Verständnisfrage

  • Bedenklich finde ich, dass gerade Neulingen und Menschen, die sich nicht viel damit auseinandersetzten können oder wollen, der MSCI World mehr oder weniger wie eine 20 Jahre Festzinsanleihe mit 6% verkauft wird.

    Das finde ich auch bedenklich und unredlich. Aber das eine sind die historischen Zahlen mit ihrer Verlässlichkeit. Und das andere ist die Frage, wie man sie präsentiert. Du hast dich die letzten Posts daran gestört, dass auf der Basis von historischen Zahlen das Renditereihenfolgenrisiko quantifiziert wird. Das ist aber ein vollkommen anderes Problem als die Präsentation der Börse als vermeintlich sicher. Und wie gesagt, gerade nach Inflation reichen die 15 Jahre nicht mehr

  • Ich stimme Finanzpanda zu, daß historische Entwicklungen nichts über die Zukunft sagen. Jede Zeit ist anders und hat ihre eigenen Herausforderungen. Politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich. Das einzige, woran man glauben kann, ist das es langfristig immer aufwärts geht. Wobei was langfristig bedeutet sich natürlich an historischen Zahlen orientieren kann, aber mir stößt auch immer wieder auf, wenn ich lese „nach 15 Jahren bist du auf der sicheren Seite“. Hört sich auch in meinen Ohren fast an wie ein Gesetz auf das man sich verlassen kann. Was ist, wenn der Einbruch genau nach 15,5 Jahren kommt?

    Renditereihenfolgerisiko hat jedoch gar nichts mit der Vergangenheit zu tun. Das ist pure Logik und das kann man ausrechnen.

  • Was ist, wenn der Einbruch genau nach 15,5 Jahren kommt?

    Kommt darauf an. ;)

    Wenn Du in den 15,5 Jahren Dein Vermögen von 100.000€ auf 200.000€ verdoppelt hast und jetzt kommt ein 50% Crash bist Du wieder bei 100.000€

    Nominal hast Du jetzt in 15,5 Jahren keine Rendite gemacht aber auch kein kein Geld verloren. :/

    Wenn Du jetzt noch weitere 15 Jahre Anlagehorizont vor Dir hast, besteht die sehr gute Möglichkeit, dass Du wieder auf 200.000€ kommst. Im Idealfall kannst Du dann bei -50% etwas Geld nachschieben.

    Dein Problem geht dann los, wenn Du mit 200.000€ rechnest und Deiner Frau und Dir schon mal die 6 monatige Weltreise für 80.000 buchst bevor Du das Geld auf dem Konto hast!

    Renditereihenfolgerisiko hat jedoch gar nichts mit der Vergangenheit zu tun. Das ist pure Logik und das kann man ausrechnen.

    Nur, dass sich das Renditereihenfolgerisisko bei einem Sparplansparer ganz anders auswirkt wie bei einem Menschen der einmalig Summe X investiert hat. ;)

    Bei einem Sparplansparer sind die hohen Renditen im letzten Drittel der Ansparzeit besonders hilfreich.

    Und ausrechnen kann man es leider nicht, da Du ja die Renditen der Zukunft gar nicht kennst! ;)

    Man kann sich aber an der Vergangenheit orientieren. Wenn es längere Zeit einen schlechten Zeitraum in der Weltwirtschaft gab, folgt darauf irgendwann eine längere Phase der Erholung. Aktuell läuft es seit der Finanzkrise ganz gut an den Börsen. Möglicherweise sogar zu gut. Man wird sehen.

    Wenn ich es mir aussuchen könnte, hätte ich in den nächsten Jahren lieber einen eher schlechten Wirtschaftszyklus und dann zum Start meiner Entnahmephase einen guten Wirtschaftszyklus. :/

    Aber wir sind eben nicht bei 'Wünsch Dir was', sondern bei 'so isses'!

  • Hört sich auch in meinen Ohren fast an wie ein Gesetz auf das man sich verlassen kann.

    Ist lediglich eine Beobachtung der Vergangenheit, kein Gesetz. Und wie ich bereits erwähnt habe, gilt das auch nur, wenn man die Inflation ignoriert. Eine Anlage, die weniger als die Inflation erwirtschaftet, verliert aber faktisch an Wert.


    Was ist, wenn der Einbruch genau nach 15,5 Jahren kommt?

    Grundsätzlich gilt, dass der aktuelle Extremfall irgendwann extremer war als der extremste bis dahin beobachtete Wert. Das gilt für Hochwasser genau wie für Anlagen. Deshalb wäre ich auch immer vorsichtig damit, mich darauf zu verlassen, dass genau der Fall das schlimmstmögliche ist. Aber man kann ja gewisse Maßnahmen ergreifen:

    Dein Problem geht dann los, wenn Du mit 200.000€ rechnest und Deiner Frau und Dir schon mal die 6 monatige Weltreise für 80.000 buchst bevor Du das Geld auf dem Konto hast!

    Denn in dem Fall würde man sinnigerweise die Gewinne realisieren, bevor man die Weltreise verbindlich bucht. Ist im Internetzeitalter ja kein Problem mehr, man drückt auf den einen Knopf und eine Minute später auf den anderen. Gilt auch nicht nur für Weltreisen, sondern z.B. wenn ein Teil des Depots als Eigenkapital in eine Immobilie wandern soll. In dem Moment, in dem man den Entschluss fasst, das Geld einzuplanen, sollte man es auch realisieren. Und allerspätestens wenn man das Geld verbindlich verplant.


    Renditereihenfolgerisiko hat jedoch gar nichts mit der Vergangenheit zu tun. Das ist pure Logik und das kann man ausrechnen.

    Das RRR ist eine Beobachtung. Der Umgang damit hat aber sehr wohl was mit der Vergangenheit zu tun. Denn du musst festlegen, was für dich der schlimmste zu erwartende Fall ist und die Vergangenheit bietet hierzu einen guten Startpunkt

  • Ich finde da ein Renditedreieck ganz hilfreich, hier sogar unterschieden nach Einmalanlage und Sparplan:

    https://www.dividendenadel.de/wp-content/uploads/2024/01/MSCI-World-Renditedreiecke-2024.pdf

    Klar, das zeigt auch nur die historische Entwicklung, aber man bekommt ein ganz gutes Gefühl dafür, dass es auch Phasen länger als 15 Jahre gab, die echt nicht gut gelaufen sind. Auf 20 Jahre im Durchschnitt 1,4% pro Jahr (vor Inflation und vor Steuern!) ist der historische Worst Case beim Sparplan. Es ist nicht gesagt, dass man auf 20 Jahre 7% pro Jahr bekommt, geschweige denn auf 10 oder 15.

    Der historische Worst Case auf 15 Jahre sind MINUS 0,7% pro Jahr und auf 10 Jahre MINUS 7% pro Jahr.

    Zur Wahrheit gehört auch, dass mit etwas länger liegen lassen das Ergebnis schon ganz anders aussieht. Es hilft also, wenn man nicht zum Stichtag X das ganze Geld braucht. Aber es gibt auf YouTube etc. Leute, die ETF-Anlagen darstellen wie Festgeld. Und das führt dann dazu, dass Leute auch Geld in ETFs anlegen, das sie in 5 Jahren brauchen (weil es da ja 7% pro Jahr bringt statt 3% auf dem Tagesgeld).