat jemand schon Erfahrung damit. Einspruch gegen Grundsteuerwert oder -messbetrag oder beides? Grund weglassen, Grund keiner.

  • Würde gerne trotzdem Einspruch einlegen. Hat jemand schon Erfahrung damit. Einspruch gegen Grundsteuerwert oder -messbetrag oder beides? Grund weglassen, Grund keiner.

    Man sagt ja, mit der Wahrheit kommt man am weitesten. Demnach wäre die Begründung: „… weil es ja erstens nicht schaden kann, und zweitens vielerorts im Internetz empfohlen wird.“

  • Widerspruch unter Bezug auf die Musterklage einlegen.

    Hat mehrere Effekte:

    - Wird 2025 erhoben und erst danach die Verfassungswidrigkeit festgestellt, gibt es Geld zurück

    - Personal bei der Finanzverwaltung wird gebunden und es kommt eventuell zu einer nicht rechtzeitigen Festsetzung bzw. Verjährung bei anderen Steuerarten

    - Schaden kann es nicht - es droht ja keine Verschlechterung

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Und wenn Einspruch, dann gegen Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag. Natürlich sollte dann auch nächstes Jahr gegen den Grundsteuerbescheid Widerspruch eingelegt werden, der ist dann allerdings in den meisten Bundesländern kostenpflichtig.


    Aber wer keinen Einspruch einlegt, verliert auch dann nichts, wenn die Klagen Erfolg haben sollten. Zum einen dauern die Verfahren so lange, dass dann sowieso schon wieder die nächste Hauptfeststellung ansteht. Zum anderen würde das Gesetz ja nicht rückwirkend für nichtig erklärt werden. Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für mit dem Grundgesetz unvereinbar halten sollte, dann bekommt der Gesetzgeber eine Frist, innerhalb der er (für die Zukunft) eine verfassungskonforme Neuregelung vorzunehmen hat.

  • ...

    - Wird 2025 erhoben und erst danach die Verfassungswidrigkeit festgestellt, gibt es Geld zurück ...

    Nein, Geld zurück bekommt niemand. Er bekommt dann allenfalls für die Zukunft die Grundsteuer anders berechnet.

  • Nein, Geld zurück bekommt niemand. Er bekommt dann allenfalls für die Zukunft die Grundsteuer anders berechnet.

    Soweit ich das verstanden habe, ergehen die Grundsteuerbescheide dann vorläufig - heißt sie werden nach dem Urteil eventuell geändert.

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    Grover Norquist

  • Es gibt Millionen Steuerbescheide, die wegen anhängiger Verfahren vorläufig ergangen sind. Auch die Grundsteuermessbeträge sind viele Jahre lang vorläufig festgesetzt worden. Geld zurück hat trotzdem niemand bekommen, weil das Bundesverfassungsgericht, wie in solchen Fällen (fast) immer, nur eine Neuregelung für die Zukunft verlangt und nicht das Gesetz für nichtig erklärt hat.


    Außerdem liegen die Voraussetzungen für eine Vorläufigkeitserklärung nicht vor. Dafür müsste entweder eine Klage vor dem Finanzgericht erfolgreich gewesen sein oder ein Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig sein. Bis dahin vergehen noch ein paar Jahre und die Hürden, um überhaupt zum Bundesfinanzhof zu kommen, sind hoch.

  • Es gibt Millionen Steuerbescheide, die wegen anhängiger Verfahren vorläufig ergangen sind. Auch die Grundsteuermessbeträge sind viele Jahre lang vorläufig ergangen. Geld zurück hat trotzdem niemand bekommen, weil das Bundesverfassungsericht in solchen Fällen (fast) immer nur eine Neuregelung für die Zukunft verlangt und nicht das Gesetz für nichtig erklärt.

    Hmm... Sehe ich dann aber tatsächlich kritisch:

    Man hat einen Einspruchsführer, der von Anfang an sagt, der Bescheid ist falsch - und trotzdem zahlen muss, nur weil die Justiz langsam ist?

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    Grover Norquist

  • Man kann es auch anders formulieren. Nämlich, dass das Bundesverfassungsgericht nicht das finanzielle Fundament des Staates zerstören will und sich deshalb bei grundgesetzwidrigen Steuergesetzen darauf beschränkt, verfassungskonforme Regelungen für die Zukunft zu verlangen. Würde das Grundsteuergesetz für von Anfang an nichtig erklärt, wären sämtliche Kommunen im Land schlagartig insolvent und dieses mögliche Ergebnis ist nicht gewollt.

  • Man kann es auch anders formulieren. Nämlich, dass das Bundesverfassungsgericht nicht das finanzielle Fundament des Staates zerstören will und sich deshalb bei grundgesetzwidrigen Steuergesetzen darauf beschränkt, verfassungskonforme Regelungen für die Zukunft zu verlangen. Würde das Grundsteuergesetz für von Anfang an nichtig erklärt, wären sämtliche Kommunen im Land schlagartig insolvent und dieses mögliche Ergebnis ist nicht gewollt.

    Insolvent würde ich nicht sagen, es gibt ja auch noch andere Einnahmequellen. Sogar eine Abschaffung der Grundsteuer wäre ja nicht verfassungswidrig, weil den Kommunen noch eine andere, hebesatzfähige Steuer (die Gewerbesteuer) zur Verfügung steht.


    Aber ich verstehe deinen Punkt. Danke!

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    Grover Norquist

  • Hallo zusammen,

    das nachfolgende wäre doch eine Begründung.


    Oder?


    LG


    Name, Vorname1

    (tragen Sie hier Ihre Postanschrift ein)

    An das

    Finanzamt Musterstadt

    (Postanschrift des zuständigen Finanzamts)

    Aktenzeichen: ..... Steueridentifikationsnummer|n: ...

    Musterstadt (aktuelles Datum)

    Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 vom ... (Datum des Bescheides)

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    hiermit lege/n ich/wir Einspruch gegen den oben genannten Steuerbescheid vom ...

    (Datum)2 ein.

    Den Einspruch begründen wir wie folgt:

    Es bestehen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer B in Baden-Württemberg, da nur die Bodenrichtwerte, die Grundstücksgröße und die überwiegende Wohnnutzung eine Rolle spielen und die Bodenrichtwerte auch nicht justiziabel sind.

    Hinzu kommt, dass aufgrund fehlender Hebesätze für 2025 aller Kommunen nie- mand die künftige Höhe der Grundsteuer B heute schon berechnen kann. Mangels Vorhersehbarkeit der künftigen Steuerlast spricht in rechtlicher Hinsicht vieles da- für, dass die isolierte bestandskräftige Festsetzung der Grundsteuerwertbescheide gegen das Rechtsstaatsprinzip verstößt (BVerfGE 19, 253, 267; 34, 348,365; 73, 388, 400).

    Unter Bezugnahme auf das bereits beim Finanzgericht Baden – Württemberg unter Az.: 8 K 2368/22 anhängige Musterverfahren beantrage(n) ich /wir das Ruhen des

    1 Bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern sind jeweils beide Namen anzugeben. Bei anderen Eigentü- mergemeinschaften sind alle Beteiligten anzugeben.

    2 Der Einspruch kann nur binnen einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids eingelegt werden.


    Einspruchsverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die mögliche Ver- fassungswidrigkeit der neuen Landesgrundsteuer.

    Für eine Bestätigung des Eingangs des Einspruchs wäre/n ich/wir Ihnen sehr dankbar.

    Mit freundlichen Grüßen

    ................................................ (Unterschrift | en)

    WICHTIGER HINWEIS:

    Bitte verwenden Sie den beigefügten Mustereinspruch nur dann, wenn es Ihnen le- diglich darum geht, den Grundsteuerwertbescheid mit der Begründung anzugreifen, dass das Landesgrundsteuergesetz BW in der Fassung vom 21.12.2021 verfas- sungswidrig ist.

    Wollen Sie darüber hinaus den Grundsteuerwertbescheid inhaltlich auch noch mit anderen Argumenten angreifen, muss eine Einspruchsbegründung auf den jeweili- gen Einzelfall bezogen formuliert werden. (z.B. der Bescheid weist in Bezug auf die Grundstücksgröße eine falsche Quadratmeterangabe auf. Oder es liegt ein Gutach- ten3 vor, das einen niedrigeren Bodenwert ausweist).

    Halten Sie dazu dann ggf. Rücksprache mit Ihrem Steuerberater oder Rechtsanwalt. Muster – ohne Gewähr Stand Februar 2023

    3 Wenn ein abweichender Bodenwert geltend gemacht wird, kann dies ausschließlich durch ein sogenanntes qualifiziertes Gutachten i. S. v. § 38 Abs. 4 Landesgrundsteu- ergesetz BW vorgebracht werden, das zudem zu einem mehr als 30 % niedrigeren Wert führen muss. Liegt ein solches Gutachten (noch) nicht vor, ist im Einspruch da- rauf hinzuweisen, dass ein solches beauftragt ist/wird und im Verfahren nachgereicht wird.

  • Ja, das ist ja der Mustereinspruch von Haus und Grund / BdSt

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist