Entnahmestrategie Prof. Weber / Annuität aus 1.2 Mio. Euro

  • Ich fande das von Prof. Weber interessant. Wenn ich bedenke wieviel Blödsinn beispielsweise auf Youtube verbreitet wird von vermeintlichen Finaninfluencern die nur noch wie Pilze aus der Erde schießen, Möchtegerns Warren Buffett 2.0 Reloaded die einen erzählen wollen welche Aktie der nächste heiße Scheiß ist, Crash- und Untergangspropheten sowie Edelmetallapothekern, ist es doch mal wieder sehr erfrischend Meinung und Fachartikel von den Herren Weber, Walz und Kommer (zumindest im deutschsprachigen Raum) zu lesen. Ich schätze die faktenbasierten Aussagen dem Grunde nach. Nicht alles muss oder gehe ich mit aber ich verschließe mich aber auch nicht. Lieber lese ich etwas zu viel als zu wenig. Bildung, Gesundheit und Zeit sind mit einer der wichtigsten Güter.

    Der Thread Ersteller hatte nicht alle Angaben gemacht. Das hatte ich ja auch bereits angemerkt und auf dich verwiesen, da ich wie du es als überaus wichtig erachte Vermögensplanung als Ganzes zu sehen und zu beurteilen.

    Der Thread Ersteller, so habe ich es zumindest verstanden, hatte betont dass ihn ein gewisser Lebensstandard wichtig. Nur was ist ein gewisser Lebensstandard? Für einen mag es die Luxusjacht sein für den anderen langt ihn ein schönes Auto und aber die Gewissheit dass er trotz eines Crashes (nicht Kursrückgang) eine gewisse Sicherheit hat im Leben. Das muss jeder für sich selbstentscheiden. Eben so wie es kein perfektes Portfolio gibt. Es kann nur für den individuellen Investor das perfekte Portfolio sein.

    Der Thread Ersteller hat erwähnt, dass er 10% in Cashpositionen hält. Das sind dann ca. 120.000 Euro. Da ich seinen Lebensstandard nicht kenne und auch nicht ob es noch weitere Vermögenbausteine gibt, so habe ich zumindest darauf hingewiesen, dass ich zumindest den Sicherheitsbaustein erhöhen würde wenn ich kurz vor dem Ruhestand wäre (ich gehe davon aus der Thread Ersteller ist es). 120.000 Euro erachte ich nicht als viel wenn am Aktienmarkt mal eine lange Durststrecke kommt.

    Es mag vielleicht der letzte Crash ein wenig lange her gewesen sein (Corona zähle ich nicht unbedingt dazu, da viel zu schnell sich erholt der Aktienmarkt), aber das ist kein Indikator für die Zukunft. Es schadet beim Autofahren nicht in den Rückspiegel zusehen, aber der Blick sollte nach vornen gerichtet sein. Ich erachte das beim Aktienmarkt ähnlich.

    Zumindest kann man dem Thread Ersteller darauf hinweisen. Wie er es handhabt ist sein Bier. Aber ich denke mir lieber so, als dass ich sage "Nee passt. Mach 6,5% Entnahme weil das aufm Blatt Papier toll aussieht und es zu keinem Rücksetzer kommt und es immer so weiter geht". Und genau zum Beginn der Entnahmephase das Renditereihenfolgerisiko zuschlägt, was dann ? Dann ist der Lebensstandard (teilweise) stark eingeschränkt womöglich sogar von längerer Dauer wenn ich voll investiert bin. Bedenke der Thread Erstellers ist laut eigenen Angaben im Sicherheitsbaustein mit lediglich 10 Prozent vertreten. Das ist im Vergleich zu dem Sicherheitsdeutschen ja extrem niedrig. Unabhängig davon wenn man Kommer, Ellis, Malkiel und Co. liest wird eigentlich immer (grundsätzlich ohne auf die jeweiligen Verhältnisse des Investors eingehen zu können) empfohlen im zunehmenden Alter den Sicherheitsbaustein zu erhöhen. Gerd Kommer hat in einem Video neulich gesagt, dass er doch einen etwas höheren Sicherheitsbaustein (Geldmarktfonds und Anleihen hat) weil er es sich leisten kann und das nun mal seinen Lebensstandard deckt.

    2,7 Prozent erachte ich auch als zu gering. Deswegen hatte ich erwähnt dass ich 3 Prozent nehmen würde als feste Regel aber auch individuell sehe. In guten Zeiten einen oder zwei Schnaps mehr zusätzlich entnehmen. In schlechten Zeiten gibt es dann halt keinen Schnaps. Vielleicht hab ich mich da nicht verständlich ausgedrückt. Aber so würde ich es machen/anpeilen.

    Ansonsten bin ich lieber Achim Weiss aber bei dir was das chronische Sicherheitsbefürfniss anbelangt der Deutschen. Solange man in der Aufbauphase ist langt m.E. ein gewisser Tagesgeldbestand und Haftpflichtversicherung und BU Versicherung und mit dem Rest ab in einen Welt Aktien ETF by buy and hold til you get old.

  • :)

    Große Theorie. Wenn man mit der Entnahme im Extrem auf 0 heruntergeht, geht das Portfolio freilich nicht pleite. Nur: Wovon lebt man dann?

    Wie kann die Entnahme auf 0 fallen, wenn die Annuität jedes Jahr mit dem aktuellen Vermögen auf die Restdauer neu berechnet wird?

    Zitat von John Bogle

    Aber ich denke mir lieber so, als dass ich sage "Nee passt. Mach 6,5% Entnahme weil das aufm Blatt Papier toll aussieht und es zu keinem Rücksetzer kommt und es immer so weiter geht". Und genau zum Beginn der Entnahmephase das Renditereihenfolgerisiko zuschlägt, was dann ?

    Die 6,5% Entnahme beziehen sich nur auf den Beginn der Entnahmephase und die erste Entnahme. Die Annuität wird jedes Jahr neu berechnet. Die reale Entnahme während des Entsparzeitraums ist variabel, jedoch deutlich höher und sicherer als bei einer fixen Entnahmestrategie (Rücksetzer werden simuliert).

    Entspar-Tool

    (Hier geht man von einem 60/40 Portfolio aus)

  • Zitat von Achim Weiss

    Ohne all diese eigentlich nötige Kenntnis hielte ich es für keine schlechte Idee, daß er mal mit 4% Entnahme anfängt. Das wären 1,2 M€ * 4% = 48 T€ brutto, vielleicht 36 T€ netto/a oder 3.000 € jeden Monat zusätzlich auf sein übliches Einkommen obendrauf. Das ist für viele Menschen schon eine Menge Holz, dafür kann man sich recht viel Lebenslust kaufen. Nicht jeder möchte viermal im Jahr auf Kreuzfahrt, nicht jeder möchte jeden zweiten Abend ausgehen.

    Nach einem Jahr oder so zieht man Bilanz, und demgemäß macht man dann weiter. Selbst wenn in diesem Jahr ein Aktiencrash kommen sollte, sollten die genannten etwa 50 Mille so oder so drin sein; wenn die Börse crasht, dann sind die 50 Mille eben etwas teurer, als wenn sie haussiert.

    Zitat von John Bogle

    2,7 Prozent erachte ich auch als zu gering. Deswegen hatte ich erwähnt dass ich 3 Prozent nehmen würde als feste Regel aber auch individuell sehe. In guten Zeiten einen oder zwei Schnaps mehr zusätzlich entnehmen. In schlechten Zeiten gibt es dann halt keinen Schnaps. Vielleicht hab ich mich da nicht verständlich ausgedrückt. Aber so würde ich es machen/anpeilen.

    Ist das nicht market timing und aktives Handeln?

  • Ist das nicht market timing und aktives Handeln?

    Gegenfrage:

    Auf was will man denn warten? Das Leben ist ja nicht unendlich.

    Ich erachte es als vernünftig wenn man in der Entnahmephase sich befindet dass man etwas mehr entnimmt in guten Zeiten (wenn nicht jetzt wann dann ?) und wenn es schlechter läuft weniger. Außer es gibt Menschen denen man etwas hinterlassen möchte.

    Prognosefrei bin ich ja immer noch indem ich den Aktienmarkt halten und es ihn überlassen wie er sich entwickelt und nach Ländern, Branchen, Unternehmen, Währungen zusammen setzt und es mir egal ist was die Zinsen, Politik, Klima etc machen.

  • Ist das nicht market timing und aktives Handeln?

    Ja.


    Wie kann die Entnahme auf 0 fallen, wenn die Annuität jedes Jahr mit dem aktuellen Vermögen auf die Restdauer neu berechnet wird?

    Die 6,5% Entnahme beziehen sich nur auf den Beginn der Entnahmephase und die erste Entnahme. Die Annuität wird jedes Jahr neu berechnet. Die reale Entnahme während des Entsparzeitraums ist variabel, jedoch deutlich höher und sicherer als bei einer fixen Entnahmestrategie (Rücksetzer werden simuliert).

    https://www.behavioral-finance.de/forschung/entspar-simulation/

    (Hier geht man von einem 60/40 Portfolio aus)

    Das aber auch 😀

  • Ich finde es äußerst interessant, wie unterschiedlich Risiken bewertet werden. Und wie man manchmal - wahrscheinlich unbemerkt- mit zweierlei Maß misst.

    Da sind Mitglieder, die gebetsmühlenartig predigen, dass man stets das Gesamtportfolio beachten soll (was meiner Meinung nach genau richtig ist) und man eine nicht zu geringe Aktienquote fahren soll um nicht zuviel Rendite liegen zu lassen. Diese sticheln dann auch regelmäßig bezüglich der Sicherheits- und Garantiementalität der anderen.

    Wenn es dann aber um die Entnahme geht, dann wird jegliches Risiko vermieden koste es, was es wolle. Da dankt man da lieber mit durchschnittlich 2,5 Mio. Endvermögen ab.

    Die Ausarbeitung von Prof. Weber zeigt, dass es auf Basis umfangreicher Vergangenheitsdaten möglich ist die durchschnittliche Entnahme im Vergleich zu der einer festen Entnahmerate um bis zu 80% ! zu steigern, wenn man (mitunter starke) Vola des Konsums akzeptiert. Das ganze ist ja nicht in Stein gemeißelt und Herr Prof. Weber zeigt ja auch Methoden auf, die die Vola zu begrenzen helfen können. Er stellt ja auch verschiedene Methoden vor. Ich finde das sehr hilfreich. Nur in der Ansparphase das die maximale Rendite herauszuholen und die Nachkommastellen in der Gesamtportfoliorendite zu optimieren ist nur eine Stellschraube. Eine vernünftige und individuell passende Entnahmestratgie ist aber genaus wichtig, wie ich finde.

    Wie auch in der Ansparphase geht eine Entnahme nicht risikolos. Welches Risiko und in welchem Maße man zu tragen bereit ist, muss am Ende jeder für sich entscheiden. Es geht auch hier um Vola (der Entnahmerate), Vermögensverlust und Pleiterisiko, sowie das Risiko eines hohen Überlebensvermögens bzw. zu niedrigem Konsum.

    Wer bereit ist seinen Konsum in gewissem Umfang an die Entwicklung der Kapitalmärkte anzupassen, also an seine Einnahmen kann halt unterm Strich im Schnitt mehr entnehmen. Wer konstante Entnahmen wünscht trägt - je nach deren Höhe und der Entwicklung der Kapitalmärkte. Das Risiko einer vorzeitigen Pleite (bei 90/10 auf 35J mit 48k fester Entnahme halt in der Vergangenheit knapp 16% Pleiterisiko nach im Schnitt 28 Jahren) und gleichzeitig eines hohen surchschnittlichen Endvermögens von über 2 Mio.)

    Das sind alles Vergangenheitsdaten und es ist keine Bibel. Aber es kann sehr gut helfen, seine eigene Strategie zu finden und zu sehen, wie einzelne Einflussfaktoren sich auf welches Risiko auswirken.

    Wofür in der Ansparphase hohes Risiko fahren und Kosten optimieren um dann in der Entnahmephase einiges liegen zu lassen.

    Ganzheitlich bedeutet für mich auch alle Phasen zu betrachten.

  • Ist das nicht market timing und aktives Handeln?

    Ich finde grundsätzlich die Unterscheidung passiv vs. aktiv nicht gut. Erstens ist jede Anlageentscheidung aktiv. Auch die Indizes sind aktiv entworfen worden und werden auch nachjustiert. Ich bevorzuge den Ausdruck "möglichst prognosefrei". Es gibt zwei wesentliche Faktoren (neben Kosten), die bei "aktivem" Management zu unterperformence führen. Systematisch durch Absicherungen und Steuerung der Portfolien nach VaR und Vola und unsystematisch durch Prognosen/Wetten.

    "Aktives" handeln ist meiner Meinung mitunter legitim, wenn es auf Basis des jeweiligen Statusquo und nicht auf Zukunftsannahmen beruht. Insofern ist eine gewisse antizyklische Entnahme durchaus nicht vollkommen daneben.

    Eine MarketCap Strategie ist insofern aktiv, da sie passiv dem Verhalten der aktiven Händler folgt. Da wäre Equal Weight doch eigentlich "passiver".

    Ich für meinen Teil sehe mich eher als prognosefreien Anleger, als als passiven.

    Nach guten Aktienjahren mehr zu entnehmen und nach schlechten weniger ist nach den Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung sicher nicht völlig schädlich (Rückkehr zum Mittelwert, Antizyklik...). Ich hielte es für vertretbar.

  • Ja.


    Das aber auch 😀

    Natürlich ist eine Entnahme aktiv denn sie setzt ja ein aktives Handeln voraus. Wenn ich keinen Teilverkauf mache kommt auch kein Cash aufs Konto 😅

    Market Timing wäre für mich zumindest wenn ich beispielsweise sage "ich gehe davon aus der Markt wird in den nächsten 12 Monaten abwärts gehen weil die FED die Zinsen erhöht hat, deswegen verkaufe ich Anteile um günstiger wieder einzusteigen" und dass dann so praktiziere.

    Wenn ich aber meinen Welt Aktien ETF halte, egal was um mich herum passiert, und ich in der Entnahmephase einen Teilverkauf mache weil ich von bzw aus meinem Portfolio leben möchte (warum auch nicht, denn dafür habe ich ja angespart), dann ist das immer noch für mich prognosefrei. Ich entnehme in guten Zeiten mehr und in schlechten Zeiten weniger. Und in schlechten Zeiten nicht zuviel verkaufen zu müssen und meinen Lebensstandard zu sehr zu senken gibt es ja noch das Tagesgeld, Geldmarktfonds, Anleihen. Das letzte Hemd hat keine Taschen.

    Es ist aber total egal wie man es in der Theorie definiert. Es zählt dann nur das praktische Ergebnis. Es nützt mir ja nichts wenn ich definitionsgemäß richtig liege aber in der Realität vorzeitig pleite bin.

  • Bei momentan 1,2 Millionen Vermögen bist du auch schon weit über dem Durchschnitt.

    Das wird rein statistisch gesehen zwar stimmen (jedenfalls für Deutschland)

    Manche würden sagen, du hast das Spiel womöglich schon gewonnen.

    ob das "Spiel" aber wirklich schon gewonnen ist, hängt dann entscheidend von den "Nebengeräuschen" ab.

    Wobei es neben dem Alter (Dauer der Entnahmephase bzw. Restlebenserwartung plus Puffer) und dem eigenen Bedarf (Konsumverhalten) auf die typischen Rahmenbedingungen (als "Nebengeräusche") ankommt (jedenfalls bei den "gerade so" oder "kleinen" Millionären).

    Siehe hier:

    Meine persönliche Situation:

    Depotgröße: ca. 1.2 Mio. Euro

    Die hier genannten beispielsweise 1,2 Mio. € Vermögen sind auskömmlich bis üppig - wenn daneben ein Grund-, Basis- oder Sockeleinkommen (Rente, Pension, PRV etc.) besteht, wenn lastenfreies Wohneigentum vorhanden ist, wenn man günstig krankenversichert ist (Beispiel: KVdR), wenn man nur für eine Person (sich selbst) sorgen muß usw.

    Die gleichen 1,2 Mio. € Vermögen sind aber eher wenig bzw. werden wie "Schnee in der Sonne schmelzen" - wenn daneben kein laufendes Grundeinkommen (wie Rente, Pension, PRV usw.) existiert, wenn jemand in einer gefragten Gegend Mieter ist (Großstadt, Metropolregion, touristisch attraktive Gegend usw.), wenn eher höhere Beiträge für die Krankenversicherung zu entrichten sind (Beispiel: PKV), wenn man noch (s)einen Partner finanziell mitversorgt usw.

    2,7 Prozent erachte ich auch als zu gering. Deswegen hatte ich erwähnt dass ich 3 Prozent nehmen würde als feste Regel aber auch individuell sehe.

    Wie ich aus meinem Umfeld mitbekommen habe, basieren so manche (bis viele) dieser Berechnungen auf (historischen) amerikanischen Daten. Diese sind aber ziemlich bis sehr "gutmütig" (langer Wirtschaftsaufschwung, stärkste Volkswirtschaft der Welt, Dollar als Weltwährung, keine Währungsreform, keine kriegsbedingte Zerstörungen des Landes usw.).

    Die Zahlen (Entnahmerate im Sinne von "SWR") können sich stark verändern, wenn man das auf andere Länder, andere Zeiträume usw. fokussiert (also Kriegszeiten, Hyperinflationen, Währungsreformen, Weltwirtschaftskrisen wie die Great Depression usw. einbezieht). Erinnere mich an Beispielrechnungen, bei denen man dann auf eine Null vor dem Komma kommt (wie 0,85% beispielsweise per annum). Nur: Wohin soll das führen ? Zumal es "Sicherheiten" und/oder "Garantien" in dem Bereich (Finanzen) ohnehin nicht gibt.

    Letztlich wird es - bei allen noch so fein ziselierten Berechnungen und Annahmen eine Safe Withdrawal Rate betreffend (siehe oben "SWR") - auf die eigene Bewertung von Risiken ankommen und welche Bedeutung man diesen zuschreibt. Und auch, wie man damit umgeht (lebt bzw. leben kann), wenn die Kalkulation nicht aufgeht.

    Dazu kommen noch die üblichen Imponderabilien des Lebens. Um nur ein klassisches Beispiel zu nennen: Üblicherweise beginnt ab einem gewissen Alter (75 + oder 80 +) der finanzielle Bedarf tendenziell etwas zu sinken - das kann sich aber schnell und signifikant ändern (präziser umkehren), wenn es zu einer (ggf. auch längeren) Pflegebedürftigkeit im Alter kommt. Welche Wahrscheinlichkeiten und Bedeutung man solchen Szenarien im Einzelfall einräumt, ist eine oftmals sehr individuelle Entscheidung.

    Für meinen Teil habe ich mich mit dem Thema nur ganz oberflächlich und das vor sehr vielen Jahren einmal beschäftigt. In meinem Umfeld sind aber recht viele, die das durchaus etwas intensiver geprüft hatten (Selbständige, Freiberufler, (Klein)Unternehmer, Aussteiger usw.).

    Summarisch und aus meiner Laiensphäre scheint mir die Variante "Betrachtung der Gesamtsituation plus risikoarm vorgehaltener Puffer iVm einer Bereitschaft zu einer ggf. temporär flexiblen Entnahmerate" die beste Möglichkeit zu eröffnen, das meiste aus seinen Mitteln herauszuholen (möglichst hohe Entnahmerate) bei parallel dann sehr geringer (bis gegen Null tendierender) Pleitewahrscheinlichkeit.

    Von Pauschal-Empfehlungen wie exakt 2,7% oder 3,25% oder 3,5% als SWR sind immer "richtig" bzw. stets "passend" usw. halte ich daher eher wenig.

    Aufgrund meiner eigenen - ganz persönlichen - Haltung aber auch aufgrund meiner Beobachtungen ("am Ende des Geldes war noch (teilweise reichlich) Leben übrig") würde ich aber Dritten immer eine eher defensiv-konservative Rechnung empfehlen.


    Micho Dir weiter gute Gedanken und dann ebensolche Finanz-Entscheidungen !

  • Natürlich ist eine Entnahme aktiv denn sie setzt ja ein aktives Handeln voraus. Wenn ich keinen Teilverkauf mache kommt auch kein Cash aufs Konto 😅

    Market Timing wäre für mich zumindest wenn ich beispielsweise sage "ich gehe davon aus der Markt wird in den nächsten 12 Monaten abwärts gehen weil die FED die Zinsen erhöht hat, deswegen verkaufe ich Anteile um günstiger wieder einzusteigen" und dass dann so praktiziere.

    Wenn ich aber meinen Welt Aktien ETF halte, egal was um mich herum passiert, und ich in der Entnahmephase einen Teilverkauf mache weil ich von bzw aus meinem Portfolio leben möchte (warum auch nicht, denn dafür habe ich ja angespart), dann ist das immer noch für mich prognosefrei. Ich entnehme in guten Zeiten mehr und in schlechten Zeiten weniger. Und in schlechten Zeiten nicht zuviel verkaufen zu müssen und meinen Lebensstandard zu sehr zu senken gibt es ja noch das Tagesgeld, Geldmarktfonds, Anleihen. Das letzte Hemd hat keine Taschen.

    Es ist aber total egal wie man es in der Theorie definiert. Es zählt dann nur das praktische Ergebnis. Es nützt mir ja nichts wenn ich definitionsgemäß richtig liege aber in der Realität vorzeitig pleite bin.

    Bei niedrigen Kursen wenig zu verkaufen und bei hohen Kursen viel, ist erstmal nicht anderes als die Idee bei bei niedrigen Kursen zu kaufen. Ich mag das erstmal garnicht bewerten.

    Mein Gefühl sagt mir, dass bloß weil sich das Vorzeichen ändert, der grundlegende Mechanismus sich nicht ändern dürfte. Aber mag sein, dass das absehbare Ende der Entnahmephase hier zu anderen Ergebnissen führt.

  • Gegenfrage:

    Auf was will man denn warten? Das Leben ist ja nicht unendlich.

    Ich erachte es als vernünftig wenn man in der Entnahmephase sich befindet dass man etwas mehr entnimmt in guten Zeiten (wenn nicht jetzt wann dann ?) und wenn es schlechter läuft weniger. Außer es gibt Menschen denen man etwas hinterlassen möchte.

    Prognosefrei bin ich ja immer noch indem ich den Aktienmarkt halten und es ihn überlassen wie er sich entwickelt und nach Ländern, Branchen, Unternehmen, Währungen zusammen setzt und es mir egal ist was die Zinsen, Politik, Klima etc machen.

    Ich sehe es so.

    In der Ansparphase ist unter rationalen Investoren die Meinung man solle Kapital ganz oder teilweise risikoarm zurückhalten, um in schlechten Zeiten günstig nachkaufen zu können, (zurecht) verpönt und gilt als irrationales und nicht funktionierendes market timing. In der Entnahmephase wird allerdings genau zum Gegenteil geraten, obwohl die Phase genauso lang bzw. oft sogar länger ist als die Ansparphase. Ist das nicht ein Denkfehler?

  • Bei niedrigen Kursen wenig zu verkaufen und bei hohen Kursen viel, ist erstmal nicht anderes als die Idee bei bei niedrigen Kursen zu kaufen. Ich mag das erstmal garnicht bewerten.

    Mein Gefühl sagt mir, dass bloß weil sich das Vorzeichen ändert, der grundlegende Mechanismus sich nicht ändern dürfte. Aber mag sein, dass das absehbare Ende der Entnahmephase hier zu anderen Ergebnissen führt.

    Du hast das gleiche wie ich gesagt, allerdings in besseren Worten. Danke.

  • Ich finde grundsätzlich die Unterscheidung passiv vs. aktiv nicht gut. Erstens ist jede Anlageentscheidung aktiv. Auch die Indizes sind aktiv entworfen worden und werden auch nachjustiert. Ich bevorzuge den Ausdruck "möglichst prognosefrei". Es gibt zwei wesentliche Faktoren (neben Kosten), die bei "aktivem" Management zu unterperformence führen. Systematisch durch Absicherungen und Steuerung der Portfolien nach VaR und Vola und unsystematisch durch Prognosen/Wetten.

    "Aktives" handeln ist meiner Meinung mitunter legitim, wenn es auf Basis des jeweiligen Statusquo und nicht auf Zukunftsannahmen beruht. Insofern ist eine gewisse antizyklische Entnahme durchaus nicht vollkommen daneben.

    Eine MarketCap Strategie ist insofern aktiv, da sie passiv dem Verhalten der aktiven Händler folgt. Da wäre Equal Weight doch eigentlich "passiver".

    Ich für meinen Teil sehe mich eher als prognosefreien Anleger, als als passiven.

    Nach guten Aktienjahren mehr zu entnehmen und nach schlechten weniger ist nach den Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung sicher nicht völlig schädlich (Rückkehr zum Mittelwert, Antizyklik...). Ich hielte es für vertretbar.

    Ich sehe das ähnlich. Mich hat nur verwundert, dass viele Meinungen bzgl. der Entnahmephase in Richtung ,,je nachdem wie der Markt läuft" gehen. Die gleiche Meinung wäre für die Ansparphase (zurecht) verpönt. Warum soll sie dann für die gleich lange (oder längere) Entnahmephase plötzlich richtig sein? Mir fehlt ein regelbasiertes System, das man im Alter durchziehen kann und weniger Gefahr läuft emotional zu agieren. ,,Das entscheide ich dann je nach Marktlage" erscheint mir weder passiv noch prognosefrei. Wie bereits erwähnt erscheint mir die Kombination aus älter werden, viel Zeit haben, einem großen Vermögen zu haben und mit einer schwammigen Entnahmestrategie das Vermögen zu entsparen der ideale Weg zu sein Fehler zu machen.

  • Ich finde die Ansätze von Prof. Weber interessant, aber mir ist das alles viel zu kompliziert. Bei mir ist der Rentenbeginn nicht mehr so ganz weit und ich plane aktuell mit einer simplen Cash-Puffer Strategie. Bei der ich einen Bedarf von 5 Jahren in sicheren und liquiden Anlageformen (Tagesgeld, rollierend fällig werdende Bundesanleihen, o.ä.) vorhalte und der Rest ist immer im Welt-Aktienportfolio. Je nach Marktentwicklung entnehme ich dann aus dem einen oder anderen Topf. Evtl. noch mit einer sehr geringfügig an die Aktienperformance angepassten Höhe der Entnahmerate. Und fertig. Das ist dann für mich auch mit einer beginnenden Demenz ;) hoffentlich noch zu bewerkstelligen. Und es gibt ja in den meisten Fällen - so wie bei mir - eine/n nicht so finanzaffinen und evtl. länger lebenden Partner/in, und die/der sollte damit auch klarkommen.

    Der Entspar-Simulator von Prof. Weber ist gut, hat aber m.E. einen entscheidenden Nachteil: Der Schieberegler "Vermögensaufteilung (Anteil riskante Anlagemöglichkeit)" suggeriert eine Aktienquote von bis zu 100%. Das ist aber nicht der Fall. 100% bedeutet hier in Wirklichkeit eine vollständige Anlage in ein 60/40 Portfolio, also in Wahrheit nur 60% Aktien. Und dadurch ist der Rechner - zumindest für meine Zwecke - nur noch bedingt tauglich.

  • Ich sehe es so.

    In der Ansparphase ist unter rationalen Investoren die Meinung man solle Kapital ganz oder teilweise risikoarm zurückhalten, um in schlechten Zeiten günstig nachkaufen zu können, (zurecht) verpönt und gilt als irrationales und nicht funktionierendes market timing. In der Entnahmephase wird allerdings genau zum Gegenteil geraten, obwohl die Phase genauso lang bzw. oft sogar länger ist als die Ansparphase. Ist das nicht ein Denkfehler?

    Ist die Entsparphase wirklich länger? Wenn ich mit 60 in den Ruhestand gehe so habe ich statistisch gesehen schon 2/3 meines Lebens gelebt und nur noch 1/3 vor mir.

    Wenn ich auf dem Bankkonto nur 1.000 Euro habe dann werde ich nicht genauso entnehmen wie zuvor sondern den Gürtel enger schnallen. Das werden vermutlich viele so handhaben. Bei dem Aktien ETF handhabe ich es genauso. Warum sollte ich ein Asset war im Crash absackt denn genauso entnehmen wie bisher wenn ich doch auch andere Assets habe die sich gegenläufig zu den Aktien verhalten, womöglich sogar steigen? Wäre es dann nicht sinnvoller von den Aktien weniger zu entnehmen und dafür von den anderen Assets mehr ? Ein ausschüttender Aktien ETF wird im Falle einer Krise in der Regel auch weniger ausschütten als in Zeiten von Glanz und Gloria. Warum dann beim einem thesaurierenden ETF anders verfahren? Was macht es für einen Sinn dann nicht auf die Assets zurück zugreifen die dafür gestiegen sind ? Um zusehen wie sie im Umkehrschluss fallen wenn der Aktienmarkt sich erholt? Nur wann und wie erholt er sich ? Es gab auch Seitwärtsphasen über mehrere Jahre. Da nützt es mir nichts dass ich an etwas festhalte nur um des Festhaltewillens aber ich dann dadurch das Aktienvermögen zu sehr schröpfe. Wir wissen nicht was die Zukunft ist und wie der Markt nun mal ist wenn es bei dir soweit ist oder wie er sich entwickelt. Der Ansatz von Prof. Weber ist interessant aber er setzt nun mal voraus, dass alles plain vanilla läuft, wie am Aktienmarkt wie auch gesundheitlich, und der Investor stets und ausnahmslos rational handelt. Wenn man mir mit 100% Trefferquote sagen kann das alles gut ist am Tag X und alles Einbahnstraße mäßig läuft, dann würde ich sagen: go for it! Es ist genug f.uck you money da und wird auch nicht ausgehen. Das kann ich aber nicht. Deswegen mein Vorschlag mit 3% auf jeden Fall und der Rest wie die Marktlage nun mal ist, egal wie man es nennen mag. Einen nackten Menschen kann man nicht mehr in die Taschen greifen. Wenn wie in der Türkei Hyperinflation von 80% auf Lebensmittel herrscht, dann kann ich mir auch für mein Cash weniger leisten und ich muss mich anpassen bis das Umfeld sich bessert. Ich kann auch so weiter machen wie bisher. Wenn man genug f.uck you Money kein Problem. Falls nicht dann darf man sich nicht wundern wenn aufm Konto irgendwann kein Cash mehr ist wenn man in Krisenzeiten so lebt es gäbe es kein morgen.

  • In der Ansparphase ist unter rationalen Investoren die Meinung man solle Kapital ganz oder teilweise risikoarm zurückhalten, um in schlechten Zeiten günstig nachkaufen zu können, (zurecht) verpönt und gilt als irrationales und nicht funktionierendes market timing. In der Entnahmephase wird allerdings genau zum Gegenteil geraten, obwohl die Phase genauso lang bzw. oft sogar länger ist als die Ansparphase. Ist das nicht ein Denkfehler?

    Als Finanz-Laie bin ich mir etwas unsicher, ob man Ansparphase und Entnahmephase so vergleichen oder sogar gleichsetzen kann.

    In der Ansparphase könnten Crashs mit heftigen MDDs durchaus vorteilhaft sein, weil mit den monatlichen Beiträgen dann generell mehr Aktien zu günstigen Kursen eingekauft werden. Zudem ist in der Ansparphase auch das Humankapital noch vorhanden oder sogar im Ergebnis noch am wachsen (wichtiger psychologischer Faktor). Dazu kommt: Das ein oder andere Jahr noch weiter zu arbeiten ist für viele zumindest denkbar bzw. auch möglich (bei einem Crash zum Ende der Ansparphase beispielsweise).

    In der Entnahmephase dagegen könnten Crashs mit heftigen MDDs zu einem ungünstigen Zeitpunkt (Sequence of Returns Risk (SoRR)) eher sehr unangenehm wirken. Zudem ist in der Entnahmephase auch das Humankapital schon bei Null oder tendiert zumindest gen Null (wichtiger psychologischer Faktor). Dazu kommt: Im Ruhestand dann wieder anfangen zu arbeiten, ist für viele bis die meisten schon gedanklich ein erheblicher Schritt und in praxi sprich der Umsetzung oftmals ein noch größerer bzw. schwierigerer (bei einem Crash in den ersten Jahren der Entnahmephase und/oder wenn man sich insgesamt verkalkuliert hat beispielsweise).

    Aber wie schon gesagt (Nr. 29)

    Für meinen Teil habe ich mich mit dem Thema nur ganz oberflächlich und das vor sehr vielen Jahren einmal beschäftigt.

  • In der Ansparphase ist unter rationalen Investoren die Meinung man solle Kapital ganz oder teilweise risikoarm zurückhalten, um in schlechten Zeiten günstig nachkaufen zu können, (zurecht) verpönt und gilt als irrationales und nicht funktionierendes market timing. In der Entnahmephase wird allerdings genau zum Gegenteil geraten, obwohl die Phase genauso lang bzw. oft sogar länger ist als die Ansparphase. Ist das nicht ein Denkfehler?

    Ich sehe da keinen Denkfehler. Es liegt am Markt.

    Wir gehen davon aus, dass der Aktienmarkt in Zukunft immer weiter aufwärts geht, wie er es im vergangenen Jahrhundert schon gemacht hat.

    Darum beim Investieren: gleich rein, denn die generelle Gewinnachse geht nach oben und es ist schwierig bis unmöglich ein Einstiegstal der Kurse zu finden/nutzen.

    Und beim Deinvestieren: dann den Bedarf raus, wenn die Kurse gut liegen. Wenn der Markt schlecht läuft, dann später, also seinen Bedarf zwischenzeitlich anderweitig decken (z.B.: durch Entnahme aus dem Sicherheitspuffer) , denn die generelle Gewinnachse geht ja generell nach oben.

    Und Gewinn kannst du nur machen, wenn das Geld im Markt liegt.

  • Bei niedrigen Kursen wenig zu verkaufen und bei hohen Kursen viel, ist erstmal nicht anderes als die Idee bei bei niedrigen Kursen zu kaufen. Ich mag das erstmal garnicht bewerten.

    Mein Gefühl sagt mir, dass bloß weil sich das Vorzeichen ändert, der grundlegende Mechanismus sich nicht ändern dürfte. Aber mag sein, dass das absehbare Ende der Entnahmephase hier zu anderen Ergebnissen führt.

    Man muss das ja auch immer ins Verhältnis setzen und praktisch bewerten. Wenn ich aus 1,2 Mio. nach einem oder gar einigen sehr guten Börsenjahren da 10, 20 oder 25k im Jahr mehr entnehme, also 0,8 bis 2%. halte ich das für durchaus vertretbar. Und in schlechter Phase etwas weniger zu entnehmen schadet auch eher dem gegenwärtigem Konsum, als dem Gesamtergebnis.

    Es geht hier ja auch nicht um die beste durchschnittliche Rendite, sondern um den einzigen Pfad, den man hat.

    Auch in der Ansparphase ist es theoretisch besser in schlechten Phasen mehr zu investieren, als in guten, da der Erwartungswert dann höher ist. Jedoch machen einem die Opportunitätskosten einen Strich durch die Rechnung und die Praxis in der man ja meist über monatliche Einkünfte verfügt, lässt eine solche Strategie nicht zu.

    In Multi-Asset-Portfolien die auf ein optimales Risiko/Rendite-Profil getrimmt bzw. auf eine möglichst planbare Zielrendite ausgelegt sind, kann es schon sinnvoll sein, die Allokation nach aktuellem Erwartungswert der zugrundeliegenden Assetklassen zu steuern und Risiken in Krisen bzw. bei hohen Erwartungswerten zu erhöhen, in normalen Phasen aber das gewünschte Risiko bzw. die festgelegte Allokation zu fahren. Herr Beck hat dazu eine Privatanleger-Lösung herausgebracht, die bei genau diesen kontrovers gesehen wird, im professionellen Umfeld aber in ähnlicher Form erfolgreich praktiziert wird. Seine Strategie mit ACWI und Tagesgeld und Anleihen umgesetzt hätte in den 30 Jahren von 1990 bis 2020 den MSCI World sogar outperformed bei geringerem Risiko. Für Privatanleger gilt aber aus meiner Sicht KISS und, wenn Vola eine untergeordnete Rolle spielt (tut sie das wirklich, Aktienmarktrisiko nimmt ja nicht über die Zeit ab...?), sind solche Überlegungen ohnehin theoretischer Natur. Bei einer Zielallokation von 100% Aktien ist jede Abweichung nach unten mit gewisser Wahrscheinlichkeit über lange Zeiträume gesehen renditemindernd. Jedoch sollte man nicht ganz außer Acht lassen, dass dieser Zeitraum in der Vergangenheit auch gut 20 Jahre betragen hat bis eine 100% Aktienalokation mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Multi-Asset-Allokation im Vermögensendwert oder der durchschnittlichen Anlegerrendite geschlagen hat. Auch die Verlustphase von Multi-Asset-Ansätzen ist in der Regel kürzer und die Rendite planbarer.

    Ich möchte wirklich niemanden hier zu Trading und Timing animieren. Ganz und garnicht. Es ist meiner Meinung nach am Wichtigsten die gröbsten Fehler zu vermeiden und da gehört Spekulieren dazu. Dann kommt man ziemlich sicher ans Ziel. Deswegen: KISS und buy and hold mit fester Allokation.

    Dennoch schadet ein Blick aus der Blase der "passiven" 100% Aktien-ETF-Anleger heraus nicht. Wichtig ist vor allem möglichst ohne Prognosen zu investieren. Den Statusquo anhand messbarer Größen zu berücksichtigen ist in Grenzen aber vertretbar, wie ich finde. Ein höherverzinstes Tagesgeld gleicher Sicherheit zu wählen zum Beispiel ist okay. Von mittelfristigen Staatsanleihen in Geldmarkt zu gehen ist hingegen prognosebasiert (man wettet auf steigende Zinsen bzw. gleichbleibende Geldmarktzinsen).

    Am Ende muss das jeder für sich wissen. Der eine hat so wenig Vermögen im Verhältnis zu den monatlichen Ausgaben, dass eine bestimmte Entnahme zwingend notwendig ist und ein Pleiterisiko schlicht in Kauf genommen werden muss, der andere hat es so üppig und denkt über Generationen hinweg so, dass homöopathische Entnahmen reichen und die Frage nach dem Pleiterisiko garbicht aufkommt. Viele liegen irgendwo dazwischen und müssen schauen, wie sie es machen. Die Entnahme dynamisch ("aktiv" ?) zu steuern ist aus meiner Sicht da legitim. Sie sollte nur rational, regelbasiert und prognosefrei sein.

  • Deswegen mein Vorschlag mit 3% auf jeden Fall und der Rest wie die Marktlage nun mal ist, egal wie man es nennen mag.

    Mir gefällt der variable Ansatz. Mir fehlt allerdings eine genaue Definition von ,,wie die Marktlage nun mal ist". Wie viel entnimmt man dann bei welcher Marktlage? Bei negativer Wertentwicklung 3% vom Ausgangswert. Aber wie viel Prozent bei einer positiven Entwicklung von 30%? Alles? Oder nach Gefühl? Nach Bedarf?

    Im Endeffekt ist dein Ansatz dem von Herrn Prof. Weber gar nicht so unähnlich.

    Die Annuität wird ja jedes Jahr auf die Restlaufzeit und mit dem aktuellen Depotwert erneut errechnet. Nach dem Crash ergibt sich ein deutlich geringerer Depotwert und somit eine deutlich geringere Entnahme. In schlechten Zeiten wird somit wenig entnommen. In guten Zeiten mehr.

    Die Rechnung von unten geht ja weiter...

    Wenn nach dem ersten Jahr das Portfolio einen Wertverlust von 40% aufweist, rechnet man im zweiten Jahr mit einem Vermögen von 673.150 Euro (1.200.000 - 78.083 x 0,6).

    Daraus ergibt sich eine zweite Entnahme von

    673,150 Euro

    x

    (1,06)33x0,06

    (1,06)34-1

    =

    44.198 Euro (=3,6% vom Anfangsportfolio)

  • Man muss das ja auch immer ins Verhältnis setzen und praktisch bewerten. Wenn ich aus 1,2 Mio. nach einem oder gar einigen sehr guten Börsenjahren da 10, 20 oder 25k im Jahr mehr entnehme, also 0,8 bis 2%. halte ich das für durchaus vertretbar. Und in schlechter Phase etwas weniger zu entnehmen schadet auch eher dem gegenwärtigem Konsum, als dem Gesamtergebnis.

    Das sehe ich genauso. Prof. Weber hat mit seiner Entnahmestrategie versucht die Themen:

    • Antizyklik (weniger entnehmen in schlechten Phasen, mehr entnehmen....)
    • Partizipation am risikobehafteten Kapitalmarkt (=höhere Rendite)
    • geringe bis keine Pleitewahrscheinlichkeit
    • geringe Schwankungen bei der Entnahme
    • Das Portfolio auf Nahe Null entsparen

    in einer regelbasierten Entnahmestrategie zusammenzufassen (Dynamik+Annuität + Obergrenze). Da die fünf Punkte teilweise miteinander konkurrieren, ist das nur näherungsweise möglich.

    Übrigens geht Herr Weber von einem klassischen 60/40 Portfolio aus. Das bedeutet deutlich geringere Schwankungen und Rücksetzer in Krisen und die Möglichkeit in heftigen Krisen für einen relativ langen Zeitraum gezielt überwiegend aus dem risikoarmen Teil zu entnehmen.