Rürup als Selbstständiger

  • Hallo liebe Community,


    ich bin jetzt seit 6 Jahren selbstständig. Bin 32 und nun kommt die Frage der Altersvorsorge. Ich habe ein Depot in welches ich seit kurzem jeden Monat 1000€ einzahle. MSCI World 100%. Evtl. bald etwas mehr Europa oder EM. Den Sparplan möchte ich von Jahr zu Jahr der Inflation quasi angleichen.


    Jetzt stellt sich mir die Frage aufgrund der eventuell kommenden Versicherungspflicht für selbstständige und als eventuelles weiteres Standbein einen Rürup Vertrag über die von Finanztip empfohlene Europa Versicherung abzuschließen. Ein Angebot habe ich vorliegen.


    200€/Monat

    Dynamik nach DRV Höchstbeitrag

    100% S&P 500

    0,4% Effektivkosten

    2095€ Abschlusskosten



    Würdet ihr die Europa weiter empfehlen? Ich bin unsicher aber habe irgendwie das Gefühl, dass ein weiteres Standbein gut wäre. Auch wenn die Pflicht kommen sollte und die Rentenfaktoren evtl. dadurch sinken und die Versicherungen teurer werden sollten. Oder doch lieber alles auf eine Karte und nur ein Depot? Oder eine Nettopolice? Aber welche?


    Vielen Dank im Voraus für euren Input!

  • Referat Janders


    Ich habe derzeit nur eine Unfallversicherung. Zurzeit läuft eine Anonyme anfrage zur BU bzw. Grundfähigkeiten Absicherung.


    Ich bin gesetzlich versichert und der Anspruch zur Gesetzlichen Rente hat sich bis vor 6 Jahren auf 180€ angesammelt laut Rentenbescheid.

  • Ich habe derzeit nur eine Unfallversicherung. Zurzeit läuft eine Anonyme anfrage zur BU bzw. Grundfähigkeiten Absicherung.

    Okay, gut dass das Thema bearbeitet wird.

    Ich bin gesetzlich versichert und der Anspruch zur Gesetzlichen Rente hat sich bis vor 6 Jahren auf 180€ angesammelt laut Rentenbescheid.

    Wenn die allgemeine Wartezeit (5 Jahre) bereits erfüllt ist, dann wäre es noch möglich die 35-jährige Wartezeit bis 63 (bzw. 62 mit Schwerbehindertenausweis) zu erfüllen und somit einen vorgezogenen Rentenbeginn zu verwirklichen. Dafür müssten natürlich laufend freiwillige Beiträge gezahlt werden, was eine Kostenfrage aufwerfen würde, auch wenn diese steuerlich absetzbar wären.

    Ich würde empfehlen, zumindest den Gedanken zu prüfen, ob dies eine Idee sein könnte. Den Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung könnte man so natürlich nicht erwerben bzw. aufrecht erhalten.

  • Okay, gut dass das Thema bearbeitet wird.

    Wenn die allgemeine Wartezeit (5 Jahre) bereits erfüllt ist, dann wäre es noch möglich die 35-jährige Wartezeit bis 63 (bzw. 62 mit Schwerbehindertenausweis) zu erfüllen und somit einen vorgezogenen Rentenbeginn zu verwirklichen. Dafür müssten natürlich laufend freiwillige Beiträge gezahlt werden, was eine Kostenfrage aufwerfen würde, auch wenn diese steuerlich absetzbar wären.

    Ich würde empfehlen, zumindest den Gedanken zu prüfen, ob dies eine Idee sein könnte. Den Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung könnte man so natürlich nicht erwerben bzw. aufrecht erhalten.

    Die gesetzliche Rentenversicherung kommt für mich nicht infrage, da ich meines Erachtens nach noch nicht genug aufgebaut habe um diese ruhigen Gewissens fortzuführen. Würde die Rürup der Europa den grundsätzlich „okay“ sein als kleines weiteres Standbein?

  • ich bin jetzt seit 6 Jahren selbstständig. Bin 32 und nun kommt die Frage der Altersvorsorge. Ich habe ein Depot, in welches ich seit kurzem jeden Monat 1000€ einzahle. MSCI World 100%.

    Damit bist Du schon spät dran. Mag sein, daß Du es bisher nicht konntest, ich halte es aber für eine gute Idee, Dich bei Deiner Sparleistung an dem zu orientieren, was Du für die gesetzliche Rentenversicherung bezahlen müßtest.

    Jetzt stellt sich mir die Frage aufgrund der eventuell kommenden Versicherungspflicht für selbstständige und als eventuelles weiteres Standbein einen Rürup Vertrag über die von Finanztip empfohlene Europa Versicherung abzuschließen.

    Ziemlich viele kompetente Leute halten von Rürup-Policen überhaupt nichts. Alles, was Du in einen Rürup-Vertrag hineinsteckst, bekommst Du ausschließlich als Rente wieder heraus. Du kannst den Vertrag noch nicht einmal im Notfall kündigen.

    Die gesetzliche Rentenversicherung kommt für mich nicht infrage, da ich meines Erachtens nach noch nicht genug aufgebaut habe um diese ruhigen Gewissens fortzuführen. Würde die Rürup der Europa den grundsätzlich „okay“ sein als kleines weiteres Standbein?

    Im Vergleich zu einem Rürup-Vertrag ist die gesetzliche Rentenversicherung allemal die bessere Wahl.


    Das eine wie das andere ist ein Sparvertrag. Du bist im Irrtum, wenn Du glaubst, Du würdest mit dem gleichen Geld aus einem Rürup-Vertrag mehr Rente herausholen als aus der gesetzlichen Rente. Frag mal Deinen Finanzprodukteverkäufer, wie sich die versprochene Rente im Verlauf entwickelt. Er wird Dir mit einem langen "Äh" antworten. In der gesetzlichen Rente gibts ab dem 1. Juli 2024 satte 4,57% mehr, und auch in den Folgejahren kann die Politik es sich nicht leisten, wesentlich hinter der Entwicklung der Löhne zurückzubleiben. Diese annähernde Inflationsindexierung hast Du bei keinem Riester-, bei keinem Rürup-Vertrag und auch bei keiner privaten Rentenversicherung.


    Der Vergleich ist zwar ein bißchen unfair, weil die kommerziellen Produkte ihre Renten am Markt erwirtschaften müssen, wohingegen der Staat aus politischen Gründen in die gesetzliche Rente Unsummen hineinsteckt. Es ist dem Durchschnittsruheständler aber egal, woher das Geld kommt.


    Ich habe das Buch heute schonmal empfohlen:


    Hartmut Walz: Ihre Finanzen fest im Griff: Vermögen aufbauen, statt Geld verschenken


    für schmale 11,99 € zu kaufen. Hartmut Walz kann viel besser erklären als ich, warum man von Riester- und Rürup-Verträgen in aller Regel sinnvollerweise die Finger läßt.

  • Die gesetzliche Rentenversicherung kommt für mich nicht infrage, da ich meines Erachtens nach noch nicht genug aufgebaut habe um diese ruhigen Gewissens fortzuführen. Würde die Rürup der Europa den grundsätzlich „okay“ sein als kleines weiteres Standbein?

    Die gesetzliche Rentenversicherung wäre nur als reine Basisabsicherung zu verstehen, der ETF-Sparplan wäre das, was später die Rechnungen zahlen soll.


    Die Rürup-Rente/Basisrente ist die privatwirtschaftlich "nachgebaute" gesetzliche Rente. Die steuerliche Förderung durch die Absetzbarkeit der Beiträge ist der Berücksichtigung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachempfunden. Beide Varianten sind flexibel wie ein Betonklotz wenn es darum geht, vorzeitig an sein "Guthaben" kommen zu wollen. Die gesetzliche Rente liefert später den Krankenversicherungsschutz mit, daher wäre es in Sachen Flexibilität nicht verkehrt, einen vorgezogenen Rentenbeginn zu ermöglichen.

    Aus 12 × 100,07 Euro Rentenbeitrag würden in 2024 (mit Werten bis 30.06.) 5,35 Euro monatliche Rente generiert werden, was einem Rentenfaktor von grob 44 entspricht.

    Da wird die Basisrente in Sachen Rentenfaktor nicht mithalten können und müsste das über interne Verzinsung kompensieren. Dies dürfte mit abnehmenden Abstand zur Auszahlungsphase immer schwieriger werden. Je kürzer der Zeitraum bis zum Ruhestand ist, desto lohnenswerter dürfte im Vergleich die Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung werden.

    Optionen in der Rentenversicherung würde man sich aber nur offen halten, wenn zumindest die 35-jährige Wartezeit zum Rentenbeginn erfüllt ist. Daher müsste man sich rechtzeitig positionieren.

  • ich bin jetzt seit 6 Jahren selbstständig. Bin 32 und nun kommt die Frage der Altersvorsorge. Ich habe ein Depot in welches ich seit kurzem jeden Monat 1000€ einzahle. MSCI World 100%. Evtl. bald etwas mehr Europa oder EM. Den Sparplan möchte ich von Jahr zu Jahr der Inflation quasi angleichen.

    Nur mal so als Gedankenanstoß.

    Ich verdiene als Angestellter leicht überdurchschnittlich wenn ich den Statistiken glauben schenken darf.

    Somit zahle ich auch leicht überdurchschnittlich in die GRV ein. Wenn ich allein sehe, was jeden Monat so an die RV geht (mein Anteil + AG Anteil), finde ich 1.000€ im Monat für die AV jetzt nicht unbedingt viel.:/ Vor allem, wenn ich dann sehe was dabei nachher als Rentenzahlung herum kommen soll.

    Natürlich wird ein ETF-Sparplan für die nächsten 30 Jahre eine höhere Renditechance bieten als die GRV, aber ich würde doch mal gründlich darüber nachdenken, ob 1.000€/Monat angemessen ist.


    Bedenke auch, dass Du quasi 6 Jahre 'verschenkt' hast. Das wären allein schon 72.000€ an Einzahlungen gewesen, die sich in den letzten 6 Jahren zu knapp 100.000€ entwickelt hätten. Dieses Geld fehlt Dir schon mal für Deine AV und den Zinseszinseffekt!


    Und den Gedanken von den Kollegen zur GRV solltest Du auf jedem Fall genau nachvollziehen. Entgegen aller Unkenrufen ist die GRV besser als Ihr Ruf.


    Ach ja. Ohne BUV Selbstständig zu sein und dann auf ein ETF-Depot als Altersvorsorge zu setzten ist schon ein extremer Ritt auf Messers schneide. Das eigene ETF-Depot ist nicht geschützt (z.B. bei einer Privatinsolvenz, Berufsunfähigkeit, usw.).

    Bei einigen meiner selbstständigen Bekannten hat Corona 2020 zu einigen schlaflosen Nächten gesorgt.

    Ist schon heftig, wenn Du mit 50 plötzlich keine Einnahmen mehr hast, die Kosten aber weitgehend weiter laufen. Und Du an Deine Ersparnisse heran mußt, die ja eigentlich für Deine Altersvorsorge gedacht waren. So ein ETF-Depot ist erstmal weitgehend zu verbrauchen bevor Du Anspruch auf Sozialleistungen hast.

  • Die Versicherungspflicht von Selbständigen ist ein Ungetüm.

    Ich glaube nicht, dass 200 Euro Monatsbeitrag vom Staat als genug angesehen werden.


    Zu Rürup:

    Nettotarif ist besser. Hier wird ein Jahresbeitrag in Abschlusskosten versenkt.

    Generell hat Rürup aber auch viele Nachteile. Der einzige Pluspunkt ist der Pfändungsschutz. Den braucht man aber hoffentlich nicht. Ich empfehle bei Rürup immer einen Nettotarif, den man mit Einmalzahlungen füllt (z.B. 2x5k), wenn es geschäftlich gut läuft und Sektor-ETFs (IT oder Chips). Da baut sich das kleine Standbein von alleine auf.

  • Wenn ein Selbständiger rentenversicherungspflichtig ist, dann zahlt der grundsätzlich monatlich grob 640 Euro an Beitrag, in der Beginnphase die Hälfte. Davon abweichend kann der Beitrag auch einkommensgerecht gewählt werden, sprich anhand des Gewinns.


    Bei einer anderweitigen Absicherung wird man über ähnliche Dimensionen nachdenken müssen, ggf. wird es Abschläge geben, weil man unterstellt, dass die andere Absicherung sich grandios verzinst, aber es wird weiterhin eine nicht unerhebliche Vorsorgeleistung erforderlich sein.


    Wenn die Selbständigkeit das nicht abwirft, kann man die Frage stellen, ob diese Selbständigkeit tatsächlich dauerhaft tragfähig und das unternehmerische Risiko gerechtfertigt sind.